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Nicht die Talkshow ist pervers, sondern die pseudojournalistische Einstellung, die sie auslebt

Verfasst: So 12. Aug 2018, 15:01
von Quotenmeter.de
Nicht die Talkshow ist pervers, sondern die pseudojournalistische Einstellung, die sie auslebt

Die Forderung nach einer einjährigen Talkshowpause im öffentlich-rechtlichen Fernsehen wird immer größer. Dabei würde die zu wenig bewegen. Was es braucht, ist eine generelle Neuausrichtung der Themensuche.

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Re: Nicht die Talkshow ist pervers, sondern die pseudojournalistische Einstellung, die sie auslebt

Verfasst: So 12. Aug 2018, 15:01
von Nr27
Da kann ich größtenteils nur zustimmen, wobei ich den Hang zu Gästen mit Extrempositionen für den größten Fehler halte. Die ergiebigsten Talkshow-Runden (bzw. die einzigen, die überhaupt ergiebig sind) sind meiner Erfahrung nach die, in denen nicht um Aufmerksamkeit heischende Gäste konstruktiv über ein Thema diskutieren, zu dem sie KEINE Extremmeinung haben. Da das wohl nicht für die besten Quoten sorgt, findet man solche Runden leider fast nie bei den großen Talkshows - die es sehr offensichtlich auf Krawall anlegen und die dafür bestens geeigneten üblichen Verdächtigen (Reichelt, Wagenknecht, alle von der AfD, die meisten von der CSU) gefühlt im Zweiwochentakt einladen -, sondern z.B. bei der "phoenix Runde" oder auch den gelegentlichen Talks bei Arte oder 3sat mit entsprechend wenigen Zuschauern.

Und das wird sich so schnell auch nicht ändern ...

Re: Nicht die Talkshow ist pervers, sondern die pseudojournalistische Einstellung, die sie auslebt

Verfasst: So 12. Aug 2018, 16:42
von Familie Tschiep
Am schlimmsten ist Hart, aber fair, es liegt wahrscheinlich auch Frank Plasberg. Fast schon beängstigend ist, dass die Reaktion den Framing-Vorwurf nicht verstanden hat. Wird Zeit, dass er seinen Job verliert. Wer so wenig Verantwortungsbewusstsein hat, darf nicht Talkmaster in einem öffentlich-rechtlichen Rundfunk bekommen. Er kann dann dieses Jahresquiz machen.

Von Anne Will würde ich mir wünschen, dass sie auch mal Themen anpackt, die sie nicht so talkshowgeeignet aber relevant hält. Vielleicht gibt es dafür Interesse. Man muss es wenigstens mal ausprobieren.

Generell wünsche ich mir mehr Mut zu statistischen Themen, auch wenn sie kompliziert sind. Beim Klimawandel bitte keine Diskussion, ob er menschengemacht ist, das ist längst geklärt und sehr überzeugend, wenn, dann nur mit Experten wie die Schellnhuber, der das auch gut erklären. Ja, dann muss man sich mal Zeit lassen, denn das ist kompliziert, das kann man nicht in 30-Sekundenhäppchen unterbringen, aber es ist so wichtig, dass man dafür eine ganze Sendung reservieren sollte. Herr Schellnhuber erklärt den menschengemachten Klimawandel, meinetwegen auch der Herr Plöger.

Und das Thema des Herbstes könnte der Trumpcrash, die Eurokrise, der Klimawandel und das Erstarken der Grünen sein.

Verfasst: So 12. Aug 2018, 19:04
von Milli09
Was für ein schrecklicher Artikel. Aber ich weiß, für Sidney Schering und Co. sind Themen wie Migration und Flüchtlingskrise ganz schlimm, weil das linke Herz nicht so recht weiß, wie man damit umgehen soll. Einerseits den Armen helfen wollen, die keine Arbeit haben, oder Wohnung finden, andererseits Millionen Flüchtlinge ins Land lassen, die das Sozialsystem noch weiter belasten und für die Armen dieses Landes noch mehr Konkurrenz auf den Arbeits-und Wohnungsmarkt bedeuten.
Einerseits für Toleranz, Gleichberechtigung und Homoehe kämpfen, andererseits den intoleranten, frauenfeindlichen, antisemitischen und homophoben Islam hofieren.
Da möchte man sich natürlich auch noch ungern in Talkshows mit solchen Themen auseinandersetzen.
Vielleicht sollten sie nicht nur auf der Wetter-App nachgucken, ob es regnet, sondern wirklich mal rausgehen und nachgucken, wie das Wetter in Deutschland so ist.
Ist ja schön, dass die Kriminalstatistik sinkt, blöd nur, dass beispielsweise die Anzahl an Sexualverbrechen sprunghaft angestiegen ist. #Faktencheck

Re: Nicht die Talkshow ist pervers, sondern die pseudojournalistische Einstellung, die sie auslebt

Verfasst: So 12. Aug 2018, 19:44
von P-Joker
Ein sehr guter Artikel! Alles in allem ist das hier auch, ohne den Namen der Sendung zu nennen, eine Werbung für die "Phoenix Runde"! Doch dazu später.

Zunächst zu den besprochenen Sendungen:
Die Talk Shows von Maybrit Illner & Co. machen leider oft den Eindruck einer Podiumsdiskussion von Wahlkämpfern!
Jeder präsentiert seine Parteiinternen Vorstellungen und meint grundsätzlich damit recht zu haben!
Am schlimmsten ist es dann, wenn übereinander hergefallen wird ("... lassen sich mich mal ausreden" und anderer Quark)!
"Neutrale" Personen kommen oft gar nicht zu Wort oder passen sich oft dem Niveau an.
Zum Teil wird das Ganze noch aufgeheizt durch den teilweise seltsamen Publikumsapplaus!
Denn nicht selten kommt es vor dass Leute für eine Aussage klatschen, für die Gegenrede aber genauso ...

Zur Phoenx Runde:
Hier wird weitgehend auf bekannte Politiker verzichtet. Vielmehr sitzen hier meist neutrale, seriöse Journalisten (kein Schmierfink a la Reichelt), und diverse Experten.
Das sind oft Leute, von denen man vielleicht noch selten etwas gehört hat.
Aber sie haben eine Blick auf die Dinge ohne parteipolitischen Hintergrund.
Das sie zwischendurch auch mal ihre persönliche Meinung äußer ist dabei völlig legitim.
Außerdem positiv: Das Ganze findet ohne nervtötendes Publikum aus!

Re: Nicht die Talkshow ist pervers, sondern die pseudojournalistische Einstellung, die sie auslebt

Verfasst: So 12. Aug 2018, 22:42
von Neo
Nr27 hat geschrieben:[...] gefühlt im Zweiwochentakt einladen -, sondern z.B. bei der "phoenix Runde" oder auch den gelegentlichen Talks bei Arte oder 3sat mit entsprechend wenigen Zuschauern.
Der Unterschied ist da eben aber, und deshalb hinkt der Artikel von Beginn bis zum Schluss, dass das wirklich journalistisch-analytische Formate sind. Die Talks dienen doch nicht der Zielfindung, sondern eher, um Positionen und Meinungen auszutauschen bzw. diese einfach klarer herauszustellen. Der Moderator moderiert das verrückterweise nur und schaut, dass einige Themen abgehandelt werden, stellt ab und an mal eine Frage, die dann wieder zur Diskussion und diese dann zum Bezug von klaren Positionen führt. Anders ist das in Einzeltalks oder eben in kleineren (etwa 1:1) "Runden", wie man es manchmal beispielsweise bei Unter den Linden hat. Ob man die Fragen da nun so überspitzt formulieren muss, ist eine andere Sache. Tja, und die einzelnen Gruppen wollen sich eben auch vertreten wissen, weshalb da auch manchmal extremere Leute sitzen. Auch darüber kann man natürlich diskutieren.
Faktencheck gleich auf die Ohren wäre natürlich schön, aber oftmals ist es nicht so simpel und Bedarf einigen Ausführungen*. Da kann man eben nicht mal kurz vor die Tür gehen und gucken, obs regnet. Da hats dann mal fünf Minuten zuvor getröpfelt oder es hagelt oder der Wind dreht eben in verschiedene Richtungen. Da muss man schon was länger draussen bleiben. 8)
Und das traurige an HaF ist: Der Faktencheck ist wirklich super, aber wer klickt den schon im Internet nach der Sendung an? Die Kritik an dem Format kann man teilen. Romantisiere ich da etwas oder war die Zeit beim WDR einfach wirklich viel besser? Ich entsinne mich, dass das einst mein Lieblingspolit-Talk war. :?

*Zu den eindeutigen Statistiken, die angeblich jegliche Fragestellungen überflüssig machen, weil diese quasi schon alles beantworten: Vieles wird statistisch eben nicht erfasst. Gerade wenn es eben aktuell um die Flüchtlingskrise geht**. Und da sehe ich dann schon Aufklärungs- und Diskussionsbedarf. Das Problem ist eben nur, dass man nicht offen diskutieren kann, weil man dann eben gleich ein Rassist ist. Und das trifft auch Leute, die da niemals in Verdacht standen (Lindner, Palmer, Habeck, Wagenknecht bspw.), auch wenn sie krude Aussagen treffen, aber sonst eben einige Wahrheiten aussprechen, die einfach auch Teile der Bevölkerung beschäftigen. Da freut sich natürlich das AfD Herz, wenn vieles wieder unter den Teppich gekehrt wird und die Bürger den Eindruck bekommen, dass man da etwas verschweigt.

**
versteckter Inhalt:
Wir haben bei uns eben den Fall, dass es wahnsinnig viele Diebstähle gibt, die aber oftmals nicht aufgenommen bzw. angezeigt werden, weil die Polizei schlicht und ergreifend überfordert ist. Das taucht nicht in der Statistik auf. Ebenso Drogendelikte und kleinere Raubüberfälle.
Außerdem Fälle von sexueller Belästigung (man muss ja nicht gleich vergewaltigt werden), aber die Clubbetreiber haben wahnsinnig große Probleme damit, weil diverse Gruppen eben Frauen belästigen, diese sich nicht mehr sicher fühlen und so viele fernbleiben, was wiederum dazu führt, dass die Clubs weniger Umsatz machen, denn wenn keine Frauen kommen, bleiben auch die meist Umsatzstärkeren Männer fern. Deshalb werden manche Gruppen, gerade die, die nur aus Männern bestehen, gar nicht mehr reingelassen. Folge :arrow: Rassismusvorwurf. Ähnlich wie auch diese elendige Tafeldiskussion. Nichts finde ich daran gut, dass man einzelnen Personen den Zutritt aufgrund eines Pauschalverdachts verwehrt, aber die Leute dort dann gleich als Rassisten abzustempeln... also da kann man doch nur mit dem Kopf schütteln.
Zu guter Letzt kommt natürlich noch die gefühlte Lage im Land hinzu und da sehe ich den Journalismus und die Realpolitik als viel größeres Problem, als eben ein paar Hansel in einer Talkshow.
versteckter Inhalt:
1. Bad news are good news, 2. Politiker werden meistens schlecht geredet und die böse Wirtschaft und dies und das und jenes (das Ausland sieht das anders und wenn man sieht, was da abgeht, dann ist das natürlich auch verständlich), 3. es gibt kein Gefühl der Sicherheit mehr. Das liegt natürlich auch an der Politik. Labile Regierung, eine Kanzlerin, die nichts richtig klar artikuliert und man nicht das Gefühl hat, dass sie die Kontrolle und das sowohl in Bezug auf den Kurs Europas - Merkel will halt einfach nichts - als eben auch in der Flüchtlingsfrage - wo zur Hölle ist ein Einwanderungsgesetz mit klaren Regeln und vor allem auch klaren Forderungen, mit denen auch die Zugewanderten etwas anfangen können? - und wie soll man das überhaupt mit der Integration schaffen, ohne wieder neue Parallelgesellschaften entstehen zu lassen? Man hat doch nicht mal die Gastarbeiterproblematik richtig ausdiskutiert und eben nach den Ursachen geforscht, weshalb da viele auf der Stecke blieben und Migrantenkinder einfach kaum Chancen auf einen Aufstieg haben - mal von der nicht Identifizierung mit dem Land, übrigens auch nicht ihrer Heimat, aber das wird natürlich romantisiert, wenn man dort nicht wohnen muss und allgemein ein Identifikationsproblem hat. Und wie kann man es allgemein schaffen, dass der soziale Aufstieg gelingt und eben nicht das dämliche Zufallslos des Lebens darüber entscheidet in welche Familie man geboren, so zwangsläufig auch dementsprechend sozialisiert wird und aus einer Form der Repression heile rauskommt?
Alles Dinge, die man garantiert so nicht in einer Talkshow lösen wird, aber meiner Auffassung nach eben das sind, was viele Leute beschäftigt, die Stimmung so extrem stark kippen lässt und den Frust, Hass und Neid fördert. Amen.

Ach, was könnte ich mir noch einen Wolf schreiben oder eher ein ganzes Rudel. Der Wolf ist ja schon da. Man bin ich gut drauf.

Re: Nicht die Talkshow ist pervers, sondern die pseudojournalistische Einstellung, die sie auslebt

Verfasst: So 12. Aug 2018, 23:54
von Familie Tschiep
So wirkungslos sind Talkshows nicht. Nein, sie bilden nicht nur ab, was die Leute denken, sondern bestimmen auch, was die Leute denken. Durch die Emotionalisierung und durch das Framing haben sie auch die Stimmung gekippt, besonders krass Hart aber fair.

Es kommt auch darauf an, wie man ein Thema behandelt. Mit Wortschöpfungen wie Asyltourismus bestimmt man auch das Denken, siehe die Arbeit von Elizabeth Wehling.

Und heute hätte man darauf verzichten sollen, dass Thomas Walde-Interview mit Gauland einfach streichen sollen. Kein Raum für Klimawandelleugner im deutschen Fernsehen. Walde hat ja nicht das Fachwissen, um Gauland fachlich in die Schranken zu weisen. Es gibt ein Recht auf eigene Meinung, aber kein Recht auf eigene Fakten. Klimawandel ist Fakt, keine Meinung.
Ein Journalist sollte auch im Thema so tief drinstecken, dass er fundiert widersprechen kann. Bitte kein Autoritätsbeweis, fast alle Wissenschaftler sagen es. Nein, darum sagen es viele Wissenschaftler. Für mich wäre das schon ein Grund für eine Kündigung von Walde. Er hat Propaganda Vorschub geleistet.
Die heute-Sendung war heute ganz schlimm, weil da auch falsche Tatsachenbehauptungen aufgestellt wurden. Solche Behauptung darf man nur ausstrahlen, wenn danach ein Erklärungsfilm läuft, der das einordnet, sonst widerspricht man seinen Bildungsauftrag.

Re: Nicht die Talkshow ist pervers, sondern die pseudojournalistische Einstellung, die sie auslebt

Verfasst: Mo 13. Aug 2018, 00:08
von Neo
Ja, dass die CSU mit der Wortwahl bewusst AfD Wähler abfischen bzw. ihre eigenen Leute bei der Stange halten will, ist so ziemlich jedem bewusst. Das kann kein Zufall sein, wenn Seehofer/Dobrindt/Söder und Konsorten im Jahr der Bayernwahl so reinhauen. Dafür braucht man aber keine Talkshows. Wüsste zumindest nicht, dass da die Wörter explizit geprägt worden wären.

Und wirkungslos sind Talkshows natürlich nicht. In Zeiten der sozialen Medien hat sich die Quelle zur Meinungsbildung aber doch stark verschoben. Ich bezweifle ja, dass die, die so gefährlich für unsere Demokratie sind, die Talksshows auch ernsthaft konsumieren. Wenn dann als Schnipsel auf YT.
Die schwarz-weiß Berichterstattung und die Anwälte der Linken/Rechten/Flüchtlinge/Gutmenschen usw., die die Weisheit mit Löffeln gefressen haben und irgendjemanden kennen der irgendjemanden kennt oder selbst die Erfahrung gemacht haben oder eine Statistik woher auch immer zaubern oder einfach nur ideologisch versnobt sind, tragen ihr nötiges dazu bei.

Re: Nicht die Talkshow ist pervers, sondern die pseudojournalistische Einstellung, die sie auslebt

Verfasst: Mo 13. Aug 2018, 00:19
von Sid
@ Neo:

Vielen Dank, dass du, obwohl du findest, dass mein Beitrag hinkt, eine ebenso konstruktive wie ausführliche Antwort verfasst hast, statt schlicht den Hammer rauszuholen.

Ich habe nicht ganz den langen Atem, um ein Wolfsrudel herbeizuschreiben, verzeih mir das bitte. Aber ein paar Eckpunkte zu deinem Feedback:
Der Unterschied ist da eben aber, und deshalb hinkt der Artikel von Beginn bis zum Schluss, dass das wirklich journalistisch-analytische Formate sind. Die Talks dienen doch nicht der Zielfindung, sondern eher, um Positionen und Meinungen auszutauschen bzw. diese einfach klarer herauszustellen
Gerade das ist ja mein Punkt: Ich finde, dass Talks zielgerichteter aufgezogen werden sollten, denn darum geht es in der Politik ja (idealerweise). Was juckt es mich, ob der CSU-Politiker sagt, es gäbe keinen Klimawandel, und der Grünen-Politiker antwortet "Doch, den gibt es"? Ja, so können die Politiker auf Stimmenfang gehen, rein basierend auf dem Faktor "Der denkt über das Jetzt ja dasselbe wie ich!", aber es wäre doch viel schöner und ergiebiger, ginge der Politdiskurs wieder weg von "Der sagt so wie es ist! / Nein, DER sagt so, wie es ist!", und mehr in Richtung "DEN Lösungsansatz finde ich gut, den unterstütze ich mit meiner Stimme / NEIN, den Lösungsansatz ..."

Daher sollte das Talkthema nicht lauten "Gibt es den Klimawandel?", sondern "Wie gehen wir mit ihm um?" Dann kannst du da wen von der FDP hinsetzen, der zu große Gesetzeseingriffe in die Wirtschaft ablehnt, und diese Meinung begründet. Das ist ja genehm. So kann er seine Meinung mit wem von den Grünen, der für harte Sanktionen ist, austauschen und seine Sicht auch, je nach Talkformat, vielleicht auch in Ruhe ergründen. Das wäre vom Grundansatz her zielgerichteter als die Beispiele, die ich rausgesucht habe (wobei natürlich nicht immer solche Sackgassenthemen angepackt werden), und würde meinem Wunsch entsprechen. Aber es würde doch auch zugleich deiner Sicht entsprechen, dass Talkshows zum Meinungen konkretisieren/erläutern da sind, oder?

Ich zumindest finde, dass (überspitzt gesagt) "Der Klimawandel wurde von den linksgrün-versifften Medien erfunden, um mehr Filter zu verkaufen, MEINE MEINUNG"-Beiträge zum Thema Klimawandel wenig mit Meinungsbildung zu tun haben und seitens der Talkshowredaktionen alles, was sowas nahezu provoziert "Wir müssen ja BeIdE sEiTeN zu Wort kommen lassen"-Pseudoobjektivität darstellt.
Faktencheck gleich auf die Ohren wäre natürlich schön, aber oftmals ist es nicht so simpel und Bedarf einigen Ausführungen*. Da kann man eben nicht mal kurz vor die Tür gehen und gucken, obs regnet. Da hats dann mal fünf Minuten zuvor getröpfelt oder es hagelt oder der Wind dreht eben in verschiedene Richtungen. Da muss man schon was länger draussen bleiben
Natürlich ist der Live-Faktencheck eine gewisse Herausforderung, aber ich habe ihn mir auch nicht als Dauerkommentar vorgestellt, in dem jedes Wort jedes Talkgastes auf die Goldwaage gelegt wird. Aber etwas mehr kritische Einordnung bei völligem Humbug darf schon gerne sein. Es mag ein sehr triviales Beispiel sein, aber bei den Movie Fights der Screenjunkies geht es in die Richtung, die mir vorschwebt. Wenn da Diskutant A sagt, der eben von Diskutant B gelobte Film hat ja noch nichtmal einen Oscar gewonnen, obwohl er sehr wohl einen Oscar gewann, wird die Fehlinformation von den Faktencheckern am Ende der Debatte als solche enthüllt. Und, gewiss, das ist ein sehr eindeutiger Fall, und noch dazu leicht nachzuschlagen - aber ich hoffe, dass mein Gedanke nun besser verständlich ist.

Bei der legendären "hart aber fair"-Geschlechterungleichheit-Diskussion hätten zB so einige Aussagen über den Gender Pay Gap direkt in der Sendung korrigiert werden können und meiner Meinung nach auch müssen. Stattdessen blieben die stehen und das Unterthema der Sendung wurde gewechselt. Es geht mir mehr um sowas als um ununterbrochene Belehrung.
*Zu den eindeutigen Statistiken, die angeblich jegliche Fragestellungen überflüssig machen, weil diese quasi schon alles beantworten: Vieles wird statistisch eben nicht erfasst.
Aber ich sage doch gar nicht, dass sämtliche Fragen bereits durch Statistiken beantwortet werden können. Ich sage, dass die Talkshows oft bereits beantwortete Fragen platttreten, und dabei Wahrheitsleugner einladen, einfach weil's einfacher ist (oder Quote bringt). Und ich sage, dass sie andere Male Themen diskutieren, deren Antwort sich kaum in einer Meinungsdebatte finden lassen. Daher nenne ich ja das Beispiel mit dem "Bremen-Skandal". Ein paar Zankäpfel können dir doch nicht live im Fernsehen beantworten, ob das ein Einzelfall oder ein flächendeckendes Problem war. Doch dadurch, dass es eine Sendung gab, in der Leute sagen durften, was sie denken, was vielleicht bei einer Untersuchung rauskommen könnte, ehe sie ihre bereits bestens bekannten Meinungen zum Thema Einwanderung einmal mehr dreschen durften, wurde unnötig Öl in eine Diskussion gegossen. Und Monate später wurde die Frage "Einzelfall oder Riesenproblem" in einem kaum beachteten Artikel beantwortet.

Nicht sehr hilfreich, um die kippende Meinung zu beruhigen - in der Hinsicht schaden Talkshows mehr als sie nützen, was wiederum eine Wechselwirkung auf die Realpolitik hat (denn viele Leute bilden sich politisch halt nur aus Talkshows, der BILD und vlt. noch der Frage "Was haben Mama und Papa früher immer gewählt?", je nach Persönlichkeitstyp). Und das lässt sich auch auf andere Themen ummünzen, da muss man nicht auf der Migrationsdebatte verharren - mit anderen Beispielen wird's dann direkt was gelassener, was vielleicht manchem Leser gefallen würde :lol: . Erinnerst du dich etwa an die Phase, zu der es alle paar Monate den nächsten großen Lebensmittelskandal gab, der in jeder Talkshow plattgeredet wurde und für ein paar Wochen das heiße Thema schlechthin war?

Schon damals war das teils sehr albern, wie damit umgegangen wurde. Heute würde aber garantiert eine Talkshow "BSE - Wer hat uns das eingebrockt?" als Leitfrage nehmen. Eine berechtigte Frage, und keine, die sich mit einem kurzen Blick aus dem Fenster beantwortet lässt. Also sollte man Experten rausschicken, da draußen an der frischen Luft rumforschen und dann machen die einen Magazinbeitrag über deren Erkenntnisse. Man setzt aber nicht einen Politiker vor die Kamera, damit der sagen kann "Die dreckigen Salatmampfer haben mir meinen Rindsbraten vergiftet", und genauso wenig setzt man einen anderen hin, der sagt "Mir egal, wer Schuld ist, Fleischessen ist Mord, ihr habt es verdient, nun kein Rind mehr essen zu können, ihr Schweine!" Und ich könnte mir vorstellen, dass man heutzutage auch einen BSE-Leugner einladen würde, der sagt, dass es die Krankheit überhaupt nicht gibt. Das ist doch gehaltslos.

So kann man das Thema BSE nicht in einer Talkshow aufzäumen, will man brauchbaren Inhalt liefern. Also muss man entweder ein talkshowgeeigneteres Thema finden oder einen anderen Ansatz zum Thema BSE. Und um diese Unterscheidung geht es mir in meinem Artikel grundsätzlich.

Nun ist es doch ein halbes Wolfsrudel geworden ... :lol:

Re: Nicht die Talkshow ist pervers, sondern die pseudojournalistische Einstellung, die sie auslebt

Verfasst: Mo 13. Aug 2018, 23:23
von Vittel
Schöner Artikel!

Ein Jahr Talkshowpause, oder auch zwei Jahre fände ich prima. Danach dann gerne wie im Artikel vorgeschlagen weiter machen. Man könnte ja erst mal mit einer Show wieder starten und erst wenn diese einigermaßen gut läuft, die anderen wieder hervor holen.

Re: Nicht die Talkshow ist pervers, sondern die pseudojournalistische Einstellung, die sie auslebt

Verfasst: Mi 19. Sep 2018, 20:21
von Neo
:shock:

Oh wow, war jetzt ein guten Monat weg, mache den PC an und merke, dass mein Post gar nicht abgeschickt wurde oder ich in der Nacht noch zu gaga war, um diesen abzuschicken. Tut mir total leid, Sid. Finds nämlich immer etwas blöd, wenn sich jemand mit den Posts Mühe gibt und dann nichts mehr zurückkommt. :|


Nur der Vollständigkeithalber nochmal die einstige Antwort (das war übrigens ein Entwurf den ich abspeicherte, glaub, die Antwort war etwas länger ^^) - allein schon rein für mein Wohlbefinden, kann man also gerne so stehen lassen bzw. ignorieren :P :
versteckter Inhalt:
Danke für die ausführliche Antwort. Ich will gleich mal vorrausschicken, dass mein Kommentar nicht so hart gemeint war, wie er vielleicht wirkte und ich deine Argumente wirklich nachvollziehen kann und von dir natürlich viele Punkte angesprochen wurden über die ich mich auch immer aufrege. Ich neige manchmal zu recht ragenhaften Posts und muss mich ab und an selbst wieder einfachen.
Die Hauptfrage zwischen meinen Ausführungen war einfach nur: Ist das überhaupt der Anspruch, den eine Polittalkshow haben will?

Außerdem versuche ich mich mit diesem Post an einem Babywolf - mal sehen ob das gelingt - bin aber ansich sowieso versöhnlich gestimmt. :mrgreen:
Aber es würde doch auch zugleich deiner Sicht entsprechen, dass Talkshows zum Meinungen konkretisieren/erläutern da sind, oder?
Absolut.
Beim Thema Klimawandel kann ich dir auch nur recht geben. Über einen Fakt zu diskutieren ist müßig und ja, ich denke auch, dass der Mehrwert größer wäre, wenn man zu solch einem Thema mal einen der Liberalen am Tisch sitzen hätte und bei einem Wirtschaftsthema nen Grünen. Das geht den Talksshows komplett ab, weil beide Parteien mit manchen Themen weniger zu tun haben, was de facto natürlich nicht stimmt. Auch hier bedient man alte Klischees und trägt nicht zur Weiterbildung bei.
Ich zumindest finde, dass (überspitzt gesagt) "Der Klimawandel wurde von den linksgrün-versifften Medien erfunden, um mehr Filter zu verkaufen, MEINE MEINUNG"-Beiträge zum Thema Klimawandel wenig mit Meinungsbildung zu tun haben und seitens der Talkshowredaktionen alles, was sowas nahezu provoziert "Wir müssen ja BeIdE sEiTeN zu Wort kommen lassen"-Pseudoobjektivität darstellt.
Jo.

Und da kommt eben der Punkt bei dem ich mir in den letzten Jahren meine Gedanken gemacht habe. Mag sein, dass mein Anspruch mittlerweile sehr niedrig ist, aber diese Art von Talksshows sehe ich mittlerweile als reines Unterhaltungsprogramm und erwarte traurigerweise auch kaum noch richtige Debatten. Das ist quasi der bebilderte Polit-Boulevard, der an der Oberfläche kratzt, es versteht Emotionen zu generieren und das Meinungsspektrum abdeckt. Und es gefällt mir nur bedingt.
Mir scheint es, als wolle man den Menschen so kompakt wie möglich aufzeigen, wie manche Parteien zu welchen Themen stehen, also die Leute berieseln, die kaum etwas mitbekommen. Quasi BILD-Bildung to go, wie du ja auch ähnlich schriebst.
Bei der legendären "hart aber fair"-Geschlechterungleichheit-Diskussion hätten zB so einige Aussagen über den Gender Pay Gap direkt in der Sendung korrigiert werden können und meiner Meinung nach auch müssen. Stattdessen blieben die stehen und das Unterthema der Sendung wurde gewechselt. Es geht mir mehr um sowas als um ununterbrochene Belehrung.
Ja, absolut. Das war redaktionell einfach wahnsinnig schlecht. Sehe es bei anderen Themen dennoch komplexer, gerade wenn es um Dinge geht, die auf der Gesichte aufbauen. Da bräuchte man dann eine Dok im Hintergrund (wie man es etwa bei großen Printmedien hat) und selbst da würden sich dann eventuell die jeweiligen Experten streiten.
Ums mal in eine Nutshell zu putten: Ich gebe dir wirklich recht, glaube aber eben nicht, dass das gewollt ist - deshalb das, nicht so bös' gemeinte, aber wohl wirkende, Hinken.
Es wäre sicher einem geholfen, wenn man mal nur eine Diskussion mit zwei Parteien hätte und dann jeder seinen Standpunkt (mit allen Gegensätzen und Gemeinsamkeiten) festmachen könnte. Gibt davon ja auch ein paar wenige (sehe gerade, dass ich das im obrigen Post schon ausführte). Und ja, wahrscheinlich sollte es auch der Anspruch der Öffis sein, sowas vermehrt im Hauptprogramm zu senden. Aber irgendwie scheint man das nicht zu wollen, weil Krawall und viele Meinungen und Quote und so. Anders kann ichs mir nicht erklären. Oder es frei nach Roger Willemsens zu sagen: Ich kenne keinen Fernsehmacher, der nicht klüger ist, als der Inhalt des Programms, welches er publiziert.

edit: Oder ich unterschätze es und diese ganzen Medienmenschen/Politiker sind in ihrer Blase und schnallen wirklich nicht, was da gesendet wird bzw. setzen zu viel oder auch zu wenig voraus.