Ghost hat geschrieben:
Die Musik hat mich tatsächlich auch erst irritiert. Trotz der menschlichen und kulturellen Abgründe, von denen der Film erzählt, hört sich der Score irgendwie eher ... "optimistisch", so träumerisch. Aber irgendwie hatte das auch was - ich kann nicht behaupten, dass ich die Musik nicht mochte, sie hat mich aber überrascht.
Nachdem ich ein Interview mit Dan Gilroy gelesen habe, in dem er genau das bespricht, hab ich meine Meinung auch etwas relativiert. Die Musik sollte tatsächlich irritierend wirken, da sie Lous Gemütszustand im jeweiligen Moment widerspiegeln sollte. Ich wusste auch nicht, dass James Newton Howard der Composer war. Man kann wohl davon ausgehen, dass der weiß, was er tut. :lol:
@Neo: Bei den Städten in meiner Umgebung lief Nightcrawler merkwürdigerweise in Cinestar und Co. und nicht in den Programmkinos. Dort verschwand er allerdings auch nach zwei Wochen komplett aus dem Programm. Hat mich auch sehr gewundert. Genau so mit dem diesjährigen Palme d'Or-Sieger Winterschlaf, was wohl noch ein größeres WTF ist. 196-minütge Filme in türkischer Sprache müssen wohl seit neuestem der Renner in den großen Kinoketten sein.
Ich nutze gerade die freie Zeit, um eine Menge Filme nachzuholen, bei denen aus Zeit- oder Begleitungsgründen kein Kinobesuch möglich war. Ich bin wirklich überrascht, wie umfangreich Netflix (U.S.) in Sachen Arthaus/Independent ist:
Blau Ist Eine Warme Farbe (La Vie d'Adèle – Chapitres 1 & 2)
Ich bin an den Film schon mit einer unglaublichen Erwartungshaltung herangetreten, da wirklich jeder aus dem Bekanntenkreis von dem Film schwärmte. Glücklicherweise wurde ich nicht enttäuscht. Blau Ist Eine Warme Farbe ist ein wirklich einfühlsames und authentisches Portrait des Erwachsenwerdens. Adèle Erxachopoulos hat meiner Meinung nach eine der eindrucksvollsten Schauspielleistungen der letzten Jahre abgeliefert. Auch die Laufzeit hat man dem Film so gut wie überhaupt nicht angemerkt. Von den im Vorfeld vieldiskutierten Sexszenen hatte ich etwas anderes erwartet. Natürlich sieht man sowas nicht im Mainstream-Kino, aber nach der Medienresonanz hatte ich "Schlimmeres" (noch nie waren die Anführungszeichen angebrachter :mrgreen: ) vor Augen. Wenn ich etwas kritisieren müsste, wäre das wohl, dass mir die Erzählstruktur in der zweiten Hälfte zu eliptisch wurde. Der Film sprang pausenlos weiter in die Zukunft, ohne den einzelnen Momenten in Adèles Leben so viel Zeit zu widmen, wie es in der ersten Hälfte der Fall war. Aber das ist wirklich nur Meckern auf hohem Niveau.
9,5/10
Stranger By The Lake (L'Inconnu du lac)
Der Film fiel im Zusammenhang mit Blau Ist Eine Warme Farbe einige Male als männliches Gegenstück, aber das trifft es doch nicht ganz. Der Film ist zwar ebenso freizügig im Umgang mit Sex (vielleicht sogar noch etwas mehr, da die Hauptdarsteller zu rund 2/3 des Films nackt sind), aber der Fokus liegt auf einer komplett anderen Ebene. Stranger By The Lake fühlt sich vielmehr wie ein Hitchcock-Film an: Der Film spielt an einem Cruising-Spot in Frankreich, die Hauptfigur lernt einen Mann kennen, einige Tage später wird dort eine Leiche gefunden. Technisch ist der Film unglaublich eindrucksvoll. Komplett an einem Ort gedreht, alle Szenen finden im Freien statt, es gibt nur natürliches Licht und es gibt keinen Score. Dennoch entsteht im Verlauf der Handlung eine unglaublich klaustrophobische Atmosphäre. Aufgrund der Thematik und der explizizen Darstellung von Sex ist der Film bestimmt nicht für jeden geeignet, aber ich habe ihn als fantastischen Thriller empfunden.
8,5/10
Snowpiercer
Ganz andere Nummer als die zwei davor. Snowpiercer ist laut, bunt, chaotisch und gibt zwei Stunden lang Vollgas. Über die Logik hinter den technischen Aspekten des Zuges denkt man am besten gar nicht nach (da der Film aber eher als Parabel verstanden werden soll, hat mich das auch nicht weiter gestört), die Charaktere bleiben größtenteils auch eher flach, aber der Film hat einfach Spaß gemacht. Die Schauspieler sind durch die Bank weg überzeugend und man merkt ihnen die Spielfreude zu jeder Sekunde an. An Memories of Murder und Mother kommt Snowpiercer meiner Meinung nach nicht heran, aber Bong Joon-ho untermauert seine Stellung als einer der besten südkoreanischen Regisseure.
8/10
Only God Forgives
Ich glaube, ich werde kein Fan von Refn mehr. Only God Forgives sieht fantastisch aus, der Score von Cliff Martinez ist super (und läuft seit gestern rauf und runter), aber der Film hat sich einfach leer angefühlt. Die Handlung ist so gut wie nicht existent, die wenigen Dialoge sind die reinsten Klischees, Ryan Gosling wirkte, als hätte man ihn vor Drehbeginn unter Beruhigungsmittel gesetzt, Spannung kam auch nicht wirklich auf, da mir die Figuren am Arsch vorbeigingen...ich habe mich in den 90 Minuten zwar nicht gelangweilt (dafür waren die Bilder zu schön), aber ich hatte danach nicht annährend das Bedürfnis, noch großartig über den Film nachzudenken. Drive hatte ich glaube ich eine 6/10 gegeben, also zücke ich hier die
5/10.