#19091
Laut den heute veröffentlichten Ergebnissen, glaubt nur noch knapp jeder Dritte Deutsche, dass man in einigen Jahren in Deutschland noch gut leben kann. Vor allem in Sachsen Anhalt und den anderen Ostdeutschen Ländern ist man sehr unzufrieden mit der Lebenssituation.
Wo soll das nur hinführen?
Benutzeravatar
von Mace
#19094
Ich kann es bald nicht mehr hören!!

Immer dieses ewige Gejammere in Deutschland. Natürlich haben wir viel Probleme. Rekordarbeitslosigkeit, stagnierende Wirtschaft, etc. Durch den ganzen typisch deutschen Pessimismus, wo das Glas immer halb leer ist, wird die Situation aber auch nicht besser!

Wenn mal z.B. der Ifo-Index in einem Monat höher als im Monat zuvor ist, wird gleich wieder hervorgehoben, dass der Wert aber schlechter als im letzten Jahr ist (nur so als Beispiel für das Prinzip). Immer wird das Negative betont. Ist doch klar, dass das einem irgendwann auf Gemüt schlägt, die Zukunftsängste steigen und der Konsum noch weiter gedrosselt wird!

[Okay, ich muss zugeben, dass ich einen Job und ein regelmäßiges Einkommen habe. Wäre ich arbeitslos und wüsste nicht wie ich über die Runden kommen sollte, würde ich vielleicht anders denken... :roll: ]
von saschap
#19107
Naja, wenn ich als "Ausgewanderter" hier von Salzburg aus Deutschland betrachte, frag ich mich immer, wieso sich viele selbst alles kaputtmachen. Und im sich selbst Beine stellen sind vor allem die deutschen Politiker meist Vorreiter.
Es gäbe so viele Dinge, die man tun könnte:

- man hätte bei Hartz IV nicht wie jetzt die Verringerung der Kosten für die Arbeitslosigkeit, sondern die Verringerung der Arbeitslosigkeit in den Vordergrund stellen sollen.
Es kann ja nicht sein, dass der Staat auf der einen Seite (Riester-Rente) verlangt, dass die Deutschen vorsorgen, weil die Rente nicht mehr sicher ist, aber auf der anderen Seite verlangt, dass zunächst die Anlagen der Arbeitslosen wie Lebensversicherung oder Vermögen aufgebraucht werden sollen. In spätestens 10 Jahren haben wir damit nicht nur 5 Mio. Arbeitslose, sondern auch noch 2 Mio., die nicht nur unter der Armutsgrenze leben (das ist ja jetzt schon oft mit Hartz IV der Fall), sondern auch noch fast am Hungertod sterben.
Die Arbeitslosigkeit wird mit Hartz IV jedoch nicht verringert, sondern nur die Ausgaben des Staates, da dieser ja weniger zahlen muss. Wie sich das allerdings mit dem Verfassungsgrundsatz, dass der Staat sich um die VERBESSERUNG der Lebensverhältnisse zu sorgen hat, mit Hartz IV zusammenpasst, ist die Frage.

- Die Zeiten, in denen die Politiker noch selbst miterlebt haben, wie Elend und Armut sind, sind leider größtenteils vorbei. Leider weil die alten Politiker wie Adenauer, Brandt, Schmidt usw. noch wussten, dass das Hauptziel der Politik sein MUSS, die Lebenssituation für ALLE Bürger zu verbessern.
Mittlerweile sind viele der Politiker leider fern ab vom normalen Alltagsleben, ebenso wie die Beamten und Berater, die größtenteils ihre Gesetze machen. Das merkt man den meisten Gesetzesvorschlägen an, diese sind mittlerweile oftmals fernab der Wirklichkeit.
Selbst in der ehemaligen Arbeiterpartei hat mittlerweile die Klientel, die den Neoliberalismus propagiert, durchgesetzt. Jedoch sehen diese oft nicht, dass der Neoliberalismus nicht allen, sondern nur einer Minderheit in Form eines modernen Sozialdarwinismus und eines modernen "Manchester-Kapitalismus" Vorteile bringt. Viele brauchen nun einmal den sozialen Unterbau des Staates, den die Neoliberalisten los werden wollen.

- Natürlich bedeutet ein sozialer Unterbau nicht, dass alles bis in den i-Punkt geregelt sein muss. Dieses ist ja auch ein Fehler des heutigen Systems, dass sich die Verwaltung für jeden Furz ne eigene Richtlinie oder DIN/Euro-Norm ausdenkt, nur um die Kontrolle zu behalten, statt auf wichtiges zu achten.
Und das sind nun mal Sozial-, Wirtschafts- und Umweltverträglichkeit von Gesetzen. Wie z.b. soll irgendwer eine Ich-AG gründen, wenn es in jedem Berufszweig in Deutschland so viele Richtlinien gibt, dass er schon 'nen richtigen Betrieb gründen muss, um gewinnbringend arbeiten zu können. Wobei auch die so totreguliert werden, dass außer Großkonzernen bald niemand mehr übrig ist.

- Aber vielleicht ist das ja das Ziel der Wirtschaft, Deutschland auf Entwicklungsland-Niveau (bzw. auf das soziale Niveau des 18. Jahrhunderts) zurückzudrehen, da sie damals ohne starke Gewerkschaften die alleinige Macht im Betrieb hatten und sich nicht um ihre Mitarbeiter kümmern mussten. Aber aus solchen Zeiten sollte man doch heraus sein.

Ich könnte noch viele Punkte mittlerweile anfügen, und sagen: Selbst als links-denkender und sozial und umweltfreundlich eingestellter Mensch, der eigentlich meint,dass es Wahlpflicht geben sollte, fragt sich, wen er denn noch wählen soll, da anscheinend ja keine Partei mehr weiss, was wichtig ist oder die falschen Ideologien/Klientel unterstützt.

Naja, ich sag nur: Irgendwann baut Österreich noch ne Mauer, um die Deutschen fernzuhalten, die hier nen Job suchen, weil es in Deutschland keine Neuen mehr gibt. oder die Politik wartet, bis dank der fehlenden Geburten die Anzahl der Arbeitnehmer gegenüber der Anzahl der Stellen so abgenommen hat, dass es keine Arbeitslosen gibt (nur leider bedeuten fehlende Menschen ja auch fehlende Kaufkraft = fehlende Arbeitsplätze)
Benutzeravatar
von The Red Umbrella
#19147
saschap, deine Analyse ist recht ausführlich und sehr treffend; ich habe im folgenden einmal weitergedacht, korrigiert und so weiter:

-- Hartz IV
Deiner Hartz IV-Kritik stimme ich sehr zu, da tatsächlich nur auf die Verringerung der Kosten der Arbeitslosigkeit geschaut wurde; jedoch nicht auf das Problem, geschweige denn den Ursachen selbst. Vor allem das Problem der Langzeitarbeitslosigkeit (hier im Osten sehr weit verbreitet, da DDRsche Polytechnische Schule und fehlende Weiterbildung) wird mit den Hartz-Reformen völlig vernachlässigt -- wo greift hier das Argument, dass sich die (meist älteren) Arbeitslosen bei solch Einschnitten mehr ansträngen, Jobs zu suchen/anzunehmen?

-- Neoliberaler Einfluss
Ich denke weniger, dass sich die Neoliberalen durchgesetzt haben. Vielmehr waren es Betriebswirte aus führenden Positionen in der privaten Wirtschaft (bzw. der Verbände), welche ihre Interessen durchsetzen konnten. Neoliberale denken noch volkswirtschaftlich; das tun Bosse und Verbandspräsidenten nicht. Hier liegt ein (mit-)entscheidender Fehler der zuletzt lancierten Reformen; sie waren im Grunde betriebswirtschaftlicher Natur und zudem noch angebotsorientiert. Ja, Herr Schröder, in Zeiten der Eingliederung Chinas in den weltweiten Handel -- und der damit verbundenen Abnahme der Preise -- müssen Sie ausgerechnet angebotsorientiert vorgehen. Mei, wie kann man nur so eine verfehlte Wirtschaftspolitik betreiben?

-- Sozialer Umbau und dessen Ausführung
Das liegt, so finde ich, am deutschen Wir-können-alles-besser-machen. Ähnliches existiert auch in der Schweiz (Perfektionismus), wodurch sie dort eben ein im Vergleich sehr hohes Preisniveau haben.
Zudem fiel mir in den letzten Wochen auf, dass sich eigentliche "Experten" alles andere als solche verhielten. Kennst du Peter Bofinger? Er ist ein "Wirtschaftsweiser", der zur Hochzeit des EUR-Höhenflugs forderte, die Goldbestände abzubauen und USD zu kaufen. Ich hätte ihn damals liebend gerne gefragt, was denn in zehn Jahren mehr wert sei: Gold, welches von Tag zu Tag knapper wird, oder USD, der von Greenspan und Bush in beliebigen Mengen gedruckt werden kann. Der deutsche "Wirtschaftsweise" Bofinger setzt sich also dafür ein, die von kompletter Instabilität begleitete US-Wirtschaftspolitik zu belohnen; USD zu kaufen. Aber genau hier wird die Stabilitätspolitik völlig ausgeblendet, welche doch unzertrennbar mit der Sozialen Marktwirtschaft verbunden sein muss. Wo führen uns solche "Wirtschaftsweisen" nur hin? :roll: :roll:

Den vierten Satz (Gründung Ich-AG/Mittelstand) finde ich aber wirklich scharfsinnig: Denn übertrage das mal auf die kleineren Unternehmer im deutschland-umgebenden Ausland, welche an einem Markteintritt nach Deutschland sehr interessiert sind! Nur was passiert zu Brüssel: Die Dienstleistungsrichtlinie wird aus ziemlich kurzfristigen (höchstens mittelfristigen) Faktoren zurückgepfiffen. Klar, die Linien wurden von Bolkestein sehr schnell geschaffen, wodurch sich durchaus Fehler einschlichen. Aber den grundlegenden Gedanken auszuhebeln ist bezeichnend für die Verwaltungs-Konglomerate zu Brüssel, Paris und Berlin.

-- Zukunft D: Entwicklungsland?
Ich habe aktuell den Eindruck, wir wollen hier zur Räterepublik avancieren.

-- Schotten dicht, Österreich!

Hhm, habt ihr schon einen Mindestlohn? Vielleicht könntet ihr den ja aus Deutschland importieren; wir sind doch so stark im Export. Du dürftest doch bestimmt noch Kontakte nach "good old Germany" haben...und Ostdeutschland hätte bezüglich deiner hypothetischen Mauer auch was zu bieten...aahhhhhh...hier wird alles schlechtgemacht (im doppelten Sinne, obwohl ich nach der Neuen Deutschen Rechtschreibung texte, die ja revidiert werden solle...wieder unsere Experten, unsere "Weisen").

P.S.: Das mit der sinkenden Geburtenrate hat auch durchaus gute Seiten: Ein riesiges Problem der deutschen Schulen ist nämlich die exorbitante Zunahme der Schülerschaft. Daher meine Rechnung: Weniger Geburten + stagnierende Einwanderung = weniger Schüler in Schulen = verbesserte Ausbildung = besser bezahlte Arbeitsplätze = steigende Einkommen = steigende Steuereinnahmen = ... Aufkauf Österreichs :P.
von saschap
#19151
Ich war Mitte April in Hamburg, und es ist echt komisch, wie schnell man in Deutschland eine Depri-Welle kriegen kann ;)
Ich brauchte ne halbe Woche Salzburg, ehe es wieder ging :(
weil man echt das Gefühl hat, in Dland gäbe es nur noch Probleme.
Aber wenn ich meine Familie, ganz normaler Mittelstand (Angestellter, Buchhaltung, Abteilungsleitung in einem mittelständigen Betrieb), sehe: Selbst da haben die arbeitenden Angst
- dass die Firmen Stellen abbauen
- dass meine Schwester (Ausbildung) nicht übernommen wird
- dass meine Pflege-Schwester eine Ausbildung kriegt, da sie dank der Post (weil die die Zusage einer Firma nicht zugestellt hat, weil, achtung Bürokratie: sie noch nicht auf dem Briefkasten stand. Dabei kennt der Briefträger in unserem Vorort doch einen persönlich, und normal können da Nachbarn Sendungen annehmen, aber wenn ein Brief korrekt an die Pflegeschwester adressiert ist,und nur weil das c/o S... bzw. ein W. auf dem Briefkasten fehlt, wird er nicht zugestellt) noch keine Ausbildungsstelle hat.

Und ich stamme aus einer Familie,die NICHT aus den Problem-Sektionen Deutschlands kommt.

Und:
Leider senken die Politiker mit jedem fehlenden Schüler ja die Ausgaben für Bildung, und zwar "vorsorglich" jetzt schon, die CSU behauptet in Bayern echt, Studiengebühren seien dafür da, weil jeder ja heutzutage in seine Bildung zu investieren habe... jajaja, das sagen einem Politiker, die selbst bis zu 15 Jahre als Studenten rumgehangen haben, nie nen richtigen Beruf gehabt haben, sondern von den Jugendorganisationen in die Landtage aufgestiegen sind, und meinen, 500 Euro je Semester Studiengebühren wären ja für jeden tragbar. Aber auch die 378 Euro hier in Austria sind KEIN Pappenstiel, und normale Studies haben auch noch sich selbst zu ernähren, nicht jeder fährt wie die Stoiber-Enkel mit der SBahn aus Tutzing an ;) .
Und so wird es NIE bessere Bildung geben,weil gerade daran schon heute überall gespart wird, ohne Sinn und Verstand. Ist ja auch einfacher, mal eben 1 Mrd. Bildungsausgaben zu streichen, als 1 Mrd. Subventionen, denn Schüler haben keine Lobby :(.
Auch werden NIEMALS die Arbeitsplätze besser bezahlt werden, weil heutzutage alle,auch hochwertige Jobs, exportiert werden, wenn sie in DLand zu teuer werden.

Aber Deutschland und auch andere Länder Europas, die lieber sparen als in Bildung investieren, werden schon merken, was sie davon haben, wenn China und Co. uns überholt haben.