Fargo - Blutiger Schnee
Jesses, was hab ich mir da denn gerade angeschaut? Überaus skurriler Film über einen Mann, der in seiner finanziellen Not zwei latent unterbelichtete Kidnapper anheuert, um seine Frau zu entführen und von ihrem schwerreichen Vater Lösegeld zu erpressen. Der Film hat eine ganz eigene Atmosphäre mit ausschließlich "speziellen" Charakteren und zum Teil völlig absurden Dialogen und ist für meine Begriffe deutlich eher Komödie als Drama - auch wenn ich letztere Genre-Einteilung weitaus häufiger gesehen habe. Habe schon ein wenig gebraucht, um mich mit dem Humor und dem von vielen (oft ins betretende Schweigen abgleitenden) Pausen und Wiederholungen dominierten Gesprächsstil zu arrangieren. Wenn das einmal gelungen ist, kann man glaube ich ganz großen Spaß daran haben, doch die Eingewöhnungszeit empfand ich schon als hoch - vor allem, wenn man von einem tief traurigen Film ausgeht und dann stattdessen DAS geboten bekommt.
"Fargo" ist ohne jede Frage einzigartig, sowohl was die Dialoge als auch Mimik und Gestik der Darsteller anbetrifft. Der Film ist der offenen und direkten Darstellung von Gewalt sehr aufgeschlossen, doch da diese Szenen auch meist in einen humoristischen Kontext eingebunden sind, habe ich sie nie als wirklich schockierend empfunden. Ganz, ganz wunderbar sind die musikalische Untermalung und die Kameraführung - in dieser Hinsicht fühlte ich mich an "Breaking Bad" erinnert, das ich diesbezüglich nahezu unantastbar grandios finde.
Ich vermag viele Empfindungen gar nicht recht in Worte zu fassen, empfand aber das Seherlebnis als ein sehr außergewöhnliches, bei dem ich mich permanent gefragt habe, ob ich das Gesehene nun als tragisch oder saukomisch empfinden soll - und ich glaube, genau das wollten die an mir bislang weitgehend vorbeigegangenen Coen-Brüder damit erreichen. Der Film hat es in jedem Fall geschafft, mich für die "Fargo"-Serie und weitere Streifen von Joel und Ethan Coen zu erwärmen. Kritik habe ich hier tatsächlich einmal nicht zu üben, leichten Punktabzug gibt es aber dafür, dass ich Humor und Machart doch als erst einmal etwas sperrig empfinde. Ansonsten sicherlich etwas, was man als Filmfan mal gesehen haben sollte.
8,5/10
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Noch zu
"Earthlings":
Neo hat geschrieben:Diese alles-über-einen-Kamm-Schererei und KZ-Vergleiche...ohne Worte.
Bei ersterem stimme ich dir zu, was den KZ-Vergleich angeht, habe ich mal versucht, mir die Parallelen durch den Kopf gehen zu lassen. Ich finde, so weit sind die Mechanismen gerade in der industriellen Massenproduktion davon gar nicht entfernt. Es werden einfach schwächere Lebewesen (im Falle der KZs Minderheiten) ausgenutzt, zusammengepfercht, systematisch getötet und teilweise auch gefoltert. Unterschiede sind wohl darin zu sehen, dass es bei der Fleisch-Massenproduktion nicht um Menschen geht und das Ziel nicht ist, eine Rasse in seinem Gesamtbestand zu vernichten (im Gegenteil), aber sooo weit weg von der Realität find ich den KZ-Vergleich nun auch nicht.
Dass dieser Vergeich ideologisch extrem aufgeladen ist, sehr wahrscheinlich gezielt zur Provokation eingesetzt wurde und man gerade in Deutschland das Wort "KZ" nur in den Mund nehmen muss, um eine Hysterie auszulösen... ja, klar, geschenkt. Ich habe es nur mal versucht, rein inhaltlich zu reflektieren.
Ich mag es einfach nicht, wenn man mich so offensichtlich und mit aller Gewalt zu etwas drängen möchte.
Da gebe ich dir Recht. Gerade der Kommentar am Anfang und am Ende des Films war so verkitscht, moralinsauer und belehrend, das empfand ich auch als sehr unangenehm.
Aber ich möchte der Dokumentation natürlich nicht in fundamentalen Dingen widersprechen oder gar irgendwelche Dinge beschönigen und mich schockieren die Zustände rund um die Tierhaltung auch immer wieder, aber zusätzlich aufgeklärt hat mich das eben null.
Würde ich so nicht sagen. Also vor allem einige gefilmte Szenen empfand ich schon als sehr eindrücklich, dass sie mich in ihrer Brutalität schon gepackt haben. Ich kannte auch schon viele Vorgänge, aber beispielsweise die Szene, wo den Kühen erst die Kehle aufgeritzt wurde und man sie dann in ihrem eigenen Blut hat liegen und verrecken lassen, bis man sie dann teilweise noch lebendig an einem Fuß aufgehängt und gekocht hat... das fand ich schon bestialisch und war mir so auch nicht bekannt.
Schön dargelegt fand ich beispielsweise auch den Teil zur Unterhaltung, wo mir erstmal wieder bewusst wurde, wie bekloppt diese Stierkämpfe eigentlich schon von ihrer ganzen Idee her sind. Und das "Spiel", wo man Kälber mit einem Lasso einfängt, um sie durch die Luft zu wirbeln und auf den Boden klatschen zu lassen, kannte ich jetzt auch nicht. Also ein wenig aufgeklärt hat es mich schon, doch.
Andere Teile waren aber auch weitaus schwächer, zum Beispiel die zu Jagd, Zoo oder Wissenschaft, wo ich die Argumentation extrem schwammig und schwach fand. Gerade bei der Wissenschaft hätte mich interessiert, weshalb Tierversuche dort keine Erkenntnisse für die Menschheit bringen sollen, aber das wurde kaum erklärt, nur behauptet. Hier hatte ich dann teilweise auch den Eindruck, dass man schlicht keine Argumente hatte und nur des reinen Contra-Standpunkts wegen dagegen geschossen hat. Und das fand ich dann auch schwach, ja.
Würde aber alles in allem schon sagen, dass man "Earthlings" mal gesehen haben sollte. Eindrücklich ist der Film in jedem Fall. Aber man muss sich halt der krassen Tendenziösität bewusst sein und darf nicht einfach alles widerspruchslos abnicken, was dort behauptet wird.
Fohlen