- Fr 23. Mär 2018, 10:06
#1519426
Und jetzt nochmal ausführlich:
11x10 - My Struggle IV
Begann für mich mit einem gewissen "Meh.."-Gefühl als Carter mal den "tell not show"-Zug fuhr und William seine Lebensgeschichte erzählen, die zu einem Drittel irrelevant ("dann bin ich irgendwie kriminell geworden...") und zu einem weiteren Drittel ein Recap vorheriger Episoden war nachdem es direkt zuvor bereits ein Recap vorheriger Episoden gab.
In der Folgezeit gefiel es mir aber deutlich besser als die anderen drei "My Struggle"-Teile, da Carter endlich mal den Politkritik-Holzhammer (My Struggle I) stecken lässt, kein wirres Mythologie-Chaos (My Struggle II) präsentiert und auch keine Zeit mit Retcons und "3 Minuten Mulder allein im Auto" (My Struggle III) vergeudet.
Stattdessen fühlte ich mich stark an frühe Mythologie-Episoden und Staffelfinals erinnert, in denen Mulder auch oft einem McGuffin hinterher hetzte, von einem Ort zum nächsten, und sich einen Wettlauf mit den Verschwörern lieferte (und dann nicht selten mit leeren Händen da stand), während Scully parallel unterwegs war oder die Fäden zog. Das ist für die Charaktere nicht unbedingt der Idealzustand, da sie erst in gemeinsamen Szenen wirklich glänzen, war aber in solchen Folgen meiner Erinnerung nach schon immer so.
Ja, William ist ein einziger MacGuffin. Der Raucher, Erika Price, Mr. Y, alle wollen ihn haben, Scully sieht das Schicksal der Menschheit in der Schwebe, William hat allerhand spektakuläre Superkräfte und am Ende sind alle tot und erklärt ist nix. Auch das sollte einen X-Phile nicht allzu überraschen, hat hier aber schon eine andere Dimension, da es immerhin um den Sohn von Scully und Nicht-Mulder geht. Wie ich schon mal schrieb, für mich hätte "Ghouli" als Abschluss des William-Arcs sehr gepasst, viele andere Fans wollten unbedingt ein echtes William-Finale. Hier habt ihr es! (oder angesichts der letzten Szene auch nicht).
Zusammen genommen also aus meiner Sicht ein packendes, klassisches Staffelfinale. Nun ist es das mutmaßliche Serienfinale und es scheint in dieser und den vorherigen Episoden durchaus durch, dass Carter das bewusst war. Taugt es auch als solches? Fraglich. Und dabei geht es mir weniger um die letzte Szene. Das "Und es ist doch noch nicht alles vorbei"-offene Ende ist eines der prägendsten Stilmittel, die Akte X schon früh etabliert hat und bei dem jeder Fan weiß, dass das mitnichten heißt, dass da tatsächlich noch etwas erzählt werden muss. Daher finde ich es nur passend, die Serie mit genau so einer Szene zu enden, zumal die Szene im Gegensatz zu den allermeisten früheren Fällen auf einer guten statt einer finsteren Note endet (den üblicherweise ist es ja irgendetwas Böses, das doch nicht endgültig besiegt wurde). Was der Episode für ein Serienfinale fehlt sind Antworten und ein sauberer Abschluss. Den traut sich Carter nicht, da er ja doch irgendwie gerne weitermachen würde. So enden Mulder und Scully halb-gefeuert, Skinner liegt irgendwo unter nem Auto, den erneuten Tod des Rauchers glaubt sowie niemand mehr, die Pläne der Verschwörer bleiben im Verborgenen. Immerhin werden die X-Akten wieder einmal geschlossen ... nicht dass die überhaupt noch eine große Rolle gespielt hätten in den neuen Folgen.
Womit ich bei einem meiner größten Ärgernisse bin: Skinner. Ernsthaft, wie unwürdig ist es bitte, diesen Charakter vor nem Auto liegend mit Blick auf seine Schuhe enden zu lassen?! Skinner hat nach all den Jahren deutlich mehr verdient als das. Das war offenbar ein völlig missratener Kompromiss zwischen Heldentod und für Staffel 12 am Leben lassen. Bei den anderen Nebenfiguren macht Carter deutlicher reinen Tisch: Der Raucher - erschossen von Mulder. Reyes - erschossen von Skinner. Mr. Y - erschossen von Mulder. Erika Price - gesprengt von William. Gerade bei Price frag ich mich allerdings, was ihre Anwesenheit in der Staffel nun eigentlich sollte (kann man sich auch bei Tad O'Malley fragen, aber den sehe ich eh nur als Gimmick).
William (nicht) erschossen, alle Feinde tot, Scully "unmöglich" schwanger. Ich verstehe, wenn sich manch Fan hier betrogen fühlt. Mir gefällts als Abschluss besser als wenn man man Mulder, Scully und William noch als happy family beim sonntäglichen Kirchgang gezeigt hätte. Daher: wenn man darüber hinwegsehen kann, dass "My Struggle IV" mehr Abschluss statt Antwort liefert, mehr Charakter als Mythologie, dann finde ich es zwar weit entfernt von makellos, aber doch als ordentlichen Abschluss, der bei Carter auch hätte ganz anders ausfallen können.
Ich schnapp mir jetzt wieder bei "Die komplette Serie"(minus Staffel 10+11)-Box und schau nochmal von Anfang an. Hab damals das meiste nur in der DEA geguckt, daher bekomme ich bestimmt noch ne ganze Staffel an Episoden zusammen, die ich schlicht verpasst habe.
