Das Erste, ZDF, Dritte (WDR, NDR etc.), Spartensender von ARD & ZDF (One, ZDFneo, ZDFinfo etc.)
von Chris_23
#1490204
Heute 20:15 Uhr in der ARD.
Finde ich ja einen sehr interessanten Plot und werde ich mir heute Abend definitiv ansehen.
von Waterboy
#1490213
Ich denke das zuschauer Voting Ergebnis kann man sich bereits denken. Interessant wird es wie groß der Abstand dann ist.

Allgemein zwar abgeguckt vom mitmach theater Hype der letzten Jahre, aber dennoch mal was frisches im TV und dann noch von den öffentlichen

Mal sehen wie das ganze dann umgesetzt wird
von P-Joker
#1490215
Waterboy hat geschrieben:Ich denke das zuschauer Voting Ergebnis kann man sich bereits denken. Interessant wird es wie groß der Abstand dann ist.
Es kann sein, das so mancher mit vorgefasster Meinung zu schauen beginnt, und die dann im laufe der Zeit vielleicht ändert.
Waterboy hat geschrieben: Allgemein zwar abgeguckt vom mitmach theater Hype der letzten Jahre, aber dennoch mal was frisches im TV und dann noch von den öffentlichen

Mal sehen wie das ganze dann umgesetzt wird
Wenn Oliver Berben die Vorlage von F. v. Schirach nur so gut umgesetzt hat wie bei "Verbrechen" und "Schuld",
dann kann dass heute eine hervorragende Sache werden.
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von Herr Vorragend
#1490235
Am Anfang hielt ich das ja für eine Art Kopie von "24", weil ich dachte, dass es (wie eben bei Serien wie "24" oder "Homeland") darum geht, "präventive" militärische etc. Gewalt und andere umstrittene staatliche Massnahmen in den Köpfen der Zuschauer zu legitimieren.

Wie ich aber mittlerweile aus gut unterrichteter Quelle weiss, ist das hier doch etwas völlig Anderes, denn es gibt hier einen ziemlich genialen, bisher nicht bekannt gewordenen Clou:
versteckter Inhalt:
Nachdem die Zuschauer erwartungsgemäss mit überwältigender Mehrheit entschieden haben, dass der Bundeswehrsoldat richtig gehandelt hat, gibt es am Ende noch eine alles auf den Kopf stellende Wendung:

In dem geretteten Fussballstadion sass ein anderer Terrorist, der einige Monate später mitten in Berlin eine Atombombe explodieren lässt, der auf einen Schlag über 3 Millionen Menschen zum Opfer fallen. Hätte man das Flugzeug in die Arena stürzen lassen, wäre dies verhindert worden.

Diejenigen Zuschauer, die dafür stimmen die 164 Menschen zu opfern, um vermeintlich 70.000 zu retten, wählen im Endeffekt also den Tod von 3.000.000 Menschenleben, weil sie genau wie der Bundeswehrsoldat nur die unmittelbaren und ihnen bekannten kurzfristigen Konsequenzen abwägen konnten.

--------------

EDIT: Ja, das war nur Verarsche meinerseits - es ist höchst unwahrscheinlich, dass es bei der Sendung irgendeinen derartigen Twist geben wird.
Ich wollte damit nur etwas verunsichern und darauf hinweisen, dass das Ganze natürlich nur eine rein fiktive, nach typischem "24"-Muster konstruierte Geschichte ist, die man genauso gut mit einer derartigen Wendung hätte konstruieren können, wonach der Abschuss des Flugzeugs sich letzen Endes als die falsche Entscheidung herausgestellt hätte.
Zuletzt geändert von Herr Vorragend am Mo 17. Okt 2016, 20:21, insgesamt 2-mal geändert.
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von rosebowl
#1490236
Ich hoffe, das stimmt nicht. Sonst wäre es reichlich daneben, sowas zu spoilern.
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von Herr Vorragend
#1490238
rosebowl hat geschrieben:Ich hoffe, das stimmt nicht. Sonst wäre es reichlich daneben, sowas zu spoilern.
Okay, das sehe ich ein und habe es nachträglich in Spoiler-Tags gesetzt.
von flom
#1490266
Wie erwartend wurde nicht schuldig gestimmt. Habe wegen dem Recht für schuldig gestimmt.
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von Markus F.
#1490267
In Österreich haben auch 86,9% für nicht schuldig gestimmt, schockiert mich doch dann schon dezent.
Der "Film" selbst war meiner Meinung nach sehr gut gemacht und war es wert mal wieder konventionell fernzusehen
von Familie Tschiep
#1490268
Die Argumentze kannte man fast alle. Ich hätte mich gefreut, wenn das Stück etwas mehr in die Tiefe gegangen wäre und sich überlegt hätte, ob man nicht andere Möglichkeiten gehabt hatte, um das Ganze abzuwenden.

Ich tendierte auch zum Freispruch, weil man nicht die ganze Last der Entscheidung auf ihn legen durfte. Da haben auch andere Leute Fehler gemacht,
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von Fernsehfohlen
#1490269
Ich habe selbst auch für "nicht schuldig" abgestimmt und meine endgültige Entscheidung fiel in dem Moment, wo das Stichwort "Mord" genannt wurde. Denn ich hätte es mit meinem persönlichen Rechtsempfinden niemals vereinbaren können, dass ein solcher Mensch auf ewig mit dem Etikett des "Mörders" herumlaufen muss. Es lassen sich genügend Argumente dafür finden, dass er bestraft werden muss, weil er nicht nach der geltenden Rechtssprechung gehandelt hat, aber ihn des Mordes zu verurteilen... nein, das hätte ich wohl auch als Richter nicht über mich gebracht.

Generell ein starker Film. Ich fands auch sehr schön, dass man sich wirklich nur auf den Gerichtssaal beschränkt und keine "Actionszenen" zur Veranschaulichung hinzugefügt hat. Ich mag solche kammerspielartigen Filme sehr und wenn sie gut gemacht und gespielt sind, finde ich sie grundsätzlich auch viel intensiver.


Fohlen
von P-Joker
#1490270
Zeitweise habe ich mit mir etwas gerungen, aber letztendlich auf nicht schuldig plädiert!
Schuld daran war für mich in erster Linie die Staatsanwältin, die in mindestens vier gravierenden Fällen hanebüchenen Unsinn und Vergleiche in die Welt gesetzt hat!

Im Prinzip war für mich ein Gedanke entscheidend, so makaber es auch klingen mag:
Die 164 Passagiere waren praktisch schon so gut wie tot!
Hätte der Pilot nicht geschossen, wären jetzt 70.164 Menschen tot!

Fazit: Der Pilot musste in Sekundenschnelle entscheiden, ob er sich schuldig macht am Tod von 164 Menschen, oder dem an 70.164!
Ich hätte nicht in seiner Haut stecken wollen!

Und noch was:
Das Bundesverfassungsgericht hat damals doch im Prinzip den Terroristen einen Freibrief ausgestellt!
Ein Täter sagt sich doch jetzt: Die dürfen ja nicht auf mich schießen, also kann ich Flugzeuge entführen und abstürzen lassen wie ich will ...
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von TorianKel77
#1490271
Konntet ihr online abstimmen? Bei mir nur überlastet und dann war das Voting ja auch schon vorbei :-/ .

Ich hätte für schuldig gestimmt.
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von Fernsehfohlen
#1490272
Herr Vorragend hat geschrieben:Nachdem die Zuschauer erwartungsgemäss mit überwältigender Mehrheit entschieden haben, dass der Bundeswehrsoldat richtig gehandelt hat, gibt es am Ende noch eine alles auf den Kopf stellende Wendung:

In dem geretteten Fussballstadion sass ein anderer Terrorist, der einige Monate später mitten in Berlin eine Atombombe explodieren lässt, der auf einen Schlag über 3 Millionen Menschen zum Opfer fallen. Hätte man das Flugzeug in die Arena stürzen lassen, wäre dies verhindert worden.

Diejenigen Zuschauer, die dafür stimmen die 164 Menschen zu opfern, um vermeintlich 70.000 zu retten, wählen im Endeffekt also den Tod von 3.000.000 Menschenleben, weil sie genau wie der Bundeswehrsoldat nur die unmittelbaren und ihnen bekannten kurzfristigen Konsequenzen abwägen konnten.

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EDIT: Ja, das war nur Verarsche meinerseits - es ist höchst unwahrscheinlich, dass es bei der Sendung irgendeinen derartigen Twist geben wird.
Ich wollte damit nur etwas verunsichern und darauf hinweisen, dass das Ganze natürlich nur eine rein fiktive, nach typischem "24"-Muster konstruierte Geschichte ist, die man genauso gut mit einer derartigen Wendung hätte konstruieren können, wonach der Abschuss des Flugzeugs sich letzen Endes als die falsche Entscheidung herausgestellt hätte.
Das übrigens hätte an meinem "Urteil" und meinem Rechtsempfinden nichts geändert, denn ich habe mich in erster Linie in die Lage des Soldaten versetzt, der auf Grundlage seines Wissensstandes zwischen beschissenen Alternativen die am wenigsten beschissene auswählen musste. Deshalb zog auch das Argument bei mir nicht, dass sich das Blatt rein theoretisch auch noch hätte wenden und die Insassen des Flugzeugs die Terroristen hätten überwältigen können. Ja, möglich, theoretisch ist auch deine Wendung möglich, aber das ist nicht das, womit sich der Soldat konkret herumschlagen musste.

Und ja, Torian, ich konnte online abstimmen.


Fohlen
von Familie Tschiep
#1490273
Das Urteil des Bundesverfassungsgericht sehe ich so, dass sie keinen generellen Freibrief für diesen Fall ausstellen wollten. Das ist richtig. Ich fand die Verächtlichungmachung von Prinzipien in der Rede des Verteidigers für falsch, nur anhand von Prinzipien kann man entscheiden, was richtig und was falsch ist.
Zuletzt geändert von Familie Tschiep am Mo 17. Okt 2016, 22:23, insgesamt 1-mal geändert.
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von Kaffeesachse
#1490274
Die Wahl schuldig/nicht schuldig ist (natürlich auch der Umfrage geschuldet) doch recht vereinfacht. Den Tatbestand "Mord" hätte ich wahrscheinlich ausgeschlossen, bliebe Totschlag. Vor dem Gesetz würde ich dann fast in Richtung schuldig tendieren. Nur fragt sich dann, was man mit dem Mann macht. Einsperren würde ich ihn wiederum nicht. Ja, schwierig ...
von Jan_Itor
#1490275
Ich habe den Film jetzt nicht gesehen, sonder nur zu Hart aber Fair eingeschaltet. Es geht wohl um einen Kampfpiloten, der eine Passagiermaschine abschießt, um ein potenzielles Attentat auf ein voll besetztes Stadion mit 70000 Menschen zu verhindern.

Der Gerhart Baum ist entsetzt, dass die Zuschauer sich mehrheitlich (86,9% nicht schuldig) "gegen das Grundgesetz entschieden haben". Aber so wie der das handhabt wäre auch ein finaler Rettungsschuss bei einem Terroristen, der seiner Geisel eine Pistole an die Schläfe hält, verboten. Denn der könnte es sich ja auch noch anders überlegen oder über Megaphon vom Gegenteil überzeugt werden. Und dabei ist das Verhältnis von Opfer zu Täter 1:1 und nicht 200 und ein paar Zerquetschte zu 70000. :?
von Fukurokuju
#1490277
Für mich wäre eine Verurteilung als Mörder auch nicht richtig gewesen. Ich sehe hier nun keine niedere Beweggründe.

Ebenso fehlte mir nun nach dem Germanwings-Absturz 2015 ein wenig die Diskussion bezüglich des Cockpits. Wie hätten denn die Passagiere den Terroristen überwältigen können? Es ist schön, dass man das Argument aufnimmt, dass ja die Möglichkeit bestanden hätte - aber ein wie wird offen gelassen... Nicht mal beim Flug 93 am 11. September haben es die Passagiere ins Cockpit geschafft, sondern wohl die Terroristen in der Kabine angegriffen/überwältigt. Ebenso hat der Germanwings-Fall wohl auch nur Diskussionen/Änderungen hinsichtlich der Piloten-Problematik eingeleitet - aber was ist mit Terroristen im Cockpit MIT Piloten?!

Hinzu kommt der Fall "Flugzeugentführung". Wie viele Fälle existieren denn bei denen Terroristen ein Flugzeug entführen oder übernehmen, um es als Waffe zu nutzen? Wenn ich nun zurückblicke, dann haben wir nur den 11. September 2001. Alle anderen Entführungen endeten Verhandlungen, Erstürmung oder Aufgabe. Daher würde ich bei einer Entführung durch IS (oder auch Al-Qaida) doch von einem sicheren Tod der Passagiere ausgehen. Sei es nun als Waffe oder eine Explosion an Bord.

Am Ende werden wir halt erst schlauer sein, wenn Fall X eintritt. Wir reden jetzt vom Stadion, aber in der Verhandlung sprach man auch noch vom Kernkraftwerk. Hm. Schwer.
von Sid
#1490279
Fernsehfohlen hat geschrieben:Ich habe selbst auch für "nicht schuldig" abgestimmt und meine endgültige Entscheidung fiel in dem Moment, wo das Stichwort "Mord" genannt wurde. Denn ich hätte es mit meinem persönlichen Rechtsempfinden niemals vereinbaren können, dass ein solcher Mensch auf ewig mit dem Etikett des "Mörders" herumlaufen muss. Es lassen sich genügend Argumente dafür finden, dass er bestraft werden muss, weil er nicht nach der geltenden Rechtssprechung gehandelt hat, aber ihn des Mordes zu verurteilen... nein, das hätte ich wohl auch als Richter nicht über mich gebracht.
Ich kann mich nicht richtig entscheiden, ob ich den Film (und die Theatervorlage) wegen Aussagen wie deiner zu binär predigend finden soll oder genial, weil sie so vorführen, wie wir uns beeinflussen lassen.

Denn ich glaube, dass die hohe Freispruchrate auch daher rührt, dass viele denken: "Also, nachvollziehbarer als bei einem heimtückischen Mord ist das, was der Pilot getan hat, ja schon." Und zack, tappen alle in die "Höchststrafe gegen Freispruch"-Falle. Dabei ist das Rechtssystem ja doch was facettenreicher - man kann ja für eine Verurteilung plädieren, ohne direkt dafür zu sein, den Angeklagten als Mörder zur Höchststrafe zu verknacken. Im echten Justizsystem passiert es ja auch dann und wann, dass der Richter ein Urteil zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigermeinung fällt.

Wir Zuschauer wurden nur nach "schuldig" und "unschuldig", nicht nach dem Strafmaß gefragt. Und wenn nun viele Leute für "unschuldig" stimmen, weil sie das höchst geforderte Maß bei einem Schuldspruch als zu streng erachten, bleibt bei mir durchaus etwas Magengrummeln zurück. Bin mir nur, wie gesagt, unsicher, wie sehr ich das "Terror" zugutehalten mag. :?
von P-Joker
#1490282
Sid hat geschrieben: Wir Zuschauer wurden nur nach "schuldig" und "unschuldig", nicht nach dem Strafmaß gefragt.
Das war denn auch das Problem bei diesem Film!
Hätte man mehrere Antwortmöglichkeiten vorgegeben, also z.B. auch schuldig mit geringerer Strafe,
wäre die Prozentzahl für Freispruch wesentlich geringer ausgefallen.

Viele Zuschauer wollten ihn wahrscheinlich nicht wegen "Mordes" verurteilt sehen.
Wahrscheinlich nicht einmal wegen "Totschlags".
Leider gibt es für das was er gemcht hat keinen Begriff, aber am ehesten müsste er auf der Basis der "fahrlässigen Tötung" angesiedelt sein.
In einem solchen Fall hätte der Richter eine geringere Haftstrafe verhängen können, eventuell sogar zur Bewährung.

Mal zum Film selbst:
Wenn es den deutschen Fernsehpreis noch gäbe, müsste dieser Film einige Preise einkassieren.
Nicht dafür wie er am Ende ausging, sondern hauptsächlich für die schauspielerischen Leistungen.
Vor allem Martina Gedeck als Staatsanwältin.
Wer eine Person so spielt, dass sie so überzeugend unsymphatisch rüberkommt, dass ist schon eine klasse Leistung.
Und Burghart Klaußner? Ja, genau so stelle ich mir einen echten Richter vor.
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von Fernsehfohlen
#1490283
Sid hat geschrieben:Ich kann mich nicht richtig entscheiden, ob ich den Film (und die Theatervorlage) wegen Aussagen wie deiner zu binär predigend finden soll oder genial, weil sie so vorführen, wie wir uns beeinflussen lassen.

Denn ich glaube, dass die hohe Freispruchrate auch daher rührt, dass viele denken: "Also, nachvollziehbarer als bei einem heimtückischen Mord ist das, was der Pilot getan hat, ja schon." Und zack, tappen alle in die "Höchststrafe gegen Freispruch"-Falle. Dabei ist das Rechtssystem ja doch was facettenreicher - man kann ja für eine Verurteilung plädieren, ohne direkt dafür zu sein, den Angeklagten als Mörder zur Höchststrafe zu verknacken. Im echten Justizsystem passiert es ja auch dann und wann, dass der Richter ein Urteil zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigermeinung fällt.

Wir Zuschauer wurden nur nach "schuldig" und "unschuldig", nicht nach dem Strafmaß gefragt. Und wenn nun viele Leute für "unschuldig" stimmen, weil sie das höchst geforderte Maß bei einem Schuldspruch als zu streng erachten, bleibt bei mir durchaus etwas Magengrummeln zurück. Bin mir nur, wie gesagt, unsicher, wie sehr ich das "Terror" zugutehalten mag. :?
Also ich muss zugeben, dass ich so richtig über diese Frage erst nachzudenken begonnen habe, nachdem ich mein "Urteil" abgegeben und mein Posting hier verfasst habe. Aber weil in der Abstimmung nicht weiter differenziert wurde als zwischen "schuldig" und "nicht schuldig" und die Vertreterin der "schuldig"-Position eben gleich auf das Extremum Mord plädierte, bin ich - sofern intendiert - dem Film tatsächlich auch ein wenig in die Falle gegangen. Denn es war wirklich so, dass ich in dem Moment, als die Staatsanwältin auf Verurteilung wegen Mordes plädiert hat, innerlich meine Entscheidung gefällt hatte.

Zugunsten eines aussagekräftigen Ergebnisses fänd ich aber eine Differenzierung der "schuldig"-Option im Nachhinein doch gewinnbringend. Denn der Film suggerierte ja irgendwie schon, dass man nur noch zwischen den Extrema Mord oder nix zu wählen hatte, was denke ich nicht der wahren Abwägung gerecht wird, die ein Richter in diesem Moment zu treffen hat. Jedenfalls möchte ich keinen Richter haben, der wenn ich vor Gericht stehe, nur noch "Tor 1" oder "Tor 2" vor Augen hat, ja.

Ob ichs dem Projekt jetzt zugute halten möchte, weiß ich aber auch nicht. Denn der Tenor dürfte ja jetzt sein: 87% wollen den Soldaten freisprechen. Hätte ich jetzt für "schuldig" gestimmt, wäre in mir ja auch irgendwie das Gefühl verblieben, mich dafür entschieden zu haben, ihn wegen Mordes zu verurteilen. Und wahrscheinlich nicht nur bei mir, weil "schuldig" halt sehr vage ist, wir aber nur eine Interpretation dessen konkret vor Augen geführt bekamen.


Fohlen
von Familie Tschiep
#1490285
Mord hat ein bestimmtes Strafmaß, er wäre sicherlich für mehrere Jahre in den Knast gewandert. Für mich wäre es kein Mord gewesen, weil bestimmte Merkmale für Mord nicht zutrafen. In diesem Sinne ist er unschuldig im Sinne der Anklage.

Ansonsten hätte ich als Schöffe sicherlich zu mehr Informationen gedrängt. Es war doch etwas oberflächlich.
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von Kaffeesachse
#1490286
Sid hat geschrieben:Denn ich glaube, dass die hohe Freispruchrate auch daher rührt, dass viele denken: "Also, nachvollziehbarer als bei einem heimtückischen Mord ist das, was der Pilot getan hat, ja schon." Und zack, tappen alle in die "Höchststrafe gegen Freispruch"-Falle. Dabei ist das Rechtssystem ja doch was facettenreicher - man kann ja für eine Verurteilung plädieren, ohne direkt dafür zu sein, den Angeklagten als Mörder zur Höchststrafe zu verknacken. Im echten Justizsystem passiert es ja auch dann und wann, dass der Richter ein Urteil zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigermeinung fällt.
§211 StGB sieht für einen Mörder aber nur lebenslänglich vor. In der Alternativvariante wurde er auch wegen Mordes verurteilt, was ich für falsch halte.
Für Totschlag gibt's mindestens 5 Jahre. Aber selbst bei dem Strafmaß hätte ich Bedenken. Andererseits hat er objektiv vor dem Gesetz 164 Menschen getötet. Ob man dann etwas konstruieren kann/will, was nirgendwo steht ... Es bleibt schwierig.
von Sid
#1490287
Kaffeesachse hat geschrieben:
Sid hat geschrieben:Denn ich glaube, dass die hohe Freispruchrate auch daher rührt, dass viele denken: "Also, nachvollziehbarer als bei einem heimtückischen Mord ist das, was der Pilot getan hat, ja schon." Und zack, tappen alle in die "Höchststrafe gegen Freispruch"-Falle. Dabei ist das Rechtssystem ja doch was facettenreicher - man kann ja für eine Verurteilung plädieren, ohne direkt dafür zu sein, den Angeklagten als Mörder zur Höchststrafe zu verknacken. Im echten Justizsystem passiert es ja auch dann und wann, dass der Richter ein Urteil zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigermeinung fällt.
§211 StGB sieht für einen Mörder aber nur lebenslänglich vor. In der Alternativvariante wurde er auch wegen Mordes verurteilt, was ich für falsch halte.
Für Totschlag gibt's mindestens 5 Jahre. Aber selbst bei dem Strafmaß hätte ich Bedenken. Andererseits hat er objektiv vor dem Gesetz 164 Menschen getötet. Ob man dann etwas konstruieren kann/will, was nirgendwo steht ... Es bleibt schwierig.
Vielleicht habe ich mich ja unpräzise ausgedrückt, dann tut mir das leid, aber darum geht es mir ja: Man muss ihn ja in meinen Augen nicht als Mörder verurteilen (denn dazu fehlt ja das niedere Motiv). Dass der Film im anderen Voting-Fall auch gleich von Mord spricht, habe ich auch gerade erst gesehen - weiß nun noch immer nicht, ob ich das Brennen auf Extreme gut, da Diskussionen anregend, oder schwach, da simplifizierend finden soll.

Letztlich ist er, für mich, einer Straftat schuldig - ein kompletter Freispruch wäre ein halsbrecherischer Präzedenzfall, dann ginge bei jeder Tötung das Abwägen los: "Ja, aber dieser andere nachvollziehbare Fall wurde mit Freispruch entschieden, und was ich getan hab, ist doch auch total verständlich".

Aber, hey, in gewisser Weise erreicht der Film durch diese Debatte ja sein Ziel.
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von Kaffeesachse
#1490288
Vielleicht könnte man noch einen minder schweren Fall des Totschlags konstruieren mit einer geringeren Strafe (minus U-Haft wird's vielleicht erträglich), aber "164-facher Totschlag minder schweren Falls" verursacht auch irgendwie Bauchgrummeln. :)
Auch wenn man in der anschließenden "Hart, aber fair"-Diskussion der starren Meinung von Herrn Baum (fast schon bewundernswert) evtl. erst mal abwehrend gegenüberstand, bringt man im Nachhinein doch auch Verständnis auf. Im Prinzip war da auf beiden Seiten gleich viel "Hätte, hätte, Fahrradkette". Wie so etwas im Falle eines Falles am Ende ausgegangen wäre, würde man ja nie erfahren.
von Familie Tschiep
#1490289
Wenn nur Mord von der Staatsanwältin gefordert wird, müssen wir uns danach richten. Man kann auch Urteile so formulieren, dass sie nicht zum Präzedenzfall taugen, weil sie es zum Sonderfall erklären.