Fernsehfohlen hat geschrieben:...aber wenn er sich schon so oft Leute von der FDP einlädt, sollte das dann halt nicht ständig in Kuscheltalks enden...
Das mit den Gästen aus der FDP hat sich aber durchaus gebessert. Die Poltiker der nächsten Wochen sind: Jens Spahn, Theo Waigel, Daniel Bahr, Michelle Müntefering und Matthias Platzeck.
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EDIT:
Ich will es nochmal etwas grundsätzlicher probieren: Die großen Probleme, die hier mitschwingen, sind glaube ich
a) die Frage, inwieweit Politik und Unterhaltung zusammenspielen können und dürfen,
b) inwieweit eine Sendung, die so heißt wie ein Moderator, auch die Meinung des Moderators widerspiegeln darf,
c) diese Meinung parteiisch sein darf und
d) inwieweit das dann in einem ÖR-Sender ausgestrahlt werden darf.
Zu a):
Politik und Unterhaltung haben erst einmal nichts miteinander zu tun. In der Politik geht es darum, Weichen zu stellen und bestimmte Richtungen zu bestimmen in Verantwortung für die Gesellschaft, die die jeweiligen Politiker legitimiert hat durch Wahlen. Unterhaltung auf der anderen Seite dient dazu, Menschen zu
unterhalten und sie im Gegensatz zum politischen Feld, dass auf Sachlagen und Gesetzen basiert, in gewisser Weise in ihrem Leben zu begleiten und ihnen Geschichten zu erzählen, die dann zwar auch politisch sein dürfen, aber nicht nur.
In den letzten Jahren hat sich das klar abgegrenzte Feld zu einer Art Politainment entwickelt. Die Menschen werden nun mehr durch Geschichten, wie sie die Unterhaltung erzählt, mit politischen Zusammenhängen in Berührung gebracht. In Sendungen reden Betroffene darüber, wie sie bestimmte Regelungen empfinden, Schauspieler sagen offen, wen sie warum wählen und nicht zuletzt freut sich der Boulevard, wenn er einen Politiker auch mal von der menschlichen Seite zeigen kann und erzählt die Geschichte, die scheinbar ein Politiker erzählen kann: Das Private, das Geschäftliche, die persönlichen Interessen an einem Beruf.
Die Sendung "Markus Lanz" ist eine Unterhaltungsshow und hat durchaus politische Elemente. Allerdings ist es keine Politttalkshow und will es auch nicht sein, auch wenn durchaus auch mal über längere Strecken politisch diskutiert wird. Der große Unterschied zu einem politischen Talk ist aber, dass der Politiker nicht nur als Politiker wahrgenommen wird, sondern auch als Mensch: Wenn der Stegner politische Anekdoten erzählen darf, der Rösler seine Kindheit präsentieren darf und Frau Künast sagen darf, wie das nun eigentlich so ist, wenn man nicht mehr in den Medien ist, aber irgendwie auch noch Politiiker.
Die meisten Politiker treten nicht mehr allein als Personen auf, die ein Amt repräsentieren und sagen müssen, was sie denn nun vorhaben und warum sie das vorhaben. Sie sind vorrangig als Menschen da, die auch eine politische Funktion haben und mit Menschen auch mal über Politik diskutieren, die nicht politisch sind. So werden Menschen, die mit Politik erstmal nichts (mehr) am Hut haben - und leider ist das gerade bei älteren Zuschauern der Fall - Menschen gezeigt und gleichzeitig eine politische Problematik zugeführt.
Dabei kann es vorkommen, dass auch mal eine Person wirklich "angegriffen" wird, wie es bei Frau Wagenknecht vorkommt. Sie wusste aber, worauf sie sich einlässt, weil sie schon einmal in der Sendung so hart angefasst wurde und nicht ausreden durfte. Dementsprechend konnte sie ganz gut darüber entscheiden, ob sie die Einladung nun annimmt oder nicht. Im Übrigen werden aber durchaus auch linke Themen durchaus umfassend diskutiert. Ich erinnere mich an eine ziemlich gute Sendung, in der Frau Kipping die Sache mit dem Grundeinkommen erklären sollte.
Zu b)
Die Sendung, die Markus Lanz moderiert, heisst auch Markus Lanz. Das hat sicher was mit Personality-Effekt zu tun und mit der Tatsache, dass Sendungen wie diese einfach besser ankommen, wenn sie den Namen des Moderators tragen und nicht einfach "Nachttalk" heissen.
Auf der anderen Seite heisst das aber auch, dass die Sendung auf einen Moderator zugeschnitten wird und er dann auch mal seine Rolle als Moderator verlassen darf. In dem Augenblick, wo ich eine Sendung schaue, die so heißt wie der Moderator muss ich auch damit rechnen, dass der Moderator sich selbst einbringt. Dass er das tut, ist vielleicht dann nicht mehr seine Rolle als Moderator, aber durchaus legitim.
Zu c)
Im Falle von Lanz zeigen die Statistiken, dass er sich im letzten Jahr vermehrt FDP-Mannen eingeladen hat. Das ist im Rahmen einer Sendung, die auf einen Moderator zugeschnitten ist, durchaus legitim. Ist es aber auch im Rahmen der politischen Unterhaltung in Ordnung? Ich glaube ja, weil es in den meisten Talks nicht um eine Partei geht, sondern um die Person und ihre Geschichte und erst in zweiter Hinsicht um die Partei.
Natürlich wird in der Sendung auch über politische Themen diskutiert, wie bei der Kipping und dem Grundeinkommen oder der Wagenknecht und dem Verhältnis zu Europa. Dennoch geht es aber vor allem um die Personen: Die Kindheit vom Rösler, Stegner und seine Meinung zur Koalition usw.
Gerade auch, weil in der Sendung meist die Leute sitzen, die auch in anderen Sendungen sind, kann man dann durchaus fragen, ob es nicht auch beim Kölner Treff oder bei der NDR-Talkshow Politiker gibt, die einfach besonders oft eingeladen werden. Dabei sind die Sendekonzepte im Grunde gleich. Es gibt meist ein Überthema und der Rest ist ein reiner Marketingtalk. Nur das macht keiner. Es scheint also vorrangig nicht um die Frage der Politiker zu gehen, sondern vor allem darum, dass Lanz die Sendung macht.
Zu d)
Nun die Antwort ergibt sich ein bisschen aus dem, was ich zu a), b) und c) geschrieben habe. Insofern: Ja, das ZDF darf diese Sendung durchaus ausstrahlen, weil es zwar hauptsächlich einen Informationsauftrag hat, aber nicht nur. Es wäre dann fragwürdig, wenn die Sendung tatsächlich nur eine Wahlwerbesendung für die FDP wäre. Aber ist sie das wirklich? Bloß weil Politiker aus der FDP aus ihrer Kindheit erzählen dürfen oder zu anderen boulevardesken Themen etwas sagen wollen, heisst das ja nicht, dass die Sendung Wahlwerbung für die FDP ist.
Außerdem ist die Sendung personalisiert und ist keine reine politische Sendung. Als solche wird sie auch nicht von den Zuschauern wahrgenommen. Es ist am Ende nur ein besserer Marketingtalk und dann sind die Politiker nicht besser als die Schauspieler oder die Autoren.