Kunstbanause hat geschrieben:Hat es die? Bei jemandem, der das Leben bestimmter Menschen für immer verändert hat, zum Negativen? Oder deren Leben ausgelöscht hat? Für immer? Warum sollte der Straftäter dann nicht auch für den Rest seines Lebens büßen?
Gerade weil eine bestimmte Tat von vielen verschiedenen Personen mit verschiedenen Augen betrachtet wird, braucht es eine Art objektives Maß, um diese Tat zu bestrafen. Darauf fußt am Ende ja unser Rechtssystem.
Man kann darüber streiten, ob die Höhe der Strafen für Taten angemessen sind oder nicht, aber es gibt eben die rechtliche Einordnung und die sagt, dass man nach einer Tat X eine Strafe Y bekommt und danach
rechtlich frei ist.
Was bleibt, ist die
moralische Schuld. Die kann dem Straftäter keiner nehmen.
Was die Resozialisierung angeht: Die Resozialisierung ist ja in dem Sinne kein Goodie oder Bonus für den Täter. Sie soll ermöglichen, dass der Täter wieder Fuß im Leben fasst und es schafft, sich ein neues und anderes Leben aufzubauen.
Das funktioniert nicht immer, ja, aber das hat auch mit dem Alltag des Strafgefangenen zu tun: In dem Augenblick, wo ein Strafgefangener in ein Gefängnis kommt, kommt er in eine abgeschottete Welt. Dort gelten eigene Regeln:
- Die meisten Gefangenen verlieren (dabei) den Bezug zur Realität, weil sie schlicht gar nicht die Möglichkeit haben, dieser Realität zu folgen. Sie haben zwar die Möglichkeit, sich im Fernsehen anzuschauen, wie ein Handy funktioniert, aber können es dadurch lange noch nicht bedienen.
- Die Gefangenen verlieren ebenso die Beziehung zur Gesellschaft: Kontakte brechen ab, sie leben sich zunehmend im Gefängnis ein und schließen dort Kontakt zu anderen Strafgefangenen.
- Dazu kommt, dass du im Gefängnis über Jahre hinweg einen mehr oder weniger geregelten Tagesablauf lernst: Du bekommst Essen und Trinken, Du hast vielleicht auch eine Arbeit und Du hast feste Zeiten zum Aufstehen und ins Bett gehen. In der Freiheit hast du das aber nicht. Während du im Gefängnis kein Geld brauchst, ist das in der Freiheit nötig.
Deswegen brauchst du gerade dann, wenn du lange in Strafgefangenschaft gesessen hast, jemanden, der dir die Welt da draussen wieder erklärt. Bewährungshelfer machen nichts anderes:
- Sie helfen dir, eine Arbeitsstelle zu finden - meist vergeblich, denn wer will schon einen Strafgefangenen einstellen? -,
- sie versuchen, für dich eine Wohnung zu finden - auch schwierig, denn wer will schon neben einem Schwerverbrecher wohnen -
- und versuchen dich, wieder ins Leben einzugliedern.
In dem Augenblick, in dem du als Strafgefangener aber gar keine Chance hast, dich wieder in die Gesellschaft einzugliedern, weil die Gesellschaft dich aus moralischer Schuldzuschreibung, Angst, Unwissen oder anderen Gründen nicht akzeptiert, oder / und weil du selbst in der Freiheit niemanden hast, der dir nicht als Bewährungshelfer sondern als Freund hilft, den Absprung zu schaffen, hast du genau zwei Chancen: Dir eine eigene Gesellschaft zu suchen oder durch den Druck der Gesellschaft wieder rückfällig zu werden. Allein schon deshalb, weil du dann im Gefängnis wieder einen geregelten Tagesablauf hast und wieder deine "falschen" Freunde bekommst. So beginnen die üblichen Karrieren, die ehemalige Strafgefangene haben.
Wie gesagt: Resozialisierung funktioniert nicht immer und es ist nicht gut, dass es nicht funktioniert. Auf der anderen Seite ist sie aber gerade bei Gefangenen, die sehr sehr lange im Knast gesessen haben, dringend nötig.