Es ist zwar schon eine Weile her, daß ich "Gegen jede Regel" gesehen habe (auf jeden Fall im Kino, vielleicht danach noch einmal im Free-TV), aber soweit ich mich erinnern kann, ist der Tonfall der beiden Filme - man könnte auch sagen: die Intention - doch deutlich unterschiedlich. In "Gegen jede Regel" stand die Rassismus-Thematik, soweit ich mich erinnere, ziemlich klar im Zentrum, während sie in "Green Book" eher den Hintergrund für die zentrale Geschichte "einer besonderen Freundschaft" (um den deutschen Untertitel zu zitieren) bildet.
Da finde ich es legitim, eine etwas oberflächlichere Herangehensweise zu wählen - zumal der relativ weltfremde und mit Sicherheit nicht in körperlichen Auseinandersetzungen geübte Don selbstredend eine ganz andere Art von Persönlichkeit ist als die Football-Spieler in "Gegen jede Regel", die sich notfalls auch selbst einigermaßen zu helfen wissen.
Ehrlich gesagt habe ich mich aber selbst während des Kinobesuchs zwischenzeitlich gefragt, ob man "Green Book" vielleicht sogar in die berühmt-berüchtigte "White Saviour"-Kategorie stecken kann/muß, da es auf den ersten Blick (wie eben besonders in der Barszene illustriert) schon so wirkt, als würde Don wesentlich mehr von Tony lernen als umgekehrt. Aber bei genauerem Nachdenken ist das meines Erachtens doch ziemlich ausgewogen gehalten, nur ist Tonys Lernprozeß etwas subtiler umgesetzt als Dons und wirkt deshalb "schwächer" - obwohl er es nicht ist.
Daß es bessere "Rassismus-Filme" (auch als Feelgood-Movies) gibt, daran dürfte wenig Zweifel bestehen. Trotzdem finde ich, daß "Green Book" das, was der Film sich vorgenommen hat, ziemlich überzeugend erreicht. Man kann sicher bedauern, daß er gar nicht mehr oder Anderes erreichen WOLLTE, aber letztlich bleibt das dann eine akademische Diskussion (was ja nicht schlimm ist).
In meiner Jahresbestenliste wird "Green Book" garantiert nicht ganz oben auftauchen (bestenfalls schafft er es knapp in die Top 10, aber das läßt sich Anfang Februar natürlich noch nicht absehen), doch bei den OSCARs wäre er für mich jedenfalls ein deutlich erträglicherer "Best Picture"-Gewinner als "Bohemian Rhapsody", "A Star Is Born" oder "Black Panther" ("The Favourite" und "Roma" habe ich noch nicht gesehen, "BlacKkKlansman" würde ich in etwa auf dem gleichen Niveau einstufen).
