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von rosebowl
#1374599
baumarktpflanze hat geschrieben: vor allem die Frage: Ist Reue bei einem Menschen, die von außen gefördert wurde, eigentlich auch noch eine ehrliche Reue?
Klar, warum nicht? Manchmal sind die Menschen in so einer Spirale, leben mit völligen Scheuklappen und kommen aus ihrer Situation einfach nicht mehr raus, nehmen teilweise schon gar nicht mehr wahr, wie tief sie drin stecken. Und wenn dann von außen ein Anstoss kommt, der dafür sorgt, dass derjenige mal wieder zum reflektieren kommt und tatsächlich merkt, was er für Mist gebaut hat, kann das durchaus in ehrlicher Reue münden. Von außen befördert heißt ja nicht automatisch, dass man sich nur reuig zeigt, um bei Richter/Bewährungshelfer/Therapeut/wem auch immer gut dazustehen, auch wenn es das natürlich auch oft gibt...
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von baumarktpflanze
#1375166
Schauspieler Birol Ünel gibt der Wochenendbeilage der Süddeutschen Zeitung ein Interview zum Thema Rausch.
Birol Ünel hat geschrieben:Sucht beginnt mit dem inneren Zwang zu berauschenden Momenten. Dem Zwang zum Beispiel, eine Flasche zu nehmen und sich aus dem Alltag auszuklinken.Dann ist Besoffensein Rückzug. Ich bin ein Mensch, der das manchmal braucht. Nach einem großen Erfolg vor zehn Jahren habe ich mich allein nach Spanien zurückgezogen. In ein einsames Haus in der südlichen Sierra Nevada. Meine einzige Gesellschaft waren ein paar Ziegen. Wenn ich ab und zu drei Tage lang nur saufe, will ich mich genau so ausklinken. Ich habe gestern erst wieder bewusst beschlossen, drei Tage lang zu saufen. Ich war auch vor langer Zeit verrückt nach Adrenalinkicks, voll im Sportrausch. Damals wollte man mich weiter fördern, aber ich habe Nein gesagt. Diese Art von äußerer Disziplin macht den Spaß am Rausch kaputt. Der perfekte Rausch ist ein ungesunder Zustand, erwas, das einen komplett gefangen nimmt.
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von Basil
#1414409
„Die Menschenfreundlichkeit der vor mir automatisch aufgehenden Tür“
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von Basil
#1414822
„Sobald sich die Menschen in ihrem geographischen, geistigen und sozialen Raum beengt zu fühlen beginnen, droht die Gefahr, dass eine einfache Lösung sie besticht: nämlich einem Teil der Gattung die Eigenschaft des Menschseins zu verweigern. Einige Jahrzehnte lang werden sich die Anderen wieder frei bewegen können: doch dann muss eine neuerliche Vertreibung vorgenommen werden. […] Denn jene systematische Abwertung des Menschen durch den Menschen breitet sich immer weiter aus, und es wäre heuchlerisch und gewissenlos, das Problem da durch wegzuwischen, dass man es mit einer ansteckenden, vorübergehenden Krankheit entschuldigt."

Das steht in "Traurige Tropen", einem persönlichen Reisebericht des Philosophen und Ethnographen Claude Levi-Strauss. Während der Pegida-Debatte schwirrten mir die Zeilen manchmal durch den Kopf.