magister wigbold hat geschrieben: ↑Di 10. Sep 2019, 13:10
Eine Frau als Bond wäre ein Stilbruch. Die ganze Figur müsste völlig neu angelegt werden.
Also müsste man mit der Figur das machen, was man ... eh alle paar Jahre mit ihr macht.
Packt man Connerys, Lazenbys, Moores, Daltons, Brosnans und Craigs Interpretationen zusammen und sucht nach gemeinsamen Nennern hat man eine verbal schlagfertige, modisch, zugleich zeitlos gekleidete Person im Geheimdienst, die auch absurde Kämpfe und Verfolgungsjagden mit Würde hinter sich bringt, viel Sex hat und Martini trinkt. Tonalität, Autovorlieben, Kampfstile und Aussehen haben sich schon zigfach verändert, was gleich bleibt sind vor allem einige filmstilistische Elemente wie das Cold Open und die Erkennungsmelodie.
Ob nun Daniel Craig oder Emily Blunt die Bond-Pflichtelemente mit neuen Ideen jongliert, ist da doch nach so vielen stilistischen Neustarts der Figur sekundär. Daher verstehe zumindest ich nicht das ständige Widerstreben gegen das Konzept "Macht mal ein paar Filme Jane Bond": James Bond ist doch im Kino vor allem eine Sammlung von Tropen, die erfüllt werden wollen, wieso wird immer so getan, als sei über 20 Filme lang ein kohärenter, dicht geschriebener Charakter entstanden, der unmöglich von einer Frau gespielt werden kann?
In der Theorie könnte man sich natürlich auch mit einem Ableger begnügen, nur: Beim Gedanken "Macht aus James Bond als nächstes Jane Bond" spielt die Auffassung mit, dass Bond eine filmische Anomalie ist, bei der aus einer Figur ein eigenes Genre mit vielen flexiblen Variablen, aber auch einigen festen Regeln wurde.
Es geht darum, mal eine Frau mit den Bond-Parametern spielen zu lassen (in meinem Fall einfach, weil ich das eine spannende Abwechslung fände), und da halte ich es für sinnvoller, die Figur mal bei irgendeiner Neuausrichtung anders als bislang zu gendern, statt einen Spin-Off zu starten und zu sagen: "Hey, James Bonds Kollegin mag ebenfalls Martini, wir unterlegen ihre Einsätze mit derselben Musik und wir kopieren auch sonstige stilistische Merkmale der Reihe."
Das wäre ungefähr so, als würden im Marvel Cinematic Universe sämtliche Figuren in ihren Solofilmen AC/DC hören, weil das bei Iron Man ja auch so war.
Wenn dagegen beim nächsten Neustart an der Formel einfach nur in dem Maße geschraubt wird, wie es bislang bei Darstellerwechseln der Fall war, und die Person im Mittelpunkt mal eine Frau ist, dann bleibt man dem "Genre Bond" sinnvoll treu und hat dennoch frischen Wind.
Wird wahrscheinlich nie passieren, da bin ich ganz bei Brosnan. Es wäre auch keine Tragödie, dann spielt halt Kerl XY den nächsten Bond und wird ihn der Erfahrung nach etwas humoriger anlegen als Craig, ehe Kerl XY irgendwann durch einen etwas ernsteren Kerl ersetzt wird. Passt schon. Aber es ist amüsant, wie ausgerechnet bei Dauerneuinterpretationsfigur James Bond viele Leute ankommen und sagen: "Aber, aber, aber: Haltet euch an die Vorlage!" Wo waren diese Leute, als Paul W.S. Anderson "Die drei Musketiere" mit Luftschlachtschiffen gedreht hat oder als die Disney-Studios aus dem strengen Lehrer Balu den lustigen, dauerentspannten Kumpelbär gemacht haben?
(Kurz gesagt: Hey, ich finde, gerade bei Bond gibt es keinen Grund mehr, verkrampft auf die literarische Vorlage zu verweisen - Bond ist für mich eher Genre als Figur und daher sollte die Stellenausschreibung für die Hauptrolle im nächsten Neustart weit offen sein. Aber, hey, wenn ihr meint, Bond ist noch immer eng mit seiner Vorlage verknüpft: Meinetwegen, ist eure Ansicht. Alles fein - zumal die Produktionsfirma euch eh den Rücken decken wird.
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