Fernsehfohlen hat geschrieben:Gibt es denn irgendeine Clinton-Euphorie in den USA? Bei Bernie und Trump sehe ich immer wieder begeisterte Anhänger (und natürlich militante Gegenstimmen), bei ihr scheint das irgendwie alles ziemlich unterkühlt zu sein.
Von einer Euphorie kann man wohl nicht direkt sprechen.
Letztendlich ist sie der Wunschkandidat der Parteiführung und der oberen Zehntausend und jemand, mit dem der Durchschnittswähler schon zufrieden ist. Clinton ist allen ein Begriff, Bill war ziemlich beliebt (trotz aller Skandale) und seine Präsidentschaft kommt im Rückblick auch ganz gut weg und Hillary arbeitet ja im Grunde seit ihrer Jugend auf einen Lebenslauf hin, der auf dem Papier für den Job ideal aussieht. Nur merkt man natürlich schon den Unterschied zu Kandidaten wie Sanders, Trump oder damals auch Obama. Hillary hat keine große Plattform oder Vision, ungefähr null Charisma und ist auch keine besonders gute Rednerin. Die ist halt mehr damit beschäftigt, sich zu allem möglichst unverbindlich und unverfänglich zu äußern, als wirklich mal für was zu stehen.
Ich glaube, die meisten Demokraten hätten tatsächlich am liebsten noch mal Obama. Der ist sympathisch, charismatisch, großartiger Redner und komplett skandalfrei geblieben, aber da das nicht geht und Joe Biden und Elizabeth Warren nicht wollen … naja. Hillary hat ja auch viel Mühe und Zeit darauf verwendet, sich als Weiterführung von Obamas Politik zu präsentieren, daran merkt man ja eigentlich schon, wie der Hase läuft. Das ist den meisten Demokraten sehr recht, aber es ist eben nichts eigenes und nichts, wofür man große Begeisterung entwickeln kann. Die »endlich eine Frau als Präsidentin!«-Nummer hat auch nicht so gezogen wie damals »der erste schwarze Präsident!« bei Obama. Wahrscheinlich auch, weil Obama damals noch ne ziemlich kleine Nummer war, während Clinton jetzt seit ner halben Ewigkeit zum politischen Inventar gehört. Da kommt nichts von diesem Underdog-Feeling auf oder von irgendwelchen gesellschaftlichen Grenzen, die überwindet werden müssten. Clinton hat ja schon alle hinter sich, die Einfluss oder Geld haben und geht jetzt nicht gerade als Frau aus dem Volk durch.
Ich frage mich ja, ob sie jetzt wirklich noch über ihren E-Mail-Server stolpert. Man kann es sich gar nicht so recht vorstellen, aber andererseits weiß ich auch nicht, wie man sie aus der Nummer noch mal raushauen kann. Auf jeden Fall glaube ich, dass eine Clinton-Präsidentschaft rückblickend nicht gut wegkommen würde.