Familie Tschiep hat geschrieben:Und es geht ja nicht um Umfragen, sondern um Kennzahlen. Ich weiß nicht, ob du die vierte Staffel von The Wire gesehen hast, da müssen Lehrer bestimmte Vorgaben erzielen, dabei tun die Lehrer alles, damit die Statistik stimmt. Ob das Problem gelöst worden ist, spielt keine Rolle.
Hat jetzt rein gar nix mit der Serie zu tun, die ich auch gar nicht kenne, aber: Als ich diesen Abschnitt in Deinem Posting gelesen habe, musste ich sofort an etwas denken, das mir ein früherer Schulkamerad vor einigen Jahren mal erzählt hat.
Der ist nach dem Abitur zur Polizei gegangen, und hat mir erklärt, warum der deutschen Polizei die etwas schizophrene Cannabis-Gesetzgebung (=der Besitz geringer Mengen ist zwar streng genommen strafbar, wird praktisch aber nicht strafrechtlich verfolgt) durchaus gelegen kommt:
Wenn die einen Cannabis-Konsumenten mit einem Joint erwischen, dann erfassen sie kurz den Vorfall - und dann wird das Ganze quasi direkt zu den Akten gelegt.
Der Witz ist nun, dass das Ganze aus Sicht der Polizei quasi nur fünf Minuten Arbeit ist - aber als
"aufgeklärte Straftat" in die offizielle Polizeistatistik eingeht...
Würde man Cannabis in Deutschland also komplett legalisieren, dann würde die offizielle Polizeistatistik des Folgejahres auf den ersten Blick den Eindruck erwecken, dass die Arbeit der Polizei viel schlechter geworden ist:
Viel weniger aufgeklärte Straftaten, signifikant geringere "Aufklärungsquote" etc...
Damit wäre Deutschland zwar kein bisschen unsicherer geworden (im Gegenteil: die Polizei hätte dann vielmehr mehr Zeit, sich um die echten Fälle zu kümmern) - aber wer wie die Medien üblicherweise nur auf irgendwelche aggregierten Kennzahlen bzw. deren Veränderung schaut, der hätte zwangsläufig fälschlicherweise den Eindruck, dass die Polizeiarbeit viel schlechter geworden ist.
Blinde Zahlengläubigkeit ist leider wirklich weit verbreitet.