von Vittel
#1553411
Vielleicht ist es auch eine Chance für eine neue Art des Kinos. Weder High-Tech Multiplex noch Patina-Programmkino mit alter Projektortechnik und Filmrollen

Mehr in Richtung Pop-up Kino. Ein großer Raum mit Bestuhlung, ein etwas leuchtstärkerer Beamer, ein paar Boxen und eine einfache und angemessene Lizenzierung der Filme für den Betreiber, fertig ist das Programmkino. Statt die Rollen durchs Land zu schicken und aufwendige Vorführtechnik vorzuhalten, wird alles digitaler. Entweder wird direkt gestreamt oder der Film kommt von der handelsüblichen BD/UHD-BD.
von Lars B.
#1553412
Sorry, lieber Oliver Alexander, auch die obige Argumentation ist nicht viel schlüssiger als die der Kinoromantiker – nur eben aus der Perspektive des Kinomuffels geschrieben. Ein Kino zu betreiben kostet ziemlich viel Geld, und das lässt sich nur mit der Exklusivität der Angebote erwirtschaften. Das ist übrigens dasselbe Geschäftsmodell, auf das auch Netflix, Disney+ und Co. setzen. Nur mit exklusiven Inhalten können sie Kunden gewinnen – nicht mit Allerweltscontent, den es überall gibt.
Und ganz ehrlich: Mir graut davor, dass ich künftig für den neuen Peter Jackson Film erst ein Abo von Disney+ abschließen muss (und möglicherweise obendrauf noch VIP-Zuschlag), den neuen Christopher Nolan aber nur bei Netflix zu sehen bekomme und am Ende mit einem Berg von Streaming-Abos dasitze und trotzdem nicht alle Filme sehen kann, die mich interessieren, weil ich dann auch noch Joyn oder sonstwas bezahlen müsste.
Da verlasse ich doch liebend gern mein Sofa, kämpfe mich durch Schneestürme (Bewegung an der frischen Luft hat ohnehin noch nie geschadet), um im Kino meines Vertrauens (in dem ich auch vor Smartphone-Zombies sicher bin) mich ganz dem Filmerlebnis hingeben zu können, weil hier definitiv alle Störungen, die es im heimischen Alltag zwangsläufig geben kann und wird, ausgeblendet sind.
Vielleicht ist es nicht um jedes Kino schade, das die Pandemie nicht überleben wird, und ob es bei einem Auswertungsfenster von sechs Monaten bleiben muss, kann man auch diskutieren, trotzdem hoffe ich, dass so viele Kinos wie möglich erhalten bleiben. Und gezwungen hat mich auch noch niemand, in ein Kino zu gehen. Außer meine eigene Ungeduld und Neugier.
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von CaptainCharisma
#1553413
^Aber wo die Heimgeräte immer größer und die Soundtechnik immer imposanter wird, müsste man doch eigentlich noch mehr Focus auf den Event Charakter legen. Mit Kuschelkino wird man die Leute mMn, nicht aus dem "Heimkino" locken.
von GrafFrosch
#1553414
Wie war es vor dem Kino,

da waren es Theaters u.ä. auf Jahrmärkte und Co.
Wer schreit heute danach bzw. wie viele von eins haben Ihren Job dabei verloren.

Das Kino wird sich reformieren müssen und evtl. einiges an Umdenken, statt Blockbusters, Lizenzen die sich wenige leisten können, und damit schon etliche Kino ausstarben und kleinere Kinofilme kaum Chance erhielten, den die Blockbuster Lizenzen müssen erst nach x-Wochen eingespielt werden.

Also auch was gutes, vergessen sollte man auch nicht. Nicht jeder wird sich alle Streaming Dienste zulegen um den einen Film sich anschauen zu wollen. Also wird Er/Sie ins Kino gehen.
von Vittel
#1553415
Ja klar muss dann der Eventcharakter im Mittelpunkt stehen, weil man kleines Heimkino auch zu Hause haben kann. Aber Kino hat ja auch eine soziale Komponente, andere Leute treffen, mit Freunden gemeinsam was außerhalb unternehmen usw.
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von Kunstbanause
#1553424
Das meiste fürs nur noch publikumsorientierte Massenware, wenn man mal von Ausnahmen oder den Programmkinos absieht. Es reizte immer weniger, die früheren Leinwände, die noch gebogen waren und viel größer, wichen kleineren und geraden. Die Unruhe wurde immer nerviger, das Geknusper gefühlt penetranter, und generell war mir das zu überteuert geworden. Die Leute stehen gleich zum Abspann auf, egal, ob da eventuell noch was kommt oder nicht. Es machte die letzten 10-15 Jahre nicht mehr wirklich Spaß. Ich würde es nicht vermissen.
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von LittleQ
#1553426
Ich wünsche den Kinos nicht den Tod, aber ich bin jetzt auch nicht unbedingt traurig, dass Kinos aussterben.

Jedes mal, wenn darüber geredet wird, wieso weshalb warum, sieht man, dass es natürlich ganz unterschiedliche Gründe gibt, warum Leute nicht mehr ins Kino gehen, weshalb ich keine Argumentation in schlüssig oder unschlüssig eingliedern würde.

So wie das Auto seine Anziehungskraft als Statussymbol verloren hat, so verliert wohl auch das Kino seinen Mythos als ewige Event-Show einer älter werdenden Generation. Ich persönlich sehe da auch keinen Rückweg. Die älter werdende Bevölkerung ist nun mal nicht die Hauptzielgruppe von für junge Menschen gemachte Blockbusterfilme und die junge Generation zieht es einfach, ohne genaue Zahlen zu kennen, weshalb ich das mal so behaupte, nicht mehr so da hin, wie uns damals. Zumindest von den jüngeren, die ich kenne, ist "ins Kino gehen" irgendwo hinter einem neuen Handy, Geld fürs Zocken und Social Media Geschichten.

Wenn ich an Streaming denke, dann denke ich auch gar nicht mehr an Filme. Ich glaube Serien scheinen heute die neuen Events geworden zu sein oder diese entwickeln sich da hin. Zumindest hab ich bei Serien wie "The Mandalorian" mehr das Gefühl, dass das für Wallungen sorgt, als so mancher Star Wars Film, der in den letzten Jahren im Kino lief und ich denke, dass solche Serien-Events in Zukunft auch immer häufiger die Schlagzeilen dominieren werden, weil man heute einfach nicht mehr ins Kino muss, um high-premium zu sehen.

Wäre natürlich nett, wenn so ein paar Kinoklitschen noch offen bleiben würden. Ehrlich gesagt würde ich hin und wieder auch für ältere Filme ins Kino gehen, wenn ich dafür nicht gleich wieder mein halbes Monatsgehalt ausgeben muss. ;D Aber naja...
von Sentinel2003
#1553428
Lars B.

Vollste Zustimmung! Ach ich würde noch lieber den Rest meines Lebens durch hohen Schnee stapfen und oder durch Regengüsse um mir geniale Filme im Kino an zu gucken, als diese NUR auf Netflix zu sehen!!
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von AlphaOrange
#1553434
In jedem Fall wird die Entwicklung nicht zurückzudrehen sein. Die schritt schon vor Jahren voran und wurde jetzt durch die Pandemie massiv beschleunigt. Dass alle Zuschauer zurückströmen, wenn die Kinos wieder öffnen, scheint mir undenkbar. Es werden sicherlich Kinos sterben und vermutlich ist das auch ganz gut (außer für die jeweils betroffenen Beschäftigten und Inhaber), damit der Rest sich auf dem veränderten Markt konsolidieren kann. Das geht nur über Eventcharakter und Leistungsvorteile.
Ich will Festivalprogramm in nem guten Kino nicht missen und bei allem, was ein Heimkino mittlerweile bieten kann, ein gut ausgestattetes Kino kann das technisch immer noch schlagen. Aber dann muss man's eben auch wirklich gut machen und nicht unbequeme Flugzeugsessel bieten, von denen man eher ein Fernglas für die Leinwand bräuchte, das einem aber vom Scheppern der Boxen aus der Hand geschlagen wird.
Was nicht mehr ziehen wird: Kino als soziales Event. Kino als einzige Möglichkeit, die neuesten heißen Scheiß zu sehen. Kino als Rundum-Sorglos-Paket mit Fressbude und Putzservice.

Spannend wird sein, was mit dem Programm in Zukunft passiert. Ich kann mir immer noch nicht so recht vorstellen, dass Streaming die teuren 200M+$ Blockbuster in der gewohnten Zahl tragen kann. Die Hürde, einen Streaminganbieter zu abonnieren ist viel kleiner, der Preis aufs Programm gerechnet viel kleiner und Streaming profitiert viel mehr davon, Produktionsbudget in möglichst viel Content zu verwandeln statt in eine Handvoll Leuchtturm-Filme. Ich kann mir genauso wenig vorstellen, dass die Blockbuster-Zeit zuende geht. Was definitiv schon in vollem Gange ist, ist die "Franchisesierung". Jeder baut sein eigenes Universum und erzählt vor allem immer mehr Geschichten daraus. Allerdings braucht es darin erst recht keine übertrieben teuren Blockbuster mehr.

LittleQ hat geschrieben: Di 26. Jan 2021, 00:50Wenn ich an Streaming denke, dann denke ich auch gar nicht mehr an Filme. Ich glaube Serien scheinen heute die neuen Events geworden zu sein oder diese entwickeln sich da hin.
Wobei man sagen muss, dass Streaming-Anbieter das Format "Serie" massiv in stark Richtung "Film" verändert haben, weil es in seiner ursprünglichen Form überhaupt nicht zum Geschäftsmodell passt. Streaming-Serien sind heute punktuelle Ereignisse von überschaubarem Umfang mit durchgehender Handlung, die ihre Fortsetzung mit Pausen von bis zu zwei Jahren erfahren, selten über mehr als drei Instanzen. Das ist mittlerweile viel näher an der klassischen Kino-Trilogie als an der klassischen TV-Serie.
von Vittel
#1553435
Kunstbanause hat geschrieben: Di 26. Jan 2021, 00:09 Die Leute stehen gleich zum Abspann auf, egal, ob da eventuell noch was kommt oder nicht. Es machte die letzten 10-15 Jahre nicht mehr wirklich Spaß. Ich würde es nicht vermissen.
Asche über mein Haupt, aber ich stehe auch auf. Die Szenen am Schluss sind mir insbesondere seit Marvel zu bewusst gesetzt und auch wenn ich großen Respekt vor der Leistung der Filmschaffenden habe, mit der Namensliste im Abspann kann ich gar nichts anfangen und selten sind Filme so groß und schwer, dass man diese bei 5-10 Minuten im Abspann ausklingen lassen muss.

So richtig Spaß macht es mir aber auch nicht mehr, das ist imho auch eine Frage des Alters und der Anzahl der Filme, die man bereits im Kino gesehen hat.
Insbesondere die Franchise Blockbuster hab ich jetzt zur Genüge im Kino gesehen. Ja, Ton und Bild sind im Kino immer noch viel besser als in meinem 65" OLED "Heimkino", mir reichen die nächsten Filme dieser Art dennoch auf meinem TV.

Die jüngeren Leute haben vielleicht auch andere und vor allem vielfältigere Möglichkeiten. Nicht nur Kino, auch die Discos der 80er und 90er haben nicht mehr den Stellenwert und auch alles rund um Musik und Musikkonsum hat sich stark verändert bei den jungen Leuten. Wird sich zeigen, wie die in Zukunft nach Corona wieder in die Kinos strömen.

Ich habe meine persönliche Vorliebe für das Medium Bewegtbild auch stark geändert durch die Serien der letzten Jahre. Eine Geschichte mit vielen Charakteren in einem kurzen Film zu erzählen, das ist für mich nicht immer die optimale Erzählform.
Insbesondere monumentale Filme wie HDR, am Ende noch in der SEE, wären doch in einer Art Miniserie besser aufgehoben. Statt 3 Filmen macht man einen 9-12 Teiler draus, mit jeweils ca. 1h Laufzeit, unterteilt in Kapitel und Abschnitte. Material dafür wäre bestimmt genug vorhanden gewesen nach den umfangreichen Dreharbeiten.
Gut, damals wäre das noch keine Option gewesen, da war Film die einzig denkbare Lösung.

Ich will das Kino aber auch nicht tot reden oder wünsche ihm den Untergang. Wäre schön, wenn es wie gehabt weiterlaufen würde. Bleibt abzuwarten.