- Di 9. Apr 2019, 21:48
#1530835
Puh, jetzt wirds happig. Ich kam ja gestern nicht dazu und habe heute nur die Namen gelesen, die hier etwas abgesondert haben. Fand ich sehr beunruhigend, war dann aber doch nicht so schlimm.
Zum allgemeinen Promi-Diskurs:
Ich liebte ja Woody Allen. Mir fällts da aber auch total schwer noch unbekümmert Filme zu sehen oder seine Kurzgeschichten zu lesen. Bei ihm finde ich es besonders erschreckend, weil große Teile Medien sich dem kaum annahmen und es auch heute noch hinten rüberfällt. Da gab es Indizien, ärztliche Untersuchungen und sogar Gerichtsbeschlüsse, aber an dem Bild in der Öffentlichkeit hat es kaum etwas geändert. :?
Der Fall ist übrigens im Zusammenhang mit manchen Falschaussagen/fehlerhaften Erinnerungen aus der Jackson Doku interessant. Bei den Bescheibungen von Allens Tochter sollen manche örtlichen Details nicht stimmen, was dann gerne als ultimativer Beweis gehandelt wird. Muss aber nichts heißen und kann genauso gut ein Teil eskapistischer Auswüchse sein.
Bei Filmen, die von Weinstein produziert wurden, fällts mir nicht so schwer. Da sehe ich das Problem nicht eindeutig, weil er eher sekundär auftritt.
Und das im diesem Fall, bei einem Prozess, in dem fast jeder der Geschworenen und auch der Richter selbst überzeugt waren, dass er Kinder sexuell missbraucht hat. Ob das nun die überaus detailreichen Aussagen des Jungen von 1993 oder auch die Aussagen des Jungen aus dem Jahre 2003 waren. Da schien es auch überaus verstörtes Videomaterial gegeben zu geben. Und da hat sich übrigens auch der Therapeut an die Polizei gewandt und nicht etwa die Familie. Und noch ein kleiner, gar nicht mal so [fun], Fun-Fact am Rande: Bei diesem Prozess kam auch erstmals zur Sprache, dass er sich '93 "freigekauft" hat und es nicht ohne Weiteres zu keinem Prozess kam. Die Falschaussagen und der Mangel an konkreten Beweisen haben zum Freispruch geführt. Nicht mehr, nicht minder.
Es gibt zuhauf Dokumentationen, die pro Jackson sind. Gerade nach dessen Tod gabs doch kaum kritische Stimmen. Da werden die Prozesse nur nebenbei erwähnt und die mutmaßlichen Opfer schlecht, oder gar verantwortlich für dessen vorzeitiges Ableben, gemacht. Und wie du schon schriebst, will die Dokumentation nicht die Unschuld Jacksons beweisen. Nenne es meinetwegen einseitig oder bewusst manipulativ, aber das zeigt dann eben auch eine starke Tendenz und das nicht zugunsten mutmaßlicher Opfer.
Die ganze Dokumentation ist nicht eine reine Anklage gegen Jackson, sondern schlicht auch eine Art Lehrstück* (<- ich weiß, dass mir das um die Ohren fliegen wird, nehmt es als Polemik oder versucht das Sternchen zu verstehen; s.u.), das zeigt, wie es zu solch einem Missbrauch kommen kann und weshalb so etwas spät erkannt wird, obwohl es wahnsinnig viele konkrete Anzeichen dafür gibt. Es gibt Gründe, weshalb Kinder schweigen oder sich gar erstmal auf die Seite des Peinigers schlagen (gerade auch im Fall Jacksons sind die Erklärungen ganz und gar nicht unplausibel) und Eltern so reagieren, wie sie reagieren - das Handeln der Eltern sollte man übrigens immer mit Distanz zu dem der Kinder betrachten und nicht alles in einen Topf werfen. Will damit sagen: Auch Eltern können scheiße sein, sich zwielichtig verhalten und trotzdem Kinder haben, die sexuell missbraucht wurden. Sowas geht dann eben immer auf die Rechnung der Opfer, wie eben alles, wenn es zu keinem klaren Urteilspruch kommt. Der mutmaßliche Täter wird hier von vielen gleich reingewaschen.
Das gibt es eben auch wahnsinnig selten, dass man einfach mal komplett vorwurfsfrei die mutmaßlichen Opfer erzählen lässt - heißt nicht, dass das nicht unkritisch war. Immer wieder kamen die Fragen nach dem Verhalten der Familie und der mutmaßichen Opfer auf, aber diese wurden dann eben nicht als Vorwurf formuliert, wie es viele anscheinend so gerne hätten. Hier könnte man einfach erstmal nur zuhören und nicht gleich eine Welle schieben. Aber Pustekuchen. Ich gehe mal stark davon aus, dass viele der absoluten Kritiker die Dokumentation gar nicht gesehen haben. Da wird ja auf gar keine Aussagen eingegangen und nur mit den ganzen üblichen Anschuldigungen um sich geworfen, verhöhnt und solche Worte wie "Unrechtsstaat" ausgegraben. Ein ebenbürtiger Post meinerseits wäre sowas wie: "Ja, Michael, der alte Kinderficker. Endlich äußern sich die Opfer mal und das sich selbst und durch seine Fanboys sterilisierte Pseudoopfer a la Jackson kann sich nicht mehr so einfach mit ein paar Mille freikaufen und seine Macht spielen lassen."
Würde ich so aber aus mehreren Gründen nicht schreiben, obwohl ich (überraschenderweise) eher dazu neige den Opfern glauben zu schenken. Das ist bei dir wohl anders, aber du kommst wenigstens nicht mit solch einem Kommentar, wie er von Jörg verfasst wurde, um die Ecke, obwohl du diesen voll okay, überhaupt nicht verhöhnend und die Kritik schlüssig findest.
Ich bin dann eher auf einer Linie mit Baby, obwohl ich schon Verständnis dafür aufbringen kann, dass sich erst nach dem Tod Täter die Opfer eher öffnen und das Bedürfnis haben, sich, hier auch bedingt durch manche Falschaussagen, reinzuwaschen. Hier finde ich das in weiten Teilen auch sehr ungalant btw. Da kann ich die Kritik auch voll und ganz nachvollziehen.
Ebenso kann man auch verstehen, dass andere Kinder, die den Prozess erleben mussten und sicherlich Traumata davontrugen, sich nicht mehr der Öffentlichkeit und damit auch der Kritik und dem Hass aussetzen wollen.
*Schön finde ich ja übrigens, dass man dann ultimativ darauf pocht, dass diese Dokumentation derer schadet, die "wirklich" sexuell missbraucht wurden. Das glaube ich nicht. Ganz im Gegenteil sogar. Mal abgesehen vom Bekanntheitsgrad und dass das so in die Öffentlichkeit getragen wurde, ist dieser Ablauf so urtypisch, dass sich viele bei den Schilderungen angesprochen fühlen, sich im besten Fall öffnen und Hilfe suchen (wenn nicht schon geschehen) und Teile der Gesellschaft dafür sensibilisiert werden. Scheinen ja viele nicht nachvollziehen zu können, weshalb Kinder schweigen, den Täter schützen, ein tiefes Schamgefühl empfinden usw.
edit: Danke an eis-fuchsi. Dat is ja sogar besser, als das von mir gespeicherte.
Die Rage gäbe es so nicht, wenn die Posts nicht so eindeutig geschrieben worden wären. Das Bild ist doch komplett entrückt und hat Barbara Streisand-artige Züge.
over and out
Zum allgemeinen Promi-Diskurs:
Ich liebte ja Woody Allen. Mir fällts da aber auch total schwer noch unbekümmert Filme zu sehen oder seine Kurzgeschichten zu lesen. Bei ihm finde ich es besonders erschreckend, weil große Teile Medien sich dem kaum annahmen und es auch heute noch hinten rüberfällt. Da gab es Indizien, ärztliche Untersuchungen und sogar Gerichtsbeschlüsse, aber an dem Bild in der Öffentlichkeit hat es kaum etwas geändert. :?
Der Fall ist übrigens im Zusammenhang mit manchen Falschaussagen/fehlerhaften Erinnerungen aus der Jackson Doku interessant. Bei den Bescheibungen von Allens Tochter sollen manche örtlichen Details nicht stimmen, was dann gerne als ultimativer Beweis gehandelt wird. Muss aber nichts heißen und kann genauso gut ein Teil eskapistischer Auswüchse sein.
Bei Filmen, die von Weinstein produziert wurden, fällts mir nicht so schwer. Da sehe ich das Problem nicht eindeutig, weil er eher sekundär auftritt.
Florence hat geschrieben:Das tut die Doku auch und der Regisseur wirbt ganz offenen damit, dass Jackson Täter ist und stellt dahinter kein Fragezeichen oder will eine offene Diskussion damit auslösen, sondern will das als Fakt verstehen zu haben, und das gänzlich ohne eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Fall, sondern einzig Anhand der Darstellung zweiter Personen, die man eben auch problemlos hinterfragen kann. Warum kritisierst du das nicht, sondern störst dich, dass irgendein Fan eventuell sehr subjektiv an die Betrachtung herangeht?Mich stört diese absolut reflexartige Reaktion. Mich stören diese verdrehten Bilder, die aufgrund der Prozesse bzw. mutmaßlichen Falschaussagen, die nun mit der Doku zurückgenommen wurden, entstanden sind und nun als Argumentationsbasis herhalten müssen. Mich stört, dass immer erst danach gefragt wird, was die Eltern falsch gemacht haben oder weshalb die Kinder sich nicht so geäußert haben, wie sie es nun im Erwachsenenalter tun und man nicht einfach mal auch im Nebensatz abräumen kann, dass das eben kein lupenreiner Prozess war und es auf beiden Seiten große Zweifel gab.
Und das im diesem Fall, bei einem Prozess, in dem fast jeder der Geschworenen und auch der Richter selbst überzeugt waren, dass er Kinder sexuell missbraucht hat. Ob das nun die überaus detailreichen Aussagen des Jungen von 1993 oder auch die Aussagen des Jungen aus dem Jahre 2003 waren. Da schien es auch überaus verstörtes Videomaterial gegeben zu geben. Und da hat sich übrigens auch der Therapeut an die Polizei gewandt und nicht etwa die Familie. Und noch ein kleiner, gar nicht mal so [fun], Fun-Fact am Rande: Bei diesem Prozess kam auch erstmals zur Sprache, dass er sich '93 "freigekauft" hat und es nicht ohne Weiteres zu keinem Prozess kam. Die Falschaussagen und der Mangel an konkreten Beweisen haben zum Freispruch geführt. Nicht mehr, nicht minder.
Es gibt zuhauf Dokumentationen, die pro Jackson sind. Gerade nach dessen Tod gabs doch kaum kritische Stimmen. Da werden die Prozesse nur nebenbei erwähnt und die mutmaßlichen Opfer schlecht, oder gar verantwortlich für dessen vorzeitiges Ableben, gemacht. Und wie du schon schriebst, will die Dokumentation nicht die Unschuld Jacksons beweisen. Nenne es meinetwegen einseitig oder bewusst manipulativ, aber das zeigt dann eben auch eine starke Tendenz und das nicht zugunsten mutmaßlicher Opfer.
Die ganze Dokumentation ist nicht eine reine Anklage gegen Jackson, sondern schlicht auch eine Art Lehrstück* (<- ich weiß, dass mir das um die Ohren fliegen wird, nehmt es als Polemik oder versucht das Sternchen zu verstehen; s.u.), das zeigt, wie es zu solch einem Missbrauch kommen kann und weshalb so etwas spät erkannt wird, obwohl es wahnsinnig viele konkrete Anzeichen dafür gibt. Es gibt Gründe, weshalb Kinder schweigen oder sich gar erstmal auf die Seite des Peinigers schlagen (gerade auch im Fall Jacksons sind die Erklärungen ganz und gar nicht unplausibel) und Eltern so reagieren, wie sie reagieren - das Handeln der Eltern sollte man übrigens immer mit Distanz zu dem der Kinder betrachten und nicht alles in einen Topf werfen. Will damit sagen: Auch Eltern können scheiße sein, sich zwielichtig verhalten und trotzdem Kinder haben, die sexuell missbraucht wurden. Sowas geht dann eben immer auf die Rechnung der Opfer, wie eben alles, wenn es zu keinem klaren Urteilspruch kommt. Der mutmaßliche Täter wird hier von vielen gleich reingewaschen.
Das gibt es eben auch wahnsinnig selten, dass man einfach mal komplett vorwurfsfrei die mutmaßlichen Opfer erzählen lässt - heißt nicht, dass das nicht unkritisch war. Immer wieder kamen die Fragen nach dem Verhalten der Familie und der mutmaßichen Opfer auf, aber diese wurden dann eben nicht als Vorwurf formuliert, wie es viele anscheinend so gerne hätten. Hier könnte man einfach erstmal nur zuhören und nicht gleich eine Welle schieben. Aber Pustekuchen. Ich gehe mal stark davon aus, dass viele der absoluten Kritiker die Dokumentation gar nicht gesehen haben. Da wird ja auf gar keine Aussagen eingegangen und nur mit den ganzen üblichen Anschuldigungen um sich geworfen, verhöhnt und solche Worte wie "Unrechtsstaat" ausgegraben. Ein ebenbürtiger Post meinerseits wäre sowas wie: "Ja, Michael, der alte Kinderficker. Endlich äußern sich die Opfer mal und das sich selbst und durch seine Fanboys sterilisierte Pseudoopfer a la Jackson kann sich nicht mehr so einfach mit ein paar Mille freikaufen und seine Macht spielen lassen."
Würde ich so aber aus mehreren Gründen nicht schreiben, obwohl ich (überraschenderweise) eher dazu neige den Opfern glauben zu schenken. Das ist bei dir wohl anders, aber du kommst wenigstens nicht mit solch einem Kommentar, wie er von Jörg verfasst wurde, um die Ecke, obwohl du diesen voll okay, überhaupt nicht verhöhnend und die Kritik schlüssig findest.
Ich bin dann eher auf einer Linie mit Baby, obwohl ich schon Verständnis dafür aufbringen kann, dass sich erst nach dem Tod Täter die Opfer eher öffnen und das Bedürfnis haben, sich, hier auch bedingt durch manche Falschaussagen, reinzuwaschen. Hier finde ich das in weiten Teilen auch sehr ungalant btw. Da kann ich die Kritik auch voll und ganz nachvollziehen.
Ebenso kann man auch verstehen, dass andere Kinder, die den Prozess erleben mussten und sicherlich Traumata davontrugen, sich nicht mehr der Öffentlichkeit und damit auch der Kritik und dem Hass aussetzen wollen.
*Schön finde ich ja übrigens, dass man dann ultimativ darauf pocht, dass diese Dokumentation derer schadet, die "wirklich" sexuell missbraucht wurden. Das glaube ich nicht. Ganz im Gegenteil sogar. Mal abgesehen vom Bekanntheitsgrad und dass das so in die Öffentlichkeit getragen wurde, ist dieser Ablauf so urtypisch, dass sich viele bei den Schilderungen angesprochen fühlen, sich im besten Fall öffnen und Hilfe suchen (wenn nicht schon geschehen) und Teile der Gesellschaft dafür sensibilisiert werden. Scheinen ja viele nicht nachvollziehen zu können, weshalb Kinder schweigen, den Täter schützen, ein tiefes Schamgefühl empfinden usw.
Florence hat geschrieben:Du findest also nicht, dass Worte wie "Pseudoopfer" oder "geldgeilen, gierigen und moralisch absolut schäbigen Menschen" nicht verhöhnend sind? Oder dieses Argument, dass er kein Kinderschänder sein kann, weil er sonst ja seine eigenen Kinder missbraucht haben müsste?Neo hat geschrieben: Babys Post ist in dieser Hinsicht optimal. Jörg verhöhnt hier, aus seiner vollster Überzeugung, mutmaßliche Opfer, mit den dämlichsten Argumenten überhaupt.Ich finde weder, dass er die mutmaßlichen Opfer verhöhnt, noch die Argumente wirklich dämlich sind. Die Formulierung könnte es taktvoller sein, keine Frage, aber sich deswegen so in Rage zu schreiben wie du es in deinen Kommentaren tust, verstehe ich beim besten Willen nicht.
edit: Danke an eis-fuchsi. Dat is ja sogar besser, als das von mir gespeicherte.
Die Rage gäbe es so nicht, wenn die Posts nicht so eindeutig geschrieben worden wären. Das Bild ist doch komplett entrückt und hat Barbara Streisand-artige Züge.
over and out