Ich habe SAILOR MOON nie verfolgt, fand's aber ganz interessant zu hören, dass eine neue auf dem Manga basierende Animeserie erscheint und sie international im WWW veröffentlicht wird. Sah ein paar GIFs, Bilder und Videos und die Animation wirkt etwas zu durchgestylt, charakterlos und spärlich, gibt da auch ein paar nette Vergleiche zum alten Anime. Der Opening Theme Song passt.
So, und ich habe vor kurzem meinen Digimon-Rewatch beendet. :oops: Ein kleines Review (mit Spoilern) zu
Digimon Tamers poste ich also nun mal in diesem Thread statt in dem über zuletzt gesehene Serienfolgen.
Plot & Konzept: DIGIMON TAMERS unterscheidet sich fundamental von den beiden Vorgängerstaffeln. Während ADVENTURE 02 noch eine Fortsetzung des Originals ADVENTURE war, seinen Fokus jedoch auf andere Kinder setzte, erschaffte Chiaki J. Konaka (bekannt für SERIAL EXPERIMENTS LAIN) und sein Staff eine völlig eigene, komplexere Welt.
In Konakas Universum ist Digimon ein Franchise, das sich vor allem auf das populäre Kartenspiel spezialisiert hat. Das Einbinden des Kartenspiels ist also nicht nur eine gute Werbung, sondern macht die Welt, in der Tamers spielt, auch authentischer und greifbarer. Ich weiß noch, dass meine Fantasie als Kind beflügelt wurde, als die Vorschau zu TAMERS lief und in einer Welt wie der unsrigen plötzlich ein Digimon auftaucht. Ich lief in den Garten und stellte mir sowas vor. Ja. :oops:
In dieser Welt also materialisieren sich plötzlich Digimon (Wild Ones), die das geheime Regierungsprojekt Hypnos versucht auszuschalten. Währenddessen erschafft der Junge Takato sein eigenes Digimon, das sich in der Realen Welt realisiert, und trifft auf zwei weitere "Tamer".
Digimon sind hier eine von Menschen in den 80ern erschaffte künstliche Lebensform, die sich mit der Zeit selbst weiterentwickelt haben. Die Serie ist viel durchdachter und technisch fundierter als ADVENTURE es war.
Hier gibt es ein paar analytische Texte, die sich anscheinend vor allem mit den technischen Aspekten der Serie befassen. Hab's selbst noch nicht gelesen.
Die Serie beginnt viel langsamer als seine Vorgänger, bricht mit etablierten Mustern und beschäftigt sich erst einmal damit, die Figuren und character dynamics einzuführen. Ich fand das ganz angenehm. Etwas langweilig wird es in einigen Deva-Episoden, weil sie teilweise bloß "Deva erscheint -> wird bekämpft" wiederholen. Die Deva als Konzept sind interessant, man hätte vielleicht mehr draus machen können.
Im Mittelteil der Staffel brechen die Tamers in die Digital World auf, ansonsten ist der Schauplatz Tokio. Die Digital World ist eine ganz andere als im ADVENTURE-Universum. Es ist eine Welt der Survival of the Fittest, da Digimon ursprünglich dazu gedacht waren, gegeneinander zu kämpfen und die Daten des anderen zu laden. Die Welt ist trist und nicht so comicartig wie in ADVENTURE, sie ist in verschiedene Ebenen unterteilt, sich bewegende Lichtsäulen transportieren denjenigen, der sie berührt, an einen anderen Ort, wodurch diese Welt den Unvorsichtigen in einen völligen Orientierungsverlust wirft.
Wenn Digimon sterben, dann bleiben sie auch tot. Das war immer etwas, was ich an den Vorgängern nicht mochte. Da wurde getrauert und dann schlüpften sie eh wieder aus dem Ei. :? Hier ist das zum Glück anders. Leomon stirbt, Juri verzweifelt, die Serie wird spätestens ab diesem Zeitpunkt düster. Depressionen wurden auch schon in ADVENTURE behandelt, aber da blieben die Figuren vielleicht für eine Folge depressiv. In TAMERS dauert es den ganzen Arc, bis Juri sich aus ihrer Situation befreien kann und ihre Entwicklung gehört zu den Highlights der Staffel.
Der Endgegner ist ein mutiertes Programm, das überschüssige Daten vertilgt, die depressive Juri missbraucht und sich über Tokio ausbreitet. Der letzte Arc ist auch der dichteste und spannendste.
Interessant finde ich auch, dass es das Böse hier faktisch nicht gibt, wodurch TAMERS an Komplexität gewinnt. In ADVENTURE waren die Gegner böse und wollten die Welt zerstören, weil böse halt. In TAMERS kämpfen Digimon, weil es ihr Lebensziel ist. Die Deva wollen sich an den Menschen rächen, weil die Menschen verständlicherweise aus ihrer Sicht die Bösen sind. D-Reaper ist ein Programm, ein Virus. Impmon leidet an Selbstzweifel und Einsamkeit und tötet eines der Partner-Digimon, wird deswegen aber dennoch nicht zu einem Bösen.
Characters: Es wird zu lang, also halte ich mich mal kürzer. Some of the best characters in the Digimon franchise. Takato ist ganz anders als seine Vorgänger und eher ein normaler Junge mit viel Fantasie und sehr emotional. Ruki ist ein anderer Typ female character als in den Vorgängern, sehr tough und cool. TAMERS ist wohl auch die am wenigsten sexistische Staffel. Lee ist weniger interessant, aber ich mag ihn trotzdem. Juri wurde schon erwähnt: anfangs ist sie bloß ein sehr nettes, immer lächelndes Mädel, später wird klar, dass sie sehr troubled ist. Hirokazu und Kenta sind bloß uninteressante Sidekicks. Ryo ist ... hm, ein zweischneidiges Schwert. Dann gibt's auch noch ein paar erwachsene Figuren, die für den Plot wichtig sind.
Und sogar die Digimon bekommen eigene Charakterzüge! In den Vorgängerstaffeln waren sie eher Funktion als Figuren. Impmons Entwicklung ist zum Beispiel spannend. Die Frage nach der Identität wird oft gestellt.
Design & Animation: Die Wischiwaschihintergründe sind weg, juchee. Außerdem haben die Figuren normalere Outfits, ebenfalls begrüßenswert. Allerdings gleichen ihre Köpfe manchmal Ballons. Die Animationsqualität variiert je nach Animation Director. Es ist immer noch Digimon, also wird sie keinen Blumentopf gewinnen. In-between-frames sind lustig.
Ein paar der Evolution Sequences sehen aber toll aus. Und die Kämpfe wirken dynamisch, da die Frames nicht immer haargenau recyclet werden und die Card Slashs für Abwechslung sorgen. Und die Real World aus der Sicht der Digital World sieht toll aus.
Weiter sah ich als Kind nicht, aber jetzt werde ich mir trotzdem FRONTIER angucken, das wieder mehr in die Abenteuerschiene geht und allem Anschein nach Figuren recyclet.
Auf seiner Website hat Konaka interessante Production Notes und Concept Art Bilder gepostet:
http://www.konaka.com/alice6/tamers/