RickyFitts hat geschrieben:
Hm, hmm, Bei The Leftovers erwäge ich auch immer wieder mal einen zweiten Versuch zu wagen. Aber damals hatten die erstem zwei Folgen so ziemlich alles, was ich an Serien nicht mag. Eine dicke Mystery-Prämisse, die dann aber eigentlich eher im Hintergrund bleibt und ins Esoterische driftet, während sich die Show mehr auf Charaktere fokussiert, die davon ja völlig broken sind. Dazu ein großer Anteil Religiosität und auch sonst eher irrational handelnder Figuren. Und über all dem schwebte noch der Name Damon Lindelof. Das hat mich doch stark abgeschreckt. Kann man mir diese Sorgen mti fortgeschrittenem Serienstand nehmen oder ist das wieder so eine Luftnummer, wo man sich am Ende einreden muss, dass es ja immer schon total nur um die Reise der Charaktere ging?
Die Fakten, die du beschreibst stimmen hunderprozentig, nur deine Interpretation schießt meiner Meinung nach, ein wenig am Ziel vorbei. Man braucht sich als Zuseher nicht einreden, dass es in der Serie um die Charaktere nicht die Mysterien geht, das ist eine Tatsache. Dass das zentrale Mysterium nicht aufgeklärt wird, ist die Essenz der Story, der emotionale Knackpunkt. Es geht darum wie Menschen mit unerklärlichem, scheinbar willkürlichem Verlust umgehen. Und dafür ist es ungemein wichtig, dass die Figuren (und erweitert wir als Zuseher) nicht die Entlastung einer Antwort bekommen. Ungemein frustrierend und zermürbend, ja, aber das ist ja der Punkt!
Du musst die Departure als Analogie sehen. Kerngesunde Menschen, die an Lungenkrebs verrecken, kleine Kinder die aus dem nichts von einem Auto überfahren werden. Und die Hinterbliebenen bleiben zurück und müssen einen Weg finden mit dem Schmerz und der unerklärlichen Willkür des Ganzen umzugehen. Eine Mutter bekommt ja auch keine Antwort auf die Frage, warum ihr dreijähriger Leukämie erkrankt. The Leftovers will dich das mitfühlen lassen. Klar ist das nicht immer pure Unterhaltung und teilweise unangenehm, aber emotional auch ungemein wirkungsvoll.
That being said: Nein, klare Antworten gibt es nicht, aber wenn du thematisch mitdenkst und dich ein bisschen mit der Story auseinander setzt, gibt es Ansätze. Einige Aspekte aus dem Piloten (zB was die Guilty Remnant wollen, wer der Typ ist der Hunde abknallt, was es mit dem Schwarzen Heiler auf sich hat) kann man sich zusammenreimen, oder werden sogar relativ genau erklärt. Und ich kann nach Season 1 sogar behaupten, dass ich zumindest eine sehr starke, plausible Idee habe warum manche Leute departed sind und andere nicht. Kein Element ist grundlos in der Show, Lindelof hat sicherlich nichts einfach aus Jux und Tollerei rein geklatscht. Und am Ende der Staffel hatte ich auf jeden Fall das Gefühl, dass das von Hinten bis Vorne durchdacht war.
Aber mit deinem mindset solltest du die Serie auf keinen Fall schauen. Es ist kein Puzzle, das du zusammen setzen kannst, eher eine Mindmap, wo dir zwar die Schlagwörter, aber nicht ihr Platz am Papier vorgegeben wird. Und wenn du nach Antworten auf Rätsel suchst, die dir die Serie gar nicht gestellt hat, wirst du sowieso nichts rauskriegen. Meiner Ansicht nach stellt die Show die Frage auch gar nicht, ob die Departure ein metaphysisches Phänomen, Gottes Hand oder ein fucking Alienschwarm ist (ganz im Gegensatz zu Lost).
Zusammengefasst: Für mich ist es eine der besten Serienstaffeln die ich je gesehen habe, aber ich bezweifle, dass es für dich klicken wird.
Alle von ultimateslayer getroffenen Aussagen geben die aktuelle Meinung des Verfassers bzw. der Verfasser wieder und stellen nicht notwendigerweise die empirische Wahrheit - sofern existent - dar.