#1406697
rosebowl hat geschrieben:Wie erreicht man solche Leute? Gerade unter denen findet sich sicher der größte Teil derer, die keine verblendeten Nazis sind, sondern wirklich aufgrund irgendwelcher Bedenken und Ängste mitlaufen. Aber gerade die sind auch unheimlich schwer zu erreichen und zu informieren...
Und genau, weil solche Leute nicht zum Ministerpräsidenten gehen oder bei der Bundeszentrale sich informieren (macht das eigentlich aktiv wirklich jemand?), sollten sich Politiker in Dresden blicken lassen und von mir aus auch auf deren Bühne auftreten. Herr Tillich hat seine Einladung ja leider nicht genutzt.

Basil trifft es ganz gut:
Basil hat geschrieben:man darf die gefühlte Realität von Menschen nicht von oben herab beleidigen, sondern versuchen durch Einordnung, durch Dialog, durch das Aufzeigen von Zusammenhängen zum Nachdenken und Hinterfragen anzuregen...
#1406702
Naja, aber das ist doch genau das Problem: Es ist eine gefühlte Realität. Und man kann schlecht Gesetze etc anpassen (was ja oft gefordert wird) an eine gefühlte Realität.

Und das hat auch nichts mit "beleidigen" zu tun. Wenn z.B. in Köln oder Dresden die Beleuchtung großer Wahrzeichen abgeschaltet wird, weil die sich eben nicht von Pegida instrumentalisieren lassen wollen, ist das genauso ein Gefühl, das ernstzunehmen ist. Ich verstehe absolut, dass z.B. die Oper in Dresden nicht als Kulisse für eine Veranstaltung herhalten wollte, die sich gegen eine Religion richtet.

Ich tu mich einfach schwer mit diesem "Verständnis für Pegida", zum einen weil da mit Parolen um sich geworfen wird, bei denen einem schlecht wird, weil da völlig undifferenziert auf Millionen von Menschen (bis jetzt zum Glück nur verbal) eingeprügelt wird, weil viele gar kein Interesse an Informatiion, Differenzierung etc haben, und zum anderen auch weil es mir schwer fällt, zu verstehen, warum man diesen Rattenfängern nachläuft. Ich meine, eins der Ober-Großmäuler wettert gegen kriminelle Ausländer, fordert dass man sich gefälligst an die Gesetze hier anzupassen hat etc - und ist selber wegen mehrfachem Einbruch vorbestraft (ich dachte, Einbrüche begehen nur die bösen Osteuropäer? :P ) und wegen Drogendelikten auf Bewährung. Pegida schimpft, dass sich die "normalen" Moslems nicht genug von Gewalt distanzieren - läßt aber wildeste Mordfantasien auf seiner FB-Seite zu, befeuert Hass und Fremdenfeindlichkeit, tut selbst absolut null für irgendeine Form von Differenzierung... Pegida schimpft, dass die Meinungsfreiheit angegriffen wurde - aber die Betreiber von Seiten wie NoPegida werden regelmäßig bedroht, und auch auf der Pegida-Seite finden sich kritischen Leuten gegenüber immer wieder Drohungen. Und noch so viel mehr. Das muss einem doch auffallen!?!

Wie gesagt, auf der anderen Seite habt ihr natürlich recht und ich bin auch der Meinung, dass man die Menschen (also die, die nicht aufgrund einer rechten Gesinnung mitlaufen) ernst nehmen muss. Aber ich bezweifle zum einen, dass das so viele sind, wie ihr anscheinend glaubt, und zum anderen - und das ist das größere Problem - weiß ich nicht, was da die richtige Reaktion wäre. Beispiel Tillich: Ich verstehe absolut, dass er nicht mit der Bewegung in Verbindung gebracht werden will und mit seiner Absage auch ein Zeichen setzen wollte. Andererseits wäre es natürlich eine sehr gute Gelegenheit gewesen, sich klar zu positionieren und vielleicht wenigstens den einen oder anderen Mitläufer unter den paar tausend Besuchern ein bisschen zum denken zu bringen...

Wenn es um Pegida geht, mischt sich bei mir irgendwie Zorn mit Ratlosigkeit... :?
#1406714
rosebowl hat geschrieben:*Hier sollte roses langes Posting stehen, aber das hätte den Rahmen gesprengt* :wink:
Ich glaube, man muss auf der einen Seite ein bisschen den Hass auf Facebook und in anderen Foren von den Menschen trennen, die da gerade auf der Straße herumlaufen. Der Hass auf Facebook findet in verschiedenster Form auch bei anderen Themen statt, gerade dann, wenn es um Minderheiten oder "nicht normale" Formen der Sexualität geht. Die Menschen, die sich in schärfster Form im Netz so äußern, würden das sicher auf der Straße niemals tun, weil das Internet immer noch eine gewisse Anonymität zulässt. Und weil Troll sein irgendwie scheinbar auch toll sein kann.

Dennoch beschreibst Du ganz gut den Zwiespalt, den wohl auch Herr Tillich spürt. Sein Problem scheint, dass er nicht der Erste sein will, weil das ordentlich nach hinten losgehen kann. Das ist dann ironischerweise auch eine Form der Angst vor der Fremde. Aber: Ich glaube, in der Pegida-Bewegung äußert sich grundsätzlich sehr viel Unmut - und nicht nur die Angst vor dem Fremden. Da ist ein gewisses Unverständnis, eine Art uns-beachtet-niemand. Da sind soziale Ängste. Da sind Menschen auf der Straße, die sich haben instrumentalisieren lassen, aber da sind auch Menschen auf der Straße, die dabei sein wollen, weil mal was geht. Das ist ein Happening. Und das macht es dann auch so schwer, darauf adäquat zu reagieren.

Bei Stuttgart 21 war es ähnlich: Die Demonstrationen waren am Ende so groß, weil da viele Menschen waren, weil man ins Gespräch kam, weil was los war und weil es eine Form von Volksfest war, das man sonst nicht hat. Da entstand abseits der Thematik eine Form der Zugehörigkeit, eine Form des Zusammenhalts, eine Neugier und ein Interesse für ein Thema, dass sonst niemanden interessiert hätte. Und bei der Volksabstimmung hat es dann auch niemanden mehr wirklich interessiert.


EDIT: Ich habe gerade gesehen, dass der Thread auf meinen Namen läuft. Will deswegen nur kurz anmerken, dass eigentlich Familie Tschiep diesen Thread gestern eröffnet hat :)
#1406718
Joa, das liegt an den verschobenen Postings aus dem "Was nervt euch"-Thread.
baumarktpflanze hat geschrieben: Ich glaube, man muss auf der einen Seite ein bisschen den Hass auf Facebook und in anderen Foren von den Menschen trennen, die da gerade auf der Straße herumlaufen. Der Hass auf Facebook findet in verschiedenster Form auch bei anderen Themen statt, gerade dann, wenn es um Minderheiten oder "nicht normale" Formen der Sexualität geht. Die Menschen, die sich in schärfster Form im Netz so äußern, würden das sicher auf der Straße niemals tun, weil das Internet immer noch eine gewisse Anonymität zulässt. Und weil Troll sein irgendwie scheinbar auch toll sein kann.
Da ist sicher was dran. Aber zum einen schreiben sehr viele, die da Niveaulimbo betreiben, dass sie auch bei den "Spaziergängen" dabei waren, und zum anderen ändert das ja nichts daran, dass man kaum ernsthafte Distanzierung seitens der Pegida hört. Egal ob es um solche Hasspostings, Gewaltandrohungen oder die vom Sachsen genannten mitmarschierenden Nazis geht.
baumarktpflanze hat geschrieben:Dennoch beschreibst Du ganz gut den Zwiespalt, den wohl auch Herr Tillich spürt. Sein Problem scheint, dass er nicht der Erste sein will, weil das ordentlich nach hinten losgehen kann. Das ist dann ironischerweise auch eine Form der Angst vor der Fremde. Aber: Ich glaube, in der Pegida-Bewegung äußert sich grundsätzlich sehr viel Unmut - und nicht nur die Angst vor dem Fremden. Da ist ein gewisses Unverständnis, eine Art uns-beachtet-niemand. Da sind soziale Ängste.
Die sozialen Ängste kann ich sogar noch am ehesten verstehen, auch wenn die Projektion auf die "bösen Ausländer/Flüchtlinge, bevorzugt islamischen Glaubens" natürlich komplett an der Sache vorbei geht.
Und wie soll ein Politiker das Problem lösen, nicht der Erste zu sein? Da bliebe im Prinzip nur die Möglichkeit, dass sich Vertreter der Parteien absprechen und gemeinsam auftreten. Wobei ich mich frage, ob die es auf die Reihe kriegen würden, da dann geschlossen aufzutreten, statt ein Wahrkampf-Event draus zu machen :P
baumarktpflanze hat geschrieben:Bei Stuttgart 21 war es ähnlich: Die Demonstrationen waren am Ende so groß, weil da viele Menschen waren, weil man ins Gespräch kam, weil was los war und weil es eine Form von Volksfest war, das man sonst nicht hat. Da entstand abseits der Thematik eine Form der Zugehörigkeit, eine Form des Zusammenhalts, eine Neugier und ein Interesse für ein Thema, dass sonst niemanden interessiert hätte.
Gut, gegen diesen Happening-Charakter kommt man natürlich mit Argumenten überhaupt nicht an. Da kommt man dann auch mit "Ängste ernst nehmen" nicht mehr wirtklich weit :?
#1406720
rosebowl hat geschrieben:Die sozialen Ängste kann ich sogar noch am ehesten verstehen, auch wenn die Projektion auf die "bösen Ausländer/Flüchtlinge, bevorzugt islamischen Glaubens" natürlich komplett an der Sache vorbei geht.
Ja, das geht absolut an der Sache vorbei, aber da spielen die alten Vorurteile "Die Ausländer nehmen uns die Arbeitsplätze weg" und "Die Ausländer kriegen alles in den Arsch geschoben und ich muss hier arm leben" eine große Rolle. Und da spielt eine Rolle, dass bei jeder Kriminalitätsmeldung in den boulevardesken Nachrichten betont wird, dass es sich um einen Ausländer handelt. Und man manchmal das Gefühl hat, dass Nachrichten gerade deswegen gesendet werden, weil eben ein türkischer Migrant daran beteiligt war.

Ich glaube nicht, dass irgendeiner der 17 000 Menschen jemals wirklich ein Flüchtlingsheim gesehen hat und das irgendeiner der 17 000 Menschen jemals wirklich mal mit einem Flüchtling geredet hat oder dessen Ängste wahrgenommen hat. Ich meine: Klar gibt es Probleme in der Integration, aber auf der anderen Seite sind das sicher nicht die Probleme, die auf den Pegida-Demonstrationen angesprochen werden. Da werden Probleme gefühlt, die im Grunde nicht da sind.
#1406721
Jap, genau das ist einer der Punkte, warum ich so große Probleme habe, dafür Verständnis aufzubringen.

Und was die Flüchtlinge angeht: Ich hab ja immer große Lust, den Herrschaften mal vorzuschlagen, dass sie sich mal mit ihren Großeltern unterhalten sollen. Ich bin mir sicher, dass sehr viele dann plötzlich einen ganz anderen Blick auf Flucht, Vertreibung und das Leben als Flüchtling hätten :P
#1406722
Kaffeesachse hat geschrieben:Gesprächsangebote gibt es doch nun auch für Teilnehmer von Pegida (nicht die Führung). Die Landeszentrale für politische Bildung bemüht sich ständig stark darum. Die hat sich übrigens durchaus auch um einen Dialog mit der Führung bemüht - und nur Körbe bekommen. Und auch von der Landesregierung werden ab nächster Woche Foren angeboten, in denen man mit Ministern und dem Ministerpräsident in Diskussion treten kann.
Damit die gute Anmerkung vom Sachsen hier nicht untergeht: Die Seite der Bundeszentrale für politische Bildung ist momentan voll mit Angeboten zu Pegida. Auch der Fluter, das richtig gute und sehr erwachsene Jugendmagazin der BPB, freut sich über einen Klick.
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von Holzklotz
#1406724
Tanja Timanfaya hat geschrieben:Ich weiß nicht, was ich von dem Anschlag halten soll. Einerseits natürlich schockierend und heftig, andererseits irgendwie auch eine natürlich überzogene Art der Gegenwehr, nachdem nichts fruchtete und die Satire mehrfach deutlich zu heftig war. Vor allem hab ich aber grad Angst davor, was die Politik sich da jetzt zur angeblichen Terrorabwehr einfallen lässt :-(
Liegt nicht genau hier der Fehler deiner Betrachtungsweise, der Widerspruch. Ich hab vorallem Angst vor Leuten mit einer solchen Denkweise, gar nicht davon zu sprechen, Versuche zu unternehmen die Anschläge in irgendeiner Weise zu relativieren.
#1406725
Vielleicht hier auch noch ein Link zu einem Bericht über eine Runde, die erst dieser Tage stattfand.
Ist ja auch die Frage, wie man wen einlädt zum Reden. Mit Bachmann & Konsorten würde ich auch nichts zu tun haben wollen. Umgekehrt will der ja auch mit keinem reden, außer der AfD.

Im Netz sieht man zum Anschlag schon wieder die ersten Verschwörungstheoretiker a la 09/11. :o
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von Nerdus
#1406733
lostie hat geschrieben:Also, ich hab heute mehrfach den Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime im Interview gehört, wobei er sich eindeutig von solchen Taten distanzierte und deutlich auf Werte wie Nächstenliebe verwies.
Hm, also ich hab mal ein bisschen drauf geachtet, aber hier hört man nicht viel von Nächstenliebe. Hier (beziehungsweise im Radio^^) gab es in allen Interviews insgesamt einen Satz zum Anschlag (»Wir sind sehr traurig«) und den Rest der Zeit wurde darüber geredet, wie sehr das jetzt wieder der Wahrnehmung des Islams schadet :| Von Anteilnahme für die Opfer oder einer tatsächlichen Distanzierung/Verurteilung der Täter keine Spur. Da scheint man sich also doch noch ziemlich schwerzutun.

Die Frage, ob man sich nicht mal deutlicher distanzieren sollte, wurde sogar gestellt. Antwort: Das wäre auch keine Lösung. Naja. :roll:
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von LittleQ
#1406736
Nerdus hat geschrieben:
lostie hat geschrieben:Also, ich hab heute mehrfach den Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime im Interview gehört, wobei er sich eindeutig von solchen Taten distanzierte und deutlich auf Werte wie Nächstenliebe verwies.
Hm, also ich hab mal ein bisschen drauf geachtet, aber hier hört man nicht viel von Nächstenliebe. Hier (beziehungsweise im Radio^^) gab es in allen Interviews insgesamt einen Satz zum Anschlag (»Wir sind sehr traurig«) und den Rest der Zeit wurde darüber geredet, wie sehr das jetzt wieder der Wahrnehmung des Islams schadet :| Von Anteilnahme für die Opfer oder einer tatsächlichen Distanzierung/Verurteilung der Täter keine Spur. Da scheint man sich also doch noch ziemlich schwerzutun.
Was wird denn auch immer erwartet, dass der Islam jetzt bei jedem Anschlag ne neue Weltordnung ausruft.
Wenn unsere christliche Gemeinde übers Jahr hinweg ein paar Tausend muslimische Zivilisten mit Dronenangriffe wegsprengt, gehen die Leute hier ja auch nicht ständig auf die Straße. :roll:
von fernsehfreak36
#1406809
LittleQ hat geschrieben:
Nerdus hat geschrieben:
lostie hat geschrieben:Also, ich hab heute mehrfach den Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime im Interview gehört, wobei er sich eindeutig von solchen Taten distanzierte und deutlich auf Werte wie Nächstenliebe verwies.
Hm, also ich hab mal ein bisschen drauf geachtet, aber hier hört man nicht viel von Nächstenliebe. Hier (beziehungsweise im Radio^^) gab es in allen Interviews insgesamt einen Satz zum Anschlag (»Wir sind sehr traurig«) und den Rest der Zeit wurde darüber geredet, wie sehr das jetzt wieder der Wahrnehmung des Islams schadet :| Von Anteilnahme für die Opfer oder einer tatsächlichen Distanzierung/Verurteilung der Täter keine Spur. Da scheint man sich also doch noch ziemlich schwerzutun.
Was wird denn auch immer erwartet, dass der Islam jetzt bei jedem Anschlag ne neue Weltordnung ausruft.
Wenn unsere christliche Gemeinde übers Jahr hinweg ein paar Tausend muslimische Zivilisten mit Dronenangriffe wegsprengt, gehen die Leute hier ja auch nicht ständig auf die Straße. :roll:


So ein Beitrag ist pietäts und geschmacklos. Warum gibt es denn die Drohnangriffe? Um Terroristen wie die in Paris, zu neutralisieren. Gäbe es keine Terroristen, gäbe es keine Drohnenangriffe.



Pegida hat leider recht behalten.
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von Kiddow
#1406811
Kaffeesachse hat geschrieben:
Im Netz sieht man zum Anschlag schon wieder die ersten Verschwörungstheoretiker a la 09/11. :o
Ich hab mir vorhin gedacht, wie krass es wäre, wenn herauskommt, dass Pegida die Attentäter bezahlt hat. Aber gut, soweit wird es nicht kommen.
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von LittleQ
#1406817
fernsehfreak36 hat geschrieben: So ein Beitrag ist pietäts und geschmacklos. Warum gibt es denn die Drohnangriffe? Um Terroristen wie die in Paris, zu neutralisieren. Gäbe es keine Terroristen, gäbe es keine Drohnenangriffe.
Pegida hat leider recht behalten.
Wahrscheinlich sollte ich dazu was schreiben, aber da ich deine früheren Beiträge kenne, kann ichs auch genauso gut lassen.
Und solltest du nicht wieder den nächsten Montagsumzug mit deinen Freunden mitplanen? :lol:
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von 2Pac
#1406954
vicaddict hat geschrieben:Warum distanzieren sich denn nicht einfach mal ein paar Imame öffentlich von dem Unsinn?
Also ich weiß, dass im französischen TV ein Imam die Tat live verurteilt hat. Und de Maizière meinte im Brennpunkt, dass in D das auch der Fall ist/war.

Jetzt sind die den 2 Brüdern auf den Fersen. Der eine Typ verliert seinen Ausweis im Fluchtauto. Lecko mio, wenn das kein Dusel^99 ist... Die wären nie drauf gekommen wer die zwei sind.
#1406959
fernsehfreak36 hat geschrieben:Gäbe es keine Terroristen, gäbe es keine Drohnenangriffe.
Weil militärische Waffen allein zur Bekämpfung des Terrorismus eingesetzt werden, stimmt :roll:

Da wo Krieg herrscht, wird auch moderne Waffentechnik zum Einsatz kommen und Kriegsgründe sind beliebig - Terrorismus ist lediglich einer von vielen (und wie man auch schon sah, teilweise auch nur ein vorgeschobener).
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von baumarktpflanze
#1407083
Holzklotz hat geschrieben:
Tanja Timanfaya hat geschrieben:Ich weiß nicht, was ich von dem Anschlag halten soll. Einerseits natürlich schockierend und heftig, andererseits irgendwie auch eine natürlich überzogene Art der Gegenwehr, nachdem nichts fruchtete und die Satire mehrfach deutlich zu heftig war. Vor allem hab ich aber grad Angst davor, was die Politik sich da jetzt zur angeblichen Terrorabwehr einfallen lässt :-(
Liegt nicht genau hier der Fehler deiner Betrachtungsweise, der Widerspruch. Ich hab vorallem Angst vor Leuten mit einer solchen Denkweise, gar nicht davon zu sprechen, Versuche zu unternehmen die Anschläge in irgendeiner Weise zu relativieren.
Erst einmal glaube ich nicht, dass hier irgendjemand die Anschläge in irgendeiner Weise relativieren möchte, auch nicht Tanja. Ich finde aber, dass es durchaus erlaubt ist, sich über die Frage Gedanken zu machen, was Satire oder grundsätzlich die Kunst darf oder auch nicht darf: Wo sind die Grenzen der Satire? Wo sind die Grenzen der Kunst? Und diese Frage ist wahnsinnig schwer zu beantworten.

Man kann ja beispielsweise sagen, dass Satire und Kunst alles darf, solange sie sich in einem gesetzlich gedeckten Rahmen befindet. Dieser gesetzlich gesteckte Rahmen ist aber kulturell bedingt und umrahmt deswegen alle Tatbestände, die in einer bestimmten Kultur - oder hier in Europa speziell mal als Schlagwort "westliche Kultur - bekannten Vorgänge, die in irgendeiner Form zu regulieren sind. Dabei kann es durchaus sein, dass hier etwas strafbar ist, was in anderen Teilen der Welt nicht strafbar ist oder andersherum. Wenn wir also sagen, dass Satire und Kunst alles darf, soweit es gesetzlich gedeckt ist, waren die Karikaturen auch im grünen Bereich, denn soweit ich weiß, wurde die französische Satirezeitschrift zwar oft verklagt, aber nie juristisch belangt.

Allerdings erregen die Karikaturen bzw. speziell die Karikaturen über Mohammed Aufregung in einem Kulturkreis, der nicht als unserer angesehen wird, in dem teilweise andere Gesetzessysteme herrschen und in dem vor allem auch die Auffassung zum Glauben eine völlig andere ist. Im westlich vorherrschenden Christentum ist es normal, wenn man das Christentum an sich kritisiert und wenn man das Oberhaupt des Christentums, ob das irdische oder das überirdische, kritisch hinterfragt oder beide satirisch beleuchtet. In anderen Teilen der Welt und vor allem in der islamisch geprägten Welt ist diese Kritik aber ein Problem, dass von bestimmten Behörden geregelt wird, durch Geistliche besprochen wird, aber schwer für "Nicht-Obere" zu artikulieren ist.

Insofern könnte man zum Beispiel auch sagen, dass Satire dann ihre Grenzen erreicht hat, wenn sie Gefühle verletzt oder wenn es sich um Glaubensfragen dreht. Dann aber geht die Diskussion erst richtig los: Wer genau darf sich in seinen Gefühlen verletzt fühlen? Welche Glaubensfragen dürfen nicht kritisiert werden? Oder wenn bestimmte Glaubensfragen ausgeleuchtet werden dürfen: Welche dürfen es dann und welche nicht? Wie weit darf man da gehen? Das ist wohl der Tod jeder Satire und jeder Kunst.

Es fehlt bisher einfach ein kulturelles Fingerspitzengefühl auf beiden Seiten und ein Gefühl für die beiden Kulturen. Natürlich kann Satire nicht auf alles und jeden Rücksicht nehmen und die Frage ist, wie viel gerade in unserer heutigen globalen Welt, wo jeder alles im Netz abrufen kann, da einfach auch im Rahmen dieses Gefühls füreinander geht und was nicht geht. Auf der anderen Seite kann ich aber auch verstehen, dass sich die Kunst und die Satire gerade den Vorstellungen von einigen Extremisten nicht untwerfen darf. Denn auch das ist ein Teil ihrer Aufgabe: Diesen Extremismus aufzeigen und hinterfragen.

Vielleicht ist - und wahrscheinlich setze ich mich jetzt in die Nesseln und kriege von unseren muslimischen Forenmitgliedern Schelte - auch die Auffassung von Religion eine andere. Während ich das Christentum als relativ frei empfinde, ist der Islam bzw. der Glaube dort stark reguliert: Die Anzahl der Gebete, der regelmäßige Gang in die Moschee, die glaubenstechnische und lebenstechnische Orientierung durch die Predigten des Imams - all das lässt auf eine viel störkere kircheninterne Beeinflussung schließen als das im Christentum der Fall war. Hier haben sich die Gläubigen insoweit säkularisiert, als dass es viele freie Bewegungen gibt, aber auch viele freie Auslebungen des Glaubens: Ob ich in die Kirche gehe oder heute bete oder mit dem Pfarrer spreche, ist allein meine Sache. Auch diese stärkere Regulierung spricht ganz andere Gefühle an bzw. intensiviert das Verhältnis von Glauben, Satire und Kritik. Aber das kennen wir in unserer westlichen Hemisphäre nicht, weil es schlicht nicht Teil unserer Kultur und unserer kulturellen Auffassung ist.
#1407095
Danke, Pflanze, für die Stärkung und Erklärung. So ungefähr meinte ich das.

Ganz sicher relativiere ich keine Morde ganz sicher heiße ich sie nicht gut. Weder von radikalen Glaubensanhängern noch von angeblich Friede suchenden Staaten. Morde,Gewalt überhaupt, sind nie eine Lösung oder auch nur eine adäquate Antwort!!!

Und dennoch ist jetzt der Zeitpunkt zum Innehalten und überlegen, wie weit Satire gehen darf. Nicht nur Solidarität zeigen, sondern auch mal nach den Ursachen fragen. Und da kommt man nicht umhin, sich mit den Karrikaturen und der ganzen Vorgeschichte zu befassen.
Teilweise sind die islamischkritischen Karrikaturen so heftig, dass die Frage erlaubt sein muss, wie andere Religionen reagieren würden.

Mir macht gerade aber vor allem auch Sorgen, wie die Politik reagiert:
Da wird nach Vorratsdatenspeicherung geschrien - in Frankreich hatte man die der Erfolg ist sichtbar...
Und die BILD geht als "Stimme des Volkes", wie sie sich selbst gerne sieht, und tatsächlichem Sprachrohr und Meinungsbilder pro Regierung so weit, Edward Snowden die Schuld an den Anschlägen zu geben.Davon wird mir schlecht.
#1407101
Tanja Timanfaya hat geschrieben:Danke, Pflanze, für die Stärkung und Erklärung. So ungefähr meinte ich das.
Ganz sicher relativiere ich keine Morde ganz sicher heiße ich sie nicht gut.
Ich glaube, ein geistig gesunder Mensch würde an der ursprünglichen Aussage auch gar nicht erst versuchen da Huldigungen für Mord und Terror reinzuinterpretieren.

Und dennoch ist jetzt der Zeitpunkt zum Innehalten und überlegen, wie weit Satire gehen darf. Nicht nur Solidarität zeigen, sondern auch mal nach den Ursachen fragen. Und da kommt man nicht umhin, sich mit den Karrikaturen und der ganzen Vorgeschichte zu befassen.
Teilweise sind die islamischkritischen Karrikaturen so heftig, dass die Frage erlaubt sein muss, wie andere Religionen reagieren würden.
Mit bestimmten Dingen muss eine Gesellschaft einfach umgehen können. Dazu gehört in meinen Augen auch die Aussage "Satire darf alles". Auch heftige Karikaturen.

Dennoch glaube ich natürlich schon, dass Satire selbst Kritik unterliegen darf und muss. Dies ist wiederum etwas, was bei den großen "Pressefreiheit" Schreihälsen leider zu kurz kommt. Das heißt, Satire sollte nicht genutzt werden, damit man seine unterschwellige Abneigung gegen Moslems dann auch noch mit der Pressefreiheit argumentiert.
Ohne hin ist es für mich jetzt eh total abwägig die Demokratie in Gefahr zu sehen, weil man als Satire Blatt mal auf etwas verzichtet.
Ich glaube es ist schon wichtig, dass man Humor nicht zum Verstummen bringt, weil ich die Form der Kommunikation deutlich gegenüber der Gewalt vorziehe.

Man muss aber auch intelligent genug sein, um Satire von Realität und Freunde von Islamisten unterscheiden zu können.

Auch wenns mich jetzt nicht betrifft, hätte ich, ehrlich gesagt, in den kommenden Tagen doch ein mulmiges Gefühl als südländisch wirkender Europäer in F auf die Straße zu gehen, unabhängig davon ob ich überhaupt gläubig bin oder nicht.

Mir macht gerade aber vor allem auch Sorgen, wie die Politik reagiert:
Da wird nach Vorratsdatenspeicherung geschrien - in Frankreich hatte man die der Erfolg ist sichtbar...
Traurig ist wohl, dass das wohl wieder genug neue Anhänger finden wird, die das fordern.
von P-Joker
#1407131
Zu dem Thema machen sich die "pegida"-Heinis sich jetzt endgültig lächerlich!
Da wollen sie am Montag mit Trauerflor rumwackeln.
Das wäre im Prinzip ja nicht mal so abwegig.

Nur zwei Dinge dabei lösen bei mir Kopfschütteln aus:
1. Der Trauerflor ist der AIDS-Schleife nachempfunden, eben nur in Schwarz.
2. Darauf befindet sich ein Beileids-Satz in schlechtem englisch.
Aber Hallo! Englisch ??? Liegt Paris in England oder in den USA?
Hatte bei denen kein Mensch so viel Grips im Kopf, so etwas in französischer Sprache zu verfassen?
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von 2Pac
#1407135
P-Joker hat geschrieben:Zu dem Thema machen sich die "pegida"-Heinis sich jetzt endgültig lächerlich!
Da wollen sie am Montag mit Trauerflor rumwackeln.
Das wäre im Prinzip ja nicht mal so abwegig.

Nur zwei Dinge dabei lösen bei mir Kopfschütteln aus:
1. Der Trauerflor ist der AIDS-Schleife nachempfunden, eben nur in Schwarz.
2. Darauf befindet sich ein Beileids-Satz in schlechtem englisch.
Aber Hallo! Englisch ??? Liegt Paris in England oder in den USA?
Hatte bei denen kein Mensch so viel Grips im Kopf, so etwas in französischer Sprache zu verfassen?
Die schwarze Schleife hat gerade Google auf der Seite. Sicher, dass das was mit der PEGIDA zu tun hat?
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von acid
#1407138
P-Joker hat geschrieben:Nur zwei Dinge dabei lösen bei mir Kopfschütteln aus:
1. Der Trauerflor ist der AIDS-Schleife nachempfunden, eben nur in Schwarz.
2. Darauf befindet sich ein Beileids-Satz in schlechtem englisch.
Die markante Schleifenform gab es auch schon vor AIDS und symbolisert einfach nur Solidarität und Unterstützung...