Es gehört nicht ganz hier hinein, aber wir haben hier schon mehrfach über hochschulpolitische Entscheidungen diskutiert und deswegen stelle ich diese Wall of Text auch hier rein.
Das für mich zuständige Prüfungsamt hat mir heute erzählt, dass es momentan von Anträgen überflutet wird, die eine Verlängerung der Bearbeitungsfrist ihrer Magisterarbeit wollen. Nun ist das alle halbe Jahre mit den Verlängerungen das gleiche Spiel: Allerdings sei diesmal der Ansturm an Anträgen gerade nicht mehr zu bewältigen, wodurch die meisten Studenten, die so einen Antrag gestellt haben, erst weit nach der Fristüberschreitung erfahren werden, ob ihrem Antrag auf Verlängern stattgegeben wurde - und das ist eigentlich ein ziemlich deutliches Zeichen dafür, dass im System etwas schiefläuft.
In diesem Fall ist es aber eher ein ziemlich trauriges Schauspiel zwischen den Studenten und der Bürokratie. Das hat etwas mit Studenten zu tun, die versuchen, sich noch durchzumogeln, obwohl sie keine Chance mehr haben, den Abschluss zu machen. Das hat was mit Dozenten zu tun, die Hausarbeiten fordern und dann monatelang nicht anfassen oder nur nach mehrfachen Nachfragen mit einem Schein belohnen. Das hat was mit dem Hochschulsystem zu tun, dass durch Fristen und Bürokratie und vor allem unzählige Vorschriften für unzählige Studiengänge völlig aus dem Leim läuft.
Dabei hat man sich an unserer Uni - und an anderen Unis ist das momentan wohl nicht anders - vor einigen Jahren, als klar war, dass die Magisterstudiengänge auslaufen, ein im Grunde kluges System ausgedacht: Man setzt den Studenten schon ein paar Jahre im Voraus drei verschiedene Fristen, damit sie ihr Studium vorausschauend und rechtzeitig fertigstellen können. Die Fristen waren klar kommuniziert, eindeutig und vor allem: Für jeden überall sichtbar. Deswegen hat das mit dem Ende der Magisterstudiengänge in vielen Fällen auch geklappt.
In vielen anderen Fällen aber nicht. Denn als dann die erste Frist auslief, kamen plötzlich eine Menge Studenten auf das Prüfungsamt zu, die bestimmte Scheine nicht gemacht haben, die bestimmte Scheine gemacht, aber nicht erhalten haben oder die bestimmte verpflichtende Kurse nicht machen konnten, weil sie schlicht aus irgendwelchen Gründen nicht mehr angeboten worden sind. Manche dieser Studenten haben diese fehlenden Vorraussetzungen selbst verursacht, weil sie zu nachlässig waren, andere konnten es aus bestimmten Härtefällen nicht und manche Studenten hatten die Scheine nicht, weil Dozenten nicht 14 Tage, sondern eher ein halbes Jahr mindestens für die Korrektur der Hausarbeiten brauchten.
Das zuständige Prüfungsamt hat dann, weil es nicht mehr Herr über die Lage wurde, die meisten dieser Studenten zugelassen zur Magisterarbeit unter der Auflage, dass sie die entsprechenden Scheine nachreichen sollten innerhalb der Bearbeitungsfrist der Magisterarbeit, also zum Ende der zweiten schon vor Jahren gesetzten Frist. Diese Kulanz hat das Problem aber nur aufgeschoben, weil das Prüfungsamt jetzt von schriftlichen Anträgen überflutet wird, denen sie momentan nicht mehr Herr werden und nun zu allem Überfluss auch völlig den Übrblick verloren haben, für wen nun eigentlich welche Fristen und Vorschriften genau gelten, da die einzelnen Vermerke handschriftlich und nicht im PC-System erfolgten, die Mitarbeiter gewechselt haben und die Akten leider auch völlig durcheinander sind. Manches steht online, manches nur in den Akten.
Was nun passiert: Die Anträge werden nicht mehr rechtzeitig vor dem Ende der Frist bearbeitet. Also bekommen alle Studenten, die einen Antrag gestellt haben, nun ein Schreiben vom System, dass sie leider die Prüfungsvoraussetzungen nicht erfüllt haben - sie sind schlicht durchgefallen. Damit fliegen alle diese Studenten aus dem System mit der bereits hinterlegten Magisterarbeit und müssten eigentlich laut Vorschrift noch einmal neu mit der Magisterarbeit beginnen, da man ja eine zweite Chance bekommt, wenn man seine Prüfung nicht besteht.
Bei vielen Studenten wird das auch so laufen, weil die Anträge abgelehnt werden wegen nicht ausreichender Begründungen. Bei vielen anderen aber nicht und bei denen muss bei jedem einzelnen Studenten nachträglich die Einträge im System wieder korrigiert werden. Sie bekommen also erneut ein Schreiben, in denen festgestellt wird, dass ihr Antrag genehmigt wurde und die Frist verlängert wird. Bis dann in einem halben Jahr die dritte und letzte Frist erreicht ist und sich das Spiel wieder wiederholt.
Und so ist jetzt mit anzusehen, wie ein eigentlich kluges, klares und sinnvolles System mit drei einfachen Fristen am eigentlichen System scheitert, weil ausnahmslos alle Beteiligten leider nicht den Zeitplan einhalten konnten, dieser Zeitplan aber verbindlich ist. Und am Ende die Studenten die Leidtragenden sind, weil sie jetzt - und das teilweise zu recht - langsam aber sicher ohne Abschluss aus ihrem Studiengang geworfen werden, obwohl die meisten von ihnen dafür im Grunde gar nichts können.