- Mi 1. Jun 2005, 22:11
#25837
Nach Frankreich haben heute auch die Niederländer die europäische Verfassung abgelehnt, und das mit mehr als einer 2/3-Mehrheit.
Nun gibt es einige sehr interessante Fragen:
1. Was sind die genauen Gründe für die Ressentiments gegen die EU-Verfassung. Immerhin hat sich Europa gefreut, als vor 1 1/2 Jahren der Konvent endlich den ersten Entwurf fertig hatte.
2. Wie kann man die Verfassung ändern, so dass die problematischen Aspekte gedämpft werden?
3. Wie sieht Europa allgemein "sein Europa". Als nationalen Fleckenteppich mit einer "Dachorganisation des Chaos" oder als ein geregeltes System?
So, ehe hier jetzt wieder losgeschmäht wird: Ich bitte auch die Gegner der EU-Verfassung bzw. der Idee einer Verfassung für Europa, sich sachlich zu beteiligen.
Das heisst, keiner hat etwas dagegen, wenn ihr Kritikpunkte habt und die nennt, aber bitte unterlasst:
- hohle Polemik, ihr könnt zwar ruhig sagen, dass ihr was gegen die EU-Verfassung habt, und habt dafür auch sicher Gründe, aber ein "Die EU is scheisse, also bin ich dagegen" ist keine Diskussionskultur. Das geht schon "professioneller" ausgedrückt, so hat normal jeder Mensch Gründe, egal wie geartet, weswegen er etwas ablehnt, die er auch nennen kann, wir sind in einer Meinungsfreiheit.
- unbeweissbare Behauptungen. Wenn ihr Sachen kennt, die die EU falsch macht, nennt sie ruhig, aber solche Dinge wie "Die EU ist nur ein riesiger Bürokratieapparat" ist ohne Daten, z.b. Statistiken, wie viele Beamte für wieviele Bürger verantwortlich sind, nicht beweissbar.
- die Akzeptanz von Kritik. Jeder hat seine Meinung, und andere haben eine andere. Konstruktive Kritik gehört mit zum Diskussionsverfahren, nicht jeder weiss alles besser, und man sollte fundierte Informationen auch annehmen, mit Ohren zu kommt man nicht gut durch die Welt.
- andere User nicht beleidigen. Egal ob euch die Meinung total stört, es ist auch eine Meinung, und gerade in diesem Thema geht es darum, zu ergründen, wieso diese Meinung zustandekommt... es kann sehr persönliche Gründe haben, weswegen bestimmte Personen bestimmte Meinungen haben, aber alle Gegner oder Befürworter nur als "nicht nachdenkende Idioten" bezeichnen ist unnötig und unproduktiv.
Natürlich gelten diese Regeln hier für ALLE Diskussionsteilnehmer, nicht nur für Gegner oder Befürworter.
--------------------------------------------------------------------------------------
So, nun meine eigene Meinung:
1. Was sind die genauen Gründe für die Ressentiments gegen die EU-Verfassung. Immerhin hat sich Europa gefreut, als vor 1 1/2 Jahren der Konvent endlich den ersten Entwurf fertig hatte.
2. Wie kann man die Verfassung ändern, so dass die problematischen Aspekte gedämpft werden?
3. Wie sieht Europa allgemein "sein Europa". Als nationalen Fleckenteppich mit einer "Dachorganisation des Chaos" oder als ein geregeltes System?
1. Also ich sehe die meisten Ressentiments oftmals in der Innenpolitik begründet. Das Problem ist:
- Die Gegner reiten auf Fehlern der eigenen Politiker herum, und behaupten, sie wären EU-Fehler
- Die Befürworter und die Politiker sind zu feige, zuzugeben, was sie selbst falschgemacht haben, und nehmen so keine falschen Beschuldigungen von der EU.
So ist ein Großteil der Arbeitslosigkeit der Länder nicht auf Fehler der EU zurückzuführen, sondern auf Misspolitik der einzelnen Länder oder auf einen nicht rechtzeitig erkannten wirtschaftlichen Mißstand.
Aber sag das mal dem Schröder, der würde doch nie eingestehen, dass seine (und die Politik von Kohl am Ende seiner Amtszeit) die Arbeitslosigkeit nur noch verschlimmert hat. Das könnte ihn ja seine Kanzlerschaft kosten (obwohl, wer als SPDler noch glaubt, zu gewinnen, scheint realitätsfremd zu sein, dass sage ich als jemand, der rot-grün eigentlich nahe steht, aber man kann keine Politik machen/analysieren, wenn man die Wahrheit übersieht).
2. Tja, was wurde vor allem vergessen bei der EU-Verfassung?
Eigentlich nur, die Bürger auch zu fragen, was sie gerne hätten...
Ich denke, ein Großteil Europas hat nichts gegen einen "Bundesstaat" Europa und ist sicher auch froh, wenn die Verfassung endlich das Chaos in Europa beendet (nämlich das, dass keine Regierung, kein Gericht und auch die EU oftmals nicht weiss, was jetzt Gemeinschaftssache und was eine Nationale Angelegenheit ist. In den 60ern war das ewige Pochen Frankreichs auf "nationale Angelegenheiten" und damit einhergehende Vetos entnervend, mittlerweile beweisst sich, was Max Weber über Bürokratien gesagt hat: Sie versuchen, ihre Ressorts immer weiter zu erweitern, um immer höhere Budgets bekommen zu können. Beides ist nicht gut für die EU.)
Was auch viele EU-Bürger sicher nicht missen wollen, ist die Freizügigkeit in Europa. Allein im Urlaub ist es gut zu wissen, dass man auf Mallorca einem Spanier gleichwertig ist, also auch die gleichen Rechte bei Problemen hat, und der Euro hat vielleicht die gefühlte Inflation stark erhöht (weil leider vor allem die Produkte, die man Bar bezahlen muss, teurer geworden sind, während Dinge wie Miete, die automatisch vom Konto gebucht werden, korrekt umgerechnet wurden (außer der Vermieter war ein Betrüger), nur das sieht man ja nur aufm Auszug, was nicht viel wehtut, anders als wenn man plötzlich für Streusel auf dem Eis statt 30 pf 30 ct zahlen muss), aber wer ist nicht froh, endlich nicht mehr auf die "Ausbeuter" der Umwechselstuben angewiesen zu sein.
Wovor viele Europäer aber sicher Angst haben, ist sicher, dass die Identität der Staaten noch weiter aufgelöst werden. Schuld daran ist wahrscheinlich nicht vor allem die EU, sondern die Globalisierung, nur bisher hat die EU diese noch nicht in geregelte Bahnen lenken können und auch in der Verfassung gab es dafür kaum Paragraphen. Warum? Weil viele Staatschefs natürlich nicht ihre "Nationalen Interessen" vergessen hatten, kleine billige Sozialsysteme im Osten, viele Rechte im Westen, der eine dachte an die Bürger, der andere an die Wirtschaft und daran, die gute Konkurrenzfähigkeit durch niedrige Löhne nicht aufzugeben, aber der europäische Markt wurde ja 1957 gerade dafür gegründet, den Lebensstandard und damit auch das soziale System auf eine gemeinsame Basis zu erhöhen, anfangs vor allem im Landwirtschaftsbereich, später in allen relevanten Wirtschaftsbereichen. Dieser Grundgedanke fehlte aber anscheinend vielen Bürgern in der heutigen Verfassung.
3. Ich als Politikwissenschaftler vermute einmal, dass viele EU-Bürger, vor allem in Frankreich oder den Niederlanden, für EINE Verfassung für Europa sind. Auch in Deutschland nehme ich an, dass viele sich über eine europäische Verfassung aussprechen würden, der Traum der "Vereinigten Staaten von Europa", wie Churchill seine Idee der EU nannte, war und ist ja ein Traum der meisten Europäer, egal welcher politischen Richtung.
Das Problem scheint also eher der Inhalt der abzustimmenden EU gewesen zu sein (neben der Schwierigkeit, dass sowohl Gegner als auch Beführworter eher über nationale als über europäische Themen gestritten haben, da EU-Themen oftmals recht kompliziert sind, auch kompliziert zu erklären, man bedenke: 25 Länder = 25 Meinungen), und dort auch sicher nur gegen die Paragraphen, denen es nur um das "weiter so wie immer" ging und nicht um das "weiter so, wie es am besten ist". Man bedenke, seit 15 Jahren streiten sich Parlament, Kommission und EU-Rat um ihre Zuständigkeitsbereiche, im ersten Verfassungsentwurf, der mehrheitlich durch das EU-Parlament im Verfassungskonvent entwickelt wurde, wurde deswegen der Arbeitsbereich recht genau differenziert, aber natürlich haben die Staatschefs der Nationen was dagegen gehabt und den EU-Rat unberechtigterweise wieder stärker gemacht. Dabei würde ein System wie in Deutschland oder Österreich, wo Gesetze erst vom Parlament entschlossen und dann durch die Qualifizierte Mehrheit im EU-Rat beschlossen würden, ein recht gutes Konzept auch für Europa.
Die EU-Verfassung hätte auch ein Ende des Streits um Prozente gegeben, sei es um die Prozente der EU-Subventionen oder auch nur um die Prozente, wie viele Länder und wie viele Einwohner nötig sind für einen Beschluß im EU-Rat. Die Diskussionen des letzten Jahrzehnts in den Konferenzen der EU-Staaten waren immer nur Diskussion um Prozente in diesen Bereichen, wichtige Themen wie eine gemeinsame Wirtschaftspolitik oder Steuerpolitik wurden ausgespart oder ohne Entschluss beendet, erst die Verfassung gab mehr Klarheiten, wenn auch oft noch nicht klar genug.
Ich frage mich: Wollen die EU-Bürger eine Europa, dass immer so weitermacht wie jetzt? Die meisten EU-Bürger scheinen nicht zu wissen, dass sie mit einem EU-Verfassungsboykott nicht ihren Politikern schaden, sondern vor allem sich selbst:
- Ist die Verfassung gescheitert, so fällt Europa auf den Stand von Nizza zurück, und da ist nicht nur die Globalisierung völlig unkontrolliert und unausgesprochen geblieben, nein, die Einmischungsrechte der EU in ehemals nationale Rechte sind sehr weit gefasst, da die Subsidiarität alleine nicht hilft gegen eine überbordende EU.
- Die Bürger verlieren damit aber auch die Ergebnisse des Grundrechtekonvents, der für alle Bürger eine soziale Stärkung gegenüber der Wirtschaft bedeuten würde, und auch viele Dinge wie Rechtssicherheit in EU-Staaten (so dass EU-Firmen in ganz Europa haftbar sind) bedeuten würde.
Manchmal habe ich das Gefühl, bestimmte Politiker wie z.B. Chirac, der der Verfassung eher distanziert gegenüberstand, da auch ihr Zustandekommen (nicht durch eine Konferenz der Staatschefs, sondern durch einen Konvent, wo ein Parlament die Mehrheit hatte, man bedenke die Angst der Franzosen vor starken Parlamenten nach dem Chaos der 3. und 4. Republik) ihm nicht behagte, ebensowenig wie mancher Inhalt und er deshalb die Bürger es ablehnen ließ, damit er nicht selbst den schwarzen Peter in den Schuhen hat.
(Bei uns Politikwissenschaftlern weiss man: Wenn die Politik einem das Recht auf Mitbestimmung gibt, dann nur, um die eigene Position durchzusetzen, und verstellen können sich Politiker gut, auch wenn Chirac mehr Katzenjammer machen sollte, damit es glaubhaft ist )
naja, nun habe ich euch hoffentlich genug zum Nachdenken angeregt, viel Spaß mein Diskutieren (und denkt an die obigen Regeln)
Nun gibt es einige sehr interessante Fragen:
1. Was sind die genauen Gründe für die Ressentiments gegen die EU-Verfassung. Immerhin hat sich Europa gefreut, als vor 1 1/2 Jahren der Konvent endlich den ersten Entwurf fertig hatte.
2. Wie kann man die Verfassung ändern, so dass die problematischen Aspekte gedämpft werden?
3. Wie sieht Europa allgemein "sein Europa". Als nationalen Fleckenteppich mit einer "Dachorganisation des Chaos" oder als ein geregeltes System?
So, ehe hier jetzt wieder losgeschmäht wird: Ich bitte auch die Gegner der EU-Verfassung bzw. der Idee einer Verfassung für Europa, sich sachlich zu beteiligen.
Das heisst, keiner hat etwas dagegen, wenn ihr Kritikpunkte habt und die nennt, aber bitte unterlasst:
- hohle Polemik, ihr könnt zwar ruhig sagen, dass ihr was gegen die EU-Verfassung habt, und habt dafür auch sicher Gründe, aber ein "Die EU is scheisse, also bin ich dagegen" ist keine Diskussionskultur. Das geht schon "professioneller" ausgedrückt, so hat normal jeder Mensch Gründe, egal wie geartet, weswegen er etwas ablehnt, die er auch nennen kann, wir sind in einer Meinungsfreiheit.
- unbeweissbare Behauptungen. Wenn ihr Sachen kennt, die die EU falsch macht, nennt sie ruhig, aber solche Dinge wie "Die EU ist nur ein riesiger Bürokratieapparat" ist ohne Daten, z.b. Statistiken, wie viele Beamte für wieviele Bürger verantwortlich sind, nicht beweissbar.
- die Akzeptanz von Kritik. Jeder hat seine Meinung, und andere haben eine andere. Konstruktive Kritik gehört mit zum Diskussionsverfahren, nicht jeder weiss alles besser, und man sollte fundierte Informationen auch annehmen, mit Ohren zu kommt man nicht gut durch die Welt.
- andere User nicht beleidigen. Egal ob euch die Meinung total stört, es ist auch eine Meinung, und gerade in diesem Thema geht es darum, zu ergründen, wieso diese Meinung zustandekommt... es kann sehr persönliche Gründe haben, weswegen bestimmte Personen bestimmte Meinungen haben, aber alle Gegner oder Befürworter nur als "nicht nachdenkende Idioten" bezeichnen ist unnötig und unproduktiv.
Natürlich gelten diese Regeln hier für ALLE Diskussionsteilnehmer, nicht nur für Gegner oder Befürworter.
--------------------------------------------------------------------------------------
So, nun meine eigene Meinung:
1. Was sind die genauen Gründe für die Ressentiments gegen die EU-Verfassung. Immerhin hat sich Europa gefreut, als vor 1 1/2 Jahren der Konvent endlich den ersten Entwurf fertig hatte.
2. Wie kann man die Verfassung ändern, so dass die problematischen Aspekte gedämpft werden?
3. Wie sieht Europa allgemein "sein Europa". Als nationalen Fleckenteppich mit einer "Dachorganisation des Chaos" oder als ein geregeltes System?
1. Also ich sehe die meisten Ressentiments oftmals in der Innenpolitik begründet. Das Problem ist:
- Die Gegner reiten auf Fehlern der eigenen Politiker herum, und behaupten, sie wären EU-Fehler
- Die Befürworter und die Politiker sind zu feige, zuzugeben, was sie selbst falschgemacht haben, und nehmen so keine falschen Beschuldigungen von der EU.
So ist ein Großteil der Arbeitslosigkeit der Länder nicht auf Fehler der EU zurückzuführen, sondern auf Misspolitik der einzelnen Länder oder auf einen nicht rechtzeitig erkannten wirtschaftlichen Mißstand.
Aber sag das mal dem Schröder, der würde doch nie eingestehen, dass seine (und die Politik von Kohl am Ende seiner Amtszeit) die Arbeitslosigkeit nur noch verschlimmert hat. Das könnte ihn ja seine Kanzlerschaft kosten (obwohl, wer als SPDler noch glaubt, zu gewinnen, scheint realitätsfremd zu sein, dass sage ich als jemand, der rot-grün eigentlich nahe steht, aber man kann keine Politik machen/analysieren, wenn man die Wahrheit übersieht).
2. Tja, was wurde vor allem vergessen bei der EU-Verfassung?
Eigentlich nur, die Bürger auch zu fragen, was sie gerne hätten...
Ich denke, ein Großteil Europas hat nichts gegen einen "Bundesstaat" Europa und ist sicher auch froh, wenn die Verfassung endlich das Chaos in Europa beendet (nämlich das, dass keine Regierung, kein Gericht und auch die EU oftmals nicht weiss, was jetzt Gemeinschaftssache und was eine Nationale Angelegenheit ist. In den 60ern war das ewige Pochen Frankreichs auf "nationale Angelegenheiten" und damit einhergehende Vetos entnervend, mittlerweile beweisst sich, was Max Weber über Bürokratien gesagt hat: Sie versuchen, ihre Ressorts immer weiter zu erweitern, um immer höhere Budgets bekommen zu können. Beides ist nicht gut für die EU.)
Was auch viele EU-Bürger sicher nicht missen wollen, ist die Freizügigkeit in Europa. Allein im Urlaub ist es gut zu wissen, dass man auf Mallorca einem Spanier gleichwertig ist, also auch die gleichen Rechte bei Problemen hat, und der Euro hat vielleicht die gefühlte Inflation stark erhöht (weil leider vor allem die Produkte, die man Bar bezahlen muss, teurer geworden sind, während Dinge wie Miete, die automatisch vom Konto gebucht werden, korrekt umgerechnet wurden (außer der Vermieter war ein Betrüger), nur das sieht man ja nur aufm Auszug, was nicht viel wehtut, anders als wenn man plötzlich für Streusel auf dem Eis statt 30 pf 30 ct zahlen muss), aber wer ist nicht froh, endlich nicht mehr auf die "Ausbeuter" der Umwechselstuben angewiesen zu sein.
Wovor viele Europäer aber sicher Angst haben, ist sicher, dass die Identität der Staaten noch weiter aufgelöst werden. Schuld daran ist wahrscheinlich nicht vor allem die EU, sondern die Globalisierung, nur bisher hat die EU diese noch nicht in geregelte Bahnen lenken können und auch in der Verfassung gab es dafür kaum Paragraphen. Warum? Weil viele Staatschefs natürlich nicht ihre "Nationalen Interessen" vergessen hatten, kleine billige Sozialsysteme im Osten, viele Rechte im Westen, der eine dachte an die Bürger, der andere an die Wirtschaft und daran, die gute Konkurrenzfähigkeit durch niedrige Löhne nicht aufzugeben, aber der europäische Markt wurde ja 1957 gerade dafür gegründet, den Lebensstandard und damit auch das soziale System auf eine gemeinsame Basis zu erhöhen, anfangs vor allem im Landwirtschaftsbereich, später in allen relevanten Wirtschaftsbereichen. Dieser Grundgedanke fehlte aber anscheinend vielen Bürgern in der heutigen Verfassung.
3. Ich als Politikwissenschaftler vermute einmal, dass viele EU-Bürger, vor allem in Frankreich oder den Niederlanden, für EINE Verfassung für Europa sind. Auch in Deutschland nehme ich an, dass viele sich über eine europäische Verfassung aussprechen würden, der Traum der "Vereinigten Staaten von Europa", wie Churchill seine Idee der EU nannte, war und ist ja ein Traum der meisten Europäer, egal welcher politischen Richtung.
Das Problem scheint also eher der Inhalt der abzustimmenden EU gewesen zu sein (neben der Schwierigkeit, dass sowohl Gegner als auch Beführworter eher über nationale als über europäische Themen gestritten haben, da EU-Themen oftmals recht kompliziert sind, auch kompliziert zu erklären, man bedenke: 25 Länder = 25 Meinungen), und dort auch sicher nur gegen die Paragraphen, denen es nur um das "weiter so wie immer" ging und nicht um das "weiter so, wie es am besten ist". Man bedenke, seit 15 Jahren streiten sich Parlament, Kommission und EU-Rat um ihre Zuständigkeitsbereiche, im ersten Verfassungsentwurf, der mehrheitlich durch das EU-Parlament im Verfassungskonvent entwickelt wurde, wurde deswegen der Arbeitsbereich recht genau differenziert, aber natürlich haben die Staatschefs der Nationen was dagegen gehabt und den EU-Rat unberechtigterweise wieder stärker gemacht. Dabei würde ein System wie in Deutschland oder Österreich, wo Gesetze erst vom Parlament entschlossen und dann durch die Qualifizierte Mehrheit im EU-Rat beschlossen würden, ein recht gutes Konzept auch für Europa.
Die EU-Verfassung hätte auch ein Ende des Streits um Prozente gegeben, sei es um die Prozente der EU-Subventionen oder auch nur um die Prozente, wie viele Länder und wie viele Einwohner nötig sind für einen Beschluß im EU-Rat. Die Diskussionen des letzten Jahrzehnts in den Konferenzen der EU-Staaten waren immer nur Diskussion um Prozente in diesen Bereichen, wichtige Themen wie eine gemeinsame Wirtschaftspolitik oder Steuerpolitik wurden ausgespart oder ohne Entschluss beendet, erst die Verfassung gab mehr Klarheiten, wenn auch oft noch nicht klar genug.
Ich frage mich: Wollen die EU-Bürger eine Europa, dass immer so weitermacht wie jetzt? Die meisten EU-Bürger scheinen nicht zu wissen, dass sie mit einem EU-Verfassungsboykott nicht ihren Politikern schaden, sondern vor allem sich selbst:
- Ist die Verfassung gescheitert, so fällt Europa auf den Stand von Nizza zurück, und da ist nicht nur die Globalisierung völlig unkontrolliert und unausgesprochen geblieben, nein, die Einmischungsrechte der EU in ehemals nationale Rechte sind sehr weit gefasst, da die Subsidiarität alleine nicht hilft gegen eine überbordende EU.
- Die Bürger verlieren damit aber auch die Ergebnisse des Grundrechtekonvents, der für alle Bürger eine soziale Stärkung gegenüber der Wirtschaft bedeuten würde, und auch viele Dinge wie Rechtssicherheit in EU-Staaten (so dass EU-Firmen in ganz Europa haftbar sind) bedeuten würde.
Manchmal habe ich das Gefühl, bestimmte Politiker wie z.B. Chirac, der der Verfassung eher distanziert gegenüberstand, da auch ihr Zustandekommen (nicht durch eine Konferenz der Staatschefs, sondern durch einen Konvent, wo ein Parlament die Mehrheit hatte, man bedenke die Angst der Franzosen vor starken Parlamenten nach dem Chaos der 3. und 4. Republik) ihm nicht behagte, ebensowenig wie mancher Inhalt und er deshalb die Bürger es ablehnen ließ, damit er nicht selbst den schwarzen Peter in den Schuhen hat.
(Bei uns Politikwissenschaftlern weiss man: Wenn die Politik einem das Recht auf Mitbestimmung gibt, dann nur, um die eigene Position durchzusetzen, und verstellen können sich Politiker gut, auch wenn Chirac mehr Katzenjammer machen sollte, damit es glaubhaft ist )
naja, nun habe ich euch hoffentlich genug zum Nachdenken angeregt, viel Spaß mein Diskutieren (und denkt an die obigen Regeln)