- Do 13. Feb 2014, 16:50
#1336714
Mich würde mal interessieren, was euch zum Thema "Bedingungsloses Grundeinkommen" einfällt, und wie ihr dazu steht.
2Pac hat geschrieben:Ich habe gehört 4,5 Mio bekommen ALG II. Das ist kein Vergleich zu 82 Mio mit BGE. Also lässt es sich doch nicht ganz so leicht finanzieren.Der Vergleich ist totaler Unsinn, zumindest wenn man die gängigen Modelle betrachtet (und nicht den Käse, den Katja Kipping da verzapft), da der Großteil eben keine Transferleistungen erhält und du auch gar nicht die derzeitigen Subventionen durch Steuerfreibeträge/-freigrenzen und -progression mit einbeziehst, die man auch als eine Art Transferleistung für Arbeitnehmer sehen kann. Wenn man das einbezieht, könnte man sich bei gleichen Kosten (also inklusive der entgangenen Steuereinnahmen durch Freibeträge) durchaus ein solches System leisten. Nur wäre das Nettogrundeinkommen deutlich niedriger als 600-1000 Euro wie von diversen Parteien vorgeschlagen.
vicaddict hat geschrieben:Dass sich der Staat ein solches Grundeinkommen nicht leisten könnte, halte ich aber für ein Gerücht. Bedenkt man wieviele Menschen ohnehin von ALGII leben, dürfte die eingesparte Bürokratie sicherlich ihren Teil dazu beitragen, dass sich ein solches Grundeinkommen finanzieren lässt.Was heißt denn Finanzierung? Über welche Beträge sprechen wir hier? So wie du es jetzt beschreibst, ist es eine einzige Milchmädchenrechnung.
AndiK. hat geschrieben:Ein "bedingungsloses Grundeinkommen" wäre der absolute Schwachsinn !
Jeder, der körperlich dazu in der Lage ist, sollte auch für sein Einkommen sorgen und dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Ein bedingungsloses Einkommen wäre nur eine willkommene Möglichkeit für Faulenzer, auf Kosten anderer zu leben. Denn eines ist klar: Irgendwer muss das Geld ja erwirtschaften, vom Himmel fällt das nicht.
Wir haben heute schon die Grundsicherung für Erwerbsunfähige - das ist aber eben für Leute, die nicht arbeiten können. Hartz4/ ALG 2 ist für Leute, die arbeiten können, aber gerade arbeitslos sind. Der Sozialstaat ist richtig und gut, für Zeiten, in denen Leute keinen Job haben. Aber eine Dauerlösung darf das nicht werden.
vicaddict hat geschrieben:es waren Marktradikale, die den Niedriglohnsektor und das Aufstocken erfunden haben.Ja genau. Niedriglöhne sind eine Erfindung der letzten 20 Jahre und Aufstocken gibt es natürlich auch erst seit der Agenda 2010 und an allem sind die bösen Kapitalisten schuld :roll:. Wie immer beeindruckst du mit außerordentlicher Fachkompetenz und umfangreichen Begründungen. "Erfunden" - so lächerlich. Ansonsten wies ich auf die Subventions-Problematik und Lösungsansätze schon in obigem Post hin.
Trötenflöter hat geschrieben:Ja genau. Niedriglöhne sind eine Erfindung der letzten 20 Jahre und Aufstocken gibt es natürlich auch erst seit der Agenda 2010 und an allem sind die bösen Kapitalisten schuld :roll:. Wie immer beeindruckst du mit außerordentlicher Fachkompetenz und umfangreichen Begründungen. "Erfunden" - so lächerlich. Ansonsten wies ich auf die Subventions-Problematik und Lösungsansätze schon in obigem Post hin.Willst du mir etwa erzählen, dass wir vor Rot-Grün einen vergleichbaren Niedriglohnsektor hatten? Mit der Agenda 2010 wurde dieser Sektor massiv gefördert und erschien quasi erstmal auf der Landkarte. Das Aufstocken wird seitdem für mehr und mehr Menschen lebensnotwendig. Was wenn kein politisch gewolltes Grundeinkommen ist das denn deiner Meinung nach? Hartz IV für die, die keinen Job haben. Hartz IV für die, die einen Job haben, aber davon nicht leben können und die Zahl derer wird immer größer.
vicaddict hat geschrieben: Willst du mir etwa erzählen, dass wir vor Rot-Grün einen vergleichbaren Niedriglohnsektor hatten? Mit der Agenda 2010 wurde dieser Sektor massiv gefördert und erschien quasi erstmal auf der Landkarte. Das Aufstocken wird seitdem für mehr und mehr Menschen lebensnotwendig.Ja, den Niedriglohnsektor gab es schon in den 90ern, nur zusätzlich noch in Kombination mit einer sehr hohen Arbeitslosenquote und einer großen Anzahl Langzeitarbeitsloser. Auch Subventionen gab es damals schon (insbesondere für spezielle Teilgruppen wie ältere Arbeitnehmer). Niedriglöhne sind relative Größen. Darum muss man das auch im historischen Kontext betrachten. Ein inflationsbereinigter Niedriglohn heute hat wahrscheinlich mehr Kaufkraft als ein mittlerer Lohn in den 60ern - allein schon wegen der technologischen Entwicklung.
Und ja, Kapitalisten sind Schuld an der Problematik. Da sich einzig und allein der Kapitalismus als letztes verbliebenes Wirtschaftsmodell durchgesetzt hat, sind wir zwangsläufig alle Kapitalisten und daher auch Schuld daran. Die einen mehr, die anderen weniger. Die FDP am meisten. Das heißt nur nicht, dass der Kapitalismus zukunftsträchtig ist. Im Gegenteil. Die Regierungen aller Länder versuchen doch seit Jahren nichts anderes als diese Blase aufrecht zu erhalten. Irgendwann wird sie platzen und was danach kommt, wird man sehen.Schuld woran? An Jobs mit niedriger Produktivität? Die gibt es auch im Sozialismus (sogar noch weitaus mehr). Schuld daran sind nicht die Kapitalisten, sondern technischer Fortschritt und Globalisierung. Das einzige was du durch eine staatliche Lohnfestsetzung für diese Jobs erreichst, ist ein Anstieg der Arbeitslosigkeit Geringqualifizierter (den Zusammenhang hat ja gerade die Agenda 2010 lehrbuchhaft bewiesen).
Kaffeesachse hat geschrieben:Mal abgesehen von der Finanzierung und dem ganzen Gedöns - warum geht man immer davon aus, dass die meisten Leute dann faul in der Ecke sitzen? Andersrum gäbe ein bedingungsloses Grundeinkommen auch etwas Freiheit, um nicht verzweifelt jeden Job annehmen zu müssen. Es gäbe die Möglichkeit, sich etwas mehr selbst zu verwirklichen und sich vielleicht sogar selbstständig zu machen, was man sich so nicht traut, weil der finanzielle Background nicht da ist.Völlig richtig. Ein Grundeinkommen in Form der negativen Einkommensteuer würde sehr viel Druck und Stigmata abbauen und dafür Selbstverantwortung und Flexibilität fördern. Richtig umgesetzt ist es ein gerechteres und freieres System als unser derzeitiges.
baumarktpflanze hat geschrieben:Ich verweise ergänzend dazu auf diesen Thread.Ach Mist ich hatte extra die Suche benutzt.
Edit: Postings wurden zusammengelegt.
baumarktpflanze hat geschrieben:Die Schweizer haben das bedingungslose Grundeinkommen abgelehnt mit großer Mehrheit.Zu der ich allerdings nicht gehöre...
little_big_man hat geschrieben:Was findest Du denn so toll an der generellen Idee?baumarktpflanze hat geschrieben:Die Schweizer haben das bedingungslose Grundeinkommen abgelehnt mit großer Mehrheit.Zu der ich allerdings nicht gehöre...
(Wobei ich mehr der generellen Idee als der praktischen Umsetzbarkeit zugestimmt habe.)
baumarktpflanze hat geschrieben:Was findest Du denn so toll an der generellen Idee?Dass der ganze Verwaltungsaufwand für Institutionen wie Altersvorsorge, Arbeitslosengeld, Sozialhilfe und was es sonst noch alles gibt, um Leuten in Notlagen oder speziellen Verhältnissen zu helfen eingespart werden könnte, wenn jeder einfach schon mal generell ein Minimaleinkommen hätte.
vicaddict hat geschrieben:Wenn die Löhne gesenkt würden, würde doch erst recht keiner mehr arbeiten gehen. Das Gegenteil ist der Fall. Die Löhne müssten erhöht werden, damit die Leute einen Anreiz zum Arbeiten hätten. Das wiederum würde aber die Preise in die Höhe treiben, da die Unternehmen die Löhne finanzieren müssen. Ergo würde das Grundeinkommen wieder nicht ausreichen, weil ein Brot dann mal eben 15 € kosten könnte.Warum sollten die Löhne erhöht werden müssen? Jeder Lohn egal wie gross oder klein wäre doch zusätzlich zum Grundeinkommen und somit ein Gewinn. Die Frage ist einfach, wie findet man die "korrekte" Höhe eines solchen Grundeinkommens, damit es klein genug ist, dass trotzdem jeder zum arbeiten motiviert ist, aber hoch genug, um eben keine Sozialhilfe, Hartz4 und Co. mehr zu brauchen, für Leute die keine Arbeit finden.
little_big_man hat geschrieben:Warum sollten die Löhne erhöht werden müssen? Jeder Lohn egal wie gross oder klein wäre doch zusätzlich zum Grundeinkommen und somit ein Gewinn. Die Frage ist einfach, wie findet man die "korrekte" Höhe eines solchen Grundeinkommens, damit es klein genug ist, dass trotzdem jeder zum arbeiten motiviert ist, aber hoch genug, um eben keine Sozialhilfe, Hartz4 und Co. mehr zu brauchen, für Leute die keine Arbeit finden.Warum die Löhne erhöht werden müssen? Weil es genug Leute gibt, die abwägen werden, ob sie weiterhin als Reinigungslraft für 8,50 schuften oder ob sie da nicht lieber 40 Stunden mehr Freizeit genießen. Gibt genug Jobs im Niedriglohnsektor, die für die Leute keine Erfüllung sind und die sie nur ausüben, weil sie es müssen. Warum sollten die diese weiter ausüben? Gerade diese Jobs müssten wahnsinnig viel besser entlohnt werden, weil die dann keiner mehr machen muss.