- Fr 28. Jan 2005, 08:09
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Laut tv-media soll der österreichische Privatsender ATVplus bald verkauft werden. Weil RTL vor allem die Mehrheit an RTL II will, soll man an der TMG interessiert sein.http://www.tvmatrix.de/?newsid=5452
Die RTL Group ist daran interessiert, die Mehrheit an RTL II zu übernehmen. Obwohl der Sendername eigentlich anderes suggeriert, hält der Konzern nur 35,9 Prozent am Münchner Sender. Ob der wahrscheinlich bereits oder bald entlassene RTL II-Geschäftsführer Josef Andorfer die Marktanteile, die im Jahresschnitt 2004 mit 7,5 Prozent einen Rekordwert erreichten, nun in entsprechende Werbeumsätze umwandeln konnte oder nicht: Fest steht, dass der Sender dennoch hohe Gewinne abwirft, an denen RTL interessiert ist.
tv-media: Tele München für 1 Mrd. Euro an RTL?
Um die Mehrheit an RTL II zu erhalten, müsste man also entweder die Anteile des Bauer-Verlags (31,1 Prozent) oder von Herbert Kloibers Tele München Gruppe (31,5 Prozent) übernehmen. RTL dürfte nach Berichten der österreichischen Programmzeitschrift allerdings klar auf Kloiber schielen und überlegt demnach, gleich die gesamte Tele München Gruppe inkl. Concorde Media zu übernehmen, stolze 800 Mio. bis 1 Mrd. Euro soll der Deal wert sein. Damit würde auch der österreichische Privatsender ATVplus mitverkauft werden, an denen Kloiber über TMG und Concorde mit knapp 43 Prozent beteilligt ist, ebenso wie der 100%ige TMG-Sender Tele 5. Ein weiterer Vorteil für RTL: Mit dem Kauf der TMG würde man auch Kloibers kürzlich erworbenes Top-Spielfilm-Paket miterwerben, das 230 Mio. Euro schwer ist und u. a. die Titel "Der Herr der Ringe II" oder "Harry Potter II" enthält.
ATVplus-Übernahme: Knalleffekt in Österreich?
Der mögliche RTL-Deal mit Kloiber würde in Österreich einen starken Eingriff in die TV-Landschaft bedeuten: Der im Juni 2003 gestartete Privatsender ATVplus befindet sich zwar mittlerweile insgesamt auf Erfolgskurs (mangels neuer Formate stagnieren derzeit auch die Marktanteile entsprechend), kann mit einem vergleichsweise sehr dünnen Jahresbudget von kaum mehr als 40 Mio. Euro als alternativer österreichischer Fernsehanbieter für den starken ORF kaum eine Konkurrenz darstellen. Würde die RTL Group unter Gerhard Zeiler, der den ORF in den Jahren 1995 bis 1999 selbst reformierte und den Küniglberg in einen "öffentlich-rechtlichen Privatsender", wie es Kritiker gerne nennen, umwandelte, tatsächlich bei ATVplus einsteigen, würde dies den ORF wohl in Bedrängnis bringen.
Problem für ORF?
Denn bisher funktioniert vor allem ORF 1, das die wichtigen Werbekontakte in der jungen Zielgruppe 12-49 hauptsächlich generiert, als ein "Best of"-Kanal der deutschen Privatsender. Die meisten Spielfilm- und TV-Serien-Premieren finden im ORF statt, hinzu kommen diverse Kooperationen im Eigenproduktions-Bereich (Shows wie "Die Millionenshow", die im RTL-Studio in Köln aufgezeichnet wird, oder auch Serien wie "Medicopter 117"). Unbestätigten Informationen zufolge soll zwischen RTL und ORF ein Kooperationsvertrag bis Ende 2006 im Wert von 38,5 Mio. Euro bestehen, der im Falle einer ATVplus-Übernahme natürlich beendet wäre. Außerdem könnte RTL einfach auch die Österreich-Rechte an Spielfilmen und Serien mitkaufen, womit der ORF ausgestochen wäre. Nicht zuletzt würde ATVplus von RTL als stärkeren Investor profitieren, der das Budget wohl deutlich aufstocken könnte.
Weitere Interessenten für ATVplus
Aufgrund der bisher schwachen Reichweite der Werbefenster deutscher Privat-TV-Sender (empfangbar nur via Kabel und dem immer reichweitenstärkeren Digital-Satellit) waren größere Investitionen von RTL, Sat.1, ProSieben & Co. in den östererichischen Markt zwar nach und nach absehbar, bisher aber noch eher in zumindest etwas weiterer Ferne. Der RTL-Deal könnte dies mit einem Schlag ändern. Aber auch andere Investoren haben Interesse an ATVplus angemeldet: Die BAWAG (sie hält knapp 41,5 Prozent via Ingebe Medienholding) soll mit dem US-amerikanischen Medienunternehmer Ronald Lauder (war lt. tv-media 1986 US-Botschafter in Wien) verhandeln, der bereits Anteile an TV-Sendern in Slowenien, Koratien, Rumänien, in der Slowakei und der Ukraine besitzt. Neben internationalen Fondsgesellschaften, die ebenfalls an ATVplus Interesse zeigen, soll auch Hutchinson im Rennen um den Privatsender sein - wenn tv-media dem Betreiber des UMTS-Mobilnetzes "3" keine wirklichen Chancen mehr zuschreibt.
Verkauf nicht bestätigt
Eine Bestätigung der Verkaufspläne von ATVplus gibt's natürlich weder vom Sender noch von den Gesellschaftern. Auch muss erwähnt werden, dass tv-media schon oft über Übernahmen von ATVplus spekuliert hatte, besonders der Ausstieg der BAWAG hat das Magazin schon oft ins Gespräch gebracht. Die beiden Hauptgesellschafter (BAWAG und Kloiber) halten dennoch seit 1999, als damals der Wiener Stadtsender Wien 1 knapp vor der Umwandlung in den österreichweiten Kabelsender ATV stand, um die 80 Prozent. Allerdings: Von so ausführlichen und schlüssigen Plänen hörte man bisher noch nie, tv-media spricht von "verlässlichen Insiderinformationen". Bis spätestens Juni, also zum 3. Geburtstag des Senders, soll der Verkauf laut dem Blatt abgewickelt sein.