#1498808
Sülters Sendepause: Blut & Sex - muss TV so krank sein?

In «The Walking Dead» wird eine gefühlte Ewigkeit ein geliebter Charakter mit einem Baseballschläger samt Stacheldraht zu Tode geprügelt. In «Game of Thrones» gehören Enthauptungen, wilder Sex, Orgien und Kinder auf dem Scheiterhaufen zum Alltag. Muss TV heute abartig sein, um zu gefallen?

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von Constable
#1498809
Interessante Frage, auch wenn ich mit deren Beantwortung hier nicht unbedingt übereinstimme.

Es ist problematisch bestimmte Elemente aus einer Serie zu streichen, nur um zu schauen was dann noch übrig bleibt – auf diese Weise eingedampft, bleibt dann in der gesamten Serienlandschaft nicht mehr viel von der oft eingeforderten Diversität übrig. Erst die Summe aller Teile ergibt das Ganze: wenn man aus einem Ferrari mal die Besonderheiten an Motor, Bremsen, Fahrwerk und Karosserie ausklammert, bleibt irgendwie auch nur ein recht einfaches Automobil übrig. Daher macht das Rausstreichen bestimmter Bestandteile für mich auch nur begrenzt Sinn.

Auch kann man sich die Frage stellen, ob die erwähnten Gewaltorgien, wilder Sex usw. eine Serie wirklich so dominieren, oder ob unsere Wahrnehmung nur immer wieder ein wenig darauf konditioniert wird. Ja, es gibt Gewalt und es gibt auch Sex bei „Game of Thrones“ - jedoch ist das weder der einzige, noch der dominierende Bestandteil der Serie. Das trifft im viel stärkeren Maße z.B. auf „Spartacus“ zu. Doch selbst dort gibt es eine Handlung abseits expliziter Darstellungen.

Meiner Meinung nach, hat sich jemand, der die Story eines „Game of Thrones“ als zweitrangig betrachtet, ein wenig zu sehr durch Sex und Gewalt blenden lassen – „und das muss man so deutlich sagen“ ;)

Auch bei „The Walking Dead“ war Gewalt anfangs nicht die Triebfeder und ganz sicher auch nicht der Hauptgrund für den Erfolg der Serie. Inzwischen hat sich die Lage da etwas verändert. Mir persönlich ging die zitierte Lucille-Szene z.B. schon deutlich zu weit und ich war tatsächlich froh, als es vorüber war.

Natürlich schadet es nicht, wie eingefordert, mal zu hinterfragen, warum man eine dieser Serien gerne schaut. Zumindest in meinem Fall hat die Antwort jedoch weder etwas mit Sex noch mit Gewalt zu tun – und auch in meinem näheren Umfeld findet sich niemand, der diese Element nicht als -wenn auch jeweils unterschiedlich interessantes- Beiwerk betrachtet.

Conclusio

Ich könnte gut mit weniger Gewalt im Fernsehen leben, akzeptiere aber, dass manchmal die Notwendigkeit besteht, wenn man eine Geschichte auf eine bestimmte Art und Weise erzählen möchte. Gegen Sex im Fernsehen habe ich so lange nichts, wie es mit beim Storytelling sinnvoll erscheint, oder bis es super-peinlich wird. (meine Partnerin dient in diesen Fällen als zuverlässiger Indikator und hat einen Sinn dafür entwickelt, wann mir etwas unangenehm wird, um dann auch rechtzeitig die Lautstärke aufzudrehen – Danke dafür ;))
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von björn.sü
#1498810
@Constable
Eine sehr interessante und tolle Sichtweise, vielen Dank dafür!
Ich stelle ja auch primär Fragen und freue mich, wenn deren Beantwortung kontrovers und vielfältig ausfällt. So kann ich auch in vielerlei Hinsicht mit dir übereinstimmen.
von Constable
#1498813
@björn: Wie das oft beim geschriebenen Wort so ist, liest sich mein Kommentar vielleicht etwas "ernster" als er eigentlich gemeint ist. Tatsächlich ist das ein sehr interessantes Thema und es ist mindestens ebenso interessant wie verschieden die Sichtweisen hier doch mitunter sind.

Die von dir angesprochene Gefahr des Abstumpens sehe ich auch. Man kann schon das Gefühl bekommen, dass es immer noch ein wenig mehr sein muss. Das ist zwar einerseits ziemlich menschlich, allerdings in diesem Fall schon auch etwas bedenklich, wenn sich mal vorstellt wo die Reise dann noch hingehen könnte. Da lohnt sich sicher eine Betrachtung über einen längeren Zeitraum...
von Quotermain
#1498831
Ich denke mal, hier ist ein Problem der Herkunft.
Diese Serien wurden doch für den amerikanischen prä-Trump Markt produziert.
Prüde Amerikaner, die im Vorgarten das Recht haben auf schwarze Einbrecher zu schießen.
Die predigen tagsüber Moral und schauen abends gerne Ärsche und wohlgeformte Brust ( warum wird Tiitteeen im Forum durch geformte Brust zensiert?) in Game of Thrones. Schwarze erschießen ist langweilig, hat man in den Nachrichten, da sieht man lieber Baseballschläger mit Stacheldraht.

In Europa locken die Ärsche doch keinen hinter dem "Throne" mehr vor. Die Kekilli hat man nebenbei schon als Dilara freizügiger gesehen.

Wenn hier der Autor von Abstumpfung redet, dann kann ich das nicht nachvollziehen. Ich sehe eher eine Verdrossenheit, keine Abstumpfung, sogar bei den Amis.
Walking Dead wankt in den Abgrund, daher die Brutalität.
von kauai
#1498950
Ich kann zwar Gamer of Thrones nicht beurteilen, da ich es noch nie gesehen habe, Walking Dead dagegen schon.

Meines Erachtens ist Walking Dead eine Drama-Serie mit Splatterszenen - nicht mehr und nicht weniger. Für ein reines Endzeit-Zombie-Szenario geht man doch recht häufig in eine gewisse Charakterdarstellung oder gar Entwicklung. Wie gut oder schlecht das gelingt, lasse ich Mal dahin gestellt, aber letztlich macht das mMn den Erfolg aus!

Wenn jetzt jemand behauptet, Walking Dead würde mehr auf Gewalt setzen um die Zuschauer bei der Stange zu halten dann kann ich das nicht nachvollziehen! Wie viele explizite Szenen hatten wir denn in 9 Folgen der 7. Staffel? Ganze 3 (Abraham, Glenn, mit Abtrichen Spencer)! Das ist nicht viel und auch nicht mehr als in vorherigen Staffeln.

Der "Glenn-Kill" diente doch dazu, Negan zu charakterisieren und dem Publikum zu verdeutlichen, daß dies ein Typ ist, der bisher in der Serie noch nicht vorgekommen ist und der eine weitaus größere Bedrohung darstellt als alle anderen, die es bisher mit den Protagonisten aufgenommen haben. Und wen man sich die "Originalszene" im Comic vor Augen hält, dann wurde sie meines Erachtens fürs TV noch etwas abgeschwächt.

Meines Erachtens gehören die Darstellung von Gewalt, Brutalität und auch Sex zu gewissen Genres dazu und ich sehe da auch kein Problem so lange es der Handlung dient. Prinzipiell weiß doch jeder, daß er bei einer Zombie-Serie irgendwann auf Splatterszenen stoßen wird und wenn man weiß, daß man diese nicht mag oder nicht ertragen kann dann sollte man dieses Genre besser meiden.

Letztlich weiß doch aber jeder, der sich das Ganze dann doch am TV gibt, dass das Ganze Fiktion ist - es sollte zumindest so sein!
von Quotermain
#1499044
kauai hat geschrieben:...Für ein reines Endzeit-Zombie-Szenario geht man doch recht häufig in eine gewisse Charakterdarstellung oder gar Entwicklung...

...Wenn jetzt jemand behauptet, Walking Dead würde mehr auf Gewalt setzen um die Zuschauer bei der Stange zu halten dann kann ich das nicht nachvollziehen!...

..Der "Glenn-Kill" diente doch dazu, Negan zu charakterisieren....
So, das stimmt soweit, es gibt aber ein großes "aber"
Die Brutalität, die die meisten von einem Zombieszenario erwarten ist doch Brutalität von/gegen Zombies.
Nicht so einen Käse wie in den letzten Staffeln von Lost, wo es ständig nur diese internen Streitereien und Gruppierungsverschiebungen/rivalitäten gab.
Soweit ist das wieder eine Parallele, wenn eine Serie zur Gewohnheit wird, muß halt was neues her.

Walking Dead Staffel X. Die letzte Folge: Figur XY wacht auf und alles war ein Traum.
Man steht auf, hört einen Rasenmäher. Die Gardine wird aufgeschoben, man sieht den Nachbarn mähen. Er dreht sich um, es ist Negan. Er grüst nett...Ende....
würg.

Jeder erwartet von Zombiefilmen Gore. Aber ich finde Walking Dead Staffel 1 ist mehr "Zombie", als heute.
Das jetzt ist es Soap mit Gore.
kauai hat geschrieben: ...Und wen man sich die "Originalszene" im Comic vor Augen hält, dann wurde sie meines Erachtens fürs TV noch etwas abgeschwächt....
Bildhaftigkeit in Comics ist aber bei Weitem etwas anderes, als wenn es in bewegten Bildern mit "echten" Menschen passiert.
kauai hat geschrieben: ...Prinzipiell weiß doch jeder, daß er bei einer Zombie-Serie irgendwann auf Splatterszenen stoßen wird und wenn man weiß, daß man diese nicht mag oder nicht ertragen kann dann sollte man dieses Genre besser meiden.....
Das ist nun aber ein wenig schlicht zu sagen: Nur die Harten kommen in den Garten, wer es nicht aushält....
Damit kann man ja jeden "Quatsch" schönreden, das es den anderen nicht gefällt.
Das machen sie ja schon bei jedem Wagnerfestspiel, das muß jetzt nicht noch im Zombiemilieu passieren.

Ich muß aber sagen, daß ich von "Walking" nichts mehr erwarte.
Vor ein paar Wochen noch "Dawn of the Dead" (beide, also auch das Remake) gesehen.
Das ist eine ganz andere Liga.
Da kann man eher nochmal 28 days later anschauen.