#1454797
schorsch hat geschrieben:Wir brauchen einfach mehr Polizei, Problem gelöst
Ich würde es etwas anders formulieren: Wir sollten uns über die Verteilung der Aufgaben Gedanken machen und diesbezüglich über die Verteilung der Kräfte. Dass es auf einem Bahnhofsvorplatz und in der Bahnhofshalle nicht genügend Polizei gibt, ist bemerkenswert - und das auch dann, wenn nicht Silvester wäre. Immerhin haben wir hier gleich drei Zuständigkeiten: Die Bundespolizei für die Bahnhofsanlage, die Polizei Köln für das Stadtgebiet und nicht zu vergessen die Sicherheit der DB im Bahnhof. Leider wurden die verschiedenen Kräfte strapaziert: Weil Beamten gerade woanders gebraucht werden, weil Beamte schlicht nicht da sind oder weil sie schlicht nichts ausrichten können.

Gleichwohl: Auch die Personaldecke selbst ist zu dünn und das Ding ist, dass dieser Fall nicht neu ist: Bei den Übergriffen in Heidenau hatte man ebenso viel zu wenig Kräfte vor Ort, obwohl man schon aus den Nachbarkreisen entsprechende Beamte zusammengezogen hat. In einem der letzten Ausgaben des SPIEGEL stand, dass in diesen Kreisen in dieser Zeit keine einzige Streife verfügbar war. Das ist ein Unding. Die Tatsache, dass der Polizeidienst finanziell und personell ausgedünnt ist, mag solange gut gehen, wie man eben solche Vorkommnisse nicht hat. Dass man nun aber auf die Kölner Polizei einhaut, um die Diskussion zu ersticken, dass Dein Freund und Helfer schlicht machtlos war, erzählt nur leider mehr über die entsprechende politische Debatte, als einem lieb sein kann.

(Passend dazu auch der Verweis auf diesen Thread nebenan im Politikbereich.)
#1454830
Ich bitte für den Doppelpost um Entschuldigung, aber ich fand es unpassend, das folgende einfach unter meinen letzten Post zum Thema Polizei zu schreiben, auch weil man da wirklich trennen sollte.
LittleQ hat geschrieben:
baumarktpflanze hat geschrieben:
Andelko hat geschrieben:Und schon wütet der rassistische Mob im Netz. Das wird den Opfern nicht gerecht. Zum kotzen sowas
So ist das mit der Mitte der Gesellschaft und dem Bild vom oft schnackselnden Ausbreitungstyp des Nordafrikaners, dessen Hautfarbe bereits von seiner kriminellen Ader erzählt.
Stimmt.
Stimmt das tatsächlich? Ich habe da meine Zweifel.

Unbestritten: Wir erleben gerade eine Form der Öffentlichkeit für rechte Parolen, die wir seit 1992 nicht mehr erlebt haben. Jeden Tag gibt es mindestens einen Angriff auf ein Flüchtlingsheim, im letzten Jahr sind tausende Menschen auf die Straßen gegangen und haben sich Hetzparolen angehört und nicht zuletzt kocht das Netz über vor Hasstiraden gegen Ausländer. Aber hat sich die Mitte der Gesellschaft tatsächlich nach rechts bewegt - oder ist es nicht eher so, dass sich auch durch die erhöhte Aufmerksamkeit gerade der Zeiger nach rechts schiebt?

Die Hasstiraden gegen Ausländer sind ja nicht erst seit letztem Jahr da, sondern waren auch vorher da. Die Medien, allen voran die BILD-Zeitung, haben fleissig gezündelt und unter den entsprechenden Artikeln fanden sich all die Vorurteile wieder, die wir alle gerade wieder aufs Brot geschmiert bekommen - egal, ob man das in den sozialen Netzwerken gepostet hat oder eben auf bild.de oder anderen Nachrichtenseiten. Genauso gab es täglich Übergriffe auf Ausländer - und viele davon haben es auch in die Medien geschafft. Der Aufschrei danach war groß, aber so groß, wie momentan die Medien - zurecht - über die Flüchtlinge und die Fremdenfeindlichkeit berichten, war sie nie. Man hat nach den schweren Übergriffen in den 90ern verloren, Haltung zu zeigen.

Die fremdenfeindlichen Postings im Netz wurden nicht wahrgenommen, weil sie als selbstverständlich hingenommen worden sind. Man hat ihnen auch kaum widersprochen, man hat sie stehenlassen und sich lieber auf andere Dinge konzentriert. Schau allein in die Historie dieses Forums mit AndiK und Fernsehfreak und all den Hetzthreads, die im Laufe der Jahre hier eröffnet worden sind. Und was ist mit dem PI-Blog und dem Kopp-Verlag, die beide seit Jahren viel Geld damit machen? Was ist mit Sarrazin und seinen Büchern?

Dass nun die Foren unter den Artikeln auf bild.de und sueddeutsche.de gar nicht erst eröffnet werden, wenn es um Flüchtlinge geht, liegt auch daran, dass man gerade darauf achtet und dass die Hasstiraden gegen Flüchtlinge gerade so immens sind, liegt auch daran, dass die Berichterstattung so enorm ist. Das Thema ist durch die schrecklichen Umstände wieder hautnah auf die Agenda gerückt und wird medial fleissig genutzt. Man kann den Bildern von Flüchtlingen nicht mehr entfliehen, wie man den Angriffen aus Ausländern in den letzten Jahren entfliehen konnte, ihnen nicht mehr entgehen, wie man die Postings der letzten Jahre einfach wegklicken konnte, weil sie nun allerorten sind.

Sicher: Vielleicht äußern sich gerade in der Masse viele mutiger und offener, weil sie unter ihrem klaren Namen posten und deswegen schneller zuzuorden sind. Aber hat sich deswegen etwas an der Zusammensetzung der gesellschaftlichen Schichten geändert, die sich äußern und mit all den gelernten Vorurteilen um sich werfen? Lässt das allein den Schluss zu, dass die Mitte der Gesellschaft den rassistischen Mob toben lässt in den Netzen? Ist es nicht, wenn der rechte Rand zu klein ist als Beschreibung, nicht eher der rechte Teil der Bevölkerung richtiger?

Und wenn das so ist: Was ist mit den Unmengen an Menschen, die sich gerade engagieren, in dem sie spenden oder ehrenamtlich helfen in den Aufnahmestätten, in den Lagern oder irgendwo dazwischen? Was ist mit all den Leuten, die im Netz wort ergreifen und sich gegen die rechten Parolen wehren? Wo stecken wir die dann hin? Sind das alles Linke? Und wenn das alles Linke sind: Wieso sind dann die Linken politisch so unterrepräsentiert, weil alle Parteien lieber in die Mitte streben?
#1454839
Natürlich gehört man ins linksgrünversiffte Lager, wenn man nicht "Grenzen zu", "Alle Flüchtlinge sind Verbrecher und gehören weg" oder so was blökt. Ich würde mich niemals als "links" bezeichnen und gleich niemals Die Linke wählen. Ich stehe irgendwo dazwischen und kann nur den Kopf schütteln - öfter über die eine Seite, manchmal auch über die andere.

Und was das Stehenlassen im Netz angeht: So einfach ist das ja nun auch nicht. Ich bin eher dafür, dass man sich auch mit "Hetze" auseinandersetzt (auch wenn ich persönlich dessen in letzter Zeit recht müde geworden bin). Wo ist die Grenze? Ab wann darf man jemandem verbieten, seine (krude) Meinung zu sagen, oder ab wann darf man gar etwas löschen oder jemanden sperren (klar, bei eindeutigen Aufrufen zu Gewalt, "Heil Hitler"-Kommentaren etc.), ohne sich des Vorwurfs der Zensur auszusetzen? Bestätige ich dann die Leute nicht noch in ihren merkwürdigen Ansichten? Das ist hier in so einem kleinen Forum ja schon schwer. Und ich kann verstehen, wenn man als größeres Medium die Kommentarfunktion mittlerweile gleich ganz abschaltet.
#1454853
Kaffeesachse hat geschrieben:Natürlich gehört man ins linksgrünversiffte Lager, wenn man nicht "Grenzen zu", "Alle Flüchtlinge sind Verbrecher und gehören weg" oder so was blökt. Ich würde mich niemals als "links" bezeichnen und gleich niemals Die Linke wählen. Ich stehe irgendwo dazwischen und kann nur den Kopf schütteln - öfter über die eine Seite, manchmal auch über die andere.
Dann sind wir beim Kopfschütteln schonmal zwei.
Kaffeesachse hat geschrieben:Und was das Stehenlassen im Netz angeht: So einfach ist das ja nun auch nicht. Ich bin eher dafür, dass man sich auch mit "Hetze" auseinandersetzt (auch wenn ich persönlich dessen in letzter Zeit recht müde geworden bin). Wo ist die Grenze? Ab wann darf man jemandem verbieten, seine (krude) Meinung zu sagen, oder ab wann darf man gar etwas löschen oder jemanden sperren (klar, bei eindeutigen Aufrufen zu Gewalt, "Heil Hitler"-Kommentaren etc.), ohne sich des Vorwurfs der Zensur auszusetzen? Bestätige ich dann die Leute nicht noch in ihren merkwürdigen Ansichten? Das ist hier in so einem kleinen Forum ja schon schwer. Und ich kann verstehen, wenn man als größeres Medium die Kommentarfunktion mittlerweile gleich ganz abschaltet.
Wenn es darum geht, dass man sich mit der Hetze auseinander setzen soll, sind wir auch schon zwei. Und auch ich bin es ein bisschen müde. Es geht auch gar nicht darum, alle Postings, die aus der rechten Ecke kommen zu löschen oder entsprechende User sofort zu sperren. Aber es kann auch nicht sein, dass erst der Verfassungsschutz anrufen muss, damit User wie AndiK. gesperrt werden. Dazu kommt: Sicher haben sich ein paar User wirklich ernsthaft mit AndiK. und Fernsehfreak auseinandergesetzt, Sachen nachrecherchiert, richtiggestellt, eingeordnet. Für die meisten waren aber gerade die Threads von AndiK. eher Forenbelustigung: Ausgrenzung durch drüber lustig machen. Ist das die bessere Lösung? Ist es nicht auch Teil unserer Demokratie, wenn wir den rechten Parolen entsprechend widersprechen - und zwar alle gemeinsam? Auch wenn wir dabei müde werden? Und wenn wir das nicht wollen oder nicht machen oder es uns vielleicht auch sinnlos erscheint: Müssen wir dann nicht andere Wege gehen oder bleibt es dann einfach so stehen?

Nochmal: Es geht mir nicht um das Sperren von Usern oder Löschen von Postings. Es geht aber darum, klare Grenzen aufzuzeigen, was geht und was nicht geht und das fehlt ja nicht nur hier im Forum, sondern grundsätzlich in der Debatte. Hier in diesem Forum gibt es ja nicht einmal eine Forenregel, die rassistische Äußerungen verbietet.

Und wenn es um die größeren Medien geht: Sind die wirklich mit einem Forum zu vergleichen? Die werden moderiert und entsprechende Äußerungen werden entweder teilweise nicht freigeschaltet oder im Nachhinein sanktioniert. Aber das ist momentan so, weil die Aufmerksamkeit gerade riesig ist und deswegen auch die Zahl der Kommentare anschwillt. Das ist hier in unserem Forum doch aber nicht der Fall. Mir fallen nicht einmal eine Handvoll aktive User ein, die ich tatsächlich in die rechte Ecke stellen würde.


Aber um es nochmal klar zu sagen, bevor ich wieder böse Adminpost bekomme: Mir geht es nicht darum, ob wie oder warum in diesem Forum etwas getan wird oder nicht. Das war auch nicht Anlass meines Postings. Mir ging es um die Frage, ob die Mitte der Gesellschaft tatsächlich nach rechts gerückt ist.
Zuletzt geändert von baumarktpflanze am Do 7. Jan 2016, 19:26, insgesamt 1-mal geändert.
#1454858
Klar, ich wollte es nur endlich mal irgendwo angebracht haben. 8) :wink:

Ob die Gesellschaft nach rechts gerückt ist, ist eine gute Frage. Ist das, was im Netz abgeht, ein realistisches Abbild unserer gesamten Gesellschaft? Bis vor Kurzem hätte ich das verneint. Andererseits sifft die Netzhetze mittlerweile auch auf Menschen über, die in den sozialen Netzwerken gar nicht unterwegs sind. Das kommt dann wohl vom Arbeitsplatz oder sonstigen Freizeitaktivitäten (Hast du das gehört/gelesen? Und wenn sich dann nur genug Leute gegenseitig bestätigen, dann muss es ja stimmen und man labert den Müll irgendwann nach.).
Und wenn ich mal genau darüber nachdenke ... Vielleicht war die Gesellschaft schon immer dort. Nur schmurgelte das immer schön unter der Decke und am Stammtisch, und solange es gewisse "Probleme" nicht gab, konnte man sich vordergründig immer schön pseudo-liberal und verständnisvoll geben. Ich kann da nur für einige sächsische Regionen sprechen und nicht für ganz Deutschland. Es wundert mich nicht, was hier so abgeht und nein, dazu war es gar nicht nötig, einen Schritt nach rechts zu machen.
#1454866
Kaffeesachse hat geschrieben:Klar, ich wollte es nur endlich mal irgendwo angebracht haben. 8) :wink:
Pah! :evil: :mrgreen:
Kaffeesachse hat geschrieben:Ist das, was im Netz abgeht, ein realistisches Abbild unserer gesamten Gesellschaft? Bis vor Kurzem hätte ich das verneint. Andererseits sifft die Netzhetze mittlerweile auch auf Menschen über, die in den sozialen Netzwerken gar nicht unterwegs sind. Das kommt dann wohl vom Arbeitsplatz oder sonstigen Freizeitaktivitäten (Hast du das gehört/gelesen? Und wenn sich dann nur genug Leute gegenseitig bestätigen, dann muss es ja stimmen und man labert den Müll irgendwann nach.).
Guter Punkt! Ich glaube, das hat viel damit zu tun, wer es uns erzählt. Auch wenn wir vielleicht im normalen Umgang uns gegen bestimmte Vorurteile wehren würden, sehen wir die Sache anders, wenn es uns ein Freund via Facebook oder im realen Leben erzählt, dem wir vertrauen. Die Nachricht bekommt einen anderen Stellenwert, wir überprüfen sie nicht in der Weise, wie wir andere Nachrichten überprüfen würden. Und labern es dann am Ende nach.
Kaffeesachse hat geschrieben:Und wenn ich mal genau darüber nachdenke ... Vielleicht war die Gesellschaft schon immer dort. Nur schmurgelte das immer schön unter der Decke und am Stammtisch, und solange es gewisse "Probleme" nicht gab, konnte man sich vordergründig immer schön pseudo-liberal und verständnisvoll geben.
Ich habe neulich, ich meine in der FAZ, die spannende These gelesen, dass in Deutschland das Aufkommen der rechten Parteien auch damit zu tun hat, dass die Parteien der Mitte und insbesondere die konservative CDU, bestimmte rechtskonservative Positionen aufgegeben hat und sich das rechtskonservative Lager nicht mehr repräsentiert fühlt in der Partei. Die wandern nun zu den rechten Parteien.
Kaffeesachse hat geschrieben:Ich kann da nur für einige sächsische Regionen sprechen und nicht für ganz Deutschland. Es wundert mich nicht, was hier so abgeht und nein, dazu war es gar nicht nötig, einen Schritt nach rechts zu machen.
Indirekt noch ein gutes Argument: Wenn da tatsächlich gerade die Mitte der Gesellschaft hetzt - müssten dann nicht auch in allen anderen Städten und Bundesländern die Leute zu Tausenden auf die Straßen gehen? Oder wohnt die Mitte der Gesellschaft nur in Dresden und alle anderen Bundesländer sind linksgrünversifft?
#1455200
Schon merkwürdig. Da schauen alle nach Leuten mit Sprengürteln und dann so was ...
Manchmal glaube ich ja, dass das alles irgendwer gesteuert hat, um all die tollen Reaktionen, die es gerade so gibt, hervorzurufen, und das aktuell recht fragile Kartenhaus Deutschland zum Einsturz zu bringen. Und irgendwer sitzt gerade in seiner Villa und reibt sich die Hände, dass das so wunderbar funktioniert hat. [Verschwörungstheorie off]
#1455475
Bemerkenswerte und erschreckende Zahlen heute in der Süddeutschen Zeitung:
Süddeutsche Zeitung hat geschrieben:Wir die Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen-Politikerin Irene Mihalic antwortete, waren zum Stichtag 15. September 2015 mehr als 450 Haftbefehle gegen 372 rechtsmotivierte Straftäter nicht vollstreckt worden. Das bedeutet: Entweder werden diese Personen nicht verhaftt, obwohl die Polizei weiß, wo sie sich befinden. Oder diese Verbrecher entziehen sich einer Verhaftung, weil sie untergetaucht sind. (...) Nun ist nicht auszuschließen, dass einige der Täter nach dem Stichtag gefasst wurden. (...) Als vor zwei Jahren eine ähnliche Statistik erhoben wurde, suchte die Polizei 268 Straftäter, Demnach sind die Zahlen bis heute um fast 30 Prozent gestiegen.
#1455612
"Gutmensch" wurde zum Unwort des Jahres gekürt. Passt schon, einer der vielen Kampfbegriffe der letzten Zeit. Weitere, die mir spontan einfallen:
Besorgter Bürger
Willkommenskultur
Linksgrünversifft (wobei vom Pirincci glaube ich schon "Verschwulung" dabei war, was natürlich auch einigermaßen ekelerregend ist)
Bereicherung (nur im Migrationskontext)


Fohlen
#1455614
Fernsehfohlen hat geschrieben:"Gutmensch" wurde zum Unwort des Jahres gekürt. Passt schon, einer der vielen Kampfbegriffe der letzten Zeit.
Die Begründung dazu:
Sprachkritische Aktion hat geschrieben:Als „Gutmenschen“ wurden 2015 insbesondere auch diejenigen beschimpft, die sich ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe engagieren oder die sich gegen Angriffe auf Flüchtlingsheime stellen. Mit dem Vorwurf „Gutmensch“, „Gutbürger“ oder„Gutmenschentum“ werden Toleranz und Hilfsbereitschaft pauschal als naiv, dumm und weltfremd, als Helfersyndrom oder moralischer Imperialismus diffamiert. Der Ausdruck „Gutmensch“ floriert dabei nicht mehr nur im rechtspopulistischen Lager als Kampfbegriff, sondern wird auch von Journalisten in Leitmedien als Pauschalkritik an einem „Konformismus des Guten“ benutzt. Die Verwendung dieses Ausdrucks verhindert somit einen demokratischen Austausch von Sachargumenten. Im gleichen Zusammenhang sind auch die ebenfalls eingesandten Wörter „Gesinnungsterror“ und „Empörungsindustrie“ zu kritisieren.
Auf den Plätzen übrigens: "Hausaufgaben" (im Kontext der Griechenlandkrise) und "Verschwulung" in Bezug auf den Buchtitel von Akif Pirincci.
Fernsehfohlen hat geschrieben:Weitere, die mir spontan einfallen:
Besorgter Bürger
Willkommenskultur
Linksgrünversifft (wobei vom Pirincci glaube ich schon "Verschwulung" dabei war, was natürlich auch einigermaßen ekelerregend ist)
Bereicherung (nur im Migrationskontext)
Eingesandt wurden auch:
Sprachkritische Aktion hat geschrieben:Für das Jahr 2015 wurden 669 verschiedene Wörter eingeschickt, von denen ca. 80 auch den Unwort-Kriterien der Jury entsprechen. Die Jury erhielt insgesamt 1644 Einsendungen. Die zehn häufigsten Einsendungen insgesamt, die allerdings nicht sämtlich den Kriterien der Jury entsprechen, waren:
Lärmpause [165]
Willkommenskultur [113]
Gutmensch [64]
besorgte Bürger [58]
Grexit [47]
Wir schaffen das! [46]
Flüchtlingskrise [42]
Wirtschaftsflüchtling [33]
Asylgegner/-kritiker/Asylkritik [27]
Griechenlandrettung / Griechenlandhilfe [27]
#1455617
"Hausaufgabe" finde ich ziemlich bescheuert. Ich weiß zwar, was gemeint ist, aber meines Erachtens sollten das auch Wörter sein, die bleibenden Eindruck hinterlassen und bei denen man auch nach Jahren noch Konnotationen hat, wenn man sie wieder liest (weshalb auch mein "Bereicherung" nicht besonders toll gewesen wäre).

Warum ist denn bitte "Lärmpause" das häufigste eingesandte Wort? Hab ich da irgendwas verpasst? :o Gut, ist halt ein bescheuertes Wort, aber jo... lahm.

Bis auf den für mich nicht nachvollziehbaren ersten Platz gefällt mir die Top Ten aber ziemlich gut, da sie die "linke" und "rechte" Kampfrhetorik gleichermaßen repräsentiert (wenn man das überhaupt immer so trennen kann, "besorgte Bürger kann man ja in beide Richtungen deuten), was so bei den drei Ausgewählten am Ende ja leider wieder nicht der Fall ist. Überraschend für mich, dass die Griechenland-Geschichte noch zweifach vertreten ist, die war ja im zweiten Halbjahr so gar nicht mehr präsent.

Überraschend für mich persönlich auch, dass so vielen das Wort "Willkommenskultur" auf die Nerven gegangen ist. Hätte ich nicht gedacht.


Fohlen
#1455619
Fernsehfohlen hat geschrieben:Warum ist denn bitte "Lärmpause" das häufigste eingesandte Wort? Hab ich da irgendwas verpasst? :o Gut, ist halt ein bescheuertes Wort, aber jo... lahm.
Da geht es um die Lärmbelastung am Frankfurter Flughafen durch Nachtflüge und das diskutierte Nachtflugverbot. Nach einer längeren Auseinandersetzung hatte man entschieden, einzelne Start- und Landebahnen nicht zu nutzen und die damit notwendige Verlegung der Korridore und die damit schwindende Belastung für die überflogenen Gebiete als "Lärmpause" bezeichnet.

Erreicht hat man, dass weniger Menschen durch Lärm zwischen 22 - 6 Uhr belastet werden, aber andere dafür jetzt darunter leiden müssen - allerdings nur dann, wenn die Wetterbedingungen stimmen, denn sonst werden die entsprechenden Start- und Landebahnen weiter genutzt, und auch jeweils entweder in der Stunde von 22-23 Uhr oder 5-6 Uhr. Oder wie es der Flughafenbetreiber schreibt:
Fraport hat geschrieben:Seit Donnerstag werden alle von Osten landenden Maschinen nach 22 Uhr auf die Südbahn geleitet. Damit haben die Anwohner in der Anflugschneise der Nordwestbahn bereits eine Stunde vor Beginn des Nachtflugverbots keine Flugzeuge mehr im Anflug über ihren Köpfen. Zwischen 5 Uhr und 6 Uhr wird für Landungen die Nordwest- und Centerbahn genutzt, dafür wird die Südbahn nicht angeflogen.
Zuletzt geändert von baumarktpflanze am Di 12. Jan 2016, 16:01, insgesamt 1-mal geändert.
#1455620
Danke, aber es ist jetzt nicht so, dass ich das gar nicht mitbekommen hätte, nur... mich wundert, dass ausgerechnet dieses Wort so oft genannt wurde, da diese Geschichte meinem Empfinden nach halt eher ganz am Rand stattfand und ja noch nicht mal von überregionaler Relevanz ist. Da haben doch alle anderen Begriffe deutlich höhere Wellen geschlagen!?
#1456514
Das ist schon verrückt: Da bittet man heute in Stuttgart die Leute nicht Auto zu fahren, weil die Luft so stark mit Feinstaub belastet ist und sagt das auch seit drei Tagen offensiv an. Und die Leute interessiert es: Null, wenn ich gerade so durch die Stadt laufe.

Nun kann man bemängeln, dass man keinen Aktionstag im Nahverkehr offeriert hat, um die Leute zu locken. Andererseits sagen aber die Verkehrsexperten der Stadt auch: Der Nahverkehr schaffe den Berufsverkehr schon jetzt kaum zu Stoßzeiten.

Gleichwohl: Die Bitte der Stadt ist den Leuten herzlich egal, die Luft, über die sich alle beschweren, schlecht - und vor der Landtagswahl ist laut Luftreinhalteplan auch nicht mit Fahrverboten zu rechnen.
#1456524
Kaffeesachse hat geschrieben:Hm, man bittet die Leute zum Montag? Und glaubt dran, dass das jemand macht?
Ha, man hat vorher sogar ne längere Bürgerbeteiligung gestartet in der die Leute gefordert haben, sich dem Thema Luftbelastung anzunehmen und zur Not Fahrverbote einzurichten. (Und nicht nur das Stuttgart21-Klientel!) Schließlich ist Stuttgart die dreckigste Stadt Deutschlands. Allein: Die Idee, vor der Wahl nur mit Bitten zu kommen, ging gerade in die Hose.
#1456527
Mich überrascht es ehrlich gesagt kein Stück, dass diese Aktion nach hinten losgegangen ist, wenn man weiter offenbar nichts gemacht hat als zu sagen "jo, Leuts, ist ganz schön dreckig hier, fahrts mal am 18. Januar nicht mit dem Auto hier rum, ne?". Hätte ich auch im Leben nicht gemacht - und frage mich gerade, wen sowas ansprechen und was sowas überhaupt bringen soll, außer ein bisschen PR nach dem Motto "364 Tage im Jahr sind wir die dreckigste Stadt Deutschlands, aber heute mal echt sauber". Joar.


Fohlen
#1456597
Kleines Update: Aufgrund der anhaltenden Wetterlage und der entsprechenden Feinstaubbelastung in der Stadt hat man sich nun entschieden, den Feinstaubalarm bis Donnerstag zu verlängern und darum zu bitten, auch die kommenden Tage auf das Auto zu verzichten.
#1456604
baumarktpflanze hat geschrieben:Kleines Update: Aufgrund der anhaltenden Wetterlage und der entsprechenden Feinstaubbelastung in der Stadt hat man sich nun entschieden, den Feinstaubalarm bis Donnerstag zu verlängern und darum zu bitten, auch die kommenden Tage auf das Auto zu verzichten.
"... und darum zu bitten" :D :D :D
Hat man schon mal gezählt, wie viel Autos durch das "bitten" weniger auf den Straßen unterwegs sind?
Sind es 10? 20? Oder doch sogar 30? Und das ist noch optimistisch geschätzt. :?
#1456607
baumarktpflanze hat geschrieben:
Kaffeesachse hat geschrieben:Hm, man bittet die Leute zum Montag? Und glaubt dran, dass das jemand macht?
Ha, man hat vorher sogar ne längere Bürgerbeteiligung gestartet in der die Leute gefordert haben, sich dem Thema Luftbelastung anzunehmen und zur Not Fahrverbote einzurichten. (Und nicht nur das Stuttgart21-Klientel!) Schließlich ist Stuttgart die dreckigste Stadt Deutschlands. Allein: Die Idee, vor der Wahl nur mit Bitten zu kommen, ging gerade in die Hose.
Das finde ich schon spannend, dass die Bürger selber entsprechende Forderungen stellen, die Aufforderung dann aber, wenn es drauf ankommt, ignorieren. Also geht es offensichtlich wirklich nur mit Verboten und Strafen...
#1456681
Waterboy hat geschrieben:Jetzt kloppen sich schon bei nem Fußballspiel für 8 bis 10 jährige Eltern untereinander oh man

http://www.abendblatt.de/hamburg/hambur ... ice=mobile
Joa ist bei dem Proletensport inzwischen ja nicht mehr anders zu erwarten. Mann muss sich nur mal ansehen was sich an Bundesligawochenenden rund um die Stadien und in den entsprechenden Bahnhöfen so abspielt.
#1456998
Politik macht zur Zeit wieder richtig Spaß.

Old and busted:
Wahlkampf im Fernsehen Die AfD muss draußen bleiben
Der SWR ist vor dem Ultimatum von SPD und Grünen eingeknickt: Es gibt vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz im Fernsehen keine Livedebatte, an der auch Politiker der AfD teilnehmen. Das ist kein guter Tag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/m ... 22402.html
New hotness:
Wegen AfD-Ausschluss: CDU-Spitzenkandidatin Klöckner steigt aus TV-Debatte aus
Die SPD wollte die Rechtspopulisten nicht in der Elefantenrunde dabeihaben. Das hält die CDU-Landeschefin für "skandalös" - und bleibt ebenfalls fern.
http://www.sueddeutsche.de/politik/-weg ... -1.2828298
Natürlich ist klar, dass die Klöckner das nicht auf Grund von Liebe zur AfD macht. Aber gerade feier ich, wie sich die Politik selbstzerlegt und die Öffis sich da haben mit reinziehen lassen.

:lol: :lol: :lol:
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