- So 17. Jul 2011, 02:43
#1002350
Das Leben der Anderen
Im November 1984 beauftragt Oberstleutnant Grubitz (Ulrich Tukur) den linientreuen Stasi-Hauptmann Wiesler (Ulrich Mühe) mit der Bespitzelung des erfolgreichen Dramatikers Georg Dreyman (Sebastian Koch) und dessen Lebensgefährtin Christa-Maria Sieland (Martina Gedeck). Als Hauptmann Wiesler in die fremde Welt des Paares eintaucht und mit Liebe, Literatur und freiem Denken konfrontiert wird, erkennt er plötzlich die Armseligkeit seines Daseins. Als er mehr und mehr mit der neuen Welt sympathisiert, muss er erkennen, dass die Stasi-Maschinerie erbarmungslos ist und nun auch seine Existenz bedroht.
Immerhin fünf Jahre ließ ich mir Zeit, einen der wohl bedeutendsten Filme der jüngeren deutschen Vergangenheit zu schauen. Der Erfolg des Films ist beeindruckend, sofern man nicht nur die nackten Besucherzahlen zu Rate zieht. Diese fallen nämlich mit 2,37 Millionen Menschen zumindest in Deutschland nicht allzu bombastisch aus, weltweit sind es rund zehn Millionen. Dennoch: Mit dem Oscar für den besten internationalen Film, zahlreichen weiteren Filmpreisen und einer großen medialen Präsenz ist "Das Leben der Anderen" sicherlich ein riesiger Erfolg, zudem politisch sehr brisant. Regisseur Florian Henckel von Donnersmarck avancierte zum Hollywoodstar, versiebte jedoch im vergangenen Jahr auf recht traurige Art und Weise die Produktion "The Tourist". Ist vielleicht auch dieser Film einfach überhypt worden? Ganz klar: Nein.
Natürlich beschäftigt sich auch dieser Film wieder mit der Vergangenheit des deutschen Staates, doch statt des allerliebsten Themas (Drittes Reich) wird diesmal die DDR aufgearbeitet. Wir befinden uns im Jahr 1985, die Kommunisten versuchen mit immer drastischeren Methoden, ihre Bürger zu überwachen und "gleichzuschalten". Über gut 130 Minuten erzählt dieser Film zum Einen die Geschichte eines kulturell geprägten Paares, das in seiner Kunst durch das diktatorische Regime arg beschnitten wird, zudem aber auch die des Machtapparates, der durch einen Abtrünnigen stark geschwächt wird. Hin und wieder schleichen sich bei der Darstellung der zumeist parallel zueinander verlaufenden Handlungsstränge einige Längen ein, grundsätzlich ist man aber doch sehr fasziniert und interessiert bei der Sache.
Das Erzähltempo ist insgesamt sehr gemächlich, auf reißerische Szenen wird beinahe komplett verzichtet, auf psychologischer Ebene ist Donnersmarcks Werk jedoch sehr packend. Die gezielte Einsetzung von Elementen aus dem Thrillergenre (schneller Schnitt, passende Musik) verstärkt die Spannung, teilweise durchschaut man hier die Inszenierung jedoch ein wenig. Nicht immer ganz stringent und nachvollziehbar sind auch die Entwicklungen der Charaktere, in erster Linie natürlich Wieslers. Dieser wird zu Beginn noch als eisenharter leninistischer Gefolgsmann dargestellt, ändert aber seine Einstellung eine Idee zu deutlich und vor allem zu schnell.
Damit bin ich mit meiner Meckerei aber schon fast durch, denn ansonsten muss man wirklich den Hut vor dieser deutschen Produktion ziehen. Ulrich Mühe spielt seine Rolle wirklich mit einer beeindruckenden Ruhe, die zunächst den Schein eines gefühlskalten Untertanen erweckt, schon sehr bald jedoch das sehr viel weniger erfurchtsvolle Bild eines einsamen, traurigen Mannes zeichnet. Die beiden Hauptdarsteller Gedeck und Koch bekommen leider etwas glattere und weniger anspruchsvolle Figuren, machen dies aber so ordentlich wie es nur geht. Als problematisch empfand ich lediglich die eher unwichtige Nebenrolle von Volker Michalowski, der als Schriftexperte einfach völlig lächerlich wirkt. Ihn kenne ich jedoch auch nur aus der eher bedingt komischen Comedysendung "Zack", weshalb ich da sicher etwas voreingenommen bin.
Eine Beurteilung, inwiefern der Plot insgesamt als realistisch betrachtet werden kann, gestatte ich mir selbst nur sehr bedingt. In sich funktioniert die Geschichte absolut, ist auch nicht zu vorhersehbar, aber inwiefern überzeichnet wurde, das überlasse ich Menschen, die sich mit der DDR besser auskennen. Meine Vorkenntnisse sind in dieser Hinsicht sehr begrenzt, hier kann ich lediglich rudimentäres Allgemeinwissen und einen dreiwöchigen "Expresskurs" im Geschichtsunterricht vorweisen. Immerhin hat "Das Leben der Anderen" meinen Horizont etwas erweitern können, bislang der für mich eindrücklichste Film mit DDR-Thematik ("Goodbye, Lenin!" betrachte ich doch eher als Komödie).
Insgesamt ist dieser Streifen ein großartiges Stück deutscher Filmkunst, das hier und da einige Schwächen hat und somit für mich auch keines der ganz großen Meisterwerke darstellt. Der Film unterhält, zeigt die Methoden des DDR-Regimes auf, ohne aber zu oberflächlich zu werden. Ulrich Mühe ist grandios, der Cast im Allgemeinen sehr gut und auch wenn man vielleicht ein wenig hätte komprimieren können, kommt nur äußerst selten Langeweile auf. Somit kann ich den Film nur empfehlen, ich sehe auch keine Einschränkungen auf bestimmte Zielgruppen. Also: Anschauen, es lohnt sich sicherlich mehr als seine Zeit mit Liebesschmonzetten oder den immergleichen Altherrenkrimis zu verschwenden.
8/10
Fohlen
Im November 1984 beauftragt Oberstleutnant Grubitz (Ulrich Tukur) den linientreuen Stasi-Hauptmann Wiesler (Ulrich Mühe) mit der Bespitzelung des erfolgreichen Dramatikers Georg Dreyman (Sebastian Koch) und dessen Lebensgefährtin Christa-Maria Sieland (Martina Gedeck). Als Hauptmann Wiesler in die fremde Welt des Paares eintaucht und mit Liebe, Literatur und freiem Denken konfrontiert wird, erkennt er plötzlich die Armseligkeit seines Daseins. Als er mehr und mehr mit der neuen Welt sympathisiert, muss er erkennen, dass die Stasi-Maschinerie erbarmungslos ist und nun auch seine Existenz bedroht.
Immerhin fünf Jahre ließ ich mir Zeit, einen der wohl bedeutendsten Filme der jüngeren deutschen Vergangenheit zu schauen. Der Erfolg des Films ist beeindruckend, sofern man nicht nur die nackten Besucherzahlen zu Rate zieht. Diese fallen nämlich mit 2,37 Millionen Menschen zumindest in Deutschland nicht allzu bombastisch aus, weltweit sind es rund zehn Millionen. Dennoch: Mit dem Oscar für den besten internationalen Film, zahlreichen weiteren Filmpreisen und einer großen medialen Präsenz ist "Das Leben der Anderen" sicherlich ein riesiger Erfolg, zudem politisch sehr brisant. Regisseur Florian Henckel von Donnersmarck avancierte zum Hollywoodstar, versiebte jedoch im vergangenen Jahr auf recht traurige Art und Weise die Produktion "The Tourist". Ist vielleicht auch dieser Film einfach überhypt worden? Ganz klar: Nein.
Natürlich beschäftigt sich auch dieser Film wieder mit der Vergangenheit des deutschen Staates, doch statt des allerliebsten Themas (Drittes Reich) wird diesmal die DDR aufgearbeitet. Wir befinden uns im Jahr 1985, die Kommunisten versuchen mit immer drastischeren Methoden, ihre Bürger zu überwachen und "gleichzuschalten". Über gut 130 Minuten erzählt dieser Film zum Einen die Geschichte eines kulturell geprägten Paares, das in seiner Kunst durch das diktatorische Regime arg beschnitten wird, zudem aber auch die des Machtapparates, der durch einen Abtrünnigen stark geschwächt wird. Hin und wieder schleichen sich bei der Darstellung der zumeist parallel zueinander verlaufenden Handlungsstränge einige Längen ein, grundsätzlich ist man aber doch sehr fasziniert und interessiert bei der Sache.
Das Erzähltempo ist insgesamt sehr gemächlich, auf reißerische Szenen wird beinahe komplett verzichtet, auf psychologischer Ebene ist Donnersmarcks Werk jedoch sehr packend. Die gezielte Einsetzung von Elementen aus dem Thrillergenre (schneller Schnitt, passende Musik) verstärkt die Spannung, teilweise durchschaut man hier die Inszenierung jedoch ein wenig. Nicht immer ganz stringent und nachvollziehbar sind auch die Entwicklungen der Charaktere, in erster Linie natürlich Wieslers. Dieser wird zu Beginn noch als eisenharter leninistischer Gefolgsmann dargestellt, ändert aber seine Einstellung eine Idee zu deutlich und vor allem zu schnell.
Damit bin ich mit meiner Meckerei aber schon fast durch, denn ansonsten muss man wirklich den Hut vor dieser deutschen Produktion ziehen. Ulrich Mühe spielt seine Rolle wirklich mit einer beeindruckenden Ruhe, die zunächst den Schein eines gefühlskalten Untertanen erweckt, schon sehr bald jedoch das sehr viel weniger erfurchtsvolle Bild eines einsamen, traurigen Mannes zeichnet. Die beiden Hauptdarsteller Gedeck und Koch bekommen leider etwas glattere und weniger anspruchsvolle Figuren, machen dies aber so ordentlich wie es nur geht. Als problematisch empfand ich lediglich die eher unwichtige Nebenrolle von Volker Michalowski, der als Schriftexperte einfach völlig lächerlich wirkt. Ihn kenne ich jedoch auch nur aus der eher bedingt komischen Comedysendung "Zack", weshalb ich da sicher etwas voreingenommen bin.
Eine Beurteilung, inwiefern der Plot insgesamt als realistisch betrachtet werden kann, gestatte ich mir selbst nur sehr bedingt. In sich funktioniert die Geschichte absolut, ist auch nicht zu vorhersehbar, aber inwiefern überzeichnet wurde, das überlasse ich Menschen, die sich mit der DDR besser auskennen. Meine Vorkenntnisse sind in dieser Hinsicht sehr begrenzt, hier kann ich lediglich rudimentäres Allgemeinwissen und einen dreiwöchigen "Expresskurs" im Geschichtsunterricht vorweisen. Immerhin hat "Das Leben der Anderen" meinen Horizont etwas erweitern können, bislang der für mich eindrücklichste Film mit DDR-Thematik ("Goodbye, Lenin!" betrachte ich doch eher als Komödie).
Insgesamt ist dieser Streifen ein großartiges Stück deutscher Filmkunst, das hier und da einige Schwächen hat und somit für mich auch keines der ganz großen Meisterwerke darstellt. Der Film unterhält, zeigt die Methoden des DDR-Regimes auf, ohne aber zu oberflächlich zu werden. Ulrich Mühe ist grandios, der Cast im Allgemeinen sehr gut und auch wenn man vielleicht ein wenig hätte komprimieren können, kommt nur äußerst selten Langeweile auf. Somit kann ich den Film nur empfehlen, ich sehe auch keine Einschränkungen auf bestimmte Zielgruppen. Also: Anschauen, es lohnt sich sicherlich mehr als seine Zeit mit Liebesschmonzetten oder den immergleichen Altherrenkrimis zu verschwenden.
8/10
Fohlen