- Di 29. Mär 2005, 22:04
#13732
Gegen „Christiansen”: Sat.1 plant Polit-Talk
Sat.1 wagt, wovon RTL bislang nur redet: Der Berliner Privatsender bereitet für Anfang September eine neue Talkshow vor. Sie wird am Sonntagabend laufen, höchstwahrscheinlich um 22.30 Uhr.
Sie soll in Berlin, am Sitz des Senders, live produziert werden und binnen einer Stunde im Gespräch zwischen dem Moderator und drei Gästen „die vier brisantesten Themen der Woche” verhandeln. Wer moderiert, das ist noch offen. Ein Journalist soll es sein, heißt es auf Anfrage bei Sat.1.
Die Sendung setzt auf Themen aus Politik, Gesellschaft, Kultur und Sport, die drei Sparringspartner rekrutieren sich aus einem größeren Kreis von Gästen, die immer wiederkehren. Zustimmen müssen dem Vorhaben noch die Landesmedienanstalten, da es sich hier um einen Sendeplatz der sogenannten „unabhängigen Dritten” handelt - zur Zeit läuft sonntags um diese Zeit „Planetopia”.
„Schwung in den Info-Betrieb”
„Wir wollen ein bißchen Schwung in den Info-Betrieb bringen”, sagt der Sat.1-Geschäftsführer Roger Schawinski. Die Idee zu der geplanten Konstellation sei ihm gekommen, als er das „Literarische Quartett” im ZDF gesehen habe. Dort sprächen vier Personen alle zehn Minuten über ein neues Buch und ein neues Thema - was für Hintergrund, hitzige Debatten, wechselnde Koalitionen und Unterhaltung zugleich sorge.
„Warum sollen wir das nicht auch in einer aktuellen Talkshow machen”, fragte er sich. Und gibt nun die Antwort, indem er das Sat.1-Talk-Format ins Leben ruft. Selbst moderieren aber wird Schawinski, anders als es manche Intendanten der ARD machen, nicht - obwohl er als Talkshowgastgeber in der Schweiz einschlägige Erfahrungen hat. „In diese Falle werde ich nicht tappen”, sagt er. Das Wagnis, gegen den eingespielten Betrieb à la „Christiansen” anzutreten, ist ja auch so schon groß genug.
Ein Primus inter pares
„Wir wollen für Brisanz, Tempo und eine breite Themenpalette sorgen”, sagt Schawinski. Themen, deren Erörterung eine ganze Stunde trägt, gebe es vielleicht ein halbes Dutzend pro Jahr, dafür aber pro Woche viel mehr Interessantes, das kurz und prägnant zu besprechen sei mit einem Moderator, der mehr als „Primus inter pares” denn als Dompteur in der Manege wirke.
Damit setzt der Sat.1-Geschäftsführer die Bemühungen um das Informationsprogramm seines Senders fort, die mit der Verpflichtung von Thomas Kausch als neuem Anchorman der Hauptnachrichten begonnen hatten. Sie setzten sich unter anderem damit fort, daß sich Sat.1, anders als in den Jahren zuvor, mit seinem Programm nicht aus dem Nachrichtenfluß verabschiedet - komme an bedeutender Meldung, was da wolle.
Der nächste Schritt
Das sei, sagt Schawinski, etwa an den „Breaking News”, Sonderberichten und der Spendengala zur Tsunami-Katastrophe im Indischen Ozean zu erkennen gewesen: „Wir haben im vergangenen Jahr viel für unsere Informationsprogramme getan, und unsere Zuschauer haben das mit höheren Einschaltquoten honoriert. Jetzt ist es an der Zeit, den nächsten Schritt zu wagen, und das ist konsequenterweise ein wöchentlicher gesellschaftspolitischer Talk, moderiert von einem Journalisten.”
Sat.1 knüpft mit der Neuerung allerdings auch an eine alte Tradition an, mit welcher der Sender immer noch identifiziert wird: mit dem „Talk im Turm”, den von 1990 bis 1998 Erich Böhme moderierte. Nach ihm übernahm der „Spiegel”-Chefredakteur Stefan Aust die Sendung, gab sie aber alsbald wieder ab, was das Ende der Talkshow bedeutete. Ein(e) Nachfolger(in) wird gesucht. Der Dank der wegen der herrschenden Fernseh-Quasselbudenmanie verdrossenen Zuschauer ist ihm oder ihr schon jetzt gewiß.
Quelle: FAZ.NET
Zuletzt geändert von scoob am Fr 5. Aug 2005, 10:54, insgesamt 1-mal geändert.