Stefan hat geschrieben:Neo hat geschrieben:Bei Fassbender fehlen mir die Vergleichsmöglichkeiten und so empfand ich das auch als Top Leistung. Ejiofor und der Rest des Casts (Pitt ausgenommen - geht denn auch mal was anderes, als ein Gutmensch?) waren sehr gut, aber das sind eben keine Rollen mit denen man einen Oscar abstauben kann. Da fehlten dann leider komplett die wirklich richtig starken Szenen, in denen man zeigen kann, was man auf dem Kasten hat
Also diese Aussage kann ich bei Lupita Nyong'o wirklich nicht stehen lassen - die hat doch mehr als nur eine sehr starke Szene im Film - sei es nun die "Seifen"-Szene, danach gleich die Peitschen Szene, die Bitte an Solomon, ihr Leiden doch zu beenden .. also da gab es doch wirklich genug herausragende Szenen und ich rechne bei ihr schon Chancen ein und damit könnte man schon auch gewinnen.
J.Law vs. Nyong'o ist ein ziemlich heißes Rennen. Die einen sagen J. Law, die anderen Nyong'o. Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass die Academy der jungen J. Law gleich zweimal hintereinander den Oscar geben, wäre auch langfristig gesehen schlecht für sie. Und wenn 12YAS nicht Best Picture (Ist aber immer noch möglich) gewinnt, wird die Academy dem Film einige "Trostpreise" geben, und dazu gehört auch Nyong'o.
American Hustle (2013)
Nach der Oscarverleihung 2013 machten sich viele Oscarexperten schon Gedanken über die nächsten Oscars, und der Name eines Films fiel besonders oft: American Hustle (früher mit dem Titel American Bullshit). Die Academy Mitglieder lieben David O'Russell, bestes Beispiel sind die Nominierungen für seine letzten zwei Filme. Während "The Fighter" sieben Oscarnominierungen bekam, wurde "Silver Linings Playbook" für ganze acht Goldjungen nominiert. Kein Wunder also, wieso sein nächster Film so hoch gehandelt wurde. Und all die Prognosen haben sich bewahrheitet, "American Hustle" wurde für ganze zehn Oscars nominiert und hat sich auch fast alle verdient. Nach einem schleppenden Beginn wird der Film extrem gut und kann besonders durch starke Schauspieler glänzen.
David O. Russell war vor "The Fighter" eigentlich kein bekannter Regisseur, nur die wenigsten kannten den Mann aus New York City. Nach seiner Komödie " I Heart Huckabees" machte er sechs Jahre lang Pause, bevor er mit dem Paukenschlag "The Fighter" zurückkehrte und seitdem ist er von Hollywood nicht mehr wegzudenken und liefert einen starken Film nach dem anderen ab. "American Hustle" ist sein bisher größter Film. Eine solche Besetzung voller Hollywoodschwergewichte sieht man nur ganz selten in Hollywood. Im Film wurde vieles improvisiert und das ist ganz deutlich zu sehen. O.Russell hat all diese Szenen aber wunderbar in den Film eingebaut, auch wenn manches nicht richtig in den Film passt. Er fängt die Atmosphäre der 70er super ein und auch seine Interpretation der Geschichte weiß zu überzeugen. Auch am Drehbuch hat er mitgeschrieben und wer weiß, wie der Film ausgefallen wäre, hätten sich die Schauspieler und auch O.Russell am Skript gehalten. Das Augenmerkt liegt ganz klar nicht auf der Geschichte, sondern man fokussiert sich auf die Dynamik innerhalb der Charaktere. Dies ist einerseits ein Nachteil, aber auch ein Segen, denn die Dialoge sind teilweise so brilliant und die Szenen so intensiv, da stört es nicht, dass man die Story vernachlässigt.
Christian Bale spielt den Betrüger Irving Rosenfeld, der vielleicht nicht der gutaussehendste Mann ist, dafür aber ziemlich smart. Er verkauft gefälschte Kunstwerke und zockt arme Personen ab, die in Geldnot stecken. Eines Tages lernt er die wunderschöne Sydney kennen und beide machen gemeinsame Sache, bis sie von dem FBI-Agenten DiMaso erwischt werden. Der gewährt ihnen Freiheit, wenn die beiden ihm dabei helfen, korrupte Politiker zu überführen. Leichter gesagt als getan.. Bale ist der Star des Films, er spielt jeden Gegen die Wand und nur Adams kann ihm diese Position streitig machen. Wieder einmal hat er sich für eine Rolle stark transformiert, aber diesmal hat er einige Kilo zugenommen statt abzunehmen, wie schon damals für "The Maschinist". Doch nicht nur deswegen spielt er so stark, er geht in der Rolle einfach auf. Kein Wunder, sie wurde von O.Russell extra für Bale geschrieben, wie auch all die anderen Charaktere. Amy Adams verkörpert Sydney Prosser, Irvings Geliebte und ist fantastisch in der Rolle, gehört definitiv zu den besten Arbeiten, die Adams in ihrer Karriere abliefert. Sie ist sexy, verführerisch und gibt ihrer Rolle auch eine gewisse Tiefe und Verletzlichkeit und macht somit die Sydney menschlich. Bradley Cooper stellt den ehrgeizigen FBI-Agenten Richie DiMaso dar, der einen Plan ausheckt, um korrupte Politiker festzunehmen. Dabei hat er aber nicht mit Irvings Cleverness gerechnet. Cooper hat sich zu einem ernstzunehmenden Schauspieler entwickelt, der eine überzeugende Performance nach der anderen abliefert. Jennifer Lawrence ist natürlich auch mit dabei, diesmal als nervige Ehefrau von Irving. Lawrence zeigt eine ganz andere Seite von sich und ist glaubwürdig, wobei sie mich teilweise ziemlich genervt hat und manche Stellen over the top waren. Jeremy Renner hinkt allen hinterher, dabei hätte ich mir gewünscht, dass es mehr Screen Time bekommt, denn in jeder Szene war er fantastisch. Es gibt auch einige nette Gastauftritte, die wirklich köstlich sind.
Do the Hustle! Das dachten sich wohl die Academy Mitglieder, als sie den Film sahen und gleich für zehn Oscars nominiert haben. Ich bin ja jemand, der ohne Erwartungen in einen Film reingeht, aber bei der Besetzung und den Namen hinter der Kulisse man doch gewisse Vorfreude entwickelt, eine Enttäuschung ware hier besonders tragisch. Aber dazu kommt es nicht, denn der Film ist wirklich klasse. Zugegeben, der Anfang ist holprig, der Zuschauer wird ins kalte Wasser geworfen und der Streifen nimmt nur langsam Fahrt auf. Das Interesse steigt langsam, als Sydney und Irving sich kennenlernen. Als die beiden dann aber beginnen, gemeinsame Sache machen, geht die Post erst so richtig ab und der Film beginnt, Spaß zu machen, denn dann ist auch die Introduction erledigt. Wie schon zuvor angedeutet, stehen die Charaktere an vorderster Stelle, was ein Segen und gleichzeitig ein Fluch ist. Durch die Improvisation sind einige Szene ziemlich klasse und die Schauspieler lassen die Sau raus, was dem Film sichtlich gut tut. Doch die Geschichte hinkt teilweise hinterher und es gibt Momente, da passiert einfach nichts, der Film stagniert und Langeweile macht sich breit, besonders im zweiten Teil des Films. Noch ein Nachteil, dass die Impro mit sich bringt, ist, dass diese Szenen den Erzählfluss stören und keine geradlinige Dramaturgie zu erkennen ist. Ein bisschen mehr Struktur und der Film wäre besser geworden, aber auch so ist "American Hustle" ein sehr unterhaltsamer Film mit einer wendungsreichen Geschichte. Der Zuschauer wird permanent auf Trab gehalten, man weiß nicht, wer mit wem kooperiert und das macht hier auch den Reiz aus. Auch die Probleme der einzelnen Charaktere sind glaubwürdig erzählt und es ist interessant zu sehen, wie sie versuchen, aus der Scheiße rauszukommen. Während Irving sich und seine Liebe Sydney retten will, möchte DiMaso einfach nur die Karriereleiter hochklettern. Die 70er sehen außerdem super aus im Film. Perfekt ausgewählte Kostüme (Amy Adams und Side-Boobs, besser geht's nicht) und Songs, die ebenfalls zum Film passen und die Stimmung wiedergeben. "American Hustle" ist gut, besitzt geniale Lines, die man noch oft zitieren wird und Schauspieler in Topform. Aber so ganz stark wie andere Oscaranwärter ist er nicht.
7,5/10