von Säqirjënn
#1513469
Dass die Grünen ein gewisses Potential haben sieht man ja bei den Landtagswahlen in BW. Wenn die Grünen Kretschmann als Kanzlerkandidaten aufstellen würden, müsste sich die SPD wahrscheinlich warm anziehen. Aber die Zeit für einen großen Umbruch sehe ich noch nicht gekommen. Die 10% wird sie, zumindest bei Bundestagswahlen, die nächsten Jahre oder Jahrzehnte immer übertreffen.
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von jotobi
#1513473
Ich habe auf dem Heimweg im Radio die Idee einer Ampel-Koalition als Minderheitsregierung gehört. Der Vorschlag kam wohl von irgendeinem SPD Politiker. Klingt..spannend?! :D
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von vicaddict
#1513475
Die Ampel wird auch nur als Nebelkerze von der SPD propagiert. Wie soll das denn machbar sein, wenn die FDP nicht einmal mit der Union auf einen Nenner kommt?

Für die SPD könnten die kommenden Wochen tatsächlich existenziell wichtig sein. Verweigert man sich weiterhin stur, weil man keine GroKo will, obwohl es eine Mehrheit gibt, dann wird der Wähler das durchaus registrieren. Dann macht die Partei ja offenkundig, dass sie keinerlei Interesse am Regieren hat. "Wählt uns, aber in die Verantwortung gehen wir nicht." Das würde ihnen um die Ohren fliegen, dass es nur so kracht. Aus dem Grund werden sie jetzt Schulz absägen und dann wird ein neuer Parteivorsitz mit der Union verhandeln. Alles andere würde IMHO tatsächlich dazu führen, dass die SPD verliert und sich endgültig überflüssig macht.

Es gibt ja faktisch auch keinen Grund warum eine GroKo nicht zustande kommen sollte. Die beiden Parteien regierten zuletzt 4 Jahre, es gibt inhaltlich keine Differenzen und trotz Verlusten hat man eine Mehrheit. Man will einfach aus Eitelkeit bzw. Angst nicht noch einmal mit Merkel regieren. Allerdings vergisst die SPD dabei, dass es ihre eigene Schuld ist, dass sie ständig verliert. Es ist doch kein Naturgesetz, dass Merkels Juniorpartner unter die Räder kommt. Viel eher muss sich die SPD fragen, warum das so ist. Bisher lautet die Antwort darauf eben, dass man keine Antwort hat und hofft, dass sich in der Opposition alles von alleine löst. Nur wird es das nicht. Schlicht und ergreifend deshalb, weil die SPD in der Opposition keinerlei strategischen Partner hat. Mit den Linken will man nicht und die Grünen orientieren sich jetzt schon Richtung Union. Wie soll das denn aussehen, wenn Schwarz-Grün regiert? Glaubt irgendjemand, dass die Grünen dann noch einmal für Rot-Rot-Grün offen sind? Ganz sicher nicht.

Die SPD muss jetzt in die GroKo oder sie können den Laden zu machen. Sie müssen sich dann eben so positionieren, dass sie nicht nur als Anhängsel rüberkommen.
von Säqirjënn
#1513484
Verweigert man sich weiterhin stur, weil man keine GroKo will, obwohl es eine Mehrheit gibt, dann wird der Wähler das durchaus registrieren. Dann macht die Partei ja offenkundig, dass sie keinerlei Interesse am Regieren hat. "Wählt uns, aber in die Verantwortung gehen wir nicht." Das würde ihnen um die Ohren fliegen, dass es nur so kracht. Aus dem Grund werden sie jetzt Schulz absägen und dann wird ein neuer Parteivorsitz mit der Union verhandeln. Alles andere würde IMHO tatsächlich dazu führen, dass die SPD verliert und sich endgültig überflüssig macht.
Nö, ich glaube gerade das würde passieren, wenn die SPD mit der Union weiterregieren würde, egal wie viel sie verliert. Man sieht ja in Österreich, dass eine Dauer-GroKo nur zu einer Stärkung rechtspopulistischer Parteien führt. Ich sehe keinen Grund, weshalb die SPD Angst vor Neuwahlen haben sollte. Sicher, man kann nicht so lange wählen bis einem das Ergebnis gefällt, man muss aber auch nicht gleich den Teufel an die Wand malen. Zumal die AfD viele Protestwähler hatte, die bei einer tatsächlichen Neuwahl möglicher Weise anders wählen würden.
Schlicht und ergreifend deshalb, weil die SPD in der Opposition keinerlei strategischen Partner hat. Mit den Linken will man nicht und die Grünen orientieren sich jetzt schon Richtung Union. Wie soll das denn aussehen, wenn Schwarz-Grün regiert? Glaubt irgendjemand, dass die Grünen dann noch einmal für Rot-Rot-Grün offen sind? Ganz sicher nicht.
Die FDP hat früher auch mal mit der SPD regiert - hieß dass, dass sie nie wieder mit der Union regieren würde? Nein. Schwarz-Grün wäre gewiss keine Liebesheirat sondern eine Zweckkoalition mit vielen Kompromissen. Bei den Grünen gibt es einen konservativen und einen linken Flügel. Und der linke Flügel wird auch weiterhin auf rot-rot-grün drängen, denn nur so kann sich in Sachen Sozialpolitik wirklich was tun.
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von rosebowl
#1513485
Säqirjënn hat geschrieben:
Verweigert man sich weiterhin stur, weil man keine GroKo will, obwohl es eine Mehrheit gibt, dann wird der Wähler das durchaus registrieren. Dann macht die Partei ja offenkundig, dass sie keinerlei Interesse am Regieren hat. "Wählt uns, aber in die Verantwortung gehen wir nicht." Das würde ihnen um die Ohren fliegen, dass es nur so kracht. Aus dem Grund werden sie jetzt Schulz absägen und dann wird ein neuer Parteivorsitz mit der Union verhandeln. Alles andere würde IMHO tatsächlich dazu führen, dass die SPD verliert und sich endgültig überflüssig macht.
Nö, ich glaube gerade das würde passieren, wenn die SPD mit der Union weiterregieren würde, egal wie viel sie verliert. Man sieht ja in Österreich, dass eine Dauer-GroKo nur zu einer Stärkung rechtspopulistischer Parteien führt. Ich sehe keinen Grund, weshalb die SPD Angst vor Neuwahlen haben sollte. Sicher, man kann nicht so lange wählen bis einem das Ergebnis gefällt, man muss aber auch nicht gleich den Teufel an die Wand malen. Zumal die AfD viele Protestwähler hatte, die bei einer tatsächlichen Neuwahl möglicher Weise anders wählen würden.
Sehe ich ganz genau so.
Die GroKo wurde eindeutig abgewählt. Der Frust über die Politik der letzten Jahre hat die AfD stark gemacht, darauf mit einem "weiter so" zu reagieren halte ich für absolut verantwortungslos. Es ist jetzt der Job der SPD, dafür zu sorgen, dass die AfD nicht die einzige starke Oppositionsfraktion ist, und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass die Wähler wieder Unterschiede zwischen Union und SPD erkennen, um aus diesem "die machen doch eh alle den selben Mist"-Frust raus zu kommen.

Die SPD hat massiv verloren, während die FDP ihr Ergebnis mehr als verdoppelt hat. Dass man da jetzt der SPD eine Verantwortung für die Regierungsbildung zuschreiben will, weil der Posterboy die Hosen voll hat, halte ich schon für sehr schräg. Was ich allerdings fast noch schräger finde ist, wie sehr Meinung gemacht wird. Bis vor kurzem war man noch der Meinung, es ist völlig richtig, dass die SPD die GroKo auf keinen Fall fortsetzen will - kaum mag die FDP nicht mehr mitspielen, redet man den Leuten ein, dass die SPD die Blöden sind, weil sie bei ihrer Meinung bleiben.
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von Kaffeesachse
#1513486
Diese Verweigerungshaltung bereits am 24.9. um 18.01 Uhr war nun mal einfach blöd. Woher nahm man denn eigentlich das Mandat zum Regieren 2013? Da hatte man ja so wahnsinnig viele Prozentpunkte mehr ...
Und die AfD wäre auch nicht "die einzige starke Oppositionsfraktion". Hinter diesem Argument kann man sich hervorragend verstecken. Nein, im Gegensatz zur vorherigen Legislaturperiode gibt es neben der AfD noch die Linke, die Grünen und die (sicher auch etwas lautere) FDP. Und wer dann nun zuerst nach der Regierung spricht, finde ich irgendwie wumpe, da achtet doch niemand wirklich drauf.

Und was brächten der SPD (und allen anderen) Neuwahlen? Da schiebt sich halt alles ein paar Prozentpünktchen hin und her. "Oh, wir haben jetzt 22 Prozent, kommt, jetzt können wir mitregieren!"? Da hat man dann 100 Millionen für eine Neuwahl ausgegeben, die am Ende wahrscheinlich sinnlos ist. Das ist doch alles lachhaft.
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von Fernsehfohlen
#1513487
Ich habe übrigens gestern Spätabend bei Lanz mal wieder gemerkt, wie unheimlich spritzig und spannend ich es fänd, wenn ein Olaf Scholz Bundeskanzler würde - like a Raufasertapete with Merkelraute. Warum sind eigentlich immer solche blutleeren Schlaftabletten so beliebt bei uns? :cry:

Ansonsten fing rosebowls Beitrag zwar mit der Politphrase "GroKo wurde abgewählt" denkbar sonntagsphrasig an, danach nahm seine Zunickability aber deutlich zu. Diese plötzliche GroKomance der letzten Tage finde ich schon ein wenig absurd, wo doch gerade im überwiegenden Teil der Medien zuletzt das Narrativ vorherrschte, dass uns das völlig entpolitisiere und den Bundestag zum Schlafwagen mache. Kennta noch, kennta noch, kennta noch?

Erwähnte ich eigentlich schon, dass ich eine Minherheitsregierung am spannendsten und "politischsten" fänd und das meiner eigentlichen Vorstellung von Demokratie auch deutlich näher käme als das, was wir gerade in den letzten Jahren hatten? Ich weiß, unsichere Mehrheiten und alles, aber trotzdem.


Fohlen
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von rosebowl
#1513488
Spannend wäre das, ja. Allerdings traue ich den aktuell handelnden Gestalten leider nicht zu, genug auf Sachliches und wenig genug auf persönliche Profilierung zu achten, um da wirklich Ergebnisse zu erzielen. Ich befürchte, so eine Minderheitsregierung würde schneller platzen als der Lindner "Ego first, Bedenken second" sagen kann...
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von Kaffeesachse
#1513489
Ja, Minderheitsregierung wär spannend, aber am Ende wär's dann ja auch 'ne GroKo irgendwo.

Ich sehe die Vorzeichen im Falle einer GroKo diesmal bezüglich der Opposition schon etwas anders. Wir hätten dann jetzt nicht nur zwei zahme, sondern insgesamt vier Oppositionsfraktionen da sitzen, die von links bis rechts viel abdecken, von denen mindestens zwei recht bissig sein dürften. Da sollten sich dann auch die bisherigen zwei mehr anstrengen.

Irgendwer twittert schon, dass die Zeit für Martin heute schon vorbei sein könnte. Na, mal schauen ... :lol:
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von AlphaOrange
#1513490
rosebowl hat geschrieben:Die GroKo wurde eindeutig abgewählt.
Und ich sage weiterhin, dass das Unsinn ist, weil kein Wähler die Möglichkeit hatte, darüber abzustimmen. Weder wurde damals eine GroKo gewählt und noch weniger wurde sie nun abgewählt. Tatsächlich ist es die einzige Zwei-Parteien-Konstellation, die eine Mehrheit hat, deshalb: Wenn die Bürger 2017 eine Koalition gewählt haben, dann die GroKo. Und das nicht, weil hohe Prozentwerte für die beiden Parteien ein Naturgesetz sind, sondern weil die Bürger dort aktiv ihr Kreuzchen gesetzt haben.

Ich halte auch die Angst vor einer AfD als größte Oppositionspartei für Bullshit, der fast so populistisch ist wie die Partei selbst. Ob die SPD nun mitregiert oder nicht ändert rein gar nichts an der Stimmkraft der AfD im Parlament. Ich glaube, man muss einfach mal akzeptieren, dass die da jetzt vier Jahre sitzen und vom Volk demokratisch legitimiert ihre Arbeit machen. Das ist nicht schön, aber nunmal Fakt. Jetzt mit allerlei obskurer Schacherei (dazu zähle ich zB auch die kurzfristige Umdefinition des Alterspräsidenten) den politischen Gegner kleinzuhalten ist nicht zielführend, sondern befeuert lediglich die Opferrolle und löst absolut gar keines der Probleme, die überhaupt erst in diese Situation geführt haben. Wer was gegen Protestwähler tun will, sollte an der Wurzel anfangen, ihnen zuhören und ordentliche Politik machen. Sonst kriegt man die vier Jahre zwar mit herablassender Ignoranz durch, bekommt aber anschließend vom Wähler die Quittung serviert.

Nichtsdestotrotz denke ich auch weiterhin, dass eine weitere GroKo dem Land nicht gut tun wird, weil erneut jegliche Impulse, die nunmal maßgeblich von den kleineren Parteien ausgehen, ausschließt und ein verheerendes Signal politischen Stillstands und Selbstzufriedenheit sendet.
Kaffeesachse hat geschrieben:Ja, Minderheitsregierung wär spannend, aber am Ende wär's dann ja auch 'ne GroKo irgendwo.
Wäre es nicht. Wenn CDU/CSU bei einem Thema auf Linie mit zB FDP und Grünen liegen, könnten sie es auch gegen die Agenda der SPD durchziehen. Es geht dann halt darum, situativ Mehrheiten im Parlament zu finden. Das ist schwieriger, als wenn man die Machtposition mit zähneknirschenden Kompromissen bereits zu Beginn betoniert, ist aber dafür aber auch ehrliche demokratische Arbeit, die man von Politikern erwarten können sollte.
von Säqirjënn
#1513491
Und was brächten der SPD (und allen anderen) Neuwahlen? Da schiebt sich halt alles ein paar Prozentpünktchen hin und her. "Oh, wir haben jetzt 22 Prozent, kommt, jetzt können wir mitregieren!"?
V.a. Gewissheit, ob es wirklich nur ein paar Prozentpunkte wären.
Woher nahm man denn eigentlich das Mandat zum Regieren 2013? Da hatte man ja so wahnsinnig viele Prozentpunkte mehr ...
2013 kam man mit Gewinnen aus der Opposition. Und über 5%-Punkte weniger ist schon ein ganz schöner Haufen - frag mal die kleineren Parteien.
Die SPD muss etwas gegen diesen Trend tun. Die Ergebnisse waren katastrophal: In allen ostdeutschen Ländern (außer Berlin) landete die SPD hinter der AfD. Aber auch im Westen hat die AfD der SPD teils stark zugesetzt beispielsweise in Südbayern. In zwei der 7 Regierungsbezirke landete die AfD vor der SPD und in zwei weiteren hatte die SPD einen Vorsprung von nur 2 Prozentpunkten oder weniger.
Erwähnte ich eigentlich schon, dass ich eine Minherheitsregierung am spannendsten und "politischsten" fänd und das meiner eigentlichen Vorstellung von Demokratie auch deutlich näher käme als das, was wir gerade in den letzten Jahren hatten? Ich weiß, unsichere Mehrheiten und alles, aber trotzdem.
Noch spannender fände ich Neuwahlen und danach eine Minderheitsregierung. Ich denke, dass so eine Minderheitsregierung mit wechselnden Mehrheiten durchaus der teils vorherrschenden Politikverdrossenheit entgegenwirken könnte, da die Opposition nicht nur Zuschauer (und Meckerer) wäre, sondern auch aktiv mitbestimmen würde. Die Wähler der Oppositionsparteien würden sich dann möglicher Weise mehr berücksichtigt fühlen.
Ja, Minderheitsregierung wär spannend, aber am Ende wär's dann ja auch 'ne GroKo irgendwo.
Nicht zwangsläufig. Es wäre bei einer Schwarz-Grünen Minderheitsregierung z.B. möglich, dass die Mehrheit bei der einen Abstimmung durch Union, Grüne und SPD (oder Teilen der SPD, wenn sie den Fraktionszwang für diese Abstimmung aussetzt; die SPD müsste bei der Abstimmung auch nicht zwangsläufig mit "Ja" stimmen, sondern könnte sich auch enthalten) zu Stande käme und bei einer anderen Abstimmung durch Union, Grüne und FDP. Bei anderen Themen wie z.B. dem Kohleausstieg könnte es sein, dass sich gar keine Mehrheit findet oder erst nach langen Diskussionen im Bundestag durch Anpassungen des Gesetzentwurfes oder durch Entgegenkommen in einem anderen Bereich.
Allerdings traue ich den aktuell handelnden Gestalten leider nicht zu, genug auf Sachliches und wenig genug auf persönliche Profilierung zu achten, um da wirklich Ergebnisse zu erzielen. Ich befürchte, so eine Minderheitsregierung würde schneller platzen als der Lindner "Ego first, Bedenken second" sagen kann...
Wie vernünftig die Akteure sind, wird man ausprobieren müssen. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass die FDP als Oppositionspartei mit "Nein" stimmen würde, wenn es z.B. um die Abschaffung des Soli gehen sollte. Bei der Einführung einer Vermögenssteuer wahrscheinlich schon; dafür könnte es sein, dass bei dieser Abstimmung dann die Linke die Regierung unterstützt.
Ich halte Schwarz-Grün für die stabilere Minderheitsregierung, weil man in den meisten Punkten fast immer unter FDP, SPD oder Linken Unterstützung finden wird. Bei Schwarz-Gelb wäre man in einigen Punkten wahrscheinlich von der AfD abhängig was ich äußerst kritisch sehen würde in Sachen Stabilität.

Auf Landesebene und in anderen Ländern funktionieren Minderheitsregierungen ja auch - weshalb dann nicht auch im Bund?
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von Kaffeesachse
#1513493
Das ist ja alles richtig, wenn's eine "reine" Minderheitsregierung wäre. Wenn man aber vonseiten der SPD eine Unions-Minderheitsregierung in Zusammenhang mit einem "Stabilitätspakt" toleriert, wie es auch teilweise anklingt, dann ist es für mich eine GroKo-light.
von Familie Tschiep
#1513500
Die SPD wird springen müssen, sie steht vor der Wahl Projekt 18 oder Projekt einstellig. Bei Projekt einstellig müsste man nur schnell Neuwahlen aussprechen.

Man hätte sich nur mal die Jamaika-Flagge genauer angucken müssen: Gelb durchkreuzt die Annäherung von Schwarz und Grün.
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von vicaddict
#1513515
Ich empfehle jedem mal die Phoenix Runde vom gestrigen Tage. Da wurden viele richtige Dinge gesagt.

Das fängt damit an, dass eine Minderheitenregierung auf dem Papier zwar schön klingt und für jeden Politikwissenschaftler eine tolle Sache ist, de facto bräuchte aber diese Regierung bei jedem und zwar wirklich jedem Gesetzentwurf 100 weitere Mandate. Merkel wäre als Kanzerlin international völlig enteiert, weil sie nur noch damit beschäftigt wäre, national Mehrheiten zu beschaffen. Das kann es nicht sein.

Die alternativen Vorschläge waren dann auch nicht besser. Angeblich denkt man bei der SPD ja darüber nach, Schwarz-Grün in einer solchen Konstellation von Anfang an gewissen Sachen zuzugestehen. Quasi Koalition light.

Gleiches gilt für das Konstrukt Kenia, dass seit gestern die Runde macht. Auf einmal wirbt die SPD damit, als dritter Partner in eine schwarz-grüne Koalition einzusteigen. Dumm nur, dass es die Grünen dann gar nicht mehr braucht. Es wäre also nur ein Alibi um die GroKo eben nicht so zu nennen.

Dass die SPD ein Problem hat, bestreitet ja auch niemand. Fakt ist doch aber, dass sie es sich selbst zuzuschreiben hat. Sah man auch in gestriger Runde. Wenn noch mehr Leute wie Rudolf Dreßler davon träumen, dass man eine Partei sei, die sich bei 30-40% bewegt, dann hat man den Schuss nicht gehört.

Es ist kein Naturgesetz, dass man neben Merkel verliert. Viel eher muss man sich mal fragen, warum das so ist. Tut man aber nicht. Stattdessen flüchtet man sich am Wahlabend 1 Minute nach Verkündung des Ergebnisses in die Opposition und hofft nun, dass sich alles von allein regelt.

Wenn die SPD so staatstragend wäre, wie sie immer tut, dann würde sie eine GroKo eben nicht ausschließen. Lindner kann man ja immerhin zugestehen, dass er es versucht hat. Die SPD stellt eindeutig die Partei über das Land. Die Argumentation, man werde als Opposition gebraucht, weil es sonst die AfD tun würde, ist doch absurd.

Die SPD hat schlicht und ergreifend keinen Plan B. Sie wissen nicht, wie sie in einer GroKo bestehen sollen, deshalb schließen sie diese aus, sie wissen aber auch nicht, was sie in der Opposition sollen.

Was soll denn bei Neuwahlen rauskommen? Glaubt denn ersthaft einer, dass die SPD dann in irgendeiner Konstellation eine Koalition anführen könnte? Nein. Das ist bei einer Partei, die bei 20% liegt schlicht und ergreifend unrealistisch. Natürlich laufen sie Gefahr, dass sie in einer weiteren GroKo verlieren. Aber sich komplett allem zu verweigern, hilft der Partei auch nicht und Stand heute befinden sie sich eben in der Position, dass sie einfach die anderen machen lassen und selbst nicht mitspielen wollen. Wenn das die Lösung sein, um AfD Wähler umzustimmen, Prost Mahlzeit.

Die SPD weiß, dass sie springen muss. Sie wissen nur nicht, wie sie es nach außen verkaufen sollen.

Sie werden jetzt ne Weile warten, Schulz dann entsorgen und dann werden sie doch springen. Es bleibt einfach nichts anderes übrig, ob man es mag oder nicht. Das ist nun einmal diese so genannte Verantwortung, die man bekommt, wenn man sich zur Wahl stellt. Wenn man sie nicht will, dann kann man auch gleich daheim bleiben.
von Säqirjënn
#1513517
Es ist kein Naturgesetz, dass man neben Merkel verliert. Viel eher muss man sich mal fragen, warum das so ist. Tut man aber nicht.
Und woran liegt es dann, deiner Meinung nach? Sicher ist es kein Naturgesetz, aber das heißt deshalb ja trotzdem nicht, dass eine andere Partei was dagegen tun kann. Beispielsweise könnte es ja auch an der Ausstrahlung Merkles liegen.
Aber sich komplett allem zu verweigern, hilft der Partei auch nicht und Stand heute befinden sie sich eben in der Position, dass sie einfach die anderen machen lassen und selbst nicht mitspielen wollen. Wenn das die Lösung sein, um AfD Wähler umzustimmen, Prost Mahlzeit.
Sie wollen doch mitspielen und zwar in der Opposition, wo sie die Union auch kritisieren und angreifen können. Und zumindest ich glaube, dass das AfD Wähler zumindest eher überzeugen wird, als wenn es auf Biegen und Brechen die nächste GroKo gibt und alles so weitergeht wie bisher.
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von Nerdus
#1513529
Lebe ich eigentlich in einem Paralleluniversum :| Ich hätte schwören können, dass Schulz/SPD schon lange vor der Wahl die Groko ausgeschlossen hatte :?
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von Fernsehfohlen
#1513530
vicaddict hat geschrieben:Gleiches gilt für das Konstrukt Kenia, dass seit gestern die Runde macht. Auf einmal wirbt die SPD damit, als dritter Partner in eine schwarz-grüne Koalition einzusteigen. Dumm nur, dass es die Grünen dann gar nicht mehr braucht. Es wäre also nur ein Alibi um die GroKo eben nicht so zu nennen.
Och, also ohne die bucklige Verwandtschaft der CDU fänd ich diese Option sogar mit am sympathischsten, muss ich mit Blick auf die persönlichen Vorlieben sagen. Doof wäre natürlich, dass dann die Opposition wieder fast so schwach wäre wie zuletzt, aber rein von der anzunehmenden inhaltlichen Ausrichtung der Parteien mag ich diese Vorstellung sogar.

Aber ja, das klingt dann nun wirklich nach einem billigen Ausweg aus dem GroKo-Dilemma der SPD.
Das fängt damit an, dass eine Minderheitenregierung auf dem Papier zwar schön klingt und für jeden Politikwissenschaftler eine tolle Sache ist, de facto bräuchte aber diese Regierung bei jedem und zwar wirklich jedem Gesetzentwurf 100 weitere Mandate. Merkel wäre als Kanzerlin international völlig enteiert, weil sie nur noch damit beschäftigt wäre, national Mehrheiten zu beschaffen. Das kann es nicht sein.
[...] Angeblich denkt man bei der SPD ja darüber nach, Schwarz-Grün in einer solchen Konstellation von Anfang an gewissen Sachen zuzugestehen. Quasi Koalition light.
Das wiederum finde ich als Ausweg aus dem Dilemma nun erst einmal nicht per se billig, sondern wäre ein rational sinnvoller Schritt, um für eine gewisse Planungssicherheit im Zuge der Minderheitenregierung zu sorgen. Klar, ich stelle mir das jetzt wahrscheinlich etwas romantischer vor, als es realpolitisch dann wahrscheinlich ablaufen würde, aber an sich weiß ich nicht, was dagegen spricht, dass man mit der SPD (und anderen Parteien) schon im Vorfeld bespricht, für welche Vorhaben sie der Regierung unter welchen Bedingungen die Mehrheit beschaffen.


Fohlen
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von vicaddict
#1513531
Fernsehfohlen hat geschrieben:Das wiederum finde ich als Ausweg aus dem Dilemma nun erst einmal nicht per se billig, sondern wäre ein rational sinnvoller Schritt, um für eine gewisse Planungssicherheit im Zuge der Minderheitenregierung zu sorgen. Klar, ich stelle mir das jetzt wahrscheinlich etwas romantischer vor, als es realpolitisch dann wahrscheinlich ablaufen würde, aber an sich weiß ich nicht, was dagegen spricht, dass man mit der SPD (und anderen Parteien) schon im Vorfeld bespricht, für welche Vorhaben sie der Regierung unter welchen Bedingungen die Mehrheit beschaffen.
Kann man ja so sehen. Aber welche Themen sind es denn, bei denen Union und SPD so fundamental auseinander sind, dass es nicht zu einer richtigen Koalition reicht? Keines. Das ist doch der Grund, warum man sich hinter persönlichen Eitelkeiten versteckt. Es gibt inhaltlich keinen Grund, warum es keine GroKo geben sollte. Einzig die SPD hat das Problem, dass sie beim Bürger nicht punkten kann. Aber liegt das nicht am eigenen Personal? Die Agenda war das eine, die Mehrwertsteuer und die Rente mit 67 das andere. Echte Politik fürs Volk also...

Die Tatsache, dass man seitdem, also fast 20 Jahre, nur Personen aufgeboten hat, die genau dafür gestanden haben, tut ihr Übriges. Wer steht denn jetzt an der Spitze? Der ach so beliebte EU Martin, die allseits "beliebte" Andrea Nahles und Olaf Scholz. Da braucht sich die Partei doch nicht wundern, dass sie keinen Stich sieht.

Aber die GroKo ist nur eine billige Ausrede dafür, dass man im Grunde selbst nicht weiß, wie sozialdemokratische Politik heute aussehen soll. Also geht man lieber in die Opposition und will Politik kritisieren, die man im Grunde selbst genauso gestalten würde.
von Säqirjënn
#1513545
Aber welche Themen sind es denn, bei denen Union und SPD so fundamental auseinander sind, dass es nicht zu einer richtigen Koalition reicht? Keines.
Und genau diese Sicht die du und viele andere haben ist der Grund, weshalb die SPD in die Opposition gehen und ihr eigenes Profil schärfen sollte. Denn was wird sonst passieren? Die SPD würde es in einer GroKo wieder nicht schaffen, sich von der CDU abzuheben, das Ergebnis bei der nächsten Bundestagswahl noch schlechter ausfallen. Trotzdem wäre auch dann wahrscheinlich eine GroKo wieder die einzige Mehrheitsregierung usw. bis Schwarz-Rot irgendwann die Mehrheit verliert.
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von Kaffeesachse
#1513549
Mit richtigen Personen und einer ordentlichen Strategie kann man auch als SPD im Wahlkampf punkten. Aber "Mimimi, die böse Merkel zerbröselt uns" ist natürlich viel einfacher.
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von vicaddict
#1513552
Sehe ich wie der Sachse. Man hat den Mindestlohn durchgesetzt und seitdem kein Thema mehr. Die Ehe für alle war noch das letzte Thema, aber das ist abgefrühstückt und hat im Grunde auch nur wenige tausend Menschen in Deutschland überhaupt betroffen. Es ist doch nicht Merkels Schuld, dass die SPD keine Themen oder noch besser Antworten hat. Wenn das, was man dann macht, Verschlimmbesserungen in Bezug auf befristete Arbeitsverträge sind, die allenfalls das Gegenteil dessen bewirken, was man möchte, dann hilft das nicht. Gleiches mit der Mietpreisbremse.

Wie will man denn sein Profil schärfen? Man braucht erst einmal eins. Das fällt einem doch aber nicht einfach so zu, indem man einfach alles kritisiert, was die Regierung macht. Die SPD beruft sich einfach nur darauf, dass sie eben die SPD ist und als solche den Status einer Volkspartei haben muss. Warum der Wähler das auch so sehen sollte, weiß man aber nicht. Man weiß ja nicht einmal mit welchem Personal man diese Botschaft verkünden soll. Hauptsache Opposition und dann sehen wir mal.

Die SPD bräuchte eben konkrete Antworten auf Fragen wie Rente, Pflege und Löhne, aber da kommt nichts. Zudem wird selbst Sahra Wagenknecht bei den Linken angegriffen, weil sie anmerkt, dass keine linke Politik möglich ist, ohne sich mit der Frage der Integration und Aufnahme von Flüchtlingen zu beschäftigen. Dafür wird sie fast schon in die rechte Ecke gedrängt. Wie soll das dann erst bei der SPD aussehen? Nicht viel anders.

Wenn die SPD ihr Profil schärfen will, dann kann das nur so aussehen, dass man sich mit der Linken befasst und endlich gemeinsam zu Potte kommt. Ansonsten hat die Partei keine Perspektive, nur fehlt es da ja am Mut dafür. Nach 20 Jahren Schröder und Konsorten sieht man sich doch selbst eher als zweite CDU, die lieber mit der FDP ne Ampel machen möchte anstatt sich mit den Linken zu vertragen. Die FDP, die selbst die CSU rechts überholt und bei der AfD wildern möchte und nur Politik für die oberen 10.000 macht, steht den Sozen näher als die Linke? Damit ist doch alles gesagt.

Wenn sich das nicht ändert, wählen die Leute eben weiterhin gleich die echte Union und nicht die Kopie. Es kommt doch nicht von ungefähr, dass inzwischen selbst die Grünen lieber auf die Union zugehen, weil sie sehen, dass sie mit der SPD auf Dauer keine Machtoption mehr haben. Das ändert sich nur eben leider nicht, wenn man Opposition um der Opposition machen möchte, ohne Inhalte zu haben. Hätte man Inhalte, könnte man auch in die GroKo gehen und könnte diese entsprechend verkaufen.
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von Theologe
#1513582
vicaddict hat geschrieben:Das ändert sich nur eben leider nicht, wenn man Opposition um der Opposition machen möchte, ohne Inhalte zu haben. Hätte man Inhalte, könnte man auch in die GroKo gehen und könnte diese entsprechend verkaufen.
Genau das geht eben durch Merkel nicht. Der ist es doch bisher immer gelungen alle "SPD-Themen" zu klauen und für sich zu nutzen. Selbst Themen der Grünen hat sie geklaut.
Ja, aktuell wäre die SPD sicherlich keine gute Oppositionspartei, aber sie kann auch keine werden, wenn sie sich in der GroKo kaputt schrumpft.
Opposition der der Opposition Willen ist der erste Schritt. Inhalte müssen folgen, aber man muss eben den ersten vor dem zweiten Schritt machen.
Der Linken kann man sich auch nicht aus der GoKo annähern. Auch das geht nur in gemeinsamer Opposition.
Wenn man keine Alternative für Deutschland will, dann muss man eine Alternative in Deutschland sein. Aktuell ist die CDU aber alternativlos. Das kann nur die SPD ändern, aber nicht in der GroKo.
Wenn die SPD sich auf diesen Deal einlässt, hat die GroKo in 4 Jahren vielleicht auch keine Mehrheit mehr.
von Kerouac
#1513583
Also ich finde dieses Selbstmitleid der Sozen ziemlich unerträglich. Dass die SPD 2009 und 2017 abgestürzt ist, liegt nicht an Angela Merkel oder der Union, sondern ganz und allein an der SPD und an ihrem Spitzenpersonal! Was war denn 2013, als man in der Opposition saß und trotzdem mit knapp 25 Prozent abgeschmiert ist?

Aber ist es ja natürlich leichter, wenn man die Schuld auf andere abschiebt, weil man sich dann keine unangenehmen Fragen stellen muss. Vielleicht liegt es ja auch daran, dass die Wähler der SPD überhaupt keine Wirtschaftskompetenz mehr zutrauen, was aber Voraussetzung für einen starken Sozialstaat ist? Und wenn die Wähler diesen Eindruck haben, dann muss ja auch etwas dran sein. Das liegt dann nicht nur daran, dass man den Wählern dies nicht "kommunizieren" konnte (wieder so eine Art, sich vor unangenehmen Fragen zu stellen). Genauso wenig sollte sich die Selbstkritik der SPD nur darauf beschränken, dass der einzige begangene Fehler es war, mit Angela Merkel zu koalieren. Nochmal, es ist nicht Frau Merkels Schuld!

Das scheinen die Sozen aber nach vier verlorenen Wahlen in Folge immer noch nicht kapiert zu haben.
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von Theologe
#1513584
Kerouac hat geschrieben:Also ich finde dieses Selbstmitleid der Sozen ziemlich unerträglich. Dass die SPD 2009 und 2017 abgestürzt ist, liegt nicht an Angela Merkel oder der Union, sondern ganz und allein an der SPD und an ihrem Spitzenpersonal! Was war denn 2013, als man in der Opposition saß und trotzdem mit knapp 25 Prozent abgeschmiert ist?

Aber ist es ja natürlich leichter, wenn man die Schuld auf andere abschiebt, weil man sich dann keine unangenehmen Fragen stellen muss. Vielleicht liegt es ja auch daran, dass die Wähler der SPD überhaupt keine Wirtschaftskompetenz mehr zutrauen, was aber Voraussetzung für einen starken Sozialstaat ist? Und wenn die Wähler diesen Eindruck haben, dann muss ja auch etwas dran sein. Das liegt dann nicht nur daran, dass man den Wählern dies nicht "kommunizieren" konnte (wieder so eine Art, sich vor unangenehmen Fragen zu stellen). Genauso wenig sollte sich die Selbstkritik der SPD nur darauf beschränken, dass der einzige begangene Fehler es war, mit Angela Merkel zu koalieren. Nochmal, es ist nicht Frau Merkels Schuld!

Das scheinen die Sozen aber nach vier verlorenen Wahlen in Folge immer noch nicht kapiert zu haben.
Die Sozen :roll: wissen schon, dass es ihre eigene Schuld war und ist, dass sie abgeschmiert sind und Teil dieser Schuld ist es, dass man sich zu oft auf die GroKo und Kanzlerin Merkel einließ. Merkel gibt man nicht die Schuld, nur weil man sie als eines der Probleme ausmachte.
Das eigene Personal und fehlendes Profil sind natürlich größere Gründe.
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