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von DonCorleone
#4603
FAZ.NET hat geschrieben: Irak
Widersprüchliche Angaben über Wahlbeteiligung im Irak

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Lange Schlangen
vor einem Wahllokal
für Exil-Iraker in Berlin

30. Januar 2005 Bei der Parlamentswahl im Irak hat es am Sonntag widersprüchliche Angaben über die Beteiligung gegeben. Ein Mitarbeiter der offiziellen Wahlkommission sagte am Nachmittag noch vor Schließung der Wahllokale, es seien bis dahin 72 Prozent der Stimmberechtigten zu den Urnen gegangen.

Später ruderte er zurück und nannte mehrere sich widersprechende Zahlen, die aber unter den zuerst genannten 72 Prozent lagen. Der Beamte, Adel al Lami, sagte, er habe mindestens zwei sunnitische Provinzen nicht berücksichtigt, in denen die Beteiligung gering sei.

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Wahlauftakt unter
strengen
Sicherheitsvorkehrungen

13 Millionen Iraker registriert

Die erste demokratische Parlamentswahl im Irak wurde von einer Vielzahl von Anschlägen überschattet. Dabei kamen nach jüngsten Angaben mindestens 36 Menschen ums Leben.

Insgesamt hätten sich 13 Millionen Iraker für die Wahl registriert. Wegen des großen Andrangs sollten einige Wahllokale bis zu einer Stunde länger geöffnet bleiben. Offiziell schließen sie um 15.00 Uhr (MEZ).

Der ehemalige Außenminister Adnan Padschadschi, einer der wenigen prominenten sunnitischen Kandidaten, sagte, die Wahlen seien besser abgelaufen als erwartet. „Trotz der Angst wegen der schlechten Sicherheitslage, hat sich eine große Zahl von Menschen entschlossen, ihre demokratische Pflicht zu erfüllen”, sagte er dem Nachrichtensender Al Arabija.

Extremisten um Zarqawi bekennen sich zu Anschlägen

Allein in der Hauptstadt gab es mindestens vier Selbstmordanschläge auf Wahllokale. Im Westen von Bagdad ging ein Attentäter auf eine Warteschlange von Wählern zu und zündete einen Sprengsatz an seinem Gürtel, wie ein Zeuge berichtete. Dabei wurden vier Menschen getötet, unter ihnen drei Polizisten. Aus Bagdad sowie aus Baquba, Mossul, Basra und anderen Orten wurden weitere Anschläge gemeldet.

Die Extremisten-Gruppe um den Al-Qaida-Verbündeten Abu Mussab al Zarqawi hat sich im Internet zu sieben Anschlägen auf Wahllokale und das amerikanische Militär am Sonntag in Mossul bekannt. In einer Mitteilung auf einer radikal-islamischen Internetseite hieß es, die Gruppe habe fünf Anschläge auf Wahllokale und zwei auf amerikanische Armeefahrzeuge verübt. Die Extremisten bekannten sich auch zu weiteren Attentaten an verschiedenen Orten in dem Golfstaat: „Die Löwen der Märtyrerbrigade der Al-Qaida-Organisation für den Heiligen Krieg im Irak hat verschiedene Wahllokale in Bagdad und anderswo angegriffen.”

„Eintritt in die freie Welt”

Trotz der massiven Bedrohung wurde in den Zentren der schiitischen Bevölkerung eine rege Wahlbeteiligung beobachtet. „Wir haben gehört, daß es in einigen Gegenden eine ziemlich kräftige Beteiligung gibt”, sagte der amerikanische Wahlbeobachter Sam Patten vom International Republican Institute. Die Anschläge hätten die Wahl nicht stoppen können, erklärte der Berater der Vereinten Nationen bei der Wahlkommission, Carlos Valenzuela. In den Städten Falludscha, Ramadi und Samarra - den Zentren der sunnitischen Aufstandsbewegung - waren en hingegen nur wenige Wähler zu sehen.

In Mossul fuhren amerikanische und irakische Soldaten durch die Stadt und riefen über Lautsprecher zur Stimmabgabe auf. Übergangspräsident Ghasi al Jawar sprach bei seiner Stimmabgabe in Bagdad von einem ersten Schritt „zum Eintritt in die freie Welt”. Der schiitische Politiker Abdul Asis al Hakim sagte: „So Gott will, werden wir eine gute Wahl haben.”

Endergebnis frühestens in einer Woche

Interimsministerpräsident Ijad Allawi gab seine Stimme in der „Grünen Zone” rund um das amerikanische Hauptquartier in Bagdad ab. „Erstmals bestimmen die Iraker ihr Schicksal selbst”, sagte Allawi. Rund 14 Millionen Bürger waren zur Wahl von 275 Abgeordneten einer Nationalversammlung aufgerufen. Zum Schutz vor Anschlägen wurden die Landesgrenzen und auch der Flughafen von Bagdad geschlossen, außerdem herrschte ein allgemeines Fahrverbot.

Das Endergebnis der Wahl wird voraussichtlich frühestens in einer Woche feststehen. Die besten Chancen wurden der Vereinigten Irakischen Allianz eingeräumt, welche die Unterstützung des obersten Geistlichen der irakischen Schiiten, des Großayatollahs Ali al Sistani, genießt. Daneben wird ein hoher Stimmenanteil für die Irakische Liste von Übergangsministerpräsident Allawi erwartet. Die Kurden, etwa 15 Prozent der Gesamtbevölkerung, werden wohl mehrheitlich für die Liste der Kurdischen Allianz stimmen.

Mehrere sunnitische Geistliche und Parteien haben zum Boykott der Wahl aufgerufen. Die Nationalversammlung wählt einen aus drei Migliedern bestehenden Präsidialrat, der einen Ministerpräsidenten beruft. Außerdem erstellt sie eine neue Verfassung, über die das Volk im Oktober abstimmen soll.

Quelle: FAZ.NET