str1keteam hat geschrieben:
Wenn es rein um Kritikergesabber und Feuilletonkatzbuckel geht, liegt Mad Men mittlerweile schon über den Sopranos.
Atavist hat geschrieben:Erlebe ich bisher anders. Und nicht nur unter Kritikern, sondern auch beim Publikum kann ich nicht erkennen, dass "Mad Men" bisher den Stellenwert der "Sopranos" erreicht hat. Im Gegenteil, Stimmen à la "tolle Verpackung, öder Inhalt" liest man zu Don Draper & Co. doch relativ häufig (ohne dem jetzt zuzustimmen).
Ich rede von professionellen US-Kritiken. Nicht von Foren.

Da habe ich nach Staffel 1 nur eine einzge Kritik gelesen, die nicht mindestens gut ausgefallen wäre und der Kritiker wollte damit nur Aufsehen erregen. Die meisten japsen vor Begeisterung und die großen Preise (von den Critics Choice Awards über die Emmys bis zu Globes) hat MM ja auch 3 Jahre dominiert wie nie ein Drama zuvor.
Nicht falsch verstehen. Subjektiv finde ich die Sopranos noch eine Ecke besser (klarer All Time Top 10 Kandidat), aber seit Staffel 4 wird Mad Men in vorher nur bei The Wire gekannter Form als anspruchsvolle Kunst gehuldigt.
Von ihrem offensichtlichen Fetisch für möglichst schockierende Bilder und Geschichten mal ganz abgesehen (besonders gut im Bonusmaterial "Hinter den Kulissen von Folge 315" zu beobachten).
Mit möglichst schockierender Gewalt kennen sich die Sopranos (und Deadwood, Rome oder Breaking Bad) auch gut aus.
Angefangen vom überfahrenen Schuldner in Folge 1 über Tonys Mord während Meadiows Collegetour bis zum Schlachtfest in der finalen Staffel.
Das passt aber auch zu diesen Welten und um den Zuschauer in einer Zeit, in der man in jeder Sendeminute des Tages irgendwo einen obskuren Mord sieht, noch zu erreichen, muss man Grenzen überschreiten.
Und ein Vic Mackey ist nicht mal ansatzweise so vielschichtig wie ein Tony Soprano - gelegentlich hab ich bei "The Shield" sogar das Gefühl gehabt, dass die Autoren fast krampfhaft versuchten, dem Straßenrambo ein paar sympathische Züge angedeihen zu lassen.
Da ist der Denkfehler.

The Shield hat den Mut seinen soziopathischen Antihelden immer wieder ungeschönt ohne Maske zu zeigen. Jemand, der im Familienleben und nach außen hin viele sympathische Züge offenbart,
Tony Soprano wurde bis
immer als charismatischer und leicht zu mögender Kerl gezeigt, der zwar hemmungslos brutal und unfair sein kann, aber letztlich nur so handelt wie es sein "Beruf" verlangt. Erst in Staffel 6
Was "The Wire" betrifft: Gibt es überhaupt ein anderes Serienprojekt, das versucht hat, die Verhältnisse in den Familien, Straßen und Institutionen einer Stadt abzubilden?
Versucht? Klar, unzählige Seifenopern.

Geschafft, weniger. Deadwood hat einen kleineren Fokus, aber letztlich doch noch mehr über das amerikanische Seelenleben verraten. Boardwalk Empire hat alle Anlagen die Stärken von Sopranos, Deadwood und The Wire zu vereinen.
Allein mit dem, was in Tonys Therapiesitzungen besprochen wird, könnte man die Hauptfiguren drei anderer Serien ausleuchten
Damit (und den Träumen und Kindheitserinnerungen) hat man es sich aber auch einfach gemacht (toll fand ich die trotzdem) und Charaktereigenschaften offen in Worten und Bildern erklärt, die The Shield nach dem Motto "Show - don't tell" bzw "Beurteile den Mann nach seinen Taten und nicht seinen Worten" offenbart hat. Man weiß nichts über die Vorgeschichte von Vic oder Shane, das Familienleben bekommt nur einen Bruchteil der Screentime und doch kennt man die Motivationen und Ängste der Charaktere am Ende der Reise ebenso gut wie bei Tony, der 6 Jahre seine intimsten Ängste ausgesprochen hat. Auch bei Al Swearengen ging David Milch viel kryptischer vor. Er hat in seinen Blowjob Monologen und den Gesprächen mit dem Häuptling intime Gedanken offenbart, die dem Zuschauer aber nur Andeutungen für Interpretationen lieferten.
Ich will den Sopranos aber keineswegs absprechen, dass es im Vergleich zu The Shield mehr mit Metaphern und kunstvoller Inszenierung gearbeitet hat(machen Boardwalk Empire, Six Feet Under oder Breaking Bad ebenso), während The Shield (und Sons of Anarchy) direkt ins Blut geht und den Bauch gleichermaßen wie den Kopf anspricht.
Rein subjektiv landet Sopranos bei mir durch einige nervige Charaktere
) und Füllmaterial (in Staffel 6.1 hat man u.a. durch die plötzlich in den Fokus geratenen, aber für die Hauptstory belanglosen Charaktere schon gemerkt, dass man die Kuh noch etwas melken wollte) hinter The Shield, Deadwood, DS9, Sons of Anarchy und wahrscheinlich auch Breaking Bad.
little_big_man hat geschrieben:
7. Soul Food
Die lief auf Showtime.
Habe ich nie gesehen und da die noch aus der Ära stammt, in der Showtime nur die Billigvariante von HBO war, bisher auch nicht ernsthaft auf der Nachholliste gehabt. Mit welcher Serie ist die ungefähr vergleichbar?