Benutzeravatar
von Herr Vorragend
#1458656
rosebowl hat geschrieben:Aber nein, ihr wurde nichts in den Mund gelegt.
Doch, ihr wurde bspw. das Wort "Schiessbefehl" in den Mund gelegt - das ist auch das Wort, das man im Zusammenhang mit dem fraglichen Interview jetzt überall liest, obwohl sie den Journalisten sogar extra noch darauf hingewiesen hat, dass sie nie von "Schiessbefehl" gesprochen hat.
rosebowl hat geschrieben:Die Tatsache, dass jemand die Grenze übertritt reicht allein definitiv nicht aus, auf ihn zu schießen. Alles längst entschieden...
Das hat Frau Petry auch keineswegs behauptet - das hast Du ihr jetzt in den Mund gelegt. Zumindest suggerierst Du, sie hätte das behauptet.
Benutzeravatar
von bmwtop12
#1458666
rosebowl hat geschrieben:Das hier fasst die Rechtslage meiner Meinung nach ziemlich verständlich und treffend zusammen:
http://blogs.deutschlandfunk.de/berlinb ... er-grenze/
Ja, auch im Spiegel stand ähnliches. Also doch Kuschelrepublik, jeder darf hier alles, schon klar. Mir schleierhaft, warum man dann solche lustigen Gesetze nicht abschafft? Wenn sie sich doch überholt haben? Trotzdem finde ich die Aussagen von Petry in Ordnung. Offensichtlich eine der wenigen, die sich Gedanken um die Zukunft dieses Landes macht, wenn auch mit manchmal diskussionswürdiger Rhetorik.

Edit: Flüchtlinge in Berlin haben es demnächst gut. Da zahlt nämlich der doofe deutsche Michel für All Inclusive im Holiday Inn:

http://m.spiegel.de/politik/deutschland/a-1075142.html

Kein Problem, soll ja nur 600 Millionen € kosten, wir schaffen das ja. Hat irgend so eine Frau mal gesagt. Und Berlin ist ja eh reich und sexy - oder wie war das noch? Auf jeden Fall ein gefundenes Fressen für die britische Mutterfirma, wenn sie mit den doofen Deutschen verhandeln kann. In GB war selbiges noch nicht erforderlich, oder?

Herr, lass Verstand vom Himmel regnen. Jemand anderes kann dieses Dilemma offenbar nicht mehr korrigieren.
Benutzeravatar
von Fernsehfohlen
#1458709
Mich überrascht es überhaupt nicht, dass mittlerweile auch derartige Gedankenspiele öffentlich geäußert werden. Ich denke da aber derzeit eher an die Außengrenzen in Griechenland, Italien etc., wo ja mittlerweile weitgehend Konsens herrscht, dass sie "besser geschützt werden müssen". Ebenfalls herrscht weitgehend Konsens, dass die "Flüchtlingszahlen reduziert werden müssen". Was aber machen, wenn weiterhin Tausende über das Meer schippern und Europa für sich festgelegt hat, die Flüchtlingszahlen aktiv reduzieren zu wollen? Momentan versucht man es noch, der Türkei und Griechenland den "dududu"-Zeigefinger auszustrecken, weil selbst im Winter jetzt 2.000 bis 3.000 Leute täglich kommen.

Aber ja, ich möchte mal wissen, WIE denn gerade Griechenland seine Grenze sichern soll, ohne die Leute ersaufen zu lassen. Vielleicht liegt es ja an meiner eigenen Beschränktheit, aber ich sehe da halt nur zwei Möglichkeiten, wie man dort an der Grenze verfahren kann: Die Menschen aufnehmen oder die Grenze wirklich weitgehend dicht machen und hinnehmen, vor den Toren Europas Hunderte ersaufen zu sehen. Theoretisch könnte man die Menschen auch zurück in die Türkei schicken... aber ich hab so eine Idee, dass die uns dann auch relativ bald den Vogel zeigen werden.

Und auch bei der Türkei finde ich diese "jetzt hindert die Leute doch endlich mal daran, rüberzumachen"-Attitüde ein klein wenig verlogen. Das Land hat ja mittlerweile seine 2-3 Millionen Flüchtlinge schon zu Buche stehen und auch da weiß ich nicht, wie denn die konkrete Vorstellung der Grenzsicherung aussehen soll bei dem sicher nicht kleinen Teil von Menschen, die lieber nach Europa als in der Türkei bleiben wollen.

Ich würde da einfach mal gerne mehr hören als irgendwelche Phrasen oder das beliebte "wir müssen die Fluchtursachen bekämpfen und verhindern, dass die Menschen überhaupt einen Grund haben, nach Europa zu fliehen". Alles schön, alles richtig, aber auch sehr, sehr leicht dahingeredet - tut halt niemandem weh und jeder nickt zustimmend. Aber wie sollen die Außengrenzen gesichert werden, wenn nicht mit Gewalt? Hat da irgendwer irgendeine konkrete, rasch umsetzbare Idee, für die ich in meiner Welt zu beschränkt bin?


Fohlen
Benutzeravatar
von SinofSodom
#1458794
Eine Frage an den User bmwtop12..
hast du persönlich mit Flüchtlingen zu tun?
Wenn man sich deine Beiträge durchliest ist das doch sehr schwer vorstellbar.
Kapital geht vor Menschlichkeit? Dann bin ich ja beruhigt das wir kein bisschen Schuld an dieser Krise haben...
Petry Heil
von Sentinel2003
#1458844
Das wird ja immer unfassbarer:

Der Berliner Senat plant angeblich 22 Hotels anzumieten für mehrere Jahre, natürlich brauchen diese sogenannten Gutmenschen nix zu zahlen!!! Kosten: 600 Mio.!! Ganz super!! Wo der Berliner Senat schon seit Jahren klamme Kassen ohne Ende hat....dieser dicke, fette Hanger vom Flughafen Berlin - Tempelhof ist schon bis oben hin voll....dazu kommt, das per Volksentscheid erst letztes Jahr eigentlich entschieden worden ist, das Flughafen - Feld nicht zu bebauen....jetzt wirds doch bebaut, natürlich für die Flüchtlinge!!


Und, unser "Super" Finanzminister ist wohl bei der EU auf offene Ohren gelaufen und hat Applaus dafür bekommen, eine Benzinsteuer, natürlich für Flüchtlinge, einzuführen....


Dazu gabs in den letzten Tagen auf facebook ein Bild, wo Flüchtlinge ganz stolz ihre nagelneuen Smartphones zeigen: natürlich auch diese kostenlos!!!

Herr Schäuble hatte ja auch erst vor 2 oder 3 Wochen gesagt, das der dicke, fette Steuerüberschuss für Flüchtlinge genutz werden soll!! Ich höre nur noch Flüchtlinge und kostenlos.... :roll: :roll: :twisted:


@bmwtop12: absolute Zustimmung!!! ALLES kostenfrei!! Und dazu möchte natürlich diese "Frau mit der tollen Willkommensplotik" :twisted: :twisted: auch noch 1900 Glocken im Monat für die Flüchtlinge, ohne das diese natürlich arbeiten müssen....das Geld kommt ja bekanntlich vom total doofen deutschen Steuerzahler, der jahrelang seinen Rücken krumm macht, um Arbeiten zu gehen und Geld zu verdienen!!!
Benutzeravatar
von Kaffeesachse
#1458851
Sentinel2003 hat geschrieben:Und dazu möchte natürlich diese "Frau mit der tollen Willkommensplotik" :twisted: :twisted: auch noch 1900 Glocken im Monat für die Flüchtlinge, ohne das diese natürlich arbeiten müssen....das Geld kommt ja bekanntlich vom total doofen deutschen Steuerzahler, der jahrelang seinen Rücken krumm macht, um Arbeiten zu gehen und Geld zu verdienen!!!
Man sollte echt auch alles glauben, was in dieses Internet geschissen wird. Man, man, man ... :roll:
von Sentinel2003
#1458853
Kaffeesachse hat geschrieben:
Sentinel2003 hat geschrieben:Und dazu möchte natürlich diese "Frau mit der tollen Willkommensplotik" :twisted: :twisted: auch noch 1900 Glocken im Monat für die Flüchtlinge, ohne das diese natürlich arbeiten müssen....das Geld kommt ja bekanntlich vom total doofen deutschen Steuerzahler, der jahrelang seinen Rücken krumm macht, um Arbeiten zu gehen und Geld zu verdienen!!!
Man sollte echt auch alles glauben, was in dieses Internet geschissen wird. Man, man, man ... :roll:

Ja, ja, und diese Menschen, die immer noch für die Flüchtlinge sind, sind nun mal garnicht mehr zu verstehen!!!


Unsere Steuergelder für die Flüchtlinge, damit diese alles, aber auch alles kostenfrei bekommen?? Und das findet ihr hier alle ok, oder was??


Im übrigen, Herr Kollege, ist Quotenmeter auch eine Plattform des Internets, weil du ja wahrscheinlich eh soviel vom Internet hälst....man, man, man!!!
Benutzeravatar
von Kaffeesachse
#1458863
Sentinel2003 hat geschrieben:
Kaffeesachse hat geschrieben:
Sentinel2003 hat geschrieben:Und dazu möchte natürlich diese "Frau mit der tollen Willkommensplotik" :twisted: :twisted: auch noch 1900 Glocken im Monat für die Flüchtlinge, ohne das diese natürlich arbeiten müssen....das Geld kommt ja bekanntlich vom total doofen deutschen Steuerzahler, der jahrelang seinen Rücken krumm macht, um Arbeiten zu gehen und Geld zu verdienen!!!
Man sollte echt auch alles glauben, was in dieses Internet geschissen wird. Man, man, man ... :roll:

Ja, ja, und diese Menschen, die immer noch für die Flüchtlinge sind, sind nun mal garnicht mehr zu verstehen!!!


Unsere Steuergelder für die Flüchtlinge, damit diese alles, aber auch alles kostenfrei bekommen?? Und das findet ihr hier alle ok, oder was??


Im übrigen, Herr Kollege, ist Quotenmeter auch eine Plattform des Internets, weil du ja wahrscheinlich eh soviel vom Internet hälst....man, man, man!!!
Ja, und weil wir sonst keine einfachen Lösungen haben, schießen wir eben einfach um uns. Juchhe! Juchhu! Problem gelöst!

Die Meldung mit den 1900 Euro kam übrigens vom Portal "Der PresseHai". Ein Blick unter "Über uns" reicht da. Aber nein, das wird ohne den Artikel oder sonst was zu lesen (Überschrift reicht ja) mit großem Gezeter fleißig auf Facebook geteilt. Und je öfter es Otto-Normaldepp sieht, meint er, es wär was "Seriöses". Medienkompetenz und so ...
Benutzeravatar
von rosebowl
#1458865
Meine Güte - diese 1900 Euro-Meldung, die da kursiert, ist Satire. Öfter mal mimikama.at besuchen bzw. getreu deren Motto "zuerst denken, dann klicken". Sonst unterhalten wir uns hier als nächstes noch über die neusten Meldungen des Postillon ;)
Benutzeravatar
von Kaffeesachse
#1458866
rosebowl hat geschrieben:Meine Güte - diese 1900 Euro-Meldung, die da kursiert, ist Satire. Öfter mal mimikama.at besuchen bzw. getreu deren Motto "zuerst denken, dann klicken". Sonst unterhalten wir uns hier als nächstes noch über die neusten Meldungen des Postillon ;)
So deutlich hab ich das nicht gesagt, damit das jeder mal üben kann -> auf die jeweilige Seite gehen und lesen. 8) :lol:
Benutzeravatar
von Fernsehfohlen
#1458874
Super, haben wir uns alle mal eine Runde wort-, smiley- und ausrufezeichenreich empört. Ich möchte dann jetzt aber doch noch einmal auf meine gestern geäußerte Frage rekurrieren, wie denn nun ein Schutz der (Außen-)Grenzen ausschauen könnte, der sowohl rasch und wirksam die Flüchtlingszahlen nach unten drückt als auch gewaltfrei umsetzbar ist. Weil es mir wirklich ein Anliegen wäre, da mal irgendwie aufgeklärt zu werden bezüglich der Umsetzbarkeit der ja von allen so frenetisch bejubelten Phrase "wir müssen unsere Außengrenzen besser schützen". Ist ja nicht so, dass diese Aussage nur von Rechtsaußen kommt.

Als kleines Leckerli verspreche ich dem Ersten, der darauf eine für mich befriedigende Antwort formuliert, ein auf individuelle Bedürfnisse abgestimmtes, teilzeitempörtes Posting im Flüchtlingskontext. Je nach politischer Einstellung kann derjenige aus zwei Premium-Paketen wählen:

Paket a) - "Merkel verrät das deutsche Volk", "Araberschwämme", "Integrationsverweigerer", "Dschihadisierung des Abendlandes", "lebensbejahender afrikanischer Ausbreitungstyp"
Paket b) - "kein Mensch ist illegal", "öffnet eure Herzen, die Welt braucht Liebe", "also das Wort 'Flüchtlingskrise' find ich ja grundsätzlich schon mal ganz schwierig...", "ich fühle mich kulturell grad unheimlich bereichert", "weiße Männer"

Na, ist das was? Ich finde schon. Gerne lässt sich auch über eine besonders inflationäre Nutzung bestimmter Schriftzeichen oder Smileys sprechen, auch bei Zeilenumbrüchen bin ich flexibel. Quid pro quo.


Fohlen
Benutzeravatar
von Herr Vorragend
#1458978
Fernsehfohlen hat geschrieben:Ich möchte dann jetzt aber doch noch einmal auf meine gestern geäußerte Frage rekurrieren, wie denn nun ein Schutz der (Außen-)Grenzen ausschauen könnte, der sowohl rasch und wirksam die Flüchtlingszahlen nach unten drückt als auch gewaltfrei umsetzbar ist. Weil es mir wirklich ein Anliegen wäre, da mal irgendwie aufgeklärt zu werden bezüglich der Umsetzbarkeit der ja von allen so frenetisch bejubelten Phrase "wir müssen unsere Außengrenzen besser schützen". Ist ja nicht so, dass diese Aussage nur von Rechtsaußen kommt.
Der Grund, warum bisher Niemand darauf eingegangen ist, ist wohl:
Weil auf solche guten Fragen niemand "gute" Antworten hat.
Ich schätze, die meisten wollen über solche Fragen eigentlich auch gar nicht so genau nachdenken (und davon schliesse ich mich selbst nicht aus).
Ich glaube z.B., insgeheim ist jedem klar, dass Deutschland nicht absolut jeden aufnehmen kann, der nach Deutschland möchte. Denn wenn jeder Erdbewohner völlig problemlos nach Deutschland migrieren könnte der wollte, dann wären das momentan locker 1 Milliarde Menschen. Das geht natürlich schon aus praktischen Gründen gar nicht, man muss also ganz zwangsläufig zumindest irgendeine Art von Selektion vornehmen.
Aber wo genau soll man die Grenze ziehen?
Als ich über diese Frage neulich zum ersten Mal nachgedacht habe, musste ich mir jedenfalls ehrlich eingestehen: Insgeheim muss ich wohl heilfroh sein, dass sich mir diese Frage normalerweise gar nicht stellt, und letztlich Andere (Politiker und andere Staatsangestellte) gezwungen sind, derartige Fragen für mich zu be- und verantworten.

Hand auf's Herz: Wer von uns möchte solche Fragen schon beantworten?
Auf so etwas gibt es halt einfach keine "richtigen" Antworten - sondern nur solche, die wahlweise hartherzig oder realitätsfern klingen, oder wie das schöne "Fluchtursachen bekämpfen"-Beispiel nur nichtssagender Allgemeinkonsens sind.

Aber zum Thema: Schutz irgendwelcher Grenzen heisst doch letztlich nichts Anderes, als die Flüchtlinge gegen deren Willen davon abzuhalten, irgendein Territorium zu betreten - man spricht es halt nur nicht explizit aus. Und dafür gibt es im Endeffekt wohl nur zwei Möglichkeiten: Mauern/Zäune und ja, Gewalt, in irgendeiner Form.
Wenn man den Begriff des Grenzen sicherns weit fasst, kann man zusätzlich dafür sorgen, dass die Flüchtlinge gar nicht erst hierher kommen wollen. Weil es aber - wie auch immer das geschehen sollte - Jahrzehnte brauchen würde, um sämtliche Fluchtursachen der Welt zu beseitigen, bleibt da kurzfristig eigentlich auch nur eine Möglichkeit: Fluchtwilligen den Fluchtversuch nach Deutschland/Europa zu vergraulen.
Fernsehfohlen hat geschrieben:Na, ist das was? Ich finde schon. Gerne lässt sich auch über eine besonders inflationäre Nutzung bestimmter Schriftzeichen oder Smileys sprechen, auch bei Zeilenumbrüchen bin ich flexibel. Quid pro quo.
Im Falle meines Gewinns würde ich dann übrigens gerne dieses Paket in der Anführungszeichen-Variante nehmen. :mrgreen:
Benutzeravatar
von Fernsehfohlen
#1458980
Nunja, sonderlich befriedigend war deine Antwort für mich nun nicht, weil sie eigentlich nur eine gut ausformulierte Zusammenfassung meiner Gedanken darstellt. Mit einer Ausnahme vielleicht: Doch, ich möchte über diese Frage nachdenken, weil ich schon auch immer zu hinterfragen und verstehen versuche, was "die da oben" für mich entscheiden. Und weil ich nicht verstehe, warum "die da oben" mich für so beschränkt halten, dass sie glauben, mich mit Worthülsen oder bigotten Schuldzuweisungen (Beispiel Griechenland - Beschwerde 1: "Die müssen jetzt endlich mal dafür sorgen, dass weniger Flüchtlinge nach Europa kommen." / Beschwerde 2: "Es kann nicht sein, dass sie täglich Menschen im Meer ersaufen lassen.") abspeisen zu können, ohne dass ich drauf komme, dass beides auf einmal irgendwie so ein ganz klein wenig schwer zu leisten ist, wenn die Leute angeschippert kommen. Da fühle ich mich schon ein wenig für dumm verkauft.

Vielleicht hast du ja Recht, dass da viele lieber in den Verdrängungsmodus umschalten, lieber darauf hoffen, dass die Flüchtlingsströme nach Europa irgendwann wieder abebben und man sich der moralischen Frage doch nicht stellen muss, ob man Menschen sterben lässt oder lieber zunehmende Teile des eigenen Wohlstands und der eigenen gesellschaftlichen Stabilität in Frage stellt. Dass sie darauf hoffen, dass Entwicklungshilfe und ein vielleicht etwas weniger räuberischer Raubtier-Kapitalismus für Stabilität in den schwachen Regionen Afrikas und dem Nahen Osten reichen. Ich bezweifle das... und spreche da lieber von einem Worse-Case-Szenario, bevor wir dann in ein paar Jahren wieder überrascht tun, dass immer noch Hunderte oder Tausende täglich aufbrechen.

Die "Vergraul"-Taktik ist da wohl noch diejenige, die am ehesten Humanität und Rationalität vereint. Sie ist aber auch nur so lange sinnvoll, wie die Menschen in ihrer Heimat noch was zu verlieren haben. Wem das komplette Hab und Gut weggebombt wurde oder wer nicht mal in der Lage ist, sich selbst zu ernähren, dem wirst Europa kaum minder attraktiv machen können.

Und da ich auch glaube, dass selbst ein ernsthaftes Engagement in Sachen Bekämpfung von Fluchtursachen (was auch ein weites Feld ist und schnell in Richtung "Weltpolizei spielen und die westliche Deutungshoheit durchdrücken" abdriften) und Entwicklungshilfe viele, viele Jahre dauern wird, glaube ich, dass dieses Petry-Szenario schon sehr bald sehr akut werden kann. Tendenziell glaube ich eher an den Außen- als an den deutschen Grenzen und tendenziell glaube ich eher an Mauern und Zäune als an Schießkolonnen, aber sooo illusorisch ist das inzwischen alles nicht mehr, seitdem sich die EU ebenso wie andere Staatenbunde in dieser Frage als Schönwetter-Institutionen rausgestellt haben und mittlerweile auch die letzten Mohikaner ins Wanken geraten, die noch Leute aufnehmen.

Man kann Petry und von Storch gerne vorwerfen, dass sie zündeln, Panik schüren und Menschen gegeneinander aufhetzen, weil es in ihr politisches Kalkül passt. Und vielleicht gehe ich dieser Panikmache und auch dem Medien-Hype erbärmlich auf den Leim und werde mich in ein paar Jahren dafür schämen, mit welchen Gedankenspielen ich mich hier befasse, nur... so lange mir niemand erklären kann, wie wir human die Zuwanderung steuern können, geistern in meinem Schädel auch inhumane Szenarien herum - oder alternativ persönliche Angst um meine Zukunft als überfressener Deutscher, der schön aus der Distanz auf das große Elend der Welt blicken kann, hin und wieder mal ein paar Euro spendet und sich dann selbstzufrieden dem nächsten Schnitzel widmet.


Fohlen
Benutzeravatar
von Herr Vorragend
#1459019
Erst einmal war mein Posting natürlich nicht wirklich als ernsthafte Antwort auf Deine Frage gemeint - sondern als Zustimmung, dass mit "Grenzen schützen" im Endeffekt nur Mauern, Zäune und "Gewalt" gemeint sein kann.

Verbunden mit der Feststellung, wie schwierig es meiner Meinung nach ist, im Internet/sozialen Medien ernsthaft über solche Fragen zu diskutieren, auf die es eben keine "richtigen", moralisch einwandfreien Antworten gibt, sondern nur die Wahl zwischen Pest und Cholera. Mit ernsthaften Diskussionen über solche Themen kann man keine Sympathiepunkt für Menschlichkeit o.Ä. gewinnen, und vermutlich gibt es bei solchen Fragen deshalb zwei Arten von Menschen:

Eine kleine Minderheit, die von Berufs wegen eben gezwungen sind, sich mit diesen Fragen zu beschäftigen, und manchmal dann eben auch hartherzige Entscheidungen zu treffen.
Und die grosse Mehrheit, die eben nicht gezwungen sind sich mit solchen Fragen zu beschäftigen, und daher tendenziell auch einfach vermeiden, darüber nachzudenken und sich auf einen eigenen Standpunkt festzulegen. Ist ja eigentlich auch die bequemste aller Möglichkeiten: Man profitiert als deutscher Staatsangehöriger unweigerlich von den Vorteilen, die sich aus den Entscheidungen der Entscheidungsträger letztlich ergeben, ohne sich selbst in irgendeiner Weise für die Nachteile/moralischen Aspekte verantwortlich fühlen zu müssen.

Irgendwie würde ich mir ja wünschen, dass man mal Volksabstimmungen über solche Themen macht, damit die Bürger einfach gezwungen sind, auch über solche moralisch schwierigen Fragen nachzudenken und einen eigenen Standpunkt zu finden. So ein bisschen hat mich das Thema jedenfalls auch die undankbare Situation von Politikern besser verstehen lassen, und warum es Bedarf gibt für Veranstaltungen wie die "Bilderberger"-Treffen, bei denen die Mächtigen dann eben mal ganz offen, ehrlich und direkt über gewisse wichtige Themen reden können, ohne dass jedes Wort von der Öffentlichkeit auf die Goldwaage gelegt wird.
Fernsehfohlen hat geschrieben:Die "Vergraul"-Taktik ist da wohl noch diejenige, die am ehesten Humanität und Rationalität vereint. Sie ist aber auch nur so lange sinnvoll, wie die Menschen in ihrer Heimat noch was zu verlieren haben. Wem das komplette Hab und Gut weggebombt wurde oder wer nicht mal in der Lage ist, sich selbst zu ernähren, dem wirst Europa kaum minder attraktiv machen können.
Man möchte bei diesem Satz im ersten Moment zwar lauthals protestieren, aber bei näherer Betrachtung dürfte da tatsächlich erschreckend viel Wahrheit dran sein: Wenn man es den Leuten so sehr vergrault, dass sich im Endeffekt nur vglw. wenige auf den Weg machen, dann kann man davon ausgehen, dass es den meisten dieser Menschen tatsächlich so dreckig geht, dass sie sich selbst davon nicht abschrecken lassen. Die kann dann auch mehr oder weniger alle aufnehmen.
Wenn man hingegen "Macht euch ruhig alle auf den Weg, hier ist erst einmal jeder willkommen"-Signale sendet, dann kommen eben solche Massen, dass man zwangsläufig ganz stark selektieren muss. Dann kommen nicht nur diejenigen, die völlig verzweifelt sind, sondern natürlich auch Menschen, die sich einfach nur eine gewisse Verbesserung ihres Lebensstandards erhoffen. (Was ich übrigens in keinster Weise verurteile - ich würde es an deren Stelle ganz genauso machen!) Da dann zielsicher die Spreu vom Weizen, die Hilfsbedürftigsten von den weniger Hilfsbedürftigen zu trennen, ist wahrlich nicht einfach, da wird man häufig Fehlentscheidungen treffen.
Benutzeravatar
von Kaffeesachse
#1459024
Herr Vorragend hat geschrieben: Dann kommen nicht nur diejenigen, die völlig verzweifelt sind, sondern natürlich auch Menschen, die sich einfach nur eine gewisse Verbesserung ihres Lebensstandards erhoffen. (Was ich übrigens in keinster Weise verurteile - ich würde es an deren Stelle ganz genauso machen!) Da dann zielsicher die Spreu vom Weizen, die Hilfsbedürftigsten von den weniger Hilfsbedürftigen zu trennen, ist wahrlich nicht einfach, da wird man häufig Fehlentscheidungen treffen.
Dann muss man endlich mal Wege schaffen, dass die Leute, die "nur" ein besseres Leben zu finden hoffen, legal hierher kommen können, und ich verstehe nicht, warum man sich gegen ein Einwanderungsgesetz so sehr sträubt. Dann kommen diese Leute aus einem Asylverfahren raus. Über diesen Weg fände ich es dann auch legitim zu entscheiden, wen mit welcher Qualifikation und wie viele wir hier brauchen und wen wir vielleicht weiterbilden wollen/können. Dass wir in Zukunft gute Leute brauchen, kann man ja nicht abstreiten. Dann wäre das Asylverfahren auch wirklich für die, die es wirklich brauchen. Aber wenn das nun mal momentan so ziemlich die einzige Chance ist, dann versucht man' eben. Würde ich auch tun.
Benutzeravatar
von Herr Vorragend
#1459029
Kaffeesachse hat geschrieben:Dann muss man endlich mal Wege schaffen, dass die Leute, die "nur" ein besseres Leben zu finden hoffen, legal hierher kommen können, und ich verstehe nicht, warum man sich gegen ein Einwanderungsgesetz so sehr sträubt. Dann kommen diese Leute aus einem Asylverfahren raus. Über diesen Weg fände ich es dann auch legitim zu entscheiden, wen mit welcher Qualifikation und wie viele wir hier brauchen und wen wir vielleicht weiterbilden wollen/können. Dass wir in Zukunft gute Leute brauchen, kann man ja nicht abstreiten. Dann wäre das Asylverfahren auch wirklich für die, die es wirklich brauchen. Aber wenn das nun mal momentan so ziemlich die einzige Chance ist, dann versucht man' eben. Würde ich auch tun.
Ich kenne mich mit der Thematik leider so gut wie gar nicht aus, aber was Du sagst klingt für mich jetzt wirklich sehr sinnvoll. Jedenfalls halte ich es in der Tat für problematisch, dass man Migranten und Flüchtlinge derzeit tendenziell als homogene "Flüchtlinge"-Masse behandelt, denn das sind meiner Meinung nach zwei völlig unterschiedliche motivierte Dinge:
Asyl-/Flüchtlings-Politik sollte von von humanistischen Gedanken motiviert sein, da sollte man danach priorisieren, wer am hilfsbedürftigsten ist. Greencards für dringend gesuchte Arbeitskräfte hingegen haben absolut nichts mit humanistischer Hilfsbereitschaft oder so zu tun, dahinter steckt reiner egoistischer Eigennutz. Damit hilft man anderen, armen Ländern nicht, streng genommen dürfte man ihnen damit sogar eher schaden (Stichwort brain drain etc.).
Benutzeravatar
von Fernsehfohlen
#1459128
Ich bin mir allerdings nicht so sicher, wie viele der bösen, bösen "Wirtschaftsflüchtlinge" keine solchen sein müssten, gäbe es ein entsprechendes Einwanderungsgesetz. Zumindest meiner Auffassung nach müsste der Migrant dann ja zum einen relativ hoch qualifiziert sein und dann auch noch in einem Bereich hochqualifiziert sein, der von der deutschen Bevölkerung quantitativ und qualitativ nicht ausreichend abgedeckt wird. Realistisch gesehen: Was glaubt ihr, wie viele Menschen aus Afrika und dem Nahen Osten diese Hürde nehmen könnten? Ich glaube, da picken wir uns ein paar vierblättrige Kleeblätter heraus, aber in der Breite... glaube ich nicht, dass es zu einer großen Entlastung im Asylkontext führen würde. Und wenn wir nicht nur in Mangelmärkten Migraten ins Land holen, habe ich so eine leichte Idee, wie das bei der deutschen Bevölkerung so ankommt. :P

Und wenn wir mal in Richtung Entwicklungshilfe für die strukturschwachen Weltregionen denken, kann es sogar wirklich fatal sein, die Hochqualifizierten abzuwerben. Das will ich nur mal so als Gegenargumente in den Raum stellen, ohne mich der Idee Einwanderungsgesetz grundsätzlich zu verschließen.

Was das "Flüchtlinge vergraulen"-Thema angeht, wollte ich auch noch ein bisschen was loswerden: Ich glaube ja, dass gerade nach den Vorfällen in Köln die Flüchtlingspolitik der Regierung ein weiteres Legitimationsproblem bekommen hat. Es klang ja in der medialen Berichterstattung so durch, dass man die Täter zum größten Teil nicht festnehmen, noch weniger verurteilen und schon gar nicht abschieben könne. Das mit dem Festnehmen und Verurteilen kann man ja insofern noch rechtfertigen, dass es eben das Prinzip des Rechtsstaates ist, im Zweifel für den Angeklagten zu sprechen. Wenn dann allerdings noch geäußert wird, dass Abschiebungen selbst im Falle von Verurteilungen unwahrscheinlich sind, da entweder die Strafe dafür zu gering ist oder die Herkunftsländer die Menschen einfach nicht wieder aufnehmen, dann führt das doch schon irgendwie zu dem Eindruck, dass man letztlich kaum jemanden los wird und sich die Leute - polemisch gesprochen - "alles erlauben können". Da versucht man ja nun gegenzusteuern, aber so Geschichten wie diese Millionendeals mit den Maghreb-Staaten erwecken natürlich schon den Eindruck des erpressbaren Staates, der nicht fähig ist, auch mal "hart durchzugreifen".

Solche Diskussionen gab es ja immer wieder mal, aber derzeit, wo der deutsche Staat eine so hohe "Bleibe-Nachfrage" generiert, werden sie denke ich auch fernab des Stammtischs und rechten Randes salonfähig. Es ist einfach schwer zu vermitteln, dass wir da nicht restriktiver vorgehen können sollen - und es weckt natürlich Ängste, dass Kleinkriminalität zunimmt, wenn erstmal die Frustration bezüglich der Chancen im legalen Bereich (wegen ewiger Wartezeiten des Asylantrags, mangelnder Arbeitserlaubnis etc.) auf der einen Seite eingesetzt hat und auf der anderen Seite das Gefühl entsteht, Diebstähle, Belästigungen etc. würden eh nur lasch verfolgt.

Natürlich hängt die horrende Kriminalitätsrate der Maghreb-Migranten auch mit deren Aussichtsarmut auf eine dauerhafte Perspektive zusammen, während sich Syrer ja derzeit relativ sicher sein können, zumindest mittelfristig legal bleiben und auch (im Rahmen der Möglichkeiten) vom Staat unterstützt zu werden. Also diese schöne Vergraul-Taktik hat auch ihre Schattenseiten, sobald sich die Leute nicht vergraulen lassen... und stattdessen lieber fernab der Gesetze operieren. ;)


Fohlen
Benutzeravatar
von Herr Vorragend
#1459162
Fernsehfohlen hat geschrieben:Ich bin mir allerdings nicht so sicher, wie viele der bösen, bösen "Wirtschaftsflüchtlinge" keine solchen sein müssten, gäbe es ein entsprechendes Einwanderungsgesetz. Zumindest meiner Auffassung nach müsste der Migrant dann ja zum einen relativ hoch qualifiziert sein und dann auch noch in einem Bereich hochqualifiziert sein, der von der deutschen Bevölkerung quantitativ und qualitativ nicht ausreichend abgedeckt wird. Realistisch gesehen: Was glaubt ihr, wie viele Menschen aus Afrika und dem Nahen Osten diese Hürde nehmen könnten? Ich glaube, da picken wir uns ein paar vierblättrige Kleeblätter heraus, aber in der Breite... glaube ich nicht, dass es zu einer großen Entlastung im Asylkontext führen würde. Und wenn wir nicht nur in Mangelmärkten Migraten ins Land holen, habe ich so eine leichte Idee, wie das bei der deutschen Bevölkerung so ankommt. :P
Das ist in der Tat natürlich die andere Seite. Von den ganzen Flüchtlingen, die in den letzten Monaten auf verschlungenen, mühsamen und gefährlichen Pfaden nach Deutschland/Europa gekommen sind, dürfte bestenfalls ein kleiner einstelliger Prozentsatz unserer Vorstellung eines "Hochqualifizierten" entsprechen, den die Wirtschaft vermeintlich händeringend sucht. So tendenziell würde ich vermuten: Die wirklich händeringend von gewissen Branchen gesuchten Hochqualizierten in solchen Ländern machen sich eher nicht auf so einen gefährlichen, wochenlangen Weg: Sie sind genug umworben, um sich das nicht antun zu müssen.
Die grosse Mehrheit der Leute, die hierher kommen, dürfte in der Praxis nur zu 1-Euro-Job-Kanonenfutter taugen, von daher könnte so ein Einwanderungsgesetz in der Tat bestenfalls einen sehr kleinen Teil des Problems lösen. Die grosse Mehrheit dürfte nicht dem Idealbild des händeringend gesuchten Hochqualifizierten entsprechen, sondern vielmehr dem stetig wachsenden, traurigen Heer der "wirtschaftlich Überflüssigen" entspringen, von denen es auch hier schon keinen Mangel gibt.

Das von Dir erwähnte Phänomen, dass viele Herkunftsländer sich schlicht weigern, ihre Bürger zurückzunehmen, scheint ja übrigens wirklich eines grössten Probleme überhaupt zu sein. Was will man machen, wenn man diese Leute loswerden will (weil man sie nicht für asylberechtigt hält, oder warum auch immer), aber niemand, selbst die eigenen Herkunftsländer, sie aufnehmen will? Das ist ein verdammt verzwicktes Problem, für dass es wohl keine einfache Lösung gibt. Vermutlich wird es irgendwann darauf hinauslaufen, dass wir gewissen Herkunftsländern soundsoviel Geld pro Flüchtling bezahlen, dass sie sie zurücknehmen... Oder man setzt sie mit irgendwelchen anderen Methoden unter Druck. :?
Benutzeravatar
von Herr Vorragend
#1459200
Ich habe gerade auf YouTube ein Video gesehen, das ich so toll finde, dass ich euch gerne darauf hinweisen möchte:

https://www.youtube.com/watch?v=GF5SiM7TjA0
Das Video ist eine Rede des Kongolesen Serge Natan Dash Menga, der vor einem Monat mit einem YouTube-Video zu den Vorfällen in der Silvesternacht berühmt wurde.

Das Erstaunliche an oben verlinktem, neuen Video ist nun aber, dass Serge dort diese Rede auf einer PEGIDA-Kundgebung gehalten hat, und wie fantastisch er das macht.
Für mich ist das ab sofort der "schwarze Held von PEGIDA", denn er macht genau das, was meiner Meinung nach der richtige Umgang mit Gruppen wie PEGIDA, Rechten etc. ist:
Nicht, sie einfach zu dämlichen Idioten abstempeln und zu schneiden! Gut möglich, dass er das insgeheim trotzdem denkt, aber er hat sich dennoch völlig richtig verhalten:
Statt Gräben weiter zu vertiefen, hat er gewisse Bedenken (aus denen er keinen Hehl macht!) beiseite geschoben und hat vielmehr versucht, Brücken zu bauen. Und die PEGIDA-Anhänger fressen ihm aus der Hand und jubeln ihm zu!

Wer schafft es wohl eher, einen PEGIDA-Anhänger zu einem gewissen Umdenken zu bewegen, Verständnis auch für eine andere Seite zu erzeugen? Der demonstrative "Anti-Faschist", der permanent demonstrativ zu verstehen gibt, dass er Rechte für den allerletzten dummen Abschaum hält und immer tiefere Gräben zwischen sich und all den bösen Nazis etc. da draussen bauen möchte?
Oder ein Mann wie Serge, der lieber versucht Brücken zu bauen, sie nicht als abschätzige, unbedingt zu meiden müssende Aussätzige behandelt und durch diese sympathische Art dann diese Menschen dazu bringt, ihm zuzuhören?
Benutzeravatar
von Fernsehfohlen
#1459202
Herr Vorragend hat geschrieben:
Fernsehfohlen hat geschrieben:Ich bin mir allerdings nicht so sicher, wie viele der bösen, bösen "Wirtschaftsflüchtlinge" keine solchen sein müssten, gäbe es ein entsprechendes Einwanderungsgesetz. Zumindest meiner Auffassung nach müsste der Migrant dann ja zum einen relativ hoch qualifiziert sein und dann auch noch in einem Bereich hochqualifiziert sein, der von der deutschen Bevölkerung quantitativ und qualitativ nicht ausreichend abgedeckt wird. Realistisch gesehen: Was glaubt ihr, wie viele Menschen aus Afrika und dem Nahen Osten diese Hürde nehmen könnten? Ich glaube, da picken wir uns ein paar vierblättrige Kleeblätter heraus, aber in der Breite... glaube ich nicht, dass es zu einer großen Entlastung im Asylkontext führen würde. Und wenn wir nicht nur in Mangelmärkten Migraten ins Land holen, habe ich so eine leichte Idee, wie das bei der deutschen Bevölkerung so ankommt. :P
Das ist in der Tat natürlich die andere Seite. Von den ganzen Flüchtlingen, die in den letzten Monaten auf verschlungenen, mühsamen und gefährlichen Pfaden nach Deutschland/Europa gekommen sind, dürfte bestenfalls ein kleiner einstelliger Prozentsatz unserer Vorstellung eines "Hochqualifizierten" entsprechen, den die Wirtschaft vermeintlich händeringend sucht. So tendenziell würde ich vermuten: Die wirklich händeringend von gewissen Branchen gesuchten Hochqualizierten in solchen Ländern machen sich eher nicht auf so einen gefährlichen, wochenlangen Weg: Sie sind genug umworben, um sich das nicht antun zu müssen.
Die grosse Mehrheit der Leute, die hierher kommen, dürfte in der Praxis nur zu 1-Euro-Job-Kanonenfutter taugen, von daher könnte so ein Einwanderungsgesetz in der Tat bestenfalls einen sehr kleinen Teil des Problems lösen. Die grosse Mehrheit dürfte nicht dem Idealbild des händeringend gesuchten Hochqualifizierten entsprechen, sondern vielmehr dem stetig wachsenden, traurigen Heer der "wirtschaftlich Überflüssigen" entspringen, von denen es auch hier schon keinen Mangel gibt.

Das von Dir erwähnte Phänomen, dass viele Herkunftsländer sich schlicht weigern, ihre Bürger zurückzunehmen, scheint ja übrigens wirklich eines grössten Probleme überhaupt zu sein. Was will man machen, wenn man diese Leute loswerden will (weil man sie nicht für asylberechtigt hält, oder warum auch immer), aber niemand, selbst die eigenen Herkunftsländer, sie aufnehmen will? Das ist ein verdammt verzwicktes Problem, für dass es wohl keine einfache Lösung gibt. Vermutlich wird es irgendwann darauf hinauslaufen, dass wir gewissen Herkunftsländern soundsoviel Geld pro Flüchtling bezahlen, dass sie sie zurücknehmen... Oder man setzt sie mit irgendwelchen anderen Methoden unter Druck. :?
Naja, ganz so pessimistisch sehe ich es eigentlich nicht, was die Qualifikation der Leute angeht. Die angeblichen Hochqualifizierten, die scharenweise in unser Land kommen, halte ich in der Tat für ein Scheingebilde bar der Realität, aber dass sich die große Mehrheit nur für die Drecksarbeit eignet, glaube ich auch nicht. Nach allem, was ich so höre, gab es doch in Syrien ein relativ funktionables Bildungssystem und aus meinem Umfeld höre ich von einigen Syrern, die nach relativ kurzer Zeit ins normale Bildungssystem integriert werden können.

Meine Schwester holt gerade auf einem Berufskolleg ihr Abi nach und seit Beginn des Schuljahres ist in ihrer Klasse auch ein Syrer, der zuvor nur wenige Monate in Deutschland war und erst hier Deutsch lernt. Zu Beginn war er der "Problembär", weil er halt dem Unterricht kaum folgen konnte, aber schon nach wenigen Monaten ist er in den Naturwissenschaften und medizinischen Fächern (ist bei ihr das Profil) im oberen Drittel anzusiedeln und selbst in Deutsch lässt er mittlerweile die Ersten hinter sich.

Sicher kann man jetzt sagen, dass er einer der positiven Fälle ist, mit denen oft geworben wird und die eher eine Minorität darstellen. Doch ich bin Gutmensch genug, dass ich davon ausgehe, dass längst nicht der Großteil letztlich in der sozialen Müllhalde landen muss. Aber ich bin mir eben auch sicher, dass man so nur vorgehen kann, so lange die Zahl der Neuankömmlinge maßvoll bleibt, denn der fertige Hochqualifizierte, der zwei Tage nach seiner Ankunft in Deutschland schon ohne Anlaufschwierigkeiten als Ingenieur oder Facharzt loslegen kann, ist ein albernes Fantasiebild. Und monatlich 100.000 neue Leute ins Land holen (im Januar waren es wohl auch wieder über 90.000 und der nächste Strom steht schon in den Startlöchern), ist einfach nicht maßvoll.

Was ich mit dem Verweis auf die sich verweigernden Herkunftsländer ansprechen möchte: Dieses Phänomen ist ein hervorragendes Argument pro Mauern, Zäune und Schießbefehle, denn es offenbart die Probleme bei der Rückführung abgelehnter Asylbewerber. Wenn man die Leute, die man aus welchen Gründen auch immer nicht möchte, nicht mehr loswird, ist eben der naheliegende Alternativ-Gedanke, sie erst gar nicht reinzulassen. Zu dem Problem, dass es einfach an sich schon sehr viele Menschen sind, die nach Deutschland kommen, gesellt sich hier also noch das weitere Problem hinzu, dass "die Falschen" kommen... und augenscheinlich auch so schnell nicht mehr gehen. Da freut sich die AfD mit ihren einfachen Schießbefehl-Fantasien. ;)


Fohlen
Benutzeravatar
von Herr Vorragend
#1459216
@Fohlen: Zugegeben, die Aussage "Die grosse Mehrheit dürfte nur zu 1-Euro-Jobs taugen" war inhaltlich sicher nicht ganz zutreffend, sondern doch stark übertrieben und verallgemeinernd.

Zum einen gehe ich davon aus, dass es, was das betrifft, signifikante Unterschiede gibt, was die Herkunftsländer betrifft. Aus einem Kriegsland wie Syrien, mit eigentlich gutem Bildungssystem etc., und von wo die Leute tatsächlich vor lebensbedrohlichlichen Zuständen fliehen, dürften tatsächlich vglw. viele gut qualifizierte Menschen kommen. Aus anderen Ländern hingegen, wo jetzt nicht aktuell gerade Krieg oder so herrscht und eher Armut/Arbeitslosigkeit die Beweggründe für die Reise nach Europa sind, dürfte meiner Einschätzung nach der Anteil Geringqualifizierter deutlich höher sein.

Und ich denke, dass auch das Alter für die Chancen auf dem Arbeitsmarkt eine gewaltige Rolle spielt. Bei Flüchtlingskindern bspw., die nun mit sehr jungen Jahren nach Deutschland kommen und noch das ganze deutsche Bildungssystem durchlaufen, dürfte es in 20 Jahren kaum einen Unterschied zur einheimischen Bevölkerung geben, was die statistische Verteilung auf gute, normale und Scheiss-Jobs betrifft. Wer hingegen mit sagen wir Mitte 30 hierher kommt und bei Ankunft als geringqualifiziert gilt, der dürfte es deutlich schwerer haben, da noch hinauszukommen.

Dein Beispiel mit dem Syrer in der Klasse Deiner Schwester überzeugt mich jetzt in der Tat nicht so 100%ig, weil's halt wirklich nur ein nicht repräsentativer Einzelfall ist.
Ein kleines persönliches Beispiel möchte ich an dieser Stelle aber übrigens auch mal nennen: Bei meiner vorherigen Arbeitsstelle in einer kinderchirurgischen Klinik gab es zwei Ärzte aus Syrien. Das waren jetzt allerdings keine Flüchtlinge oder so, zumindest der eine, mit dem ich etwas mehr zu tun hatte und mich gelegentlich unterhalten habe, war schon nach Deutschland gekommen bevor es in Syrien so richtig unangenehm wurde - der hatte bereits in Syrien fertig promoviert und war mit seiner Familie nach Deutschland gekommen, um sich als Gastarzt an unserer Klinik noch weiterzubilden. Er war also einer der vielzitierten "syrischen Ärzte", die uns immer als vermeintliche Musterbeispiele für leichte Integration in den hiesigen Arbeitsmarkt genannt wurden.
Das Problem ist nur: Zumindest bei diesem syrischen Muster-Arzt war es keineswegs so, dass er direkt von heute auf morgen hier problemlos hätte anfangen können. Denn obwohl er von Anfang an Deutsch-Sprachkurse hatte, war sein Deutsch auch nach drei Jahren noch seeehr holprig - und das ist gerade bei einem Arzt eben ein gewaltiges Problem, mehr als bei den meisten anderen Berufen, weil Verständnisprobleme da fatale Folgen haben könnten. In der Praxis wurde er selbst nach drei Jahren in Deutschland eigentlich nur hin- und wieder in der Sprechstunde eingesetzt, wenn gerade so grosse Not am Mann war, dass es eigentlich nicht anders ging. Und trotzdem kam es dann fast immer zu Beschwerden, weil die Patienten ihn in der Sprechstunde einfach nicht richtig verstanden haben, oder das Gefühl hatten, dass er sie nicht wirklich versteht und nur so tut, als ob. :?
Wegen dieser persönlichen Erfahrung muss ich persönlich immer so ein bisschen schmunzeln, wenn in den Medien von den vielzitierten syrischen Ärzten die Rede war.
Fernsehfohlen hat geschrieben:Was ich mit dem Verweis auf die sich verweigernden Herkunftsländer ansprechen möchte: Dieses Phänomen ist ein hervorragendes Argument pro Mauern, Zäune und Schießbefehle, denn es offenbart die Probleme bei der Rückführung abgelehnter Asylbewerber.
Da stimme ich vollkommen zu.
Benutzeravatar
von Herr Vorragend
#1459290
Kleiner Beef in der grossen Koalition um das Asylpaket 2:
Konkret geht es um den Familiennachzug für Flüchtlinge, die sich aufgrund ihrer Herkunft aus vglw. sicheren Ländern weder auf das Grundrecht auf Asyl noch auf die Genfer Flüchtlingskonvention berufen können (sog. "subsidär Geschützte"). Für diese Flüchtlinge sieht das gerade verabschiedete Asylpaket 2 eigentlich vor, dass deren Familien erst nach zwei Jahre nach Deutschland nachziehen dürfen.

Jetzt hat Sigmar Gabriel offenbar erstaunt festgestellt, dass diese von ihm selbst verabschiedete Regelung ja gar keine Ausnahme vorsieht, wenn diese Flüchtlinge minderjährig sind, und da ist er dagegen, weshalb will er das Gesetz jetzt direkt wieder ändern lassen will.

Kann mir bitte mal Jemand erklären: Wo soll denn da bitte die Logik stecken? Es ist doch völlig offensichtlich, zu was so eine Ausnahmeregelung in der Praxis führen würde - wenn also minderjährige, allein reisende Migranten aus Staaten, die kein Anrecht auf Asyl hätten, nicht nur trotzdem aufgenommen werden, sondern sogar direkt ihre Familien nachziehen lassen dürfen:

Nämlich, dass man in diesen Ländern zukünftig sogar ganz bewusst darauf setzen würde, bevorzugt minderjährige Kinder alleine auf den gefährlichen tausende Kilometer langen Weg nach Deutschland zu schicken!
Wer also solche Ausnahmeregelungen will, der sorgt doch im Endeffekt gerade selbst dafür, dass sich besonders viele Minderjährige alleine auf die gefährliche Reise nach Deutschland machen...

Habe ich da gerade einen massiven Denkfehler, oder ist diese Forderung wirklich so dämlich, wie es mir gerade erscheint?
Benutzeravatar
von Herr Vorragend
#1459359
Die ZEIT hat gerade einen tollen Artikel veröffentlicht:
http://www.zeit.de/2016/06/fluechtlings ... ettansicht

Der mit Abstand beste Artikel zur Thematik, den ich seit Langem zur Thematik gelesen habe, spricht mir geradezu aus der Seele.
Und vor Allem: so ziemlich der erste Artikel den ich lese, der tatsächlich eine ernst zu nehmende Lösung skizziert!
Benutzeravatar
von Godfather
#1459383
Herr Vorragend hat geschrieben:Die ZEIT hat gerade einen tollen Artikel veröffentlicht:
http://www.zeit.de/2016/06/fluechtlings ... ettansicht

Der mit Abstand beste Artikel zur Thematik, den ich seit Langem zur Thematik gelesen habe, spricht mir geradezu aus der Seele.
Und vor Allem: so ziemlich der erste Artikel den ich lese, der tatsächlich eine ernst zu nehmende Lösung skizziert!
Für mich klingt das alles nach Paul Colliers Vorschlägen, die ich in Interviews bereits mehrfach gelesen habe:
EU-Außengrenzen schließen.
Illegaler Immigration und Schlepperwesen einen Riegel vorschieben, aber gleichzeitig auf anderen Kontinenten Möglichkeiten der legalen Überfahrt und Aufnahme schaffen.
Kommunikation dieser neuen Regeln über Angela Merkel.
Benutzeravatar
von Herr Vorragend
#1459384
Godfather hat geschrieben:Für mich klingt das alles nach Paul Colliers Vorschlägen, die ich in Interviews bereits mehrfach gelesen habe:
EU-Außengrenzen schließen.
Illegaler Immigration und Schlepperwesen einen Riegel vorschieben, aber gleichzeitig auf anderen Kontinenten Möglichkeiten der legalen Überfahrt und Aufnahme schaffen.
Kommunikation dieser neuen Regeln über Angela Merkel.
Der Name Paul Collier war mir bis eben gar kein Begriff. Aber nachdem ich eben mal seinen Namen gegooglet und ein Interview mit ihm gelesen habe muss ich sagen: Was der da so sagt, finde ich von vorne bis hinten absolut überzeugend. Danke für den Hinweis.
Und ja, ich würde auch sagen, dass Beides in eine ganz ähnliche Richtung geht.
  • 1
  • 30
  • 31
  • 32
  • 33
  • 34
  • 37