- Mi 6. Nov 2013, 12:25
#1306493
So, ich bin seit gestern auch durch und insgesamt finde ich die Serie ziemlich gut, aber definitiv nicht großartig. Ich mag das Setting wirklich sehr gerne, insbesondere die klare Abgrenzung von den in Film und TV eher "üblichen" Darstellungen des Gefängnisalltags (sein wir ehrlich, selbst in Hinter Gittern ist es um einiges schlimmer zugegangen :lol: ). Darüber bin ich aber wirklich froh, einerseits weil es sicher realistisch ist, dass ein Frauengefängnis (noch dazu ja kein Hochsicherheits-Böse-Mörder-Gefängnis) nicht ständig von Mord und Vergewaltigungen heimgesucht wird. Außerdem hätte ich glaube ich nicht die Kraft noch ein OZ zu schauen, so sehr ich die Serie liebe, mehr davon verkrafte ich nicht.
Das Konzept ist also wirklich vielversprechend, die Ausführung hat aber ihre Probleme. Besonders das Writing ist an manchen Stellen überraschend schwach, insbesondere in den letzten beiden Folgen fiel mir einiges negativ auf. Da waren ein paar sehr unsubtile Kniffe (Charaktere schwingen großen Reden um anderen ins Gewissen zu reden und merken, dass das was sie sagen auch auf ihr eigenes Leben umgelegt werden kann :roll: ) und das Liebesdreieck zwischen Piper, 70s Lesbo und Captain Applepie hat für mich gar nicht funktioniert. Vorallem die Beziehung zwischen Piper und Alex (?) kam bei mir kein bisschen an. Einerseits war das Spiel von Taylor Schilling irgendwie awkward (eine Meinung die auch meine Freundin teilt). Andererseits fand ich aber auch Pipers Wandlung zur überzeugten Bisexuellen und Prison Hardass innerhalb von zwei, drei Folgen einfach unfassbar unglaubwürdig. Im Grunde wurde doch etabliert, dass ihre Lesbenphase einfach nur College Curiosity war und sie dann als es ernst wurde sofort den Abflug gemacht hat. Die Serie hat mir nicht wirklich glaubhaft vermittelt, dass sie diesen Wunsch nach Gefahr und Unberechenbarkeit immernoch in sich trägt und Alex etwas hat, was sie bei Larry nicht findet. Ich verstehe, dass das zwar die Story sein soll, aber es kam nicht wirklich glaubhaft bei mir an.
Deswegen fand ich auch das Ende mit dem Jesusfreak eher zum Augen-rollen. Einerseits ist die Szene in der der Push Over rot sieht und den "Bösewicht" im Affekt niedermacht ein furchtbarer Trope, den ich ziemlich satt habe. Und andererseits gab im Vornerhein einfach absolut keine Anzeichen dafür, dass Piper das Potenzial dafür hat. Ich habe das Gefühl, die Serie will darstellen, dass Piper eine wilde, unzähmbare und vielleicht sogar böswillig Seite in sich trägt, aber die ersten 10,11 Folgen haben das nichtmal andeutungsweise rübergebracht. Zudem war auch das Set Up der letzten Szene ansich ziemlich clunky. Warum hat Piper das Theater überhaupt verlassen? Wenn ich schon offensichtlich in Lebensgefahr bin würde ich doch nicht den einzigen Zeitpunkt wo alle Menschen an einem anderen Ort sind nützen um mich in die dunkelste, abgelegenste Ecke des Gefängnis zu begeben. Ganz davon abgesehen dass ich nicht glaube dass die Wärter sie überhaupt gehen lassen hätten (von Jesusfreak ganz zu Schweigen). Und will man mir ernsthaft einreden dass Healy und Jesusfreak sich im Vorhinein abgesprochen haben? Zumindest wirkt es so als wäre Jesusfreak kein bisschen überrascht, dass er wegschaut. Die Einstellung, in der sich die beiden wie verwahrloste Fechter gegenüberstehen hat dem Ganzen dann noch die Krone aufgesetzt. Ne, das wirkte furchtbar konstruiert, damit wir ein cooles Cliffhanger Ende haben und funktionierte gar nicht. Es tut mir leid, dass ich jetzt auf der einen Szene so rumreite, aber es war nunmal die letzte und ist mir deswegen am meisten im Gedächtnis geblieben. Außerdem passt sie gut als Beispiel für einige unlogische Vorgänge im Gefängnis, die mich im Verlauf der Staffel immer wieder störten. Zusammen mit der wechselnden Qualität der Dialoge sorgt das dafür dass ich nicht restlos begeistert bin. Ich war gut unterhalten, ich liebe den Cast (manche Figuren sind wirklich genial) und freue mich auf die zweite Season. Aber ein Homerun war es nicht ganz.
Noch ein paar ungeordnete Gedanken:
- Das Intro ist klasse. Der Regina Spector Song hat mich am anfang genervt, ist mir aber mit der Zeit ans Herz gewachsen und ich mag die Bilder von den scheinbar echten Insaßinnen. Weiß jemand zufällig, ob das wirklich Gefängnisinsassinnen sind, oder ob es gestellt ist?
- Der Supporting Cast ist großartig. Jenji Kohan hat ein Auge für Weirdos, aber ich war echt überrascht wie erfolgreich man sie vermenschlicht hat. Besonders Crazy Eyes aber auch Ms. Claudette oder Dayas Mutter hat man aus unsymphatischen One Note Charakteren erfolgreich zu dreidimensionalen Figuren geschnitzt.
- Die Story mit Taystee hat man echt verschenkt. Die Szene nachdem sie aus dem Gefängnis gekommen ist, war eine der besten der Staffel, ich hätte so gern noch eine Folge gehabt, wo man sieht wie es ihr ergeht. Da war soviel Potenzial drinnen, ihre kurze Erzählung war definitiv nicht ausreichend. Das hätte eine tolle Geschichte sein können. Schade.
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