#1509432
Das Ende von «LOST» hält einer verkorksten Gesellschaft unbewusst den Spiegel vor - und ist nebenbei viel besser als sein Ruf

Für viele Genrefans war «LOST» sechs Jahre lang die Serie überhaupt. Das Ende jedoch scheint den positiven Eindruck weitestgehend zunicht gemacht zu haben. Doch zurecht? Wie gestaltet sich das Erbe der Serie sieben Jahre nach Ausstrahlung der letzten Episode?

» http://qmde.de/95263
von Nr27
#1509433
Eigentlich fand ich das Ende nicht schwer zu verstehen - aber sonderlich gut war es trotzdem nicht. Vor allem wurde es dem Rest der Serie kaum gerecht. Daß nicht alle Mysterien aufgelöst wurden, fand ich gar nicht so schlimm (wenngleich ein paar Sachen definitiv eine Erklärung verdient gehabt hätten ...), aber dramaturgisch wirkte das Ende auf mich ziemlich banal, womit es eben der Komplexität der vorherigen sechs Jahre entgegenstand.

Trotzdem: Ich habe "Lost" sechs Jahre lang geliebt, daran ändert ein enttäuschendes Ende auch nichts.
#1509438
In den letzten 7 Jahren hat wohl schon jeder Lost-Fan genug über die Serie geschrieben, weshalb ich gar nicht alles zusammen bekommen würde. Deshalb nur so viel:
Würde dem Autor jetzt nicht unbedingt beipflichten. Klar kann man sich immer darüber streiten, ob die Zuschauer dumm sind, oder das Produkt einfach nicht gut.
Allerdings halte ich es immer für sehr einfach dem Zuschauer den schwarzen Peter in die Hand zu drücken.

Erwartungen zu wecken, mit ihnen zu spielen, sie zu erfüllen oder mit einer Überraschung zu zerstören ist wohl die eigentliche Kunst eine gute Geschichte herzuleiten.
Die Zuschauer damit allerdings alleine zu lassen und das mit einer Hintergrundstory, die einem, meiner Meinung nach, kein nachvollziehbares Grundgerüst gibt, halte ich einfach für einen Mangel....
Für mich selber ist es einfach bad stroytelling, wenn ich in einer "Kriminalgeschichte" Leser habe, denen ich Hinweise gebe, die ich rätseln und gieren lasse und dann, 10 Seiten vor Schluss, den Mörder einführe. Das ist so ein alter Groschenromantrick, auf den Lost zurückgegriffen hat, in dem die ganze Jakob Storyline am Ende eingeführt wurde.

Sprich, alle Erwartungen, alle Entwicklungen, die Leben, um die es in Lost ging, um die Figuren, welche sich bis dahin entwickelt haben, waren ab dem Zeitpunkt für mich, mehr oder weniger, bedeutungslos. Hätten sie die Luke halt nicht gefunden, hätte Sawyer eben niemanden erschossen und wäre Autohausverkäufer geworden, wäre Richard zum Strand gelaufen und hätte den Leuten erzählt was Sache ist...hätte hätte hätte.
Klar, es ging nicht, weil Jakob das eben nicht wollte und die Insel ist halt so, weil sie so ist.

Es hat sich jetzt halt nicht wie ein episches Ende angefühlt und ich glaube, dass der Trick hinter einer genialen Geschichte der ist, dass am Ende dem Zuschauer auch bewusst wird, dass er hier gerade was geniales gesehen hat.
Glaube den meisten Zuschauern ist am Ende aber einfach nur aufgefallen, dass das einfach nur uninspiriert, chaotisch und streckenweise nicht nachvollziehbar war. Denkmuster hin oder her...

Aber natürlich ist das alles Geschmackssache. :)


Bekomme jetzt aber auch Lust mal wieder ein paar Folgen zu sehen
von Sentinel2003
#1509439
Soooooviel Werbung für die angeblich "Beste Serie der Welt" momentan: "Game of Thrones" hatte damals leider nicht mal "LOST"!!
#1509448
LittleQ hat geschrieben:und ich glaube, dass der Trick hinter einer genialen Geschichte der ist, dass am Ende dem Zuschauer auch bewusst wird, dass er hier gerade was geniales gesehen hat.
Hab ich selten so treffend auf den Punkt gebracht gelesen :!:

Mein Problem mit Lost (und einigen ähnlichen Serien, wobei kaum in diesem Ausmaß): Wer Erwartungen aufbaut, sollte diese auch bedienen. Es ist ein Versprechen an den Zuschauer, zu sagen "Da kommt noch was!" und ein Bruch mit dem Zuschauer, viel später nachzuschieben "Nee, doch nicht." Lost hat das gemacht, häufig und gezielt. Nicht nur in der Serie selbst, sondern auch multimedial darüber hinaus. Da wurde immer das Mysterium befeuert, immer die Geheimnisse hervorgehoben, um den Zuschauer bei der Stange zu halten. Und das wurde dann nicht bedient.

Das Ende (Jenseits, Himmelspforte und so) ist ja gar nicht das Problem. Das scheinen irgendwie nur jene, die es verteidigen häufig zu glauben. Das Problem ist all das, was das Ende nicht ist.

PS: ich finde diese "die Zuschauer waren zu blöd, aber Ich habs alles kapiert"-Schreibe relativ unangenehm.
#1509450
AlphaOrange hat geschrieben:PS: ich finde diese "die Zuschauer waren zu blöd, aber Ich habs alles kapiert"-Schreibe relativ unangenehm.
Das ist aber wirklich nett formuliert. Mich hat das heute schon sehr geärgert, weil das einfach Küchenpsychologie hoch10 und das zumindest bei LOST doch absolut deppert ist.

Ich freue mich über die Kommentare. Hatte heute morgen schon zwei mal zu einem Post angesetzt und diese dann nochmal komplett verworfen, weil ich nicht schon wieder nörgeln wollte und keine Lust auf Leute hatte, die mir erklären wollten, wie genial die Serie doch in allem ist. Hatte es auch gerade noch mit einem Freund davon und ohne dieses Eventfeeling blieb da nicht viel und vor allem nichts, was ich als "genial" bezeichnen würde. Allein schon die Charaktere waren alle samt blöd und klischeebeladen (empfand ich damals natürlich auch nicht so extrem, aber gerade mit Abstand und den ganzen anderen Serien mit genialen Charakterzeichnungen, ist LOST doch wirklich möh). Ansonsten schließe ich mich allem an, was LittleQ und Alpha bereits schrieben.
#1509452
Neben dem sehr bescheuerten ende ( und das hat nix mit den Zuschauern zu tun die angeblich zu dumm waren es zu kapieren ) gab ich damals schon und auch noch heute den Machern die schuld daran, das die Serie LOST auch immer mit enttäuschten Fans in verbindung gebracht wird.

Ich kann mich noch an zich Interviews so in der Zeit zwischen Staffel 3 und 4 erinnern wo bereits erste kritische Töne den unzähligen aufgewirbelten Fragen aufkamen.
Da wurden die Macher nicht müde immer wieder zu betonen das man für alles einem Masterplan habe.

Darauf stürzten sich die Hardcore LOST Fans auch dann erbittert als der Serien in Season 5 und 6 schon deutlich die Luft ausging.

Nach dem Motto " egal ich bekomm meine Antworten die Macher haben es versprochen".

Und dann kam halt dieses bescheuert Ende welches einfach nur hingerotzt wirkte und überhaupt nicht nach Masterplan sondern eher nach Notlösung um sich aus der ganzen Misere zu ziehen.

Da kann ich sehe für verstehen warum die Fans pissig waren und es bis heute sind.
Und das von den Machern bis heute keiner wirklich die Eier hatte mal zu zugeben das man da scheiße gebaut hat sondern immer wieder gejammert wird das die Fans letztendlich schuld sind weil sie sich in Theorien usw. Selbst so hochgepusht hätten ist bis heute der größte Witz am ganzen.


Game of Thrones wird letztendlich das gleiche Problem haben. Nicht weil die Macher vorher schon vom epischen Ende reden sondern weil sich hier die Millionen Fans wirklich zu sehr hochpushen, so dass ganz egal wie episch das serienfinale dann werden wird schon jetzt feststeht das es viele enttäuschen wird, weil sie in ihrer Fantasie sich längst ein eigenes zurecht gelegt haben.

Und das dann noch die enorme Wartezeit ( mindestens ein Jahr wenn nicht sogar zwei) dazwischen liegen wird, haben die Hardcore Fans bis dahin jede erdenkliche Handlung bis zum Erbrechen dann durchgekaut.
#1509455
Eine super Serie mit einer finalen Staffel, die ihre Charaktere würdigt und nahezu inhaltlich komplettiert und den Storyverlauf seit Staffel 1 zu krönen weiß.

Wer LOST nicht mag, hat Pech gehabt - allein fehlt es immer an Begründungen, die Sinn ergeben. So ist dieses "viele ungelöste Rätsel/Mysterien"-Thema überhaupt gar keines, da von der überbordenden Fülle derer gerade mal eine handvoll komplett unangetastet bleiben.
Und wer sich beschwert, dass bei einer Mysterie Serie das Hauptaugenmerkjeder Folge auf Rätsel liegt, der sollte das Genre halt nicht anfassen.

ps:
Das dümmste für mich bei Lost waren der Walt~ und der Dogan-Plot, aber das konnte ich verschmerzen.
von Constable
#1509465
"Und das von den Machern bis heute keiner wirklich die Eier hatte mal zu zugeben das man da scheiße gebaut hat..."

Tja, genau solche Aussagen sind besonders amüsant. Die Autoren hätten demnach doch gefälligst einzusehen, dass ich (und die gefühlte Mehrheit hinter mir) den Sachverhalt so sehen wie er wirklich ist. Großartig.

Björn hat es schön beschrieben: Erwartungshaltung spielt eine ganz große Rolle, ebenso wie die Bereitschaft sich auf etwas einzulassen. Er hat nicht geschrieben, dass die Zuschauer zu doof waren. Auch wenn dieser Gedanke nicht ganz so abwegig ist, wenn man bedenkt, dass der Buzz um LOST viele Leute angezogen hat, die nicht bereit für manche Interpretationsebenen der Serie waren. Das kann man auch bei anderen Serien beobachten – die erste Staffel "The Leftovers" sei da als Beispiel genannt.

Das Serienende von LOST kann man natürlich diskutieren, keine Frage. Allerdings sind halt bei manchen die Meinungen so festgefahren, dass das eher müßig ist – Schach und Taube ;)

Ich habe vor einigen Monaten selbst ein Rewatch durch und muss ebenfalls sagen, das Vieles(wenn auch nicht alles) erfreulich stimmig ist. Vor allem auf dem Gebiet der Charaktere und deren Reise(was von Anfang an der wesentliche Kern war) hat man so einiges richtig gemacht. Und da funktioniert das Ende ganz wunderbar.

"Letztlich sagen die Autoren hier nur aus, dass sich am Ende alle, die einem im Leben wichtig waren, ohne die Fesseln von Leben, Tod, Raum, Zeit oder wiedertreffen und die letzte Grenze gemeinsam überschreiten. Unabhängig woran man im Detail glaubt - kann es eine Vorstellung geben, die mehr Kraft und Zuversicht verleiht?" - Kann man kaum schöner und treffender formulieren.
#1509467
Sicherlich kann man damit argumentieren, das die Version der Autoren nun die ist, die sie immer planten und das halt gefälligst so sei. Dennoch muss man halt damit rechnen das dies der Mehrheit der Zuschauer die 6 Jahre lang mit immer neuen offenen fragen angefuttert wurden halt nicht so sieht.

Dann bin ich als Autor aber selbst dran schuld, wenn ich angeblich von vornherein meinnprodukt als größer verkaufe als es dann letztens Endes ist. Dann muss ich mich auch nicht beschweren das die Mehrheit mit dem idiotischen Esoterischen miesen Ende nix anzufangen weiß.

Zumal Mitarbeiter im Nachhinein ja auch zugegeben haben das der ganze Mist mit " wir haben eine Masterplan von Anfang an" kompletter Quatsch war.

Siehe David Fury der dies schon zu Zeiten in einem Interview monierte als die Sendung noch lief. Und so bleibt es halt dabei das viele es heute wo sehen das die Macher sich mit all den offenen fragen in eine Sackgasse geschrieben haben und dann den einfachsten Weg hinaus wählten und dies als seit Anfang an groß geplantes Ende verkauften
#1509477
Waterboy hat geschrieben:Dennoch muss man halt damit rechnen das dies der Mehrheit der Zuschauer die 6 Jahre lang mit immer neuen offenen fragen angefuttert wurden halt nicht so sieht.

Zumal Mitarbeiter im Nachhinein ja auch zugegeben haben das der ganze Mist mit " wir haben eine Masterplan von Anfang an" kompletter Quatsch war.
Ja also nee, diesen uralten Quark liest man leider immer wieder. Wäre nett, wenn du es belegen kannst, dass das Ende nicht das geplante war.
Mal davon ab, dass durch den screenwriters Streik und dem Wegfall von Schauspielern das Ende angepasst werden musste.

Und da du bei LOST offene Fragen hast, dann stell aie hier. Ich bin sicher, dass ich dir eine Antwort geben kann.