- Di 5. Mai 2015, 02:33
#1426784
Danke für den durchaus interessanten Link. Einigen Punkten kann ich durchaus beipflichten, wie beispielsweise der kritischen Haltung gegenüber dem Tarifeinheitsgesetz, das ich nach einer etwas intensiveren Beschäftigung (wohlgemerkt etwas) für sehr dumm halte, zumindest aus Arbeitnehmersicht, und eigentlich auch ein neuerliches Armutszeugnis für eine sozialdemokratische Partei (sowas will die SPD ja sein) ist.
Was der Artikel gar nicht anspricht, aus meiner Sicht aber ein überdenkenswerter Punkt ist: Die jetzige Streikwelle resultiert ja auch daraus, dass es kaum noch verbeamtete Lokführer gibt. Das ist mir nicht unbedingt deshalb wichtig, weil ich Lokführer für eine so gesellschaftlich bedeutende Tätigkeit halte, dass sie zwingend Staatsdiener zu sein hätten. Aber bei dieser generellen Beamten-Schelte muss man halt auch bedenken, dass Verbeamtung den großen Vorteil der Verlässlichkeit hat - und fernab dessen jeder das prinzipielle Recht auf Streik hat.
Auf der anderen Seite ist mir das auch etwas arg viel Rebellenromantik, die dann gerade im dritten Punkt durchscheint. Dieses depperte Gesetz wurde ja in Folge der ersten großen Streikwelle in die Wege geleitet, als die GLD auch schon nicht gerade durch allzu große Gesprächsbereitschaft aufgefallen ist. Inwiefern da die Bahn auch schon Hinhalte-Taktiken an den Tag gelegt hat, fällt mir schwer zu beurteilen. In der öffentlichen Wahrnehmung hat der Weselsky aber schon damals... nicht so gewirkt, als sei er an Kompromissen interessiert.
Und dass die Bürger jetzt nicht zwingend Luftsprünge vor Freude machen, weil die Gewerkschaft die Muskeln spielen lässt und in regelmäßigen Abständen streikt, darf nun wirklich nicht wundern. Diejenigen, die direkt und mitunter gar existenziell betroffen vom Streik sind, sind doch gerade die normalen Arbeitnehmer, weil sie gucken müssen, wie sie zur Arbeit kommen. Oder Schüler, Studenten, Azubis etc., die nur mit der Bahn zum Ziel gelangen. Da ist bei vielen nicht einfach mal Taxi nehmen oder mit dem Auto fahren, weshalb es schon reichlich schwer fällt, diesem Geringe um Macht und Einfluss etwas positives abzugewinnen.
Und so lange jedes Mal auch der Regionalverkehr und damit vorrangig die Pendler bestreikt werden, die ja zum Großteil Abo-Fahrkarten haben und damit für die Bahn eh wirtschaftlich verzichtbar sind, wird die Akzeptanz bei der Bevölkerung nicht steigen. Erzähl mal einem Zeitarbeiter, wie toll er es zu finden hat, sein mickriges Gehalt für Taxi etc. ausgeben zu müssen, um zur Arbeit zu kommen. Der wird diese Faszination Tarifkonflikt nicht so ganz nachvollziehen können.
Fohlen