von FrolleinS.
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Rezension hinkt und ist absolut unverhältnismäßig

Nur weil Hetzreden auf Plattformen wie dieser sprachlich intellektueller daherkommen als auf Instagram, Facebook und Co., und auf die Verwendung von Kraftausdrücken verzichten, sind sie nicht weniger pietätlos. Hier hat sich ja mal jemand richtig in Rage geschrieben. Und anstelle einer seriösen Rezension, die (bei allem Verständnis dafür, dass Rezensionen natürlicherweise auch immer von persönlichen Vorlieben und Abneigungen geprägt sind) ein wenigstens halbwegs angemessenes Verhältnis von PRO und CONTRA des rezensierten Gegenstands enthalten sollte, ist diese Rezension offensichtlich von immensem Hass geprägt. Aspekte, bei denen zweifelsohne lobende Worte in Richtung Produktion gefunden werden müssten, werden lieber unterschlagen, damit bloß nicht ein einziges positives Wort über den Film geschrieben werden muss. Absolut unseriös!

Vor allem der Anspruch, den gewisse Rezensenten immer wieder erheben zu müssen meinen, ein fiktionales Werk müsse unbedingte historisch korrekt sein oder komplett darauf ausgerichtet sein, das Geschichtsbewusstsein der/die Zuschauer*in zu schulen, nervt mittlerweile enorm. Wieso verfassen solche selbsternannten Experten denn nicht einfach Kritiken zu zdf.info-Reportagen anstatt zu ARD-Spielfilmen, die zur Primetime gesendet werden und somit selbstverständlich in erster Linie Unterhaltung zum Ziel haben?

Die Produktion „Unsere wunderbaren Jahre“ hat einige Schwachstellen, ja; sie scheut auch an vielen Stellen Kitsch nicht, zugegeben, und ist manchmal reichlich vorhersehbar.
Aber: sie ist unterhaltsam, überdies eingebettet in eine interessante und bislang noch nicht allzu oft in großen deutschen TV-Produktionen thematisierte Epoche und macht zudem von der Ausstattung her enorm etwas her – Kostüme und Kulissen sind bis ins kleinste Detail stimmig und Original-Musik aus jener Zeit, die einzelne Szenen untermalen, machen das ganze rund.
Vor allem aber haucht ein überragendes Ensemble diesem Dreiteiler Seele ein. Von den Hauptfiguren, die – angenehm erfrischend – ausnahmsweise mal mit bislang im deutschen Fernsehen relativ unbekannten Gesichtern besetzt sind bis hin zu den kleinsten Nebenrollen ist beim Casting spürbar Augenmerk darauf gelegt worden, die Figuren von den passenden Charakteren verkörpern zu lassen. Und selbige harmonieren so fantastisch miteinander, dass der/die Zuschauer*in über kleinere schauspielerische Schwächen, wie z.B. die Tatsache, dass Elisa Schlott (= „Ulla“) das Weinen vor der Kamera sichtlich schwer fällt, beinahe gänzlich misslingt, hinwegsehen kann. – Sie ist noch jung und lernt das bestimmt noch im Laufe ihrer schauspielerischen Karriere, die ich persönlich bei ihr trotz dieser kleinen Schwäche dennoch sehe – so wie übrigens bei der gesamten Jungschauspieler-Riege, die diese Film-Produktion trägt: Vanessa Loibl, David Schütter, Franz Hartwig. Sie alle eint eine interessante, nicht dem Mainstream folgende Spielweise. Wie diese drei es verstehen, ihre jeweilige Stimmfarbe einzusetzen, um Botschaften zu transportieren, fesselte mich beim Anschauen dieser TV-Produktion.

Apropos Botschaften transportieren: Die Botschaft, die die Buttercremetorte sendet, an der sich der Rezensent so reibt, ist doch historisch dermaßen korrekt, korrekter könnte sie gar nicht sein. Die Generation des Verdrängens, des Weitermachens, die in diesem Film dargestellt wird, die ihre Schuld am Dritten Reich eben nicht öffentlich aufarbeitete und breit thematisierte – wie dies moralisch zu bewerten ist, sei dahingestellt – wird doch in diesem Film absolut realistisch und auch facettenreich dargestellt. Da gibt es die jungen Männer, die als Jugendliche an die russische Front rekrutiert worden waren und die nun versuchen, zu verdrängen und sich ein neues Leben aufzubauen. Da gibt es den Fabrikanten, der mit seiner Schuld, als er sich ihr stellen muss, nicht leben kann und sich aufhängt. Da gibt es die Traumata, die Bombenangriffe auf die Zivilbevölkerung im Kopf eines jungen Mädchens hinterlassen haben und bei ihr zu regelmäßigen Albträumen führt. Da gibt es den strammen Nazi, der den Krieg zwar überlebt hat, aber für seine NS-Gesinnung noch die Quittung erhält: eine für ihn tödlich ausgehende Tuberkulose. Da gibt es den unsympathischen Alt-Nazi, der der Denazifizierung der Alliierten entkommt und im Nachkriegsdeutschland nicht im Knast sitzt, sondern auf dem Geschäftsführerposten einer Profit machenden Fabrik. – Nicht schön, aber genauso sah die historische Realität leider aus. Viele Alt-Nazis kamen glimpflich davon; nur wenigen wurde der Prozess gemacht. Und genau diese Realität spiegelt „Unsere wunderbaren Jahre“ ab.
Ergo: Die Geschichtsklitterung unterstellende Rezension hinkt gewaltig!