JackieZ hat geschrieben:Was du jetzt mit zuordnen von Begriffen meinst, verstehe ich nicht so ganz. Wenn wir es ganz einfach ausdrücken, kritisierst du doch den Originalstoff und ich lobe die story, die aus der angenommen "schwachen" Vorlage entstanden ist. Korrigiere mich, wenn ich das falsch verstehe...
logan99 hat geschrieben:Und zum Thema Story. Für mich verbinde ich damit die Handlung, welche uns erzählt wird. Wenn du dich aufs Storyboard berufst (was die visuelle Umsetzung des Stoffs beinhaltet), dann hast du eben meine Kommentare den falschen Begriffen zu geordnet. Ich hab von dir zumindest im Ausagangskommentar nichts von Drehbuch oder Storyboard gelesen.
Uaah, jetzt kann ich das nicht mehr einfach überlesen.
Das ist ja schauderhaft wie ihr hier mit Begriffen aneinander vorbeihaut - wie zwei Blinde im Schwertkampf
Hier mal ein erklärender Vermittlungsversuch über das, was es in zB Manfred Pfisters oder Erika Fischer-Lichtes Schriften zur Dramentheorie (im Sinne der Gattung Dramatik, zu der Theater und Film gehören) detaillierter zu lesen gibt.
Auf der abstraktesten Betrachtungsebene ist Avatar etwas das:
Protagonist verfolgt Ziele eines autoritär expandierenden Machtapparates (Militär/Regierung/Firma/etc), wobei er mit einer primitiveren, aber moralisch unverfälschteren Kultur in Kontakt kommt, deren Lebensweise versteht, annimmt und gegen seine früheren Verbündeten verteidigt.
Das ist allerdings noch keine konkrete Story, sondern nur ein etwas spezifierter Plottypus - man beachte, dass in der Zusammenfassung Setting und Charaktere außen vorgelassen wurden und im Grunde nur die Plotpoints umrissen wurden.
Im wesentlichen ist es ein Erziehungs/Erlösungsplot, beide mit leicht unterschiedlichen Nuancen dadurch gekennzeichnet, dass hier ein Protagonist in Konflikt mit seinem bisherigen Lebensentwurf und Wertesystem gestellt wird, bis er erkennt, dass die bisher verfolgten Ziele nicht wirklich seinen persönlichen Bedürfnissen und Vorstellungen entsprechen und er sich schließlich zu einer positiven Neuausrichtung entschließt, die er dann gestärkt durch ein wieder intaktes Wertegefühl kämpferisch durchzusetzen versucht.
Das ist der gleiche Plottyp wie bei "Last Samurai" oder "Der mit dem Wolf tanzt". Unterschiedliche Settings, Charaktere und Handlungsverläufe, aber gleicher Plottyp und somit ähnlich gesteckte Plotpoints.
Darin erschöpfen sich dann aber auch schon die Gemeinsamkeiten.
Story als Begriff umfasst die Abfolge aller (!) Ereignisse und Konstellationen der Handlung und in ihrer Bewertung auch deren Plausibilität innerhalb der fiktiven Welt (siehe oben das recht passende MI:2 Beispiel).
Falsch verwendet wird hier aber auch der Begriff Storyboard. Ich würde mich sehr hüten überhaupt damit zu argumentieren, weil das von Projekt zu Projekt sehr unterschiedlich eingesetzt wird und bereits nicht mehr im Arbeitsbereich des Drehbuchautors liegt, sondern sich eher mit Regiefragen auseinandersetzt. Zudem hat nichtmal jeder Film ein Storyboard. Das ist eine optionale Planungskomponente für die Pre-Production-Phase und deutet bereits die performativen Aspekte an (sinngemäß die performance oder Darstellung und Schauspiel). Die sind für eine Storybetrachtung komplett irrelevant.
Eine Originalstory gibt es auch nur bei adaptierten Drehbüchern. Avatar ist jedoch ein Originalscript, das auf keiner konkreten literarischen oder filmischen Vorlage basiert. Da kann ich nur mutmaßen, ob du von Plottyp und Genre gesprochen hast? Oder - eng verwandt damit - die Prämisse?
Die reine Story/Handlung und die Umsetzung dessen ins Gesamtbild des Films (in Verbindung mit Emotionen, Fragen, Charakterbildung etc.) sind zwei paar Schuhe.
Und wieder die Pinata verfehlt.
Was du meinst ist der Plot als reine Abfolge von Handlungsereignissen im Sinne der reinen Struktur. Nur funktioniert das argumentativ überhaupt nicht, weil in jedem gut gemachten Drehbuch und Filmstoff der innere wie äußere Konflikt zwischen rationalen und emotionalen Motivationen der Charaktere den Motor der Handlung darstellt. Blendet man Charaktere und ihre Handlungsbeweggründe aus, kriegt man vielleicht noch den Plottyp hin, aber alles was mehr ins Detail geht ist ohne diese Komponenten nur noch eine schwer lückenhafte Betrachtung.
Bei dem Punkt Fragen der Handlung geht es dann gar nicht mehr ohne, denn genau die bilden doch die Dramaturgie, also die dramatische Grundstruktur des Films, oft auch als Spannungsbögen bezeichnet. Da kommt man nichtmal mehr im Plottyp ohne aus, weil die Kernfrage des Films bereits im ersten Akt mit dem sogenannten inciting incident (auslösendes Ereignis) eingeführt und mit dem ersten Plotpoint unweigerlich mit dem Protagonisten verknüpft wird. Auch Subplots, von denen fast jeder Film mehrere hat, sind nie völlig von der Haupthandlung isolierbar. (Im Idealfall initieren die nämlich einen späteren Plotpoint, aber das würde jetzt zu weit führen - "Vergiss Mein Nicht" wäre da ein Musterbeispiel von Subplotverflechtung).
So ich glaub das wär erstmal das gröbste.
Nehmt mir die belehrende Art nicht krumm, diese Begriffe werden selbst von etliche Kritikern noch schwammig, fehlerhaft synonym oder schlicht falsch verwendet. Und diese Begriffe sind auch keine private Auslegungssache, wenn man mit denen argumentieren will. Das Schrifttum zur Dramaturgie erstreckt sich über mehrere Jahrtausende und in Kultur-, Literatur- und Filmwissenschaft werden die inzwischen weitgehend einheitlich verwendet und abweichende Defintionen nur mit guter Begründung gebraucht.