rosebowl hat geschrieben:Wenn sowas *klick* dieses "Verteidigen unserer Werte" ist, dann Prost Mahlzeit.
Ich weiß echt nicht, was da überwiegt - Fremdscham, Wut, Entsetzen, oder so langsam doch Angst...
Also ich werde langsam auch zum besorgten Bürger. Ich bin wirklich besorgt, wie sich unser Land entwickelt. Rechte Parteien greifen in Hessen zweistellige Werte ab und liegen auch in den Umfragen für die Landtagswahlen auf diesem Niveau, christliche Pfarrer werden per Morddrohung vertrieben - wo schützt da jemand unsere Werte?? - , Flüchtlingsheime brennen, Straftaten von Flüchtlingen werden erfunden, um sie schlecht zu machen etc etc - und dann kommt immer wieder "man muss die Leute verstehen"? Nein, sowas muss man nicht verstehen. Sowas ist mit absolut nichts zu rechtfertigen.
Natürlich müsste die Politik die Menschen grundsätzlich ernster nehmen, mehr den Dialog suchen, Politik vermitteln statt aufdrücken etc - aber das kann keine Rechtfertigung für das sein, was aktuell in diesem Land passiert. Mag man noch so gefrustet sein, egal ob begründet oder nur, weil die Panikmache Erfolg hat - ein bisschen eigenes Denken und eine gewisse Achtung vor Menschen muss da sein. Wer diesen geistigen Brandstiftern von Pegida, AfD und co nachläuft, kann nach dem, was in den letzten Monaten passiert ist, wirklich nicht mehr behaupten, nichts mit rechts zu tun zu haben.
Das ist wieder einmal viel zu einseitig gesehen.
Hast du dir mal gedanken gemacht warum "rechte" Parteien momentan solche Werte holen?
Glaubst du ernsthaft das von jetzt auf gleich ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung einen Sinneswandel durchgemacht hat und plötzlich rechts ist?
Da steckt doch null Sinn dahinter. Das ist eine ganz normale Protestreaktion wie sie in diesem Land schon dutzendfach vorgekommen ist. Wenn sämtliche etablierten Parteien die vollkommen verständlichen (und damit sind nicht irgendwelche Angriffe gemeint) Positionen ignorieren und jegliche Kritik an ihrer Position sofort in die rechte Ecke geschoben wird, dann werden die Leute halt dazu gezwungen sich nach alternativen umzuschauen, damit die Politiker merken das die Leute alles andere als zufrieden mit ihnen sind. Sowas legt sich auch recht schnell wieder, wenn die Parteien wieder zu Sinnen kommen. Es hält länger an, wenn sie ihr eigenes Versagen ignorieren und irgendwelche Phantastereien von sich geben.
Dies ist nichts anderes als was zu Hauf in früheren Jahren passiert ist. Und dabei kommt es nichtmal aufs Thema an. Es passiert auch durch ganz andere Dinge. Die Grünen haben mehrfach von solchen Momenten profitiert. In ähnlicher Weise läuft es doch auch allgemein bei den Parteien ab. Die FDP kam vor einigen Jahren nicht auf 14,6% weil sie alle plötzlich so toll fanden, nein, sie kam auf diesen Wert weil sie am längsten nicht mehr an der Macht waren. Rot-Grün war abgewählt worden, darauf folgte CDU-SPD. Für alle die damit nicht zufrieden waren gab es dementsprechend nur eine richtige Alternative zu dem Zeitpunkt. All das hat rein gar nichts mit einem Rutsch der Bevölkerung in irgendeine Richtung zu tun.
Merkel und Co sind in Europa praktisch komplett isoliert, man findet eigentlich auch kein Land in dem die Bevölkerung ihre Methoden befürwortet. Ganz gleich ob links, mitte oder rechts, so gut wie alle sind dagegen. Soll jetzt auf einmal fast ganz Europa zu Rechten mutiert sein? will das ernsthaft jemand behaupten?
Und jetzt mal ernsthaft, "Straftaten werden erfunden", damit kommst du nachdem nachweislich Meldungen über Straftaten in massiver Weise zurückgehalten wurden?
Glaubst du wirklich diese beiden Punkte wären in irgendeiner Weise in vergleichbarem Maße geschehen?
Ja, Anschläge sind komplett falsch, genau wie Morddrohungen oder alles was in diese Richtung geht. Über sowas muss man eigentlich kein Wort verlieren, das ist selbstverständlich.
Es ist aber ebenfalls falsch so zu tun als ob das die Masse derer darstellt die Kritik am vorgehen üben. Das ist nämlich nicht nur Unsinn, sondern grenzt langsam schon an alter KPD Denken aus Weimarer Zeiten, "überall Faschisten, selbst bei der SPD". Mit der Realität hat das rein gar nichts zu tun. Es ist vielmehr ein Schwarz-Weiß-Denken was genau das darstellt was man anderen vorwirft.
Im übrigen sind nicht nur die Rechten, sondern auch die Linken Straftaten in enormer Weise gestiegen. Und das ist in keinster Weise überraschend. Wer jede noch so berechtigte Anmerkung in eine radikale Ecke schiebt - was selbst auf eine äußerst fragwürdige Einstellung zur Demokratie hinweist - der sorgt dafür das der radikale Rand zu anderen Mitteln greift und stärker wird. Das putscht wiederum den anderen radikalen Rand hoch und treibt einen immer tieferen Keil in die Gesellschaft.
Mit anderen Worten: das was den rechten Rand am stärksten befeuert sind nicht irgendwelche rechten Dampfplauderer, denn die gab es schon immer, sondern diejenigen die bei jeder noch so berechtigte Kritik sofort mit Nazi-Keule, Rassismusvorwürfen und ähnlichem kommen. Genau dadurch baut man nämlich den Rand auf, sorgt dafür das Menschen die noch nicht zu diesem Rand gehören eine gewisse Apathie gegenüber Aktionen des Rands an den Tag legen werden die sie eigentlich stark ablehnen würden, und drängt haufenweise Menschen der Mitte ein Stück weit nach rechts.
Es ist doch schon ziemlich peinlich, wenn von linker Seite aus grundlegende Werte der Demokratie, sowie das Einhalten von Regeln, Gesetzen und internationale Abmachungen als große Katastrophe angesehen werden. Nur in Deutschland würde jemand auf die Idee kommen, dass der Nationalstaat an sich etwas furchtbares ist das man beseitigen muss. Ist es nicht komisch, dass nirgendwo sonst auf der Welt dieses Phänomen auftritt?
Wie kann all das denn ach so demokratie-feindlich sein, wenn es in praktisch allen anderen Demokratien gang und gäbe ist?
Da muss man sich doch fragen wie Frankreich, England und Co bloß so lange als Demokratie überstehen konnten, wo ihre Haltung doch ach so demokratie-feindlich ist :roll:
Wie kann die simple Forderung sich an Regeln und Gesetze zu halten, und nicht Entscheidungen zu treffen die gar nicht in dem Machtbereich der Personen fallen, kombiniert mit der Tatsache das die breite Mehrheit Europas - ganz gleich ihrer politischen Einstellung - die momentane Handlungsweise komplett ablehnt, in irgendeiner Art und Weise demokratie-feindlich sein?
Es ist echt erschütternd, wenn Menschen die die Demokratie ja angeblich so toll finden und meinen sich für die Menschenrechte, etc. einzusetzen gar nicht mehr merken das sie gerade das Gegenteil tun. Schengen, z.B., basiert darauf, dass die äußeren Grenzen des Raumes kontrolliert werden. Das ist der ganze Punkt der Abmachung. Es kann gar nicht funktionieren wenn diese Kontrollen nicht vorhanden sind, daher auch die Regeln das Kontrollen innerhalb des Gebietes möglich sind wenn der normale Zustand nicht mehr vorhanden ist. Die ganze Idee wäre ad absurdum geführt wenn die äußeren Grenzen offen wären, denn dann bestünde ja keinerlei Unterschied mehr zwischen dem Schengen-Gebiet und den nicht-Schengen-Gebieten. Das sich ernsthaft Leute hinstellen und den kompletten Bruch von EU-Recht - sowie die Missachtung des Völkerrechts in Sachen Flüchtlingen - verteidigen, und diejenigen als demokratie-feindlich kritisieren die als einzige die Werte tatsächlich zu erhalten versuchen, ist einfach unfassbar.