- So 24. Mai 2009, 00:23
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Synecdoche, New York
Der "neue" von Autor Charlie Kaufman (Being John Malkovich, Adaption, Vergiss Mein Nicht), bei dem er erstmals auch Regie führte. Ganz neu allerdings nicht mehr, denn der Film lief bereits 2008 in Cannes und hat es leider immer noch nicht in unsere Kinos geschafft. Dank Import bin ich aber jetzt endlich mal eine Kopie des Films gekommen und ich glaube das hat mir am Ende doch sehr gefallen. Aber so ganz weiß ich das noch gar nicht.
Ich glaube mit Ausnahme von David Lynchs Inland Empire habe ich noch nie etwas dermaßen postmodern verrätseltes gesehen. Ich schreibe diese Zeilen während sich mein Gehirn immer noch durch die ins bodenlose verschachtelten Ebenen des Films zu bohren versucht und ein Ende ist nicht in Sicht. Synecdoche ist nahezu unverdauliches Genie-Extrakt, das bei einem ersten Anschauen gar nicht zu fassen geschweige denn gedanklich zu bewältigen wäre.
Das wird durch eine recht schwergängige erste halbe Stunde noch erschwert. Der Film kommt nur langsam in Fahrt, aber dann greift der perfekt besetzte Cast (Phillip Seymore Hoffmann, Catherine Keener, Michelle Williams, Jennifer Jason Leigh, Hope Davis, Emily Watson, Samantha Morton und die großartige Dianne Wiest) und die surrealen Ideen faszinieren zunehmend. Da hat Kaufmann offenbar etwas aus McKees Stimme in Adaptation gelernt, als der Drehbuchguru ihm erklärte, dass es vor allem auf den letzten Akt ankommt. Dass ein Film seine Hänger haben kann, aber ein starkes Ende das alles wettmachen kann. Und das stimmt hier absolut. Der letzte Akt ist eine Wucht! Emotional, anrührend, surreal und doch verblüffend schlüssig.
Ab dem Moment wo Caden (P.S. Hoffmann) sein Mammuttheaterprojekt startet und eine riesige Halle mit einem 1:1 Set von New York zu füllen beginnt, multipliziert sich das alles in eine rekursive Selbstreflektion des Regisseuers, der sich irgendwann sogar von einem Schauspieler spielen lässt, der auf der Bühne auf der Bühne auf der Bühne das Sagen hat.
Ihr seht schon, jeder Versuch einer Inhaltsangabe ist zwecklos und doch fasziniert das drüber nachgrübeln immens. Das kann man alles prätentiös und überhöht finden. Das ist es auch. Aber das zieht als Kritik kaum noch, weil das sogar dem letztlich von einer Frau gespielten Regisseur auf der Bühne des Regisseurs Cadem im Film von Regisseuer Kaufman bewusst ist und gleich mit den anderen Punkten wie Egozentrik thematisiert wird.
Spätestens wenn dieses nette die Schachtel in der Schachtel Prinzip aber brüchig wird und sich die Ebenen zu kreuzen und zu überlagern anfangen, raucht jeder Kopf. Und doch entfaltet der Film dann seine ganze Stärke, weil man merkt, dass da nicht nur selbstzweckhaft ein zu bewunderndes Realitätsebenenspiel zur Schau gestellt wird. Man spürt, dass all die Zeitbrüche, surrealten Momente und Dialoge und die Spiegelcharaktere zusammen mit der heftigen Auflösung sorgsam und bewusst platziert wurden und miteinander funktionieren.
Vielleicht fang ich nochmal ein neues Review an, wenn mein Kopf wieder den Boden erreicht hat.
Bis dahin vergeb ich erstmal
6-10/10/10/10/10/10...
PS: Ich frag mich ob die Schauspieler so recht wussten, was sie da eigentlich spielen. Aber wahrscheinlich sind sie gerade deshalb so gut, weil sie es nicht wussten.
"And in that moment, I swear we were infinite."