Gone Girl
Ich habe ein paar Tage gebraucht, um zum Entschluss zu kommen, ob mir der Film nun gefiel oder nicht. Dass David Finchers Filme technisch brilliant sind, muss man denke ich nicht mehr erwähnen, aber die Inszenierung des Films hat auf mich in Verbindung mit der Geschichte irgendwie einen leicht schizophrenen Eindruck gemacht. Die Art und Weise wie Fincher die Handlung in Szene setzt, wirkte auf mich ziemlich realistisch. Es gibt wenig auffällige Kamerafahrten, der Score hält sich im Vergleich zu seinen letzten beiden Filmen meist dezent im Hintergrund und der Film schien in der ersten Hälfte sehr bodenständig und interessiert am Thema Ehe. Nach der Wendung werden die Geschichte und Amys Figur aber so dermaßen over the top (ich weiß nicht, ob ich ihre Figur einfach vollkommen falsch interpretiere, aber das hatte für mich teilweise schon etwas von Glenn Close in Fatal Attraction, nur dass Gone Girl wohl mehr Spielraum für die Frage lässt, ob hier Nick oder Amy der Villain ist) und unglaubhaft, dass das Gesamtbild für mich am Ende etwas in Schieflage geriet. Der Film war unterhaltsam und spannend, keine Frage, aber letztlich Pulp. Vielleicht wollte der Film auch gar nicht mehr sein, aber von Fincher erwarte ich mir dann doch noch etwas, das darüber hinausgeht. 6/10
Ach ja: Casey Wilson als nervige Nachbarin war wirklich perfektes Casting. :lol:
Nightcrawler
Es kommt nicht oft vor, dass ich vorm Bildschirm sitze und mich eine Figur so anekelt, dass ich tatsächlich den Mund verziehe, aber Lou Bloom hat das in den zwei Stunden mehrmals geschafft. Das liegt natürlich vor allem an Jake Gyllenhaals grandioser Performance, der ich den Oscar so viel mehr gönne als der obligatorischen Stephen Hawking/Alan Turing/Historienfigur mit tragischer Vergangenheit xy-Tearjerker-Nummer. Man kann Lou einfach nicht wirklich greifen, was ihn unglaublich faszinierend macht. Im einen Moment ist er unglaublich charmant, fünf Sekunden später wirkt er wie ein Wesen von einem anderen Stern, das keinen Plan hat, wie man mit Menschen kommuniziert. Die Vergleiche mit einem Kojoten, die ich gelesen habe, machen vielleicht noch am ehesten Sinn. Dass Gyllenhaals Figur so unberechenbar ist, trägt auch einen erheblichen Teil zur Spannung des Films bei: Man weiß als Zuschauer einfach zu keinem Zeitpunkt, wie weit Lou noch gehen wird, um seine Karriere voranzutreiben und ist dennoch in jeder Szene aufs Neue überrascht und schockiert, was er da gerade treibt.
Nightcrawler ist natürlich die Jake Gyllenhaal-Show, aber auch Rene Russo liefert eine fantastische Leistung ab und ich hoffe, dass man sie in Zukunft wieder öfter in solchen Filmen wie Nightcrawler sehen wird.
Die Musik fand ich teilweise etwas enttäuschend und auch das Ende des Films hätte meiner Meinung nach etwas mehr Biss gebrauchen können, aber Nightcrawler ist hinter Enemy (Jake Gyllenhaal hat einfach einen Lauf

) für mich der beste Thriller des Jahres. 8/10
Und damit sich das Netflix-Abo bezahlt macht:
Laurence Anyways
Drama von Xavier Dolan über einen Lehrer, der sich in den späten 80ern dazu entscheidet, als Frau weiterzuleben. Mit knapp drei Stunden gibt es zwar ein paar Längen, aber ich bin immer wieder erstaunt, dass ein Regisseur unter 25 solch einen Film auf die Beine stellen kann. 7,5/10
Herzensbrecher (Les amours imaginaires)
Xavier Dolan - die Zweite: Dramedy über zwei Freunde (Männlein und Weiblein), die sich in den selben Kerl verlieben. Sehr stilisiert, sehr oberflächliche Charaktere, aber teilweise wirklich zum Schießen. Und mit sehr viel angenehmerer Laufzeit. 8/10
Frances Ha
Davon abgesehen, dass ich Greta Gerwig liebe, war der Film erschreckend realistisch, was das Leben in dieser merkwürdigen Phase zwischen Studium und Berufseinstieg angeht, in der man teilweise einfach nicht so wirklich weiß, ob man vor Freude in die Luft oder aus Panik von der Brücke springen möchte. Oh Boy in New York und eine meiner liebsten Komödien der letzten Jahre. 9/10