Ich habs mir heute Morgen mal angehört und jetzt mal meine Meinung(en) dazu.
Dass das deutsche Fernsehen den Bach runtergeht, wird nicht von jeden behauptet. Nicht von den Sendern selbst und erst recht nicht von den Zuschauern. Die, die sagen, das deutsche Fernsehen ist so mies und schlecht wie noch nie, die gucken auch kein Fernsehen mehr.
Ich gehöre inzwischen mit zu den Leuten, die dem deutschen TV den Rücken gezeigt haben und sage das auch so: Intellektuelles Fernsehen auf den privaten Sendern sinkt und sinkt. Doch die Quote steigt. Woran liegt das?
Auf jedem (privaten) Sender läuft das Gleiche: Talkshows, Gerichtsshows, Dokusoaps, Tierdokus, Kochshows, Dekoshows, Erziehungstipps usw. Das ist ziemlich vergleichbar mit den Serien in den USA. Dort wird mit fiktiven 43-Minütern Geld gemacht, hierzulande wird mit pseudorealistischen 22- und 44-Minütern Geld gemacht.
Die dritten Kanäle können da nicht mireden, die stehen völlig außen vor und haben ihre eigenen (auch ähnlichen) Nischenprogramme.
Auf RTL halten langsam aber sicher die US-Serien die Fahne, obwohl vor nicht mehr als fünf Jahren fast nur deutsche Serien den Wochen- und Wochenendmarkt beherrschten. Warum? RTL hat in diesen Jahren genug Geld geschäffelt, um die Nummer eins zu werden und jetzt können sie die teuersten Produkte zeigen.
ProSieben setzt seine früher beliebte US-Ware langsam in die zweite Reihe und setzen langsam aber sicher auf Shows. Warum? ProSieben hat teuer eingekauft und verloren, jetzt müssen sie Geld sparen, indem sie billige Produkte zeigen.
Die restlichen Sender innerhalb der Fernsehfamilien ziehen da mit.
Warum sonst sind bei Kabel 1 in den letzten Jahren so viele Doku-Shows und Wissensmagazine aufgetaucht?
Apropos Wissensmagazine: Inzwischen auch ein Problem im TV, da die Müdigkeitslinie schon letztes Jahr um Meilen überschritten wurde. Mir ist es früher bei Galileo (das ich übrigens nicht mehr geguckt habe, seitdem ProSieben Scrubs am Vorabend abgesetzt hatte...) immer aufgefallen, dass sie alle drei bis sechs Monate ihre Berichte wiederholten. So sind auch die anderen Magazine: Sie bringen immer wieder das Gleiche, denn die Welt ist so gut wie geklärt. Man will doch verständliche Themen bringen, und je weiter man in die Materie "Das Geheimnis Erde" dringt, desto komplizierter wird es für das deutsche Normalverständnis.
Allgemein: Die Zielgruppe des deutschen TV ist eine normale Familie. Mutter, Vater, zwei Kinder. Vater arbeitet in einem normalen Job, verdient vielleicht 2000 brutto, Mutter vielleicht ein bisschen weniger - oder ist Hausfrau. Die Kinder gehen nicht unbedingt gern zur Schule, bringen einen Notendurchschnitt von 3 nach Hause - also nicht besonders interessiert am Leben, was außerhalb ihres eigenen Lebens stattfindet.
Die Zielgruppe wird sich also nicht für die amerikanischen Wahlen dieses Jahr interessieren und jeglichen Berichten dazu aus dem Weg gehen.
Die Zielgruppe interessiert sich aber für lustige Unterhaltung, bei der sie nicht nachdenken müssen, was mit diesem Programm nun gemeint ist (das ist der Grund für den Siegeszug der Dokushows) und schauen anderen bei ihrem Schicksal zu (Ich bin ein Star, holt mich hier raus) oder wie sie gnadenlos scheitern (DSDS, Popstars).
Sie werden beschenkt mit Essen (Das perfekte Dinner), mit Wohnausrüstung (was weiß ich, wie die Dekoshows alle heißen), mit Ausbildungszusagen (3 Bewerber - ein Job). Wozu sich also solche Mühe machen, wenn das Fernsehen alles bezahlt und man alles in den Hintern geschoben bekommt?
Das deutsche TV-Publikum ist nun mal nicht unbedingt schlau. Und deshalb fallen die meist komplizierteren Programme durch.
Oliver Kalkofe hat was von "Selbstüberschätzung der Deutschen" erzählt und das ist ebenfalls ein großes Problem in diesem Land.
Jeder will ins Fernsehen, denn das bringt Geld, das bringt Ruhm (früher immer wieder durch Stefan Raab bestätigt) und jeder will berühmt sein, egal wie schlecht man auch ist.
Ganz normale Gesichter haben die Chance durch Big Brother, DSDS und die diversen Talk-, Gerichts- und Dokushows, "berühmte" Promis aus dem deutschen TV durch die verschiedenen RTL-, Sat 1- und ProSieben-Events. Wenn es irgendwo leicht Geld gibt, schlagen wir zu, das gehört zu unserer Natur. Doch durch diese Auftritte im Fernsehen ist vielen oft nicht bewusst, wie sie sich eigentlich runter machen.
Teenies, die Gott nicht mit einer seligen Stimme gesegnet haben, wollen unbedingt der nächste deutsche Superstar werden, gehen zum Casting und hoffen, dass sie weiterkommen, obwohl ihm jeder sagt, er wird es nicht schaffen, nach dem Motto: "Das, was hinten aus meinem A**** rauskommt, klingt besser, als du." Und wenn man dann noch die beleidigte Leberwurst spielt und hinten in der Ecke einen Heulkrampf hat, dann weiß ich persönlich auch nicht mehr weiter. Dann lache ich nicht über diese Person, sondern habe eher Mitleid. Wie konnte man dem Sender nur erlauben, eine Person so zu schädigen (jetzt, wo geprüft wird, ob Bohlens "Sprüche" bei DSDS auch legitim sind...)
Deutsche Promis glauben von sich selbst, humorvoll zu sein und reißen im Dschungel oder auf der Pseudo-Bühne dementsprechend ihre ach so lustigen Witze. Doch sie denken nicht daran, dass ihre Ausdrücke, ihre Sprache und das, was sie sagen auch eine Charakterstudie ist (das, was positiv ist: Nach zwei Wochen Dschungel weißt du mehr über eine Person als der Sender wohl selbst). Und so werden sie sich auch leicht überschätzen, wenn sie sich selbst sagen: Ich bin der Beliebteste bei den Zuschauern.
Und ganz nebenbei: Dier BILD spielt da natürlich mit.
Dass viele Serien (und auch Filme) aus den USA oder aus England hier in Deutschland NICHT zu sehen sind, macht micht teilweise glücklich, manchmal auch nicht.
Vor allem HBO-Serien müssen darunter leiden, hier in Deutschland ein besonderer Flop zu werden und so bringt man sie lieber nicht. Doch woher wollen die Sender eigentlich so genau wissen, was die Deutschen sehen wollen und was nicht. Was sagt ihnen, dass eine intellektuelle Show wie "Entourage" nicht mehr Quoten haben wird, als ein Actionreißer wie "24"? Was sagt ihnen, dass eine politisch angelegte Serie wie "The West Wing" nicht genauso erfolgreich sein kann, wie "CSI"? Und was sagt ihnen, dass "The Shield" besser ist als "The Wire"?
Allerdings kommt bei mir auch der "Ich weiß was, was du nicht weißt"-Moment hoch. Es ist schön, Serien zu kennen, die hier in Deutschland fast keiner kennt... Obwohl es schwer ist, Gesprächspartner dafür zu finden
Neueste Beispiele: Ich beurteile die Handlungen von Pro7 positiv, dass sie sich jetzt auch "Gossip Girl" geholt haben, obwohl sie wissen, dass Teenie-Serien bei ihnen nicht gut ankommen. Doch das wussten sie auch, bevor sie "The O.C." in der Prime Time gestartet haben und sie haben es trotzdem jeden Mittwoch Abend ausgestrahlt - zwölf Monate lang, komplette zwei Staffeln.
Ich finde auch die Wege von Sat 1 positiv, dass sie es immer wieder versuchen, eine deutsche Serie ins Programm zu nehmen, obwohl jede einzelne floppt.
Und die Sache mit der Quotenmessung fand ich immer schon bescheuert. Wieso stehen 5000 Leute gleich für 82 Million. Das Sytem ist nicht exakt und fast genau berechnet.
Solange etwas hochgerechnet und geschätzt wird, ist der Wert
falsch. Punkt. So einfach ist das. Nur leider wollen das die Sender nicht begreifen und richten ihr Programm seit letzter Zeit nicht nach den Wünschen der Zuschauer aus, sondern nach den Quoten.