Rodon hat geschrieben:Ich verstehe nicht ganz, wie man auf die Zahlen gekommen ist. Wie werden z.B. aus 18,1% dann 20,9%?
Gut, dann schlüsseln wir die Rechnung mal auf.
Annahme 1: 100% der Zuschauer schalten den Fernseher ein und Das Erste erscheint.
Annahme 2: Jeder Zuschauer schaltet solange weiter bis er etwas findet, das ihn interessiert.
Annahme 3: Jedes Programm interessiert unabhängig voneinander einen bestimmten Prozentsatz an Zuschauern.
Das Erste hatte im vergangenen Jahr in der Gruppe der 14- bis 49-Jährigen einen Marktanteil von 6.8%. Das bedeutet in unserem Modell: 6.8% der Zuschauer blieben dran, die anderen 93.2% schalteten ein Programm weiter, ins ZDF. Das sind die beiden Pfeile, die von der ARD ausgehen (man verzeihe mir die Ungenauigkeit - "Das Erste" passte einfach nicht in den Kreis ^^) - einer zum Marktanteil, einer zum ZDF.
Beim ZDF kommen nun noch 93.2% aller TV-Zuschauer an. Das ZDF hatte einen Marktanteil von 6.2%. Das bedeutet, von allen Zuschauern, die beim ZDF ankamen, blieben 6.7% dort (Pfeil nach unten), denn 93.2% * 6.7% = 6.2%. Die anderen 93.3%, die beim ZDF landeten, schalten weiter zu RTL (Pfeil nach rechts).
So geht das dann weiter. Bei jedem Sender zeigt der Pfeil nach unten an, welcher Anteil der angekommenen Zuschauer auf dem Sender bleibt, der Pfeil nach rechts, welcher Anteil einen Kanal weiter wechselt.
Rechnet man das der Reihe nach durch, so ergeben sich die folgenden Ergebnisse:
ARD: 6.8% bleiben, 93.2% ziehen weiter
ZDF: 6.7% bleiben, 93.3% ziehen weiter
RTL: 20.8% bleiben, 79.2% ziehen weiter
Sat.1: 16.0% bleiben, 84.0% ziehen weiter
Pro7: 20.9% bleiben, 79.1% ziehen weiter zu den weiteren, nicht aufgeführten Sendern.
Diese Zahlen bleiben dieselben, wenn wir die Fernbedienung umprogrammieren, da sie nur vom Sender und nicht von der Position abhängig sind. Jetzt läuft die Rechnung umgekehrt und wir berechnen von vorne startend aus dem Zuschauerfluss, der im ersten Modell berechnet wurde, die Marktanteile.
100% der Zuschauer sehen als erstes ProSieben. Aus der "RTL-Fernbedienung" wissen wir, dass 20.9% auf ProSieben bleiben, also hat ProSieben nun einen Marktanteil von 100% * 20.9% = 20.9%. 79.1% wechseln zum zweiten Sender Sat.1.
Aus dem ersten Modell wissen wir, dass 16.0% bei Sat.1 bleiben von den 79.1%, die überhaupt bei Sat.1 ankamen. Macht einen Marktanteil von 79.1% * 16.0% = 12.6%.
Bei RTL auf Position 5 kommen schließlich nur noch 79.1% * 84.0% * 93.2% * 93.3% = 57.8% aller TV-Zuschauer an. Von diesen verbleiben wie zuvor herausgefunden 20.8% bei RTL, was einen Marktanteil von 57.8% * 20.8% = 12.0% ergibt.
Natürlich ist das keine wissenschaftliche Studie. So faul und dämlich ist der Durchschnitts-TV-Junkie nun hoffentlich doch nicht. Daher stehen die obigen Annahmen alle auf spektakulär wackeligen Füßen. Aber wie so oft, steckt im Kern sicherlich ein Fünkchen Wahrheit. Denn bei den Zappern, die beim Einschalten des Fernsehers noch keine Ahnung haben, was sie sehen wollen, reicht ein ansprechendes Programm auf den niedrigen Sendeplätzen, dass sie etwas besseres weiter hinten gar nicht mitbekommen.
Und da ich gerade schon dabei bin, möchte ich mich auch gleich bei meinen Lesern bedanken, die "Mythos RTL-Fernbedienung" zum meistgeflattrten QM-Artikel aller Zeiten gemacht haben (klingt jetzt besser, wenn ich die genauen Zahlen nicht dazuschreibe
)