- So 6. Dez 2009, 11:06
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Die Presseschau
Ungebremst stampft das letzte große Schlachtschiff bundesrepublikanischer TV-Unterhaltung durch den Samstagabend. Auch die 185. Folge von "Wetten, dass...?" war eine Abfolge bizarrer Wetten und belanglosen Promi-Talks. Nur ein Detail machte am Ende stutzig.quelle: http://www.spiegel.de/kultur/tv/0,1518,665439,00.html
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Der Antennentechniker Jürgen, dessen Hobby die Spielzeugwelt des "Miniatur Wunderland" in Hamburg ist - eine riesige Modelleisenbahn mit etwa 300.000 Figuren und über 200.000 Gebäuden. Tatsächlich war Jürgen im Stande, aus einer zufälligen Auswahl von Bildern einer aus Hamburg zugeschalteten Kamera jeweils genau die korrekte Stelle im Original ausfindig zu machen. Eine überzeugende Perfomance, die ihm mit 67 Prozent Stimmen einen Kantersieg einbrachte.
Solche Hobby-Titanen sind es eben, die dem letzten TV-Schlachtschiff der Republik jene althergebrachte, sozialdemokratische Heimeligkeit verleihen. In Casting-Shows kämpfen neoliberal verdorbene Ehrgeizlinge um den Weg an die Spitze - oder landen in der Blamage. "Wetten, dass...?" hingegen gibt uns das wohlige Gefühl, dass es in Deutschland noch immer Menschen gibt, die Freizeit haben - und offensichtlich so ausreichend, dass sie Miniatur-Wunderländer auswendig oder beim Motorradfahren Pizza backen lernen können. "Ja, hier ist 'Wetten, dass...?', da gibt's für jeden was", sangen Wolfgang und Anneliese. "Denn nur bei 'Wetten, dass...?', macht's Überziehen Spass."
Gemeint war damit natürlich Gottschalks traditionelles Überziehen der Sendezeit: Doch diesmal waren es nur 35 Minuten - fast schon sensationell wenig.
"Gottschi" glänzt mit Ekel-Wette und Kuss-Attackequelle: http://www.stern.de/kultur/tv/wetten-da ... 27240.html
"Wetten, dass..?" kann richtig unterhaltsam sein: In der Show am Samstagabend in Bremen bekam Thomas Gottschalk einen neuen Spitznamen und pöbelte kräftig über Victoria Beckham. Assistentin Michelle Hunziker stürzte während einer Wette von einem fahrenden Motorroller.
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Für Gottschalk war es dagegen ein richtig guter Abend. Der Showmaster beschwert sich ja gerne mal, dass die Presse ihn ungerecht behandeln würde, vor allem "online" seien seine Kritiker stets gnadenlos. "Mach wieder eine bessere Show!" möchte man ihm dann immer zurufen. Denn dass das möglich ist, zeigte er am Samstag in Bremen: Obwohl die ganz große Prominenz fehlte, war es eine der besten Sendungen seit langem: Drei von fünf Wetten waren spannend, selten wurde auf der Couch soviel gelacht, dazu die grandiosen Showacts Leona Lewis und Michael Bublé. Gottschalk selbst wirkte entspannt wie lange nicht mehr, er scherzte viel, ohne dabei allzu schlüpfrig zu werden. Er überstand die Show sogar ohne eine einzige anzügliche Bemerkung über die Brüste von Michelle Hunziker.
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Die wahren Stars des Abends hießen Wolfgang und Anneliese Funzfichler alias Bastian Pastewka und Anke Engelke, die verkleidet als "Traumpaar der deutschen Volksmusik" kamen, und bayrisch resolut "den Gottschi" mit einem selbst getexteten Schunkelsong durch den Kakao zogen ("der Gottschalk ist so schick / er kauft so gern bei KIK"), die Knutschattacke von Engelke folgte später. Pastewka gratulierte einem sichtlich irritierten Hugh Grant zu seinem Erfolg in "Pretty Woman", während sich Engelke mit der Zielstrebigkeit einer liebestrunkenen Volksmusikantin an den smarten Briten ranschmiss: "Schau mal, der Juutsch, der wird schon nervös."
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Wettgewinner Gottschalk dagegen war glücklich: Er musste sich nicht, wie angedroht, Blut von den Rot-Kreuzlern abnehmen lassen und kann mit der letzten Sendung des Jahres zufrieden sein. Vielleicht ist es ja auch eine gute Idee für 2010: Weniger zickige Hollywood-Stars einladen, dafür einfach mal öfter eine gute Unterhaltungsshow abliefern. Dann klappt es auch wieder mit den Kritikern. Sogar online.
Anke Engelkes Knutsch-Attacke auf Gottschalkquelle: http://www.welt.de/fernsehen/article544 ... chalk.html
Die letzte "Wetten, dass..?"- Sendung des Jahres hätte den Namen Baldrianersatz verdient. Vielleicht lag es daran, dass Moderator Thomas Gottschalk das junge Publikum nicht mehr versteht. Allein Bastian Pastewka und Anke Engelke glänzten als die wunderbarsten Stars, die die Volksmusik nie hatte.
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Es gibt diverse Möglichkeiten, mit den eigenen Schwächen umzugehen. Entweder man versucht, sie zu kaschieren (mit viel Make-Up oder hellblonden Argumenten), man ignoriert sie einfach oder man begegnet ihnen mit Selbstironie und spricht die Macken an, bevor das ein anderer macht. Eine Alternative bietet die ganz harte Tour: die Macken ablegen.
Thomas Gottschalk entschied sich bei der letzen „Wetten, dass..?“-Sendung des Jahres für die erste und die dritte Variante. Leider! Es schien fast so, als sei er sich eh darüber im Klaren, dass er es nicht mehr schaffen kann, einfach eine gute Sendung für Groß und Klein zu gestalten. Und die Krise ignorieren, schafft ein Gottschalk nicht, dafür ist er zu sehr Narzisst, schließlich ist er im Fernsehen.
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Die Sendung wirkte tatsächlich so aufregend wie ein Kaffeekränzchen im Altersheim und das Schlimmste war: Gottschalk ahnte das von Anfang an und ging auf Konfrontationskurs. Er wurde nicht müde, auf den Druck durch die junge Zielgruppe hinzuweisen oder immer wieder zu murmeln: „Ja, diese jungen Leute von heute, die wollen ja nur amerikanische Stars!“ (zu Beginn der Show), „Mögen junge Frauen überhaupt noch Blumen?“ (zu Sängerin Leona Lewis) oder gleich zu rufen: „Diese jungen Leute sind ja wahnsinnig!“ (zu einem Jungen im Publikum, der ein Foto von ihm schießt).
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Mit welcher Lässigkeit Anke Engelke selbst Weltstar Hugh Grant in Verlegenheit und dann zum Grinsen brachte (Anneliese: „Gottschi, der Hugh wird schon ganz rot neben mir.“ Wolfgang: „Hugh, this is my woman. I watch you!“), das war groß, das war spontan und vor allem war es unheimlich witzig. Pastewka ist allein schon famos, wenn er nichts sagt und nur starrt: Ob auf Michelles imposante, äh, Schuhe, ob gespielt pikiert auf Grant oder aus den richtigen Gründen auf Gottschi. Doch dann störte Gottschalk wieder mit seinen Fragen, die die Welt nicht braucht: „Hugh, willst du Kinder? Wie ist Sarah Jessica Parker?“ „Til, wolltest du immer schon einen zweiten Teil von Einohrhasen (!) drehen?“
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Vorher sangen Leona Lewis und Michael Bublé in verstörenden Kulissen und schließlich wurde ein Mann Wettkönig, der aus 1000 ausgewählten Szenen im Miniaturwunderland Hamburg fünf genau verorten konnte. Davor küsste Anke Engelke Gottschalk, sang Michelle Hunziker ein Schweizer Volkslied, schmetterten Tschirner und Schweiger sichtlich beschämt die Werder Hymne. Kurz vor Schluss rief Gottschalk: „Mit Volksmusik haben wir begonnen und es mit Volksmusik fast zu Ende gebracht.“ Er wirkte sichtlich erleichtert. Wir allerdings auch.
Bitte, bitte, einen Wettskandal!quelle: http://www.sueddeutsche.de/kultur/395/496708/text/
Mit einem Fuß im Katzenfutter, mit dem anderen über dem Abgrund: Thomas Gottschalk hat keine Lust mehr auf seine Show. Ihn rettet nur die Volksmusik.
Doch nichts passiert. Die 185. "Wetten, dass?"-Sendung plätschert beruhigend einschläfernd vorüber. Skandale finden beim ZDF nur im Verwaltungsrat statt und das Einzige, was am Ende enthüllt wird, sind die Beine von Michelle Hunziker und Uwe Ochsenknecht.
Offensichtlich wird auch: Thomas Gottschalk hat einfach keine Lust mehr auf seine Show. Er unterbricht seine Gesprächspartner, um sinnvolle Übergänge in der Moderation bemüht er sich nicht mal. Zwei Tage vor dem Welt-Klimagipfel in Kopenhagen läuft auch seine kreative Wortspielmaschine schon im Energiesparmodus. Der beste Witz des Abends ("Morgen kommt der Nikolaus – bei Ihnen, beim ZDF geht er") verstreicht unbemerkt, von der politischen Einflussnahme auf die Zukunft des ZDF-Chefredakteurs Nikolaus Brender haben wohl die wenigsten im Saal gehört.
Ein wenig erregt sich Gottschalk noch über die unhöflichen ausländischen Gäste – Mariah Carey und Victoria Beckham haben kurzfristig abgesagt, Hugh Grant will früher gehen –, dann verabschiedet er sich in die Gleichgültigkeit.
Dafür dreht Michelle Hunziker richtig auf. Die Schweizerin steht Gottschalk nun zum dritten Mal zu Seite und ist laut Quotenwachstumsbeschleunigungsgesetz zuständig für die Zuschauerzahlen. Die übertriebene Begeisterung, mit der sie die Wetten präsentiert und von technischen Gimmicks schwärmt ("Siehst du, wie technologisch wir sind?"), wirkt im Gegensatz zu Gottschalks Lustlosigkeit schon wieder erfrischend.
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Unterstützt wird sie von Wolfgang und Anneliese Funzfichler in Lodenjanker und Rüschendirndl. Die Sat.1-Comedians Anke Engelke und Bastian Pastewka geben das Schunkel-Erfolgsduo. Sie machen das die ganze Sendung hindurch so haarsträubend perfekt, dass anfangs in Hugh Grants Gesicht höfliches Erstaunen und ungläubiges Entsetzen einen spannend zu beobachtenden Ringkampf aufführten. Lustiger als jede gebührenfinanzierte Familienklamotte war es allemal.
Volksmusik und Privatfernsehen retten also "Wetten, dass...?" Auch das ist schon fast ein Skandal.
Na also: Ein Samstagabend ohne Ekel und große Namenquelle: http://www.dwdl.de/story/23809/na_sowas ... roe_namen/
(06.12.2009) Auch wenn es schon spektakulärere Ausgaben von "Wetten, dass..?" gab: Am Samstag beschränkte sich die ZDF-Show vor allem auf ihre Stärken - die Wetten. Mit Wolfgang und Anneliese konnte ohnehin nichts schiefgehen
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Dennoch: Nett war's trotzdem, auch oder gerade weil die großen Stargäste fehlten. Mehr als eine Hand voll ideenreicher Wetten und ein gut aufgelegtes Volksmusik-Traumpaar mit Hang zur Selbstinszenierung braucht es eigentlich nicht für einen schönen Winterabend auf dem Sofa. Gut zu wissen, dass man all das zwischen "Supertalenten" und Bauern-Kuppelei im Fernsehen doch noch hin und wieder finden kann.
Kuss-Attacke auf Thomas Gottschalkquelle: http://www.bild.de/BILD/unterhaltung/TV ... ckham.html
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Eins ist klar: Thomas Gottschalk war Samstagabend definitiv in Bestform!