CageMit amazon Prime gesehen, weil die Beschreibung einen alten Perversling wie mich natürlich gleich hellhörig werden lässt:
Zitat:
Seattle chat lines worker Gracie Blake decides to accept an offer from one of her clients for a 'one night only' personal visit. An offer that will leave Gracie imprisoned in a cage, somewhere in America... fighting for her life.
Wenn das nicht der sinnloseste Film aller Zeiten war, weiß ich auch nicht

Eigentlich qualifiziert es sich noch nicht mal als Film, abgesehen davon, dass er mit einer Kamera aufgenommen wurde.
Man weiß gar nicht, wo man anfangen möchte. Abgesehen von der Anfangsszene spielt der Film komplett in einem leeren, grauen Flugzeughangar. In dem steht ein Käfig (aus Holzlatten), darin eine Pritsche und Gracie. Das ist schon die ganze visuelle Bandbreite, die der Film zu bieten hat: Grauer Hintergrund, ein paar Holzlatten, eine Pritsche aus Metall und die Hauptdarstellerin. Falls der Film einen Soundtrack hatte, ist er mir nicht im Gedächtnis geblieben; manchmal hört man Flugzeuge im Hintergrund, das ist schon die größte Abwechslung. Und weil es echt überhaupt keinen Grund gibt, sich diesen Streifen reinzuziehen, spoiler ich ihn auch einfach mal komplett.
Gracie wacht also in ihrem Lattenkäfig auf und weiß nicht, wie sie dort hingekommen ist. Sie hat ihr Bettchen, ihre Klamotten, ihre Handtasche, ihr Handy und Essen und Trinken für ne Woche. An der Stelle denkt man noch, hier könnte sich was entwickeln. Tut es aber nicht. Sie kommuniziert mit ihrem Entführer über ihr Handy. Die einzige Bedingung, die er stellt, ist dass sie nicht die Polizei anrufen darf. Ansonsten verbringt sie die Zeit mit warten. Warten auf was? Tja, keine Ahnung. Es passiert nämlich nichts. Es gibt den halbherzigsten Versuch der Filmgeschichte, aus ihrem Lattenhaus zu entkommen (indem sie ein bisschen lustlos an dem Zahlenschloss herumfingert, das an der Tür hängt), davon abgesehen liegt sie viel auf ihrer Liege und sippt hin und wieder ein Schlückchen Wasser – und hängt natürlich an ihrem Handy, telefoniert mit ihrem Bruder (vielleicht war es auch ihr Freund, ich weiß es nicht so genau), mit ihrer Mutter, zwischendrin dann doch mal mit der Polizei und mit ihrem Entführer … und damit hat man den Film eigentlich schon beschrieben.
Handlung und Entwicklung sind quasi nicht vorhanden. Der Entführer kündigt sich ein paar mal an, taucht dann aber nicht auf (Gründe unbekannt). Einmal taucht er doch auf (natürlich während Gracie schläft und der Zuschauer nichts davon mitbekommt, damit man keinen zweiten Darsteller bezahlen muss, versteht sich von selbst), nimmt ihr ihr Handy ab und hinterlässt einen Zettel. Ein paar Tage später kriegt sie ihr Handy dann wieder. Und davon abgesehen passiert einfach mal
nichts. Sie erzählt ihrem Bruder (oder ihrem Freund) von der Entführung, ihrer Mutter aber nicht. Dafür erzählt ihre Mutter ihr, dass ihr Vater einen Schlaganfall hatte und im Krankenhaus liegt. Später stirbt er dann. Ist das irgendwie von Belang für den Film? Löst es irgendeine Veränderung in Gracie aus? Erfüllt es überhaupt einen Zweck, außer einen Teil dieser schrecklich langen 80 Minuten zu füllen? Nein. Das Mädel heult nur ein bisschen vor sich hin; an ihrer nicht vorhandenen Motivation, sich irgendwie aus ihrer Lage zu befreien (oder es wenigstens zu versuchen), ändert sich selbst dadurch gar nichts.
Nur um das zu rekapitulieren, abgesehen von dem Zahlenschloss (das man allein durch blindes Ausprobieren innerhalb von ein paar Stunden würde knacken können) wird sie von ein paar alten Brettern gehalten. Während ihr Bettgestell aus Metall ist. Jedem halbwegs vernünftigen Menschen würde es wahrscheinlich in ein paar Minuten gelingen, so ein paar Latten rauszuhebeln und abzuhauen. (Gut, sie hat auch noch eine Kette am Fußgelenk, aber erst mal aus dem Käfig herauszukommen, wäre ja schon mal ein Fortschritt.)
Aber Gracie macht einfach
nichts. Abgesehen davon, manchmal mit dem Zahlenschloss herumzuspielen. Sie versucht es nicht mal. Also nicht mal so ein
bisschen, wenigstens als Alibi um dem Zuschauer zu zeigen: Sie kommt da nicht raus und wird immer verzweifelter! Ist das nicht eine schreckliche Lage! Sie sitzt nur herum und wartet und so tut der Zuschauer das gleiche: Sitzen und warten, auf irgendeine Handlung, auf irgendein Ziel, irgendeine Motivation, irgendwas, das dem Film ein bisschen Substanz verleihen würde.
Ich hab ja nicht mal erwartet, dass der Film besonders gut ist. Aber dass man nicht einmal versucht, einen guten Film zu machen, das ist echt kurios. Normalerweise kränkeln solche Machwerke an schlechten Schauspielern, billiger Produktion oder unglaubwürdigem Drehbuch, aber hier … hier gibt’s einfach nichts. Man kann noch nicht mal erkennen, was eigentlich die Idee hinter der schlechten Ausführung sein soll. Man erfährt nichts über die Figuren. Es gibt keine charakterlichen oder sonstigen Entwicklungen. Keine Motive, die sich durch den Film ziehen. Da ist nur Leere. Leere, Leere und Leere.
Zwei Highlights hat der Film, die ich mal nicht unerwähnt lassen möchte. So ungefähr an Tag sieben oder acht im Käfig, kriegt Gracie einen Anruf vom Entführer. Von wo aus ruft er an? Aus einem Flugzeug. Am 11. September 2001. Kurz, bevor es abstürzt. Ja, leider kommt der Entführer (über den wir den ganzen Film über genau gar nichts erfahren, nicht einmal, warum er Gracie eigentlich unbedingt tagelang in einem Käfig warten lassen möchte) bei den Terroranschlägen vom 11. September ums Leben. Ich bin nicht sicher, ob man damit clever sein wollte oder ob ihnen einfach nichts Besseres eingefallen ist (aber ich tendiere zu Letzterem), jedenfalls ist der Entführer damit weg vom Fenster und kann Gracie natürlich nicht mehr befreien.
Das war das eine Highlight. An dem Punkt sollte man meinen, dass aber doch bestimmt
jetzt Bewegung in Gracie kommen müsste. Entführer tot, kein Mensch weiß, wo sie ist, aber sie hat ja ihr Handy – wäre nicht jetzt ein guter Zeitpunkt, wirklich die Polizei zu informieren? Die Antwort ist natürlich: Nein. Warum? Keine Ahnung! Aber zumindest ihr Bruder (oder Freund, wen interessiert’s) sucht nach ihr … wie auch immer er das macht, nachdem er überhaupt keinen Anhaltspunkt hat, wo sie sein könnte. Und Gracie siecht so lange dahin, Essen und Trinken ist ihr ausgegangen, es geht ihr gar nicht gut. Die Tage vergehen, sie spielt hin und wieder mit dem Zahlenschloss und telefoniert selten mal mit ihrem Bruder. Kein Grund für Stress und so. Bis sie dann – so gut wie verdurstet – das Schloss doch tatsächlich aufbekommt. Sie schleppt sich aus dem Käfig zu einem Tisch mit Vorräten (warum steht der da? Keine Ahnung!), kann ihn aber natürlich nicht erreichen. Wegen der Kette am Fußgelenk, mit der sie sich kein einziges Mal beschäftigt hat. Zu dem Zeitpunkt sind 14 oder 15 Tage seit ihrer Entführung vergangen. Da ist ja nachvollziehbar, dass sie für solche Überlegungen einfach noch keine Zeit hatte.
Man sieht also das Ende schon kommen, aber zum Glück entdeckt sie einen Aufkleber mit einer Adresse (Warum? Keine Ahnung!). Und ruft ihren Bruder an, der sich natürlich prompt auf den Weg macht (Warum er nicht wenigstens jetzt die verdammte Polizei einschaltet, während seine Schwester (oder Freundin, aber wen juckt’s!) buchstäblich am verdursten ist und jede Minute zählt? KEINE VERFICKTE AHNUNG!). Aber – und hier kommt Highlight Nummer zwei, weil sich die Macher wohl dachten, sie müssen die Absurdität der Situation noch mal überbieten – als Gracie ihn anruft, um zu fragen, wo er bleibt, da gerät er live am Handy in … eine Polizeikontrolle! Weil er zu schnell gefahren ist! Ein paar Minuten von dem Hangar entfernt. Ach, Schock und Schwerenot!
Die Polizei hält ihn an und Gracie legt auf und schließt für immer die Augen. Auf dem grauen Boden im leeren Hangar. Sie stirbt so unmotiviert, wie sie gelebt hat. Und grau und leer fühlt man sich auch als Zuschauer, wenn dann der Abspann rollt. Grau und leer, aber auch ein bisschen erlöst, weil es doch wenigstens vorbei ist. Vielleicht so wie Gracie sich gefühlt hat, auch wenn man es nicht so genau sagen kann, weil Schauspielerei leider nicht zu den Stärken ihrer Darstellerin gehört.
Unterm Strich gebe ich diesem “Film” knappe aber verdiente: 0/1.