- Mi 10. Nov 2010, 11:33
#906063
Rotztriefend hab ich gestern den Tag unter der Decke verbracht und hatte so viel Zeit für Filme:
Toy Story 3
Auch im dritten Anlauf werd ich mit den Charakteren einfach nicht warm, auch im dritten Anlauf gibt man uns erneut den Grundtenor: altes Spielzeug wird irgendwann von jedem Kind abgelegt - wie traurig für die armen Spielsachen. Das ganze "aber wir müssen zurück zu Andy, weil sein Name unter unseren Füßen steht" hat mich schnell etwas genervt und das hypersentimental-trändrüsige Ende schließlich entnervt. Ich wills niemandem spoilern, aber das war eine extrem aufgesetzte und unglaubwürdige Abschiedsschmalzszene, bei der man echt die volle Disney-Familiengroßpackung Puderzucker in den Arsch geblasen bekommt. Immerhin: zwischen diesen Ätzpolen zu Anfang und Ende hat Toy Story 3 mit der Kindertagesstätte ein cooles neues Setting mit einer Menge witziger neuer Charaktere und es gibt auch zwei wirklich imposante Actionszenen. Technisch ist der Film auf gewohnt hohem Pixar-Niveau, obwohl der natürlich notwendige und beabsichtigte Plastiklook der Charaktere immer noch an die technischen Grenzen des ersten Teils erinnert und weniger mimisches Detail zeigt.
Die Begeisterung für Toy Story 3 kann sich mir leider nicht erschließen. Umso mehr hoffe ich doch, dass die für den dritten Teil einer nun wirklich offensichtlich ausgelutschten Grundidee nicht wieder den Animationsoscar bekommen. Vor allem nicht in einem Jahr, wo Dreamworks mich mit dem nahezu makellosen "Drachenzähmen leicht gemacht" überwältigt hat. Aber auch ohne so eine starke Konkurrenz hätte mich Toy Story 3 nicht vom Hocker gerissen. Dazu kann ich mit dem Spielzeug-Szenario nach wie vor zu wenig anfangen.
6,5/10
Splice
Da haben wir wieder die typische Hybris-Horror-Formel: Wissenschaftler überschreiten bei der Schaffung neuen Lebens ethische Grenzen, erschaffen ein Monster, das natürlich ausbrechen kann und los tickt der Bodycount.
Mööp! Falsch gedacht. Splice spielt über den ersten Akt sehr clever mit genau diesen Klischeeerwartungen und schwenkt dann doch erfreulicherweise immer wieder weg von der platten Metzelorgie. Im Zentrum steht vielmehr die zunehmend elternhafte Beziehung zur faszinierend umgesetzten und toll getricksten Kreatur Dern. Beeindruckend was heute auch mit kleinem Budget für nahtlos eingefügte Digitalkreaturen möglich sind. Mitreissend spannend wird es aber leider auch nicht. Splice will wie gesagt spürbar nicht der typische Monsterhorror sein, aber weiß auch nicht so recht adäquate Alternativen anzubieten. Trotzdem ist vor allem die erste Hälfte sehr dicht inszeniert und lässt keine Langeweile aufkommen. Gegen Ende flacht es dann aber doch leider etwas ab.
7/10
Robin Hood
Sollte ja eigentlich eher Robin Hood Origins oder so ähnlich heißen, denn im Grunde erzählt uns Ridley Scott hier die Vorgeschichte der legendären Diebesfigur. Technisch lässt Scott da wie immer nichts anbrennen, seien es intimere Szenen in mittelalterlichen Wohnstuben oder die Belagerung einer Burg - der Mann versteht sein Handwerk bestens und gibt dem Film einen authentischen Look ohne zu viel Hochglanzoptik oder übertriebene Farbfilter. Auch das Ensemble um Russel Crowe und Cate Blanchett weiß zu überzeugen. Nur warum bleibt der Film dann doch über weite Strecken eher fad und stellenweise sogar langweilig?
Da versagt leider der Erzählstoff. Der ist mit fünf umfangreichen Akten reichlich vorhanden, wirkt aber trotzdem dünn. Das liegt vor allem daran, dass es fast nie gelingt den Protagonisten auch richtig in die Konflikte einzubinden. Bei der Belagerung während des Kreuzzugs wird das noch versucht, bei der Rückkehr in England aber hat Robin viel zu wenig mit den globaleren Ereignissen und politischen Umwälzungen in England zu tun. Sehr bemüht schubst ihn die Handlung immer nur von Ort zu Ort, wo ihm die Konflikte über den Weg laufen. Dafür, dass er sich dann doch mit ihnen auseinandersetzt, muss dann seine Charakterisierung als rechtschaffen und edelmütig als einzig nennenswerte Motivationsgrundlage hinhalten. Erst für den letzten Akt schreibt man ihm dann noch per Stammbaum einen zusätzlichen Antrieb hinein. Leider zu wenig und viel zu spät. Dafür dümpelte der Mittelteil zu lange vor sich hin, waren die eher häuslichen Ereignisse in Nottingham zu abgekoppelt von den größeren Ereignissen Englands und Robin Longstrikes Rolle darin zu marginal. So fesselt der Film einfach nie an seine Charaktere und lässt sie auch kaum gravierende und große Entscheidungen treffen, die mitfiebern ließen. Schade um die tolle Produktion, aber der Erzählstoff lässt einfach zu wenig Spannung aufkommen.
6,5/10
Body of Lies - Der Mann, der niemals lebte
Ridley Scott die Zweite. Erfreulich unpatriotischer Thriller um den Krieg gegen den Terror, verglichen mit Green Zone weniger von militärischer Seite sondern eher auf die CIA angelegt. Realistisch sind wohl beide nur sehr bedingt, aber gerade Body of Lies schafft es trotz fast zu vieler twists & turns ein fesselndes "denkbar wäre es doch" im Spiel zu halten, brisant zu bleiben und seine Charaktere dabei stark aufspielen zu lassen. Neben DiCaprio überzeugen hier vor allem Russel Crowe als CIA Abteilungsleiter, der aus dem strahlenden US-Suburbia per Telefon eiskalt Agenten und Informanten im Feld fallen lässt, während er seiner Tochter beim Fußballspielen zuschaut; und Mark Strong, der als verbündeter Geheimdienstchef besonders starke Szenenpräsenz geschrieben bekam. Verglichen mit dem brachialen Greenzone-Klimax bleibt das Ende von Body of Lies recht unspektakulär - leider auch einen tick unbefriedigend. Dennoch ist der Gesamteindruck stärker.
8/10
Achja, am Wochenende waren ja auch noch zwei Filme:
Youth in Revolt
Michael Cera in Doppelrolle als typischer Nerd-Schüchterling, der wie er glaubt die Frau seiner Träume aber immer ans selbstbewusstere Arschloch verlieren wird, und sein neu gezüchtetes bad boy alter ega, das genau das nicht zulassen will. Nette Grundidee, die auch ein paar sehr amüsante Szenen bringt, aber darüber hinaus nicht den ganzen Film alleine tragen kann. Für eine Comedy waren es so zu wenig Lacher, für eine gelungene Teenromanze war zu wenig glaubhaftes Gefühl drin. Trotzdem unterhält der Film vor allem dank einiger erfrischender Nebenrollen überraschend gut.
7/10
Nightmare on Elmstreet 2010
Reboot nach Formel: Schlagzahl der Tode erhöht, Alpträume kürzer und knalliger inszeniert, Fokus massiv auf erschrecken statt gruseln. Spannend blieb es allemal, aber etwas mehr Suspense hätte sich der Film schon behalten können. So werden immerhin alle modernen Standards eines sauber und straff inszenierten Horrorschockers erfüllt - nur Originalität darf man nicht erwarten.
6,5/10
"And in that moment, I swear we were infinite."