Derek Staffel 1 (Channel 4)
Nachdem ich After Life Staffel 2 beendet und den extrem fremdschämigen The Office UK Nachklapp "David Brent: Life on the Road" nachgeholt hatte, wollte ich Ricky Gervais' vorletzter Serie noch eine Chance geben, die ich bei der ursprünglichen Ausstrahlung nie über das erste Special gesehen hatte. Diesen (Monate vor dem Rest der ersten Staffel ausgetrahlten) Piloten fand ich zwar schon damals nicht schlecht, aber ich hatte Probleme mit der Rolle des Derek, weil es stellenweise so schien, als ob Gervais nicht wusste, dass der Charakter geistig zurückgeblieben und nicht nur skurril wirkt. Das Gefühl hatte ich bei der Zweitsichtung schon in diesem Vorpiloten nicht mehr und spätestens die erste Folge der eigentlichen Serie hätte jeden Verdacht, dass Gervais
über anstatt
mit Derek lacht, sofort beiseite gewischt. Meine Fehlinterpretation lag wahrscheinlich nur daran, dass im Special nicht herauskommt, dass Derek kein echter Pfleger ist und das er die Leiterin des Altenpflegeheims nur platonisch liebt.
Das man hier viele weitere bekannte Gesichter aus After Life und anderen Gervais-Serien wiedertrifft, trägt ebenfalls dazu bei, dass der zweite Anlauf schneller gezündet hat. Bis auf wenige Ausnahmen, in denen zu manipulativ auf die Tränendrüse gedrückt wird, ist Gervais auch mit diesem außerhalb der Insel etwas untergegangenem Vorgänger von After Life schon eine großartige Tragikomödie gelungen, die die Balance zwischen Laugh out Loud-Comedy (fast alles mit dem sexbesessenen Vollasi Kevin), großem Herz und ehrlicher Melancholie bewunderswert meistert. 8,5/10
After Life Staffel 2 (Netflix)
Für sich betrachtet ähnlich stark wie Staffel 1, aber da diese wie eine Miniserie aufgebaut war und mit einem befriedigenden Ende glänzen konnte, schleicht sich manchmal der Eindruck eines nicht unbedingt nötigen "More of the Same"-Sequels ein. Letztlich ist es aber nur ehrlich, dass der Hauptcharakter nicht durch ein Fingerschnippen von seiner Trauer und den Selbstmordgedanken befreit wird und Tony hat sich in genug Punkten weiterentwickelt, dass es ungerecht wäre, diese zweite Runde als ein reines Wiederkäuen der Greatest Hits abzukanzeln. Da zudem die Nebencharaktere weiter ausgearbeitet worden, bietet die Serienwelt genug Stoff, um sich auch auf die bereits bestellte erste dritte Staffel einer Ricky Gervais Serie zu freuen. 8/10
Theologe hat geschrieben: ↑Mo 15. Jun 2020, 00:21
Was ich nie so richtig verstehe ist, dass es bei der riesigen Auswahl an Schauspielern nicht möglich zu sein scheint, Muttersprachler zu engagieren, wenn es für die Rolle von Nutzen wäre. Dann nimm halt Antje Traue, statt Noomi Rapace.
Ist den Studios der Aufwand wahrscheinlich einfach nicht wert. Die meisten US-Zuschauer können einen radebrechenden Eurobabbel Akzent genau so wenig von einem deutschen Akzent unterscheiden wie wir einen japanischen von einem koreanischen und bei den deutschsprachigen Zuschauern gehen sie davon aus, dass der Großteil auf die Synchro zurückgreift.
Ich hab übrigens auch das Gefühl, dass selbst deutsche Muttersprachler in US-Produktionen oft dazu angetrieben werden, den Akzent klischeehaft zu übertreiben. Klar, kartoffelige Eigenarten werden immer wieder durchkommen, aber es kann mir doch keiner erzählen, dass der Akzent selbst bei bi-lingual aufgewachsenen jüngeren Schauspielern immer noch so dick wie bei Werner Herzog ausgeprägt ist.
Da auch die paar Amis, die ein bisschen Schuldeutsch können und denken, dass sie die Sprache beherrschen (aber keinen weichen ch-Laut oder Umlaut unfallfrei rausbekommen) und die Christoph Waltz' und Flula Borgs dieser Welt in Talkshows das klassische Nazibellen vorführen, wenn sie deutsche Wörter vorstellen, dürfte sich an dieser selbsterfüllenden Prophezeiung so schnell auch nichts ändern. Nebeneffekt ist, dass es kaum ein Deutscher/Ösi aus der Nazi/ausländischer Bösewicht-Falle in Hollywood schafft.