Fabi hat geschrieben:
Ich gebe dir Recht, wenn du sagst, dass das Abitur bildungspolitisch in die Mangel genommen wurde. Da ist natürlich erstens die G8-Variante zu nennen und der teilweise Umbruch zurück zu G9. Nichtsdestotrotz wird einem das Abitur ja nicht hintergeschmissen und gerade die G8-Schüler, vor allem im doppeltem Jahrgang, hatten einen ziemlichen Druck, einen möglichst starken Schnitt zu erreichen.
Also man darf hier nicht pauschalisieren, das ist klar. Es bestehen hier von Schule zu Schule, wie auch von Lehrer zu Lehrer große Unterschiede allerdings ist es schon so, dass die Anforderungen und das Niveau vielfach abgesenkt wurden, dass ist definitiv keine Randerscheinung, du kannst zu diesem Sachverhalt mal recherchieren. Es gibt da sehr viele aufschlussreiche Artikel, sowie viele Interviews mit Pädagogen und Professoren zu diesem Sachverhalt. Du hast es sehr überspitzt formuliert "man bekommt das Abitur ja nicht geschenkt" Und genau sowas gibt es aber in etwas abgewandelter Form tatsächlich, das Abitur wird den Leuten teilweise förmlich aufgezwängt, denn Scheiter machen sich nicht gut in den Statistiken, man will auch politisch keine Scheiterer. Ich habe mich mit Abiturienten der vergangenen Jahre ausgetauscht und mir mal schildern lassen, wie die Prüfungsvorbereitung ausschaut, wie man sich auf Klausuren allgemein vorbereitet und wie die Klausuren selbst gestaltet sind. Das was mir da berichtet wurde, bzw was ich da zu sehen bekam hat mich tatsächlich erschüttert, kein Scherz.
In vielen Fällen mussten die Schüler faktisch nichts können, die haben teilweise exakt drei Tage vor der eigentlichen Klausur sogenannte Testklausuren oder allgemein Tests geschrieben, die letztlich die exakte Klausur darstellten. Das wurde zudem dann auch von den Lehrern so kommuniziert. Meist wurde dieses Verfahren in Mathematik sowie Geschichte usw. genutzt aber auch in den Naturwissenschaften. In den Matheklausuren wurden ja nicht mal die Zahlen oder Werte ersetzt, selbst die waren teilweise identisch.
Und diese Vorgehensweise wurde mir von vielen Gymnasiasten geschildert, die unterschiedliche Schulen in unterschiedlichen Bundesländer besuchten.
Das hat System. Dann gibt es viele Fälle wo Lehrer nicht mehr auf etablierte Lehrwerke zurückgreifen weil die Schüler damit nicht mehr klarkommen also fertigen die eigene Skripte usw an, ein solches Engagement ist ansich ja schön aber doch fragwürdig wenn es hierbei nur darum geht, das Niveau herabzusetzen bzw. die Konfrontation mit Anspruch zu vermeiden.
Weiterhin haben mir viele dieser Schüler übereinstimmend gesagt, dass sie selbst nicht das Gefühl hatten mit vielen Anforderungen konfrontiert worden zu sein. Sie sagten auch, dass im Grunde jeder durchkam, selbst reihenweise Leute die wirklich gar nichts könnten.
Ich erinnere mich auch an Kandidaten, da habe ich Einblicke in die Entwicklungen über einen längeren Zeitraum hinweg erhalten man kann sagen es waren gemessen an der Leistung tatsächlich schwache Schüler, die Versetzung war mehrfach gefährdet und gelernt haben sie auch nicht. Seltsam war aber folgendes: Je höher die Jahrgangsstufe desto besser wurden die Noten lol... Und das obwohl die ihr Lernverhalten nicht umgestellt hatten. Später stellte sich heraus, dass dort Lehrkörper gewechselt hatten. Die neuen Lehrer forderten nicht mehr wirklich viel. Letztlich haben diese Schüler obwohl sie wirklich schlecht waren und sie sich in der Eigenbeurteilung als relativ leistungsschwach bezcihneten ein auffällig gutes Abitur abgelegt.
Wirklich alles wahr ! Das ist doch alles fragwürdig und traurig...
Fabi hat geschrieben:
Du musst aber beachten, dass Abitur nicht gleich Studium heißt. Es gibt genug Abiturienten, die nach dem Ende der schulischen Karriere eine Ausbildung beginnen.
Hier mag es regional große Unterschiede geben aber ich habe nicht den Eindruck, dass viele Abiturienten eine Ausbildung in Betracht ziehen. Der Anteil war da schon mal wesentlich höher. Einige beginnen eine Ausbildung zum Bankkaufmann aber ansonsten kann ich deine Aussage hier nicht bestätigen. Wenn du da andere Beobachtungen gemachst hast, kannst du diese ja mal schildern, wäre interessant und auch erfreulich wenn es bei euch anders ist.
Fabi hat geschrieben:
Natürlich ist BWL ein beliebtes Fach, da man damit in nahezu allen Bereichen Fuß fassen kann. Mit einem (guten) Abschluss hier stehen einem viele Türen offen - allerdings teile ich nicht deine Meinung, dass das Lohnniveau als gering anzusehen ist. Natürlich gibt es Ausreißer nach unten, aber an und für sich ist der Betriebswirt ein gut bezahlter Job.
Äh doch doch vertrau mir, Betriebswirte sind seit einigen Jahren sehr günstig zu haben. Ausgebildete Kaufleute werden gerne durch studierte Betriebswirte ersetzt, diese werden aber dann auf dem Niveau dieser nicht akademischen Kaufleute bezahlt. Der Gehaltsverfall innerhalb dieser Berufsgruppe ist enorm insbesondere im Hinblick auf die vergangenen Jahre.
Fabi hat geschrieben:
Ich weiß was du meinst. Handwerk ist zweitklassig, Studium ist das Wahre, etc. pp. - Aber ich bin der Überzeugung, dass diese Ansicht nur ein geringer Teil der Gesellschaft hat und gern in den Medien so aufgebauscht wird. Man erkennt doch früher oder später im Leben, dass das Leben ohne Handwerk genauso wenig funktioniert wie ohne Betriebswirte, um man bei deinem Beispiel zu bleiben. Das ist ein berufliches Hand und Hand, das sich in der Waage hält.
Nein es hält sich nichts mehr die Waage auf unserem Arbeitsmarkt schon alleine nicht mehr weil die Altersstruktur völlig verschoben ist und weiterhin die Leute alle nur noch Prestigebehaftete Positionen haben wollen. Es geht nur noch um Ansehen und möglichst schöne klangvolle Titel usw. Die Arbeitsteilung insgesamt ist bedroht. Weil viele Bereiche und Ebenen in der Wertschöpfungskette wegfallen, da dort keiner mehr arbeiten möchte und somit die Leute fehlen werden.
Naja man weiß auch das Gier zu nichts führt aber Lehren werden daraus keine gezogen. Man wird versuchen die Lücken damit zu füllen, dass man Leute aus anderen Ländern anwirbt, die dann diese Tätigkeiten ausüben, dass wird eine zeitlang auch funktionieren aber irgendwann wird das in sich zusammenfallen.
Fabi hat geschrieben:
Ich weiß, dass das jetzt hier inhaltliche keine Relevanz hat, aber ich möchte dennoch erwähnen, dass sich in meinem Freundeskreis Studierte mit Handwerkern mischt und sich darin weder von Seiten der Eltern noch unter uns selbst irgendwelche Klassendenken finden lassen, da finden sich Akademiker mit Handwerkerkindern und umgekehrt.
Gut ! So sollte es doch aber auch sein oder ?