#1336726
Wenn man jeden einzelnen Preis jedes Produktes festlegt und Leute, die unter der Hand Preisabsprachen treffen verhaftet dann könnte es für ein paar Wochen klappen. Wenn nicht wäre es einfach so als würden man den jetzigen Hartz4 Empfängern die Sozialleistungen streichen. Deren Geld würde ja entwertet, weil durch das Grundeinkommen alle mehr Geld hätten und somit auch die Preise stiegen was einen Wertverfall zur Folge hat.
Und natürlich auch: Wer geht noch was arbeiten? Es gibt Leute, die ihren Beruf lieben. Wer allerdings liebt Müll aufsammeln und Klos putzen, wenn man mehr Geld bedingungslos bekommt? Zumal eben auch Dieter Bohlen und Günther Jauch das BGE bekommen würden.

Probleme wie Masseneinwanderung (H4 lockt jetzt schon viele und wenn es dann noch mehr und komplett ohne Prüfung ausgezahlt wird gibt es noch mehr potenzielle Interessenten. Zumal Einwanderung innerhalb der EU auch nicht verboten werden könnte und da gibts genug Länder, die einen deutlich geringeren Durschnittslohn haben) und vor allem: Die Armutserhaltung, die ja auch oben zur Sprache kommt sprechen auch dagegen. Es ist mehr ein "Hier habt ihr Geld, haltet die Fresse" als ein wirklicher Ansatz gegen Armut.
#1336729
Da ich mich Extaler nur anschließen. Salopp gesagt: Wenn man jedem Menschen 1 Euro mehr gibt, dann ist morgen auch alles 1 Euro teurer. So erhöht man künstlich die Inflation ohne Not. Opfer davon werden die, die nur vom BGE leben.
Außerdem ist es das sozialistische was ich je Gehört habe. Das wäre nicht mal dem Sowjet eingefallen. Geld muss einen Gegenwert haben sonst ist es nur bedrucktes Papier.
#1336789
Wer würde noch Müll aufsammeln oder Klos putzen? Sicherlich niemand, der keinen Fetisch dafür hat. Es sei denn, man bezahlt diese Jobs entsprechend, so dass es ein Anreiz wäre, sich damit das Einkommen aufzubessern.

Dass sich der Staat ein solches Grundeinkommen nicht leisten könnte, halte ich aber für ein Gerücht. Bedenkt man wieviele Menschen ohnehin von ALGII leben, dürfte die eingesparte Bürokratie sicherlich ihren Teil dazu beitragen, dass sich ein solches Grundeinkommen finanzieren lässt. Dass die Leute aufhören würden zu arbeiten, sehe ich auch nicht so. Wie am obigen Beispiel aufgezeigt wäre es lediglich eine Frage des Stundenlohnes, um Leute dazu zu bewegen, diese unangenehmen Aufgaben zu erledigen. Man könnte fast schon annehmen, dass harte Arbeit wieder wie solche bezahlt werden würde und auf der anderen Seite, die aktuellen Spitzenverdiener in die Röhre schauen würden. Insofern wäre der Gedanke sicherlich hilfreich.
#1336802
Ein höherer Stundenlohn wird im Endeffekt auf die Produkte aufgeschlagen. Alle Produkte werden teurer (=Inflation). Der Müllaufsammler kann sich dann genau wie vorher entsprechend seines Statuts immer noch kein Schloß kaufen. Bringt ihm also nichts das ganze, außer das seine Gehaltsabrechnung höhere Zahlen ausweisen. Die Kaufkraft bleibt in etwa gleich.

Ich habe gehört 4,5 Mio bekommen ALG II. Das ist kein Vergleich zu 82 Mio mit BGE. Also lässt es sich doch nicht ganz so leicht finanzieren.
#1336850
Schade, dass hier scheinbar nur das "Modell" der Linken um Katja Kipping bekannt ist. Dieses "Modell" eines bedingungslosen Grundeinkommens ist natürlich großer Quatsch und (international) völlig ohne Bedeutung. Aber es gibt gute Alternativen.
2Pac hat geschrieben:Ich habe gehört 4,5 Mio bekommen ALG II. Das ist kein Vergleich zu 82 Mio mit BGE. Also lässt es sich doch nicht ganz so leicht finanzieren.
Der Vergleich ist totaler Unsinn, zumindest wenn man die gängigen Modelle betrachtet (und nicht den Käse, den Katja Kipping da verzapft), da der Großteil eben keine Transferleistungen erhält und du auch gar nicht die derzeitigen Subventionen durch Steuerfreibeträge/-freigrenzen und -progression mit einbeziehst, die man auch als eine Art Transferleistung für Arbeitnehmer sehen kann. Wenn man das einbezieht, könnte man sich bei gleichen Kosten (also inklusive der entgangenen Steuereinnahmen durch Freibeträge) durchaus ein solches System leisten. Nur wäre das Nettogrundeinkommen deutlich niedriger als 600-1000 Euro wie von diversen Parteien vorgeschlagen.
Ich persönlich halte nichts von dem "bedingungslos"-Zusatz, bin aber Fan einer negativen Einkommensteuer in Kombination mit einer "flat tax". Diese geht allerdings per Definition mit der "bedingungslos"-Eigenschaft einher, sodass ich das in Kauf nehmen würde.
Der große Vorteil eines solchen Systems ist, neben dem Bürokratieabbau, die Flexibilität mit der Arbeit aufgenommen werden kann. Es lohnt sich eben in jedem Fall zu arbeiten, auch wenn es nur geringbezahlte Jobs sind, die man annimmt. Im hiesigen Hartz4-System wird jedes Einkommen hingegen sofort sehr hoch auf den Transfersatz angerechnet, sodass da absolut kein fairer Ausgleich für die zusätzliche Arbeit gewährleistet ist.
Allerdings muss man dann eben auch weggehen von einem "soziokulturellen" Existenzminimum, das bedarfsorientiert ist und stattdessen ein bloß existenzsicherndes Grundeinkommen einführen. Sonst wäre es nämlich nötig Bedingungen und Einzelfälle zu prüfen, was wiederum zu erhöhtem Bürokratieaufwand führt und zusätzlich würde man damit den Niedriglohnsektor subventionieren (siehe unten).
vicaddict hat geschrieben:Dass sich der Staat ein solches Grundeinkommen nicht leisten könnte, halte ich aber für ein Gerücht. Bedenkt man wieviele Menschen ohnehin von ALGII leben, dürfte die eingesparte Bürokratie sicherlich ihren Teil dazu beitragen, dass sich ein solches Grundeinkommen finanzieren lässt.
Was heißt denn Finanzierung? Über welche Beträge sprechen wir hier? So wie du es jetzt beschreibst, ist es eine einzige Milchmädchenrechnung.
Ich wüsste beispielsweise nicht, wie sich der Vorschlag der Linken finanzieren ließe. Kipping selbst sagt ja, dass das System bei weitem nicht selbstfinanzierend ist und man dafür 40% (!) des BIP umverteilen müsste. Aber vielleicht kannst du mir das erklären.
Übertragen wir zumindest mal das von Kipping geforderte Nettoeinkommen in das System der negativen Einkommensteuer (was also sehr viel günstiger wäre als ihr Vorschlag) und nehmen zur Vereinfachung an, dass wir gleichzeitig eine flat tax von 30% einführen.
Die Linke schlägt vor, ein Nettogrundeinkommen von 1.000 Euro (also 12.000 Euro im Jahr) in jedem Fall zu gewährleisten - also insbesondere im Falle eines Nulleinkommens.
Die Formel zur Berechnung der negativen Einkommensteuer lautet:

Steuersatz*(Bruttoeinkommen-Grundfreibetrag)=Nettosteuerzahlung(bzw. -erstattung)

Im Beispiel: 0,3*(0-x)=-12.000 -> x= 40.000

Um pro Jahr 12.000 Euro zu bekommen, müsste der Grundfreibetrag also 40.000 Euro betragen. Das Medianeinkommen in Deutschland liegt etwa bei 23.000 Euro. Effektiv Steuern gezahlt wird aber erst ab 40.000 Euro. Dass das nicht funktioniert, muss man wohl keinem erklären. Und nochmal: Wir reden hier bei weitem nicht vom eigentlichen Vorschlag allen Menschen 1.000 Euro zu geben.

Man kann ja ein wenig in dem Modell spielen. Der Althaus-Vorschlag zum "Solidarischen Bürgergeld" sieht z.B. das hier vor:

0,5*(0-x)=-9600, x= 19.200

Sieht auf den ersten Blick schon besser aus, allerdings werden hier 50% "Transfersteuern" auf jeden Euro Zuverdienst von Menschen mit unter 19.200 EUR Bruttoeinkommen (also 1.600 EUR Monatsbrutto) erhoben, was in meinen Augen deutlich zuviel ist und zu einer ähnlichen Anreizproblematik führt wie im jetzigen Hartz4-System. Darüberhinaus subventioniert es den Niedriglohnsektor übermäßig stark, da die Transfergrenze zu hoch gewählt ist.

Fazit: Der Unterschied zwischen negativer Einkommensteuer und Kipping-Vorschlag ist, dass nicht jeder das Grundeinkommen bekommt, sondern nach Einkommen gestaffelt wird. Für Leute oberhalb der Transfergrenze wirkt das Grundeinkommen lediglich wie ein Freibetrag, sie erhalten aber keine Zahlungen.
Senkt man den "Transfersteuersatz" oder die Transfergrenze, bestehen größere Anreize Arbeit aufzunehmen und das System ist gerechter, da Geringverdiener insgesamt weniger Steuern auf ihren Zuverdienst bezahlen. Je niedriger die Transfergrenze (oder das Ziel-Nettoeinkommen) gewählt wird, desto eher werden Arbeitstätige zu Nettosteuerzahlern und desto eher ist das System finanzierbar. Ein bedingungsloses Grundeinkommen ist definitiv umsetzbar, aber es muss, wie oben erwähnt, deutlich niedriger angesetzt und fairer gestaltet werden als in gängigen "linken" Modellen.
#1337077
Ein "bedingungsloses Grundeinkommen" wäre der absolute Schwachsinn !
Jeder, der körperlich dazu in der Lage ist, sollte auch für sein Einkommen sorgen und dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Ein bedingungsloses Einkommen wäre nur eine willkommene Möglichkeit für Faulenzer, auf Kosten anderer zu leben. Denn eines ist klar: Irgendwer muss das Geld ja erwirtschaften, vom Himmel fällt das nicht.
Wir haben heute schon die Grundsicherung für Erwerbsunfähige - das ist aber eben für Leute, die nicht arbeiten können. Hartz4/ ALG 2 ist für Leute, die arbeiten können, aber gerade arbeitslos sind. Der Sozialstaat ist richtig und gut, für Zeiten, in denen Leute keinen Job haben. Aber eine Dauerlösung darf das nicht werden.
#1337135
AndiK. hat geschrieben:Ein "bedingungsloses Grundeinkommen" wäre der absolute Schwachsinn !
Jeder, der körperlich dazu in der Lage ist, sollte auch für sein Einkommen sorgen und dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Ein bedingungsloses Einkommen wäre nur eine willkommene Möglichkeit für Faulenzer, auf Kosten anderer zu leben. Denn eines ist klar: Irgendwer muss das Geld ja erwirtschaften, vom Himmel fällt das nicht.
Wir haben heute schon die Grundsicherung für Erwerbsunfähige - das ist aber eben für Leute, die nicht arbeiten können. Hartz4/ ALG 2 ist für Leute, die arbeiten können, aber gerade arbeitslos sind. Der Sozialstaat ist richtig und gut, für Zeiten, in denen Leute keinen Job haben. Aber eine Dauerlösung darf das nicht werden.

Der Staat hat doch aber in den letzten 20 Jahren alles dafür getan, dass es darauf hinausläuft, nur sind es nicht die Sozialisten, die ein Grundeinkommen eingeführt haben, sondern es waren Marktradikale, die den Niedriglohnsektor und das Aufstocken erfunden haben. Was anderes als ein Grundeinkommen ist es denn, wenn die Firmen die Arbeitskraft ausbeuten und der Staat den Lohn zahlt?
#1337181
vicaddict hat geschrieben:es waren Marktradikale, die den Niedriglohnsektor und das Aufstocken erfunden haben.
Ja genau. Niedriglöhne sind eine Erfindung der letzten 20 Jahre und Aufstocken gibt es natürlich auch erst seit der Agenda 2010 und an allem sind die bösen Kapitalisten schuld :roll:. Wie immer beeindruckst du mit außerordentlicher Fachkompetenz und umfangreichen Begründungen. "Erfunden" - so lächerlich. Ansonsten wies ich auf die Subventions-Problematik und Lösungsansätze schon in obigem Post hin.
#1337303
Trötenflöter hat geschrieben:Ja genau. Niedriglöhne sind eine Erfindung der letzten 20 Jahre und Aufstocken gibt es natürlich auch erst seit der Agenda 2010 und an allem sind die bösen Kapitalisten schuld :roll:. Wie immer beeindruckst du mit außerordentlicher Fachkompetenz und umfangreichen Begründungen. "Erfunden" - so lächerlich. Ansonsten wies ich auf die Subventions-Problematik und Lösungsansätze schon in obigem Post hin.
Willst du mir etwa erzählen, dass wir vor Rot-Grün einen vergleichbaren Niedriglohnsektor hatten? Mit der Agenda 2010 wurde dieser Sektor massiv gefördert und erschien quasi erstmal auf der Landkarte. Das Aufstocken wird seitdem für mehr und mehr Menschen lebensnotwendig. Was wenn kein politisch gewolltes Grundeinkommen ist das denn deiner Meinung nach? Hartz IV für die, die keinen Job haben. Hartz IV für die, die einen Job haben, aber davon nicht leben können und die Zahl derer wird immer größer.

Und ja, Kapitalisten sind Schuld an der Problematik. Da sich einzig und allein der Kapitalismus als letztes verbliebenes Wirtschaftsmodell durchgesetzt hat, sind wir zwangsläufig alle Kapitalisten und daher auch Schuld daran. Die einen mehr, die anderen weniger. Die FDP am meisten. Das heißt nur nicht, dass der Kapitalismus zukunftsträchtig ist. Im Gegenteil. Die Regierungen aller Länder versuchen doch seit Jahren nichts anderes als diese Blase aufrecht zu erhalten. Irgendwann wird sie platzen und was danach kommt, wird man sehen.
#1337308
Ja, die böse FDP ... Die war aber an der Agenda 2010 so gar nicht beteiligt. Glaub ich.

Mal abgesehen von der Finanzierung und dem ganzen Gedöns - warum geht man immer davon aus, dass die meisten Leute dann faul in der Ecke sitzen? Andersrum gäbe ein bedingungsloses Grundeinkommen auch etwas Freiheit, um nicht verzweifelt jeden Job annehmen zu müssen. Es gäbe die Möglichkeit, sich etwas mehr selbst zu verwirklichen und sich vielleicht sogar selbstständig zu machen, was man sich so nicht traut, weil der finanzielle Background nicht da ist.
#1337675
vicaddict hat geschrieben: Willst du mir etwa erzählen, dass wir vor Rot-Grün einen vergleichbaren Niedriglohnsektor hatten? Mit der Agenda 2010 wurde dieser Sektor massiv gefördert und erschien quasi erstmal auf der Landkarte. Das Aufstocken wird seitdem für mehr und mehr Menschen lebensnotwendig.
Ja, den Niedriglohnsektor gab es schon in den 90ern, nur zusätzlich noch in Kombination mit einer sehr hohen Arbeitslosenquote und einer großen Anzahl Langzeitarbeitsloser. Auch Subventionen gab es damals schon (insbesondere für spezielle Teilgruppen wie ältere Arbeitnehmer). Niedriglöhne sind relative Größen. Darum muss man das auch im historischen Kontext betrachten. Ein inflationsbereinigter Niedriglohn heute hat wahrscheinlich mehr Kaufkraft als ein mittlerer Lohn in den 60ern - allein schon wegen der technologischen Entwicklung.
Dass es einen Anstieg im Niedriglohnsektor gab, insbesondere während/nach Einführung der "Hartz"-Gesetze, ist unbestritten - im Gegenteil: Es war ausdrücklich das Ziel diesen Sektor zu Gunsten einer niedrigeren Arbeitslosigkeit (Geringqualifizierter) auszubauen. Hat auch geklappt: Von den über 5 Mio. Arbeitslosen um die Jahrtausendwende sind nur noch 3 übrig geblieben, davon sind etwa 2/3 Hartz4-Empfänger. Dafür gibt es jetzt 2 Mio. Erwerbstätige, die zusätzlich Transferleistungen erhalten. Diese Änderung kann man aber sowohl für die Betroffenen, den Staatshaushalt als auch die Wirtschaft als Gewinn anerkennen. Seit 2007 ist der Anteil der Beschäftigten im Niedriglohnsektor übrigens konstant bis rückläufig - nicht steigend.
Die Agenda 2010 war absolut notwendig, um dem Problem der überhand nehmenden Langzeitarbeitslosigkeit entgegen zu treten. Das Ziel den Arbeitsmarkt durch die ausdrückliche Erweiterung des Niedriglohnsektors flexibler zu machen, ist legitim und hat Deutschland vielfältige Vorteile, etwa bei der Krisenbewältigung, gegenüber anderen Ländern gebracht.
Was dem Ziel der Agenda 2010 hingegen im Weg steht, ist ihre Umsetzung, die dazu führt, dass es an vielen Stellen "Reibungsverluste" gibt und der Aufstieg in mittlere Einkommen erschwert wird. Die Ungerechtigkeit des Systems liegt nicht darin, dass man für ein bis zwei Jahre einen schlecht bezahlten Job ausführt (geringfügige Beschäftigung war nie als Dauerlösung vorgesehen), sondern, dass es sehr schwierig ist sich weiter zu qualifizieren und produktivere Jobs zu finden. Wer sich zu seinem Hartz4-Einkommen etwas dazuverdienen möchte, muss diesen Zuverdienst indirekt in absurder Höhe besteuern. (Dies war als Zugeständnis für die Mittelschicht gedacht, die es als ungerecht empfunden hätte, für Transferleistungen oberhalb des "sozio-kulturellen Existenzminimums" zu bezahlen.) Hier müsste man ansetzen, wenn man das System verbessern wollte.
Und ja, Kapitalisten sind Schuld an der Problematik. Da sich einzig und allein der Kapitalismus als letztes verbliebenes Wirtschaftsmodell durchgesetzt hat, sind wir zwangsläufig alle Kapitalisten und daher auch Schuld daran. Die einen mehr, die anderen weniger. Die FDP am meisten. Das heißt nur nicht, dass der Kapitalismus zukunftsträchtig ist. Im Gegenteil. Die Regierungen aller Länder versuchen doch seit Jahren nichts anderes als diese Blase aufrecht zu erhalten. Irgendwann wird sie platzen und was danach kommt, wird man sehen.
Schuld woran? An Jobs mit niedriger Produktivität? Die gibt es auch im Sozialismus (sogar noch weitaus mehr). Schuld daran sind nicht die Kapitalisten, sondern technischer Fortschritt und Globalisierung. Das einzige was du durch eine staatliche Lohnfestsetzung für diese Jobs erreichst, ist ein Anstieg der Arbeitslosigkeit Geringqualifizierter (den Zusammenhang hat ja gerade die Agenda 2010 lehrbuchhaft bewiesen).
Das Gegenteil von dem was du behauptest, ist der Fall: Der Welt geht es seit dem Zusammenfall der Sowjetunion und den sich daraus ergebenen Möglichkeiten zur Globalisierung so gut wie niemals zuvor. Die Armut in der Welt hat, insbesondere in den Schwellenländern, stark abgenommen. Die Wirtschaftskraft und humanitäre Entwicklung in nahezu allen Ländern hat dank freierem Handel, internationaler Arbeitsteilung, ausländischen Direktinvestitionen, usw. in den letzten 10-20 Jahren zugelegt - insbesondere im Vergleich zur Situation vor 1990. Tatsächlich ist der Kapitalismus also äußerst zukunftsträchtig.
Einzelne Blasen kann es durch Marktineffizienzen und fehlende Ordnungsrahmen/Regulierung natürlich immer geben. Große volkswirtschaftliche Blasen sind hingegen meistens auf starke politische Eingriffe (Fiskalpolitik, Geldpolitik: siehe Asien-Krise, Japan-Krise, Euro-Krise, teilweise Finanzkrise) zurückzuführen. Wir sollten daran arbeiten, uns mehr für staatliche Rahmenregeln und weniger für direkte staatliche Eingriffe einzusetzen. Also etwa weg von der willkürlichen Berechnung "bedarfsgerechter" Lebensstandards und bürokratischen Arbeitsvermittlungen und hin zu einfachen, fairen und nachvollziehbaren Transfersystemen wie der negativen Einkommensteuer. Dann klappt das auch mit dem Kapitalismus (zumindest bis zu dem Punkt an dem Roboter in den meisten Lebens-/Arbeitsbereichen produktiver werden als Menschen).
Kaffeesachse hat geschrieben:Mal abgesehen von der Finanzierung und dem ganzen Gedöns - warum geht man immer davon aus, dass die meisten Leute dann faul in der Ecke sitzen? Andersrum gäbe ein bedingungsloses Grundeinkommen auch etwas Freiheit, um nicht verzweifelt jeden Job annehmen zu müssen. Es gäbe die Möglichkeit, sich etwas mehr selbst zu verwirklichen und sich vielleicht sogar selbstständig zu machen, was man sich so nicht traut, weil der finanzielle Background nicht da ist.
Völlig richtig. Ein Grundeinkommen in Form der negativen Einkommensteuer würde sehr viel Druck und Stigmata abbauen und dafür Selbstverantwortung und Flexibilität fördern. Richtig umgesetzt ist es ein gerechteres und freieres System als unser derzeitiges.
von Waterboy
#1473596
Vielleicht hat es ja der ein oder andere mitbekommen aber die Schweizer können heute abstimmen, über ein bedingungsloses Grundeinkommen.

Umgerechnet 2250 Euro soll jedem volljährigen Schweizer Bürger monatlich zustehen, egal ob er arbeitet oder nicht.

Politik und Wirtschaft sind logischer Weise nicht begeistert und argumentieren damit, das viele Menschen ( vor allem in ungeliebten jobs )
Dann nicht arbeiten gehen würden. Befürworter sprechen davon, dass man dem Menschen vertrauen sollte und das ein grundeinkommen Existenzängste nehmen würde.

Überraschend ist, dass laut Umfragen 70% der Schweizer gegegen ein grundeinkommen sind, während in Deutschland 63 % dafür wären.

Wie ist eure Meinung dazu ?
#1473603
Nunja, wenn so etwas wirtschaftlich funktionieren kann und es eine Aussicht auf Klärung der offenen Frage gäbe, wie die körperlich belastenden und in keiner Form emotional bereichernden Arbeiten weiterhin erledigt werden (muss ja nicht zwingend im beruflichen Kontext sein, aber wie dann?), ist das ein wunderbare Gedanke. Bisher sind mir die Antworten darauf allerdings noch zu dünn und die Gefahren würden überwiegen - gerade auch, wenn man bedenkt, was das für Begehrlichkeiten im Ausland weckt, für die schon unsere heutigen Sozialleistungen ja gerüchteweise nicht ganz unattraktiv sein sollen. Und diese Migration wäre denke ich eine sehr direkte Problematik, der wir uns dann zu stellen hätten. Und gerüchteweise soll es da ja grad eh alles ein wenig angespannt sein.

Sobald fundiertere Antworten als "müssen wir mal gucken" und "da lassen wir uns was ganz Neues" einfallen kommen, bin ich total dafür. Heute würde ich wohl auch dagegen votieren. Wahrscheinlich zumindest.


Fohlen
#1473606
Erstmal den spitzen Steuersatz anheben und dann kann man auch den Mittelstand Dörfer. Ob mit BGE oder ohne.
von Waterboy
#1473619
baumarktpflanze hat geschrieben:Ich verweise ergänzend dazu auf diesen Thread.

Edit: Postings wurden zusammengelegt.
Ach Mist ich hatte extra die Suche benutzt.
Danke für das zusammenlegen
#1473861
little_big_man hat geschrieben:
baumarktpflanze hat geschrieben:Die Schweizer haben das bedingungslose Grundeinkommen abgelehnt mit großer Mehrheit.
Zu der ich allerdings nicht gehöre... :wink:

(Wobei ich mehr der generellen Idee als der praktischen Umsetzbarkeit zugestimmt habe.)
Was findest Du denn so toll an der generellen Idee?
#1473873
baumarktpflanze hat geschrieben:Was findest Du denn so toll an der generellen Idee?
Dass der ganze Verwaltungsaufwand für Institutionen wie Altersvorsorge, Arbeitslosengeld, Sozialhilfe und was es sonst noch alles gibt, um Leuten in Notlagen oder speziellen Verhältnissen zu helfen eingespart werden könnte, wenn jeder einfach schon mal generell ein Minimaleinkommen hätte.

Was nicht wirklich klar ist, wie es genau finanziert werden müsste. Theoretisch sollte es ja den Armen zu mehr Geld verhelfen, den Mittelstand ungefähr gleich belassen und dafür bei den Reichen mehr abzwacken. Also müssten wohl die Steuern so erhöht werden, dass der Mittelstand ungefähr wieder alles, was sie durchs Grundeinkommen zusätzlich erhalten, gleich wieder als Steuern abliefern müssen....was organisatorisch wiederum auch doof klingt. Oder es müssten alle Löhne entsprechend gesenkt werden und die Arbeitgeber müssten dafür in einen Grundeinkommens-Topf einzahlen?

Wie gesagt, die Grundidee finde ich richtig und habe deshalb "JA" gestimmt, aber die Praxis müsste mir zuerst mal jemand erklären...
#1473897
Wenn die Löhne gesenkt würden, würde doch erst recht keiner mehr arbeiten gehen. Das Gegenteil ist der Fall. Die Löhne müssten erhöht werden, damit die Leute einen Anreiz zum Arbeiten hätten. Das wiederum würde aber die Preise in die Höhe treiben, da die Unternehmen die Löhne finanzieren müssen. Ergo würde das Grundeinkommen wieder nicht ausreichen, weil ein Brot dann mal eben 15 € kosten könnte.
#1473902
vicaddict hat geschrieben:Wenn die Löhne gesenkt würden, würde doch erst recht keiner mehr arbeiten gehen. Das Gegenteil ist der Fall. Die Löhne müssten erhöht werden, damit die Leute einen Anreiz zum Arbeiten hätten. Das wiederum würde aber die Preise in die Höhe treiben, da die Unternehmen die Löhne finanzieren müssen. Ergo würde das Grundeinkommen wieder nicht ausreichen, weil ein Brot dann mal eben 15 € kosten könnte.
Warum sollten die Löhne erhöht werden müssen? Jeder Lohn egal wie gross oder klein wäre doch zusätzlich zum Grundeinkommen und somit ein Gewinn. Die Frage ist einfach, wie findet man die "korrekte" Höhe eines solchen Grundeinkommens, damit es klein genug ist, dass trotzdem jeder zum arbeiten motiviert ist, aber hoch genug, um eben keine Sozialhilfe, Hartz4 und Co. mehr zu brauchen, für Leute die keine Arbeit finden.
#1473911
little_big_man hat geschrieben:Warum sollten die Löhne erhöht werden müssen? Jeder Lohn egal wie gross oder klein wäre doch zusätzlich zum Grundeinkommen und somit ein Gewinn. Die Frage ist einfach, wie findet man die "korrekte" Höhe eines solchen Grundeinkommens, damit es klein genug ist, dass trotzdem jeder zum arbeiten motiviert ist, aber hoch genug, um eben keine Sozialhilfe, Hartz4 und Co. mehr zu brauchen, für Leute die keine Arbeit finden.
Warum die Löhne erhöht werden müssen? Weil es genug Leute gibt, die abwägen werden, ob sie weiterhin als Reinigungslraft für 8,50 schuften oder ob sie da nicht lieber 40 Stunden mehr Freizeit genießen. Gibt genug Jobs im Niedriglohnsektor, die für die Leute keine Erfüllung sind und die sie nur ausüben, weil sie es müssen. Warum sollten die diese weiter ausüben? Gerade diese Jobs müssten wahnsinnig viel besser entlohnt werden, weil die dann keiner mehr machen muss.