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SPIEGEL ONLINE - 05. September 2007, 11:37
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TERROR-RAZZIA
Bombenbauer planten Terror-Anschlag mit vielen Toten
Von Matthias Gebauer und Yassin Musharbash
Mit der Festnahme von drei Terror-Verdächtigen wurden laut Bundesanwältin Monika Harms massive Bombenanschläge auf Flughäfen und US-Einrichtungen verhindert. Der Zugriff erfolgte, als die Männer mit dem Bau einer Bombe begannen - möglicherweise für den Jahrestag des 11. Septembers.
Berlin - Die Sicherheitsbehörden haben nach Angaben von Generalbundesanwältin Monika Harms "massive Bombenanschläge" von islamistischen Terroristen in Deutschland vereitelt. Harms sagte am Mittwoch in Karlsruhe, die drei am Dienstag festgenommenen Verdächtigen gehörten einer deutscher Zelle des internationalen Terrornetzwerks Jihad-Union an. Sie hätten Terroranschläge gegen US- amerikanische Einrichtungen in Deutschland vorbereitet.
Die Bundesanwaltschaft hat gestern Nachmittag drei Männer festnehmen lassen, die Sprengstoffanschläge in Deutschland vorbreiteten. In einer spontanen Aktion schlugen die Ermittler zu, weil die bereits beobachteten Männer beginnen wollten, Chemikalien für eine Bombe vorzubereiten. Da die Angst bestand, dass die Männer abtauchen wollten, nahmen Fahnder des Bundeskriminalamts (BKA) und der Sondereinheit GSG9 die ganze Gruppe in Medebach-Oberschledorn fest. Danach durchsuchte das BKA an die 40 weitere Objekte in mehreren Bundesländern, Hunderte Beamte waren beteiligt.
Festgenommener in Karlsruhe: "Ein Anschlag stand unmittelbar bevor"
DPA
Festgenommener in Karlsruhe: "Ein Anschlag stand unmittelbar bevor"
Am Ort der Festnahme hatten die Männer in einer Ferienwohnung mit Chemikalien auf Wasserstoffperoxidbasis hantiert, die nach aufwendigen Prozeduren auch zu Sprengstoff umgewandelt werden können. Genau das sollen die Männer versucht haben, erfuhr SPIEGEL ONLINE aus Sicherheitskreisen. Ähnliche Mischungen war bereits bei anderen Terror-Anschlägen verwandt worden.
Zwar sollen die Männer erst begonnen haben, ihren legal erstandenen Bestand von mehreren hundert Kilogramm Chemikalien umzuwandeln - doch die Behörden waren alarmiert. "Die Vorbereitungen hatten ganz konkret begonnen, da mussten wir zuschlagen", so ein Beamter. Eine fertige Bombe hätte ein Inferno ausgelöst, so der Experte.
"Es war nur noch eine Frage der Zeit"
Von einer fertigen Bombe, so die Sicherheitsbehörden, sei man noch recht weit entfernt gewesen. "Ein Coitus interruptus war das nicht", sagte ein Beamter. Allerdings hatten die Männer nach Informationen von SPIEGEL ONLINE bereits alle nötigen Bestandteile parat - auch einen Zündmechanismus für den Sprengsatz hatten sie schon vorbereitet. "Ein Anschlag stand unmittelbar bevor, es war nur noch eine Frage der Zeit", so ein hochrangiger Sicherheitsexperte der Regierung. Vermutlich, so die Erkenntnisse der Behörden, wollten die Männer die Bombe in einem Auto deponieren und vor ihrem Anschlagsziel zünden.
Das Ziel der Männer war klar. "Es ging darum, einen Anschlag mit möglichst vielen Toten zu verüben", sagte der Beamte. Vor allem besorgte die Ermittler, dass die drei Festgenommenen in den letzten Wochen immer konspirativer agierten und möglicherweise nach dem Treffen in Oberschledorn vorhatten, sich zu trennen und noch unauffälliger an ihrem Plan weiter zu arbeiten. Aus Angst, dann die Spuren der Gruppe und die Kontrolle über ihre Aktivitäten zu verlieren, entschlossen sich die Fahnder zum Zugriff. Bei der Razzia löste sich nach bisher unbestätigten Angaben bei einem Polizisten ein Schuss, der Beamte wurde verletzt.
Die Festnahme erfolgte nach umfangreichen Recherchen der Bundesanwälte. Bereits seit Ende 2006 sind die Ermittler an den Fersen der Gruppe um den 28-jährigen Fritz G. aus Ulm, der in der angemieteten Ferienwohnung festgenommen wurde. Gemeinsam mit einem anderen zum Islam konvertierten Deutschen aus Saarbrücken, dem 22-jährigen Daniel S., und dem 29-jährigen Türken Adem Y. aus Hessen soll G. eine islamistische Gruppe gegründet haben, die zu Selbstmordanschlägen in Deutschland bereit gewesen sein soll. Seitdem beobachten die Behörden die Gruppe rund um die Uhr.
Späh-Fahrt am Silvestertag
Aufgefallen waren Mitglieder der Gruppe vor allem am Silvestertag 2006. Damals war zumindest Fritz G. in einem Auto, das die Fahnder beobachteten, auffällig häufig um eine US-Kaserne in Hanau herumgefahren. Der Verdacht lag nahe, dass der und seine Mitverdächtigen die Einrichtung für einen möglichen Anschlag ausspähten. Folglich intensivierten die Behörden ihre Recherchen und eröffneten im März 2007 ein offizielles Verfahren beim Generalbundesanwalt.
Dass die Männer weiter an ihrem Plan arbeiteten, erschreckte die Behörden. Mehrmals schon musste der Gruppe bewusst gewesen sein, dass sie beobachtet wurden. "Dass sie trotzdem weiter arbeiteten, zeigt, wie entschlossen sie waren", so ein Fahnder. "Wir haben es hier mit absolut überzeugten Tätern zu tun." Demnach waren die Männer bereit, bei den möglichen Anschlägen zu sterben. Für die Fahnder bestätigt sich damit ihre Theorie, dass Deutschland in der Tat "voll ins Zielspektrum des internationalen Terrorismus" geraten ist.
Sicher ist, dass alle drei Männer intensive Kontakte nach Pakistan pflegten, vermutlich zu der dort agierenden "Islamic Jihad Union" (IJU). Daniel S. besuchte nach den Recherchen der Behörden im März 2006 ein Trainingslager für Terroristen. Die beiden anderen Festgenommenen hielten sich nach Informationen von SPIEGEL ONLINE Ende 2006 ebenfalls in Pakistan auf, vermutlich auch in Trainingslagern. Die Behörden schnappten danach auch immer wieder Telefonkontakte der Verdächtigen nach Pakistan auf. Die IJU hatte 2006 in Usbekistan bereits einen schweren Anschlag mit vielen Toten verübt und agiert nun vermehrt in Pakistan.
Bekannter Islamist aus Ulm
Welche Ziele die Gruppe tatsächlich in Deutschland angreifen wollte, ist bisher unklar. In abgehörten Gesprächen unterhielten sich die Männer immer wieder über mögliche Anschlagsziele. Dabei wurden der Flughafen Frankfurt am Main und andere Airports, die US-Basis Ramstein aber auch andere Orte wie zum Beispiel Diskotheken genannt. "Einen konkreten Plan gab es noch nicht", sagte ein Ermittler, "doch der Wille war eindeutig erkennbar". Einer der Verdächtigen soll klar geäußert haben, dass er zum Märtyrer-Tod bereit sei.
Die Ergebnisse der Ermittlungen gegen die Gruppe besorgten die Bundesregierung seit Monaten. Immer wieder, wenn Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) von einer deutlich erhöhten Terror-Gefahr für Deutschland sprach, spielte er auf die verdeckten Ermittlungen gegen die Gruppe an. Auch die USA hatten Hinweise auf die Verbindungen der Männer nach Pakistan und warnten die deutschen Behörden. Zudem erhöhten die USA die Sicherheitsvorkehrungen für ihre Einrichtungen, als die Ermittlungen erste Ergebnisse erbrachten.
Die Tendenz der Gruppe ist recht klar dokumentiert. Vor allem Fritz G., der in Ulm ein bekanntes Mitglied der radikalen islamistischen Szene ist, kennen die Fahnder seit längerem. G. gilt als führendes Mitglied einer ganzen Gruppe von radikalisierten Islamisten, die sich in Ulm angesiedelt haben. Auch die beiden anderen Verdächtigen hatten offenbar enge Kontakte zu dieser Gruppierung. Die Tendenzen in Ulm waren schon vor den Anschlägen des 11. Septembers 2001 bekannt, die Behörden beobachteten die Szene dort intensiv.
Planungen für den 11. September 2007?
Einen Zeitplan für die möglichen Anschläge kennen die Ermittler bisher nicht. Möglich erscheint nach Aussage von Spitzenbeamten, dass die Attacke entweder zum Jahrestag des 11. Septembers oder anlässlich des zu verlängernden Mandats für die deutsche Afghanistan-Mission geplant gewesen sein könnte. Die beschafften Chemikalien haben eine kurze Halbwertzeit, die Zeit drängte also. Allerdings erscheint fraglich, ob die Gruppe den aufwendigen Bombenbau bis dahin hätte fertig stellen können.
Weitere Erkenntnisse erhoffen sich die Behörden nun von den Verhören der Verdächtigen. Weitere Festnahmen seien nicht ausgeschlossen, hieß es von der Bundesanwaltschaft. Zunächst aber sollen die drei Männer einem Haftrichter vorgeführt werden.
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Dänemark: Festnahmen in Kopenhagen - Polizei verhindert Terror- Anschlag (04.09.2007)
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0 ... 13,00.html
„Ich glaube nicht an die Realität. Sie ist ja bekannt für ihre linksliberalen Tendenzen.“

