- Fr 11. Jul 2014, 03:05
#1376130
Ich bin ein wenig enttäuscht, dass über dieses spannende soziale Experiment hier noch überhaupt nichts geschrieben wurde. In der stillen Hoffnung, dass dieses Posting dahingehend etwas bewirkt und vielleicht den einen oder anderen User dazu bringt, sich die Sendung noch anzuschauen, eröffne ich diesen Thread. Habe sie gerade gesehen und muss tatsächlich sagen, dass es die für mich spannendsten 75 Minuten TV-Unterhaltung seit vielen Monaten waren.
Im Mittelpunkt steht ein soziales Experiment, das die US-amerikanische Grundschullehrerin Jane Elliott bereits in den 1960er-Jahren erstmals bei ihren Schülern durchgeführt hat: Sie hat die Kinder nach Augenfarben (einem willkürlichen Merkmal, wie Religion, Hautfarbe, Größe, Gewicht, Sexualität oder Herkunft auch welche sind) eingeteilt und die eine Schülergruppe verständnisvoll und zuvorkommend behandelt, während sie die andere runtergeputzt und wie den letzten Dreck behandelt hat. Dieses Experiment hat nun eben ein Team aus Sozialwissenschaftlern und dem Moderator Amiaz Habtu nachgestellt und in Form eines mehrstündigen Workshops mit Erwachsenen umgesetzt, die freiwillig an diesem Workshop teilnahmen.
Ich fand es hochinteressant zu sehen, wie sich ein gewisses Maß an Herabwürdigung so schnell hat etablieren können und vor allem wie sehr es die herabgewürdigten Menschen negativ beeinflusst hat. Ich kann da wirklich nur nochmal jedem hier, der auch nur ansatzweise interessiert an sozialen Experimenten ist, den Konsum ans Herz legen, weils einfach total spannend ist.
Allerdings habe ich mir zwei Fragen gestellt, die auch Spiegel Online in ihrem (ausnahmsweise mal gelungenen) Review aufgeworfen hat:
1. Wie sehr hat die Tatsache, dass die Versuchsteilnehmer schon durchschauen konnten, dass es hier um ein soziales Experiment mit dem Thema Rassismus geht, sie in ihrem Handeln manipuliert? Das kann auch durchaus in beide Richtungen gehen, also entweder, dass sie weniger rassistisch gehandelt haben als auch, dass sie ihr Verhalten dahingehend sogar stärker ausgelegt haben, da sie ahnten, dass genau so etwas von ihnen verlangt wird. Kann mir nicht vorstellen, dass alle zu 100% authentisch handelten.
2. Kann man ein Phänomen wie Rassismus wirklich innerhalb von nur drei Stunden im Rahmen eines freiwilligen Workshops greifen? Ich kann mir das in der Vielschichtigkeit überhaupt nicht vorstellen, maximal können da punktuell Elemente dieses Verhaltens nacherlebt werden.
Insofern muss ich dann schon sagen, dass ich das Original-Experiment mit den Grundschülern noch etwas spannender finde. Die Kinder werden wohl kaum die "Masche" hinter dem Projekt ihrer Lehrerin in so großen Teilen durchschaut haben und die Kinder sind ja auch in einer normalen Umgebung gewesen, die nicht so künstlich erzeugt wurde wie hier.
Aber ich will die Sendung gar nicht schlechtreden, da sie wirklich zum Nachdenken anregt und mich auch noch einmal vor die Frage stellte, inwiefern ich mich rassistisch verhalte oder zumindest Rassismus dulde.
Und noch ein Tadel an das ZDF: Statt dieser hochinteressanten Sendung allen Ernstes "Maybrit Illner" mit dem Thema "Wird Deutschland nun Weltmeister?" auszustrahlen, zeigt meines Erachtens wieder einmal nur die Feigheit und Quotengier, die das öffentlich-rechtliche Fernsehen viel zu oft packt. Und dass so ein Käse wie "Ohne Garantie" drei Wochen lang sinnlos das Hauptprogramm belagert, während das hier irgendwo im Nirgendwo von ZDFneo versendet wird, ist... einfach nur unglaublich schade und bedauerlich. Zumindest am späteren Abend hätte das durchaus seinen Platz im ZDF kriegen können.
Naja, immerhin haben sie es überhaupt gemacht, aber es ärgert mich einfach, dass ich einer von bestenfalls einigen hunderttausend Menschen sein werde, die "Der Rassist in uns" sehen werden.
Nun denn, es ist wie es ist.
Quotenmeter-Kritik von Julian Miller: http://www.quotenmeter.de/cms/?p1=n&p2=71693&p3=
Mediathek-Link zur Sendung: http://t.co/PZC58OQXlv
Fohlen
Im Mittelpunkt steht ein soziales Experiment, das die US-amerikanische Grundschullehrerin Jane Elliott bereits in den 1960er-Jahren erstmals bei ihren Schülern durchgeführt hat: Sie hat die Kinder nach Augenfarben (einem willkürlichen Merkmal, wie Religion, Hautfarbe, Größe, Gewicht, Sexualität oder Herkunft auch welche sind) eingeteilt und die eine Schülergruppe verständnisvoll und zuvorkommend behandelt, während sie die andere runtergeputzt und wie den letzten Dreck behandelt hat. Dieses Experiment hat nun eben ein Team aus Sozialwissenschaftlern und dem Moderator Amiaz Habtu nachgestellt und in Form eines mehrstündigen Workshops mit Erwachsenen umgesetzt, die freiwillig an diesem Workshop teilnahmen.
Ich fand es hochinteressant zu sehen, wie sich ein gewisses Maß an Herabwürdigung so schnell hat etablieren können und vor allem wie sehr es die herabgewürdigten Menschen negativ beeinflusst hat. Ich kann da wirklich nur nochmal jedem hier, der auch nur ansatzweise interessiert an sozialen Experimenten ist, den Konsum ans Herz legen, weils einfach total spannend ist.
Allerdings habe ich mir zwei Fragen gestellt, die auch Spiegel Online in ihrem (ausnahmsweise mal gelungenen) Review aufgeworfen hat:
1. Wie sehr hat die Tatsache, dass die Versuchsteilnehmer schon durchschauen konnten, dass es hier um ein soziales Experiment mit dem Thema Rassismus geht, sie in ihrem Handeln manipuliert? Das kann auch durchaus in beide Richtungen gehen, also entweder, dass sie weniger rassistisch gehandelt haben als auch, dass sie ihr Verhalten dahingehend sogar stärker ausgelegt haben, da sie ahnten, dass genau so etwas von ihnen verlangt wird. Kann mir nicht vorstellen, dass alle zu 100% authentisch handelten.
2. Kann man ein Phänomen wie Rassismus wirklich innerhalb von nur drei Stunden im Rahmen eines freiwilligen Workshops greifen? Ich kann mir das in der Vielschichtigkeit überhaupt nicht vorstellen, maximal können da punktuell Elemente dieses Verhaltens nacherlebt werden.
Insofern muss ich dann schon sagen, dass ich das Original-Experiment mit den Grundschülern noch etwas spannender finde. Die Kinder werden wohl kaum die "Masche" hinter dem Projekt ihrer Lehrerin in so großen Teilen durchschaut haben und die Kinder sind ja auch in einer normalen Umgebung gewesen, die nicht so künstlich erzeugt wurde wie hier.
Aber ich will die Sendung gar nicht schlechtreden, da sie wirklich zum Nachdenken anregt und mich auch noch einmal vor die Frage stellte, inwiefern ich mich rassistisch verhalte oder zumindest Rassismus dulde.
Und noch ein Tadel an das ZDF: Statt dieser hochinteressanten Sendung allen Ernstes "Maybrit Illner" mit dem Thema "Wird Deutschland nun Weltmeister?" auszustrahlen, zeigt meines Erachtens wieder einmal nur die Feigheit und Quotengier, die das öffentlich-rechtliche Fernsehen viel zu oft packt. Und dass so ein Käse wie "Ohne Garantie" drei Wochen lang sinnlos das Hauptprogramm belagert, während das hier irgendwo im Nirgendwo von ZDFneo versendet wird, ist... einfach nur unglaublich schade und bedauerlich. Zumindest am späteren Abend hätte das durchaus seinen Platz im ZDF kriegen können.
Naja, immerhin haben sie es überhaupt gemacht, aber es ärgert mich einfach, dass ich einer von bestenfalls einigen hunderttausend Menschen sein werde, die "Der Rassist in uns" sehen werden.
Nun denn, es ist wie es ist.
Quotenmeter-Kritik von Julian Miller: http://www.quotenmeter.de/cms/?p1=n&p2=71693&p3=
Mediathek-Link zur Sendung: http://t.co/PZC58OQXlv
Fohlen