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von Lumpenheinz
#1510778
Natürlich sind Medien (Mit)schuld am Aufblühen der AfD und dem Populismus im Gesamten. Dass jetzt die ÖR, die auch gern in die Populismus-Falle tappen, die Breitseite abbekommen, lag nunmal daran, dass deren Vertreter anwesend waren.
von Manuel Weis
#1510779
Also wäre es deiner Meinung nach richtig gewesen, AfD-Politiker konsequent nicht in Talkshows o.ä. einzuladen?
von Nr27
#1510783
Manuel, du verfällst da ein wenig in Schwarz-Weiß-Denken. Natürlich hätten die ÖR auch AfD-Vertreter einladen sollen - aber erstens hätte das nicht gar so oft der Fall sein müssen und vor allem zweitens hätte man die Themenwahl nicht so offensichtlich nach der AfD-Agenda ausrichten dürfen! Selbst wenn mal kein AfDler dabei war, wurden erschreckend häufig und einseitig Themen behandelt, von denen die AfD profitiert. Das TV-Duell war dafür ein gutes Beispiel, aber sogar noch ein eher harmloses - daß es jede verdammte Woche in den letzten zwei Jahren in mindestens einer Sendung um Flüchtlinge und Integration ging, aber in der gleichen Zeit so gut wie nie oder zumindest viel seltener um in der Praxis mindestens ebenso wichtige Themen wie die Digitalisierung, Klimaschutz oder den Wandel der Arbeitswelt, ist einfach eine Frechheit. Und da müssen sich die ÖR dann auch den Vorwurf machen lassen, die AfD implizit großzumachen, indem sie deren wenige Themen in der öffentlichen Wahrnehmung weit übergewichtet.

Natürlich trifft das ebenso und noch stärker auf andere Medien zu, aber von einem Claus Strunz oder der BILD-Zeitung erwartet man das sowieso nicht anders - die ÖR sollten dazu jedoch ein vernünftiges Gegengewicht darstellen!

Übrigens: Herrmann liegt daher mit seiner Kritik meines Erachtens vollkommen richtig - gleichzeitig ist sie aber auch an Dreistigkeit kaum zu übertreffen. Denn noch vor den Medien war es zuallererst seine CSU, die die Extrempositionen der AfD überhaupt gesellschaftlich diskussionsfähig machte, indem sie sie sich - in gemäßigterer Wortwahl - selbst zu eigen machte im altbekannten (und nun krachend gescheiterten) Bemühen, keine Partei rechts der CSU zu dulden. Bevor Seehofer mit seinen Attacken gegen Merkel begann, dümpelte die AfD bei 6 oder 7 Prozent herum - schlimm genug, aber verkraftbar. Sobald Seehofer und seine Parteifreunde mit ihren Pöbeleien und ihrem Alarmismus loslegten, schoß die AfD auf deutlich über 10% nach oben (und das war schon vor der Kölner Silvesternacht, die dann den nächsten Schub auslöste). Und die CSU hatte auch noch die Dreistigkeit, dafür Merkel die Schuld zu geben! Nein, nein, Freunde, eure -10% in Bayern habt ihr euch mit eurer Verlogenheit und eurer Heuchelei schon selber eingebrockt.

(Disclaimer: Ich wohne und wähle in Bayern)
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von Lumpenheinz
#1510788
Manuel Weis hat geschrieben:Also wäre es deiner Meinung nach richtig gewesen, AfD-Politiker konsequent nicht in Talkshows o.ä. einzuladen?
Nein, da hast du sowohl die Kritik in der Berliner Runde als auch den generellen Kern der Populismuskritik nicht verstanden.

Es wäre demnach erheblich konstruktiver gewesen, AfD-Politiker mal auf das Glatteis jenseits von Panikmache und Alarmismus anzusprechen. Wie Nr27 schon sagte, wurden in allererster Linie die Themen Flüchtlinge und Terror abgearbeitet, obwohl das beim besten Willen nicht die dringendsten Probleme dieser Nation sein können.

Hätte man allerdings mal Klimaschutz, Fachkräftemangel auf dem Land und Rentenpolitik angesprochen oder sogar direkt das vermeintlich größte Problem, dass AfD-Wähler beschäftig - Perspektivlosigkeit und deren Bekämpfung, würde man vielleicht auch am Stammtisch nicht nur über Flüchtlinge reden und die AfD mehr entzaubern als würde man Wut mit Empörung bekämpfen...
#1510790
Herrmann sucht nur einen Sündenbock. Die Gründe sind mit Sicherheit vielschichtig.

Letztendlich ist es schwierig zu bestimmen, ob mediale Über-Diffamierung beim Wähler zu Abwehrmechanismen und einem Stimmenzuwachs bei der AfD führen, oder ob die AfD in der Summe potenzielle Stimmen verliert.

Außerdem war es doch auch sehr auffällig, dass die Politiker der anderen Parteien bald keine fünf Sätze gesagt haben, ohne gegen die AfD zu schimpfen. Da hat die doch auch niemand zu gezwungen.
#1510795
Ich glaube ich habe die Kritik sehr genau verstanden. Aber ich bleibe dabei: Das Thema Flüchtlinge war eines der (wenn nicht gar das) dominierende Innenpolitische Thema der Legitslaturperiode. Da ist es ok, wenn man kurz vor der Wahl auch genau und intensiv darüber spricht und somit auch erklärt, was sich ändern wollte, wenn andere regieren. Dass die AfD deshalb groß wurde, glaube ich hingegen nicht. Ich wage zu behaupten, dass der AfD-Erfolg ähnlich zustande gekommen wäre, hätte man die Partei weniger im Fernsehen gesehen.

Anders rum könnte man ja auch argumentieren, dass die oftmals ja sogar schwachen Auftritte Stimmen gekostet haben. Aber da bewegen wir uns ja im Reich des Konjunktivs...